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Die Partei der Freiheit

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232 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

Kaiser in einer del' am besten bekannten Episoden seiner Regierungszeit zu verteidigen.<br />

Am 27. Juli 1900 hielt Wihelm II. seine beliichtigte "Hunnem'ede" an die deutschen<br />

Tluppen, die nach China aufbrachen, urn dort bei del' Unterdruckung des<br />

Boxeraufstandes mitzuwirken. Er drangte sie, Konig Etzel und seinen Hunnen<br />

nachzueifern, so daB "del' Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in<br />

einer Weise bestatigt werden moge, daB niemals wie<strong>der</strong> ein Chinese es wagt,<br />

einen Deutschen auch nul' scheel anzusehen." Del' Kaiser gab die Parole aus:<br />

"Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht."<br />

<strong>Die</strong> Rede rief einen Sturm del' Entrtistung hervor, del' monatelang anhielt.<br />

Eugen Richter sprach flir die Mehrheit anstandiger Deutscher und fur den alten<br />

Liberalismus, als er erklarte, er sei nul' durch die Dberzeugung getrostet, "daB<br />

unsere Soldaten einen solchen Fonds sittlichen Geftihls aus del' deutschen Erziehung<br />

mit hinubernehmen, daB sie eine Zeit lang VOl' den schadlichen Folgen, als<br />

solche Exekutoren zu dienen, bewahrt bleiben." (SBR, 1900a, S. 56)<br />

Eine del' wenigen zustimmenden AuBerungen stammte von Naumann in <strong>Die</strong><br />

Hilfe. Sein einziger Einwand war, daB del' Kaiser die Notwendigkeit, das Christentum<br />

in China zu verbreiten, mit del' Militarmission vermengt habe. "Wir<br />

kampfen, wei! wir Nation sind, nieht weil wir an das Evangelium glauben," tadelte<br />

Naumann. Hinsichtlich del' moralischen Entrtistung, die sich tiber Deutschland<br />

angesichts <strong>der</strong> kaiserlichen Worte ergoB, meinte er: "Wir halten diese ganze<br />

Zimperlichkeit flir falsch." Seine eigene Meinung war die eines Mannes, <strong>der</strong> die<br />

harten Realitaten del' Weltpolitik verstand:<br />

"<strong>Die</strong> Sache liegt doch einfach so, daB unsere asiatischen Truppen gar nicht in <strong>der</strong><br />

Lage sind, groBere Gefangenenbestande aufzunehmen. Was sollen wir machen,<br />

wenn es 50.000 Chinesen einHillt, sich zu ergeben? Dann bewachen und ernahren<br />

wir diese gelben Bru<strong>der</strong> und sind kampfunfahig. Ein Expeditionskorps im Barbarenlande<br />

kann sich die Last einer Gefangenenversorgung, wie wir sie 1870/71 in<br />

vorzuglicher Weise ubernommen haben, nicht auf die Schultern legen lassen" .11<br />

Es folgten Austritte aus dem Nationalsozialen Verein. Naumann wurde wegen<br />

seiner Zustimmung zur kaiserlichen Ansprache offentlich zur Rede gestellt. Er<br />

erhielt im Laufe del' Auseinan<strong>der</strong>setzung die Bezeichnung "Hunnenpastor." Doch<br />

er blieb bei seiner Meinung. <strong>Die</strong> einzige Alternative zur Einstellung, die er mit<br />

dem Kaiser teilte, so sein Argument, sei del' Tolstoianische Standpunkt, d.h. del'<br />

vollkommene Pazifismus und Nicht-Wi<strong>der</strong>stand (Theiner, 1983, S. 77).<br />

11 Vgl. Heuss (1949, S. 123ff.) sowie Greschat (1986, S. 4If.). Naumann fornlulierte, wie<br />

Greschat auf S. 43 hinzufiigt, "wenngleich noch hypothetisch - in Umrissen das Konzept des<br />

totalen Krieges: "Da wir aber den Krieg einmal haben, miissen wir auf jede Weise Sieg erstreben.<br />

Sollten wir aus Weichheit verlieren, so wiirde das tiefe Ruckwirkungen auf unser gesamtes<br />

Volksleben haben. [...] 1m Kaiserworte finde ich den Ernst, <strong>der</strong> die Schwere <strong>der</strong> Geschichtslage<br />

erfaBt."

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