Die Partei der Freiheit
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Kapitel 6: Friedrich Naumann - ein deutscher Modelliberaler? 241<br />
scheinlichen Monopsons auf dem Arbeitsmarkt bedeuten wiirde, ist ein Einwand,<br />
den er nicht in Betracht zieht.<br />
<strong>Die</strong>se These ist eine Facette des vermeintlichen Konflikts zwischen den unterdriickten<br />
Arbeitern und den unterdriickenden Kapitalisten, die dem Naumannschen<br />
Werk zugrundeliegt. Dnd in <strong>der</strong> Tat handelt es sich hier urn die einzige<br />
inhaltliche Konstante in Naumanns ganzer Laufbahn. Da seine Ansichten zur<br />
Arbeiterfrage weitgehend den konfusen Vorstellungen Lujo Brentanos entlehnt<br />
waren,16 begriff Naumann niemals, da13 in einer Marktwirtschaft <strong>der</strong> Gegensatz<br />
bei <strong>der</strong> Lohnfindung zwischen Arbeitem und Kapitalisten nicht groBer ist als<br />
zwischen GroBhandlern und Einzelhandiem o<strong>der</strong> zwischen Kaufleuten und ihren<br />
Kunden, wenn es urn die Einigung auf einen Preis geht. Der eigentliche Interessenkonflikt<br />
auf dem Arbeitsmarkt aber besteht zwischen organisierten Arbeitem<br />
auf <strong>der</strong> einen und solchen Arbeitem, die bereit sind, fur einen niedrigeren<br />
Marktlohn zu arbeiten, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Naumann war immer ein unkritischer<br />
Befurworter von Gewerkschaften. Er nahm die ganze leidenschaftliche,<br />
politisch motivierte Inschutznahme <strong>der</strong> Gewerkschafter ftir bare Mtinze. Ein<br />
echter Okonom wie Ludwig Pohle konnte uber diese Standardverteidigung durch<br />
Naumann und seine kathe<strong>der</strong>sozialistischen Freunde nur erbittert sagen, sie sei<br />
"viel weniger unbefangene Erkldrung als vielmehr Rech~lertigungslehre."17<br />
Naumanns Geringschatzung des nichtorganisierten Arbeiters findet sich in folgenden<br />
Aussagen:<br />
,,[er] ist teils ein veraltetes Stuck aus <strong>der</strong> Anfangszeit des Liberalismus, wo die<br />
Theorie yom Einzelmenschen alles beherrschte, o<strong>der</strong> er ist ein schwacher Arbeiter,<br />
<strong>der</strong> aus Angst, Not, Mattigkeit die Gelegenheit benutzt, sich in die warmen Nester<br />
<strong>der</strong> kampfenden Kollegen zu legen,· o<strong>der</strong> er ist einfacher Streber, <strong>der</strong> sich den Strapazen<br />
<strong>der</strong> Klassenbewegung nicht aussetzen will, o<strong>der</strong> er ist ein Landkind, dem<br />
uberhaupt <strong>der</strong> ganze Zusammenhang des Arbeitsvertrages und Arbeitskaufs noch<br />
nicht aufgegangen ist" (Naumann, 1964c, S. 376).<br />
<strong>Die</strong>ser Argumentation liegt die Annahme zugrunde, da13 alle Arbeitswilligen in<br />
<strong>der</strong> Lage sind, Arbeit zu den Lohnsatzen zu finden, die von den Gewerkschaften<br />
gefor<strong>der</strong>t werden. Eine einfache Oberlegung zeigt jedoch, da13 das falsch ist.<br />
Milton Friedman fa13t den Fall wie foIgt zusammen:<br />
16 Vgl. z.B. von Mises (1932, S. 440): "<strong>Die</strong> Unfahigkeit <strong>der</strong> kathe<strong>der</strong>sozialistischen Schule,<br />
wirtschaftliche Probleme zu erfassen, tritt am klarsten in den Schriften Brentanos zutage. Der<br />
Gedanke, daB <strong>der</strong> Lohn <strong>der</strong> Arbeitsleistung entspricht, liegt ihm so feme, daB er gerade zur<br />
Aufstellung eines ,Gesetzes' gelangt, daB hoher Lohn die Arbeitsleistung steigere, niedriger<br />
Lohn sie herabmin<strong>der</strong>e, wogegen doch nichts klarer ist als das, daB bessere Arbeitsleistung<br />
heher entlohnt wird als schlechtere. Dnd wenn er weiter meint, daB die Kurzung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />
die Ursache und nicht die Foige heherer Arbeitsleistung sei, so liegt <strong>der</strong> Irrtum nicht min<strong>der</strong><br />
klar zutage."<br />
17 Pohle (1911, S. 31, Hervorhebung im Original). Vgl. auch S. 3Off. von Pohles Arbeit fur eine<br />
erfrischend verstandige Untersuchung zu den Grundfehlem cler gangigen Ansichten jener Zeit<br />
zu Arbeitern, Gewerkschaften, dem Arbeitsvertrag usw.