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Die Partei der Freiheit

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236 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

ter Verweis auf Rassen- und Klassenzugehorigkeit die menschliche Velnunft zu<br />

untergraben versuchte.<br />

Mit <strong>der</strong> "Naturerkenntnis," die die Religion schwache, hat Naumann in erster<br />

Linie die Darwinsche Evolutionstheorie und ihre harte· Lehre yom Lebenskampf<br />

und <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Besten im Sinn. Auch in ihrer Obem'agung auf den politischen<br />

Bereich - als Kampf <strong>der</strong> Nationen und Rassen urns Oberleben und urn<br />

VorhelTschaft - gerieten Christen durch die Evolutionslehre in ein Dilemma.<br />

Glucklicherweise habe sich das Wesen religiosen Glaubens mit <strong>der</strong> Zeit ebenso<br />

gewandelt. <strong>Die</strong> lange Geschichte von "fertig gezeichneten Glaubenslehren" sei<br />

vergangen, und heutzutage frage man "weniger, was jemand glaubt, als, wie er<br />

glaubt, ob er starker und reiner Stimmungen Hihig ist [...] [wir] wagen auf eigene<br />

Hand zu sagen: das fuhle ich als Religion! [...] das Ich hat doch zu leben begonnen."<br />

(Naumann, 1964a, S. 585f.) DaB Naumann sich solch eine gefuhlsmaBige<br />

und ganz subjektive Religion zueigen machte, erklart sich gleich aus mehreren<br />

Umstanden. Vor a11em war sie maBgeschnei<strong>der</strong>t fur seine Personlichkeit und<br />

seine Denkart. Da sie auBerdem noch von den meisten seiner progressiven Zeitgenossen<br />

geteilt wurde, lag fur ihn ein unwi<strong>der</strong>legbares Argument zu ihren Gunsten<br />

vor.<br />

Wenn also alles gesagt und getan ist - welche Losung halt Naumann fur die<br />

Dilemmata bereit, die er dargelegt hat?<br />

"Man kann nicht die ganze Menschheitsentwicklung auf Mitleid und Bru<strong>der</strong>geist<br />

aufbauen wollen. [...] Meine Antwort ist, daB [das Evangelium] eine unserer Lebensnormen<br />

ist, aber nicht die einzige. [...] Das Leben braucht beides, die gepanzerte<br />

Faust und die Hand Jesu, beides nach Zeit und Ort. [... ] Deshalb fragen wir<br />

Jesus nicht, wenn es sich urn Dinge handelt, die ins Gebiet <strong>der</strong> staatlichen und<br />

volkswirtschaftlichen Konstruktion gehoren" (Naumann, 1964a, S. 612f., 619,<br />

625f).<br />

So erfindet Naumann das Rad aufs Neue. Man versteht, was WeIner Conze im<br />

Sinn hatte, als er schrieb: "und so begann del' ehemalige Pastor seinen Weg als<br />

Politiker mit dem Eifer gleichsam eines unerfahrenen Kindes, das erstaunt seine<br />

Entdeckungen auf einem neuen Gebiet macht und diese als neue Offenbalung<br />

einer Gemeinde ebenfalls erstaunter Gesinnungsfreunde mitteilt." (C:onze, 1950,<br />

S.381)<br />

Ein Gluck, daB es fur den Christen, <strong>der</strong> sich aufopfem mochte, noch Gelegenheiten<br />

gibt: "Auch <strong>der</strong> Staat for<strong>der</strong>t Hingabe, aber eben an sich. Ebenso tut es die<br />

kampfende Klasse, zu <strong>der</strong> jemand gehoI1." <strong>Die</strong> "Verwirklichung des Christenturns"<br />

werde daher letztlich "im Staat, in <strong>der</strong> durch Zwang und Naturbediirfnis<br />

entstandenen Gemeinschaft" zu finden sein. Naumann schlieBt seine bejubelten<br />

Briefe tiber Religion mit <strong>der</strong> Erklarung: "<strong>Die</strong>sen unendlichen Gott sucht [die<br />

Seele] mit sehnen<strong>der</strong> Liebe und findet ibn in dem Kampf urns Dasein ebenso wie<br />

in del' Geschichte Jesu von Nazareth und seiner Junger." (Naumann, 1964a, S.<br />

621, 624, 631) Es ist eine Geschmacksfrage, ob man diese Offenbarung eher<br />

ergreifend tiefsinnig o<strong>der</strong> als lachhaft grotesk bezeichnen so11.

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