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Die Partei der Freiheit

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238 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

Ansichten zur Integration von Sozial- und Weltpolitik. Hierin wurde die Grundlage<br />

fur einen verjungten Liberalismus gesehen, <strong>der</strong> auf den Staat nicht mehr mit<br />

manchesterlichem Verdacht blickte, sondem <strong>der</strong> in ihm - nach dem kostlichen<br />

Wort Schulze-Gavemitz' - den "Zwingherm zur <strong>Freiheit</strong>" (Kruger, 1983, S. 42)<br />

sah.<br />

Zuweilen zeigte Naumann, daB er das Problem eliaBte, welches sich als Stein<br />

des AnstoBes fur den Liberalismus erwiesen hatte. Selten ist das Wesen <strong>der</strong> modemen<br />

Politik so bundig wie in <strong>der</strong> Erklarung Naumanns beschrieben worden:<br />

"<strong>Die</strong> Wirtschaftsschichten besannen sich darauf, wozu sie das neue Mittel des<br />

Parlamentarismus benutzen sollten [...] allmahlich lemten sie, daB Politik im<br />

Grunde ein groBes Geschaft ist, ein Kampfen und Markten urn VOl1eile, wem die<br />

Gesetzgebungsmaschine die meisten Fruchte in den SchoB whit." (Naumann,<br />

1964d, S. 220) Es war "das Eintreten <strong>der</strong> Klassenbewegung in modelne Politik,<br />

das Eintreten <strong>der</strong> agrarischen und <strong>der</strong> industriell-proletarischen Bewegung," das<br />

den Liberalsimus zerstolie. "Der alte Liberalismus war keine Vel1retung einer<br />

Klassenbewegung, er war eine Weltanschauung, die aIle Klassen- und Standesunterschiede<br />

ausglich [...]" (Naumann, 1964d, S. 218).<br />

Drei Jahre spater an<strong>der</strong>te Naumann jedoch seine Meinung. Urn eine Einigung<br />

mit del' Sozialdemokratie gegen die reaktionaren Agrarier zu erzielen, musse <strong>der</strong><br />

Liberalismus seinen Anspruch aufgeben, die Interessen aller Gesellschaftsklassen<br />

zu fordem:<br />

"es hangt die ganze Zukunft des Liberalismus im weitesten Sinne des Wortes davon<br />

ab, daB <strong>der</strong> Klassencharakter des Liberalismus frei und offen anerkannt werde,<br />

denn nur ein klassenbewuBter Liberalismus hat die Festigkeit, im allgemeinen<br />

Klassenkampt: <strong>der</strong> heute eimnal da ist, seinen Mann zu stehen" (Naumann, 1964d,<br />

S.257).<br />

Genau wie die Arbeiter ihren "Klassenstandpunkt" hatten, muBten die Liberalen<br />

eine "wirklich kaufmannische Politik" velfolgen. <strong>Die</strong>s hatten sie bislang nicht<br />

zu tun geruht, so daB sich <strong>der</strong> Liberalismus seIber zu Wirkungslosigkeit und<br />

Ohnmacht verdammt habe: "Es fehlt ibm KlassenbewuBtsein und damit Herrschaftstrieb."<br />

(Naumann, 1964d, S. 257; Theiner, 1983, S. 111f.)<br />

Wie<strong>der</strong>um sieht man, wie sich Naumanns fruhe geistige Aufnahme des<br />

Marxismus hier nie<strong>der</strong>schlagt, und zu welchem traurigen En<strong>der</strong>gebnis sein Mangel<br />

an jeglichem systematischen Verstandnis del' liberalen Sozialphilosophie<br />

fuhrt. Indem er verkundet, del' Sozialismus sei <strong>der</strong> "Standpunkt" <strong>der</strong> Arbeiter und<br />

del' Liberalismus <strong>der</strong> <strong>der</strong> Bourgeoisie, hat Naumann einfach die Marxsche Ideologienlehre<br />

wie<strong>der</strong> aufgewarmt - offenkundig in heiterer Unkenntnis <strong>der</strong> Tatsache,<br />

daB sie den Status eines strategischen Winkelzuges hat. Wenn es wirklich<br />

stimmen wiirde, daB def Liberalismus die Interessen <strong>der</strong> Eigenmmerklasse gegen<br />

die Interessen <strong>der</strong> Arbeiterklasse vertritt, so ware das ganze Spiel aus. Tatsachlich<br />

ist er jedoch, wie Christopher Weber unter Einspluch gegen die gegenwa11ig modische<br />

Reduzielung des Liberalismus auf die Ideologie <strong>der</strong> "burgerlichen Gesellschaft"<br />

im marxistischen Sinn treffend schreibt, "seinem Wesen nach klassen-

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