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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 6: Friedrich Naumann - ein deutscher Modelliberaler? 247<br />

In einer seiner fmhesten Schriften aus dem Jahre 1887 erkHirt Naumann:<br />

"Korporative Gestaltung des Volkslebens wird das Zauberwort <strong>der</strong> nachsten Zukunft<br />

sein." (Naumann, 1964a, S. 6) Nun sah er erwartungsfroh <strong>der</strong> weltweiten<br />

Umsetzung seiner korporativen Gesellschaftsvision entgegen: "Ober allen zah1losen<br />

Syndikats-, Verbands-, Gesellschafts-, Gewerkschafts-, und Wohlfahrtssekretaren<br />

siedeln sich vielsprachige Allerweltsbeamte an." "<strong>Die</strong> Menschheit bildet<br />

sich Organe," urn sich fur "eine Produktionsregelung groBen Stils" (Naumann,<br />

1949, S. 376£.) bereit zu machen. Wie alle gesellschaftlichen Umgestaltungen,<br />

die Naumann bei dieser und an<strong>der</strong>en Gelegenheiten erkannte, kommt namrlich<br />

auch diese "von seIber wie ein Klimawechsel, an dem wir gar nichts andem konnen,"<br />

zustande.<br />

SchlieBlich wird deutlich, daB Naumann 1913 immer noch <strong>der</strong> Vorstellung unvetmeidlicher<br />

bewaffneter Kampfe del' GroBmachte urn die Flihtung del' Welt<br />

nachhing, von Kampfen, die einem totalen Krieg gleichkommen wiirden:<br />

"So groBe Entwicklungen verlaufen nicht ohne Kraftproben. SchlieBlich kommt es<br />

ja doch fur alle Hauptnationen darauf an, welchen Anteil an <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Obergemeinschaft<br />

sie einmal haben werden. [...] Dafur aber kann es keinen an<strong>der</strong>en Gerichtshof<br />

geben als den Kampf <strong>der</strong> Waffen, bei dem aIle Krafte alIer Staatsburger<br />

angespannt werden" (Naumann, 1949, S. 385f.).<br />

Wie immer Naumanns "intemationalistische" Anschauungen beschaffen waren<br />

- sie wurden durch den Ausbruch des Weltkrieges schnell liberrollt. Ais Randgruppenpolitiker<br />

ohne EinfluB auf jedwede Entscheidungen spielte Naumann<br />

selbstverstandlich keine Rolle bei den Ereignissen des Sommers 1914. Es stimmt,<br />

dafi einer seiner Anhanger auf einen gewissen EinfluB hingewiesen hat, del' von<br />

Naumanns zahllosen Reden und Artikeln ausging. So schreibt Wilhelm Spael:<br />

"War die Hochstimmung, die warme vaterHindische Gesinnung, die das deutsche<br />

Yolk im August 1914 in allen Schichten beseelte, nicht auch ein Stuck Naumannischer<br />

Erziehungskunst? Vnd wie kam es, daB die Jugend damals von den Schulbanken<br />

weg in Kampf und Tod zog? [...] Gerade unter den Lehrern, nicht zuletzt<br />

unter den Gymnasiallehrern, befanden sich viele Naumannianer. Sie gaben die politische<br />

und patriotische Konzeption Naumanns an die ihr anvertraute Jugend weiter,<br />

die sie mit glaubigem Yertrauen aufnahm".22<br />

Vielleicht ist es besser, kommentarlos libel' das hinweg zu gehen, was<br />

Naumann hier von einem seiner gllihenden Bewun<strong>der</strong>er "zugute" gehalten wird.<br />

* * *<br />

22 Spael (1985, S. 219). Spael scheint hinsichtlich <strong>der</strong> Anziehungskraft, die Naumann auf viele<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Deutschen Lehrervereins ausiibte, recht zu haben. <strong>Die</strong>s entsprang ihrer Uhereinstimmung<br />

mit seinen nationalistisch-imperialistischen und auch mit seinen<br />

sozialpolitischen Bestrebungen, ist aber ebenso auf die starke Unterstiitzung zUrUckzufiihren,<br />

die Naumann ihren beruflichen Son<strong>der</strong>interessen zukonunen lieB. Der Nationalsoziale Verein<br />

hatte bereits "die Aufwertung des Lehrerberufs als wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel"<br />

herausgestellt. "So geh6rte denn Naumann vor dem Kriege zu den bevorzugten Rednem auf<br />

Lehrerversammlungen." Bolling (1983, S. 90).

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