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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 5: <strong>Die</strong> Rolle <strong>der</strong> Kathe<strong>der</strong>sozialisten beim Nie<strong>der</strong>gang des deutschen Liheralismus 217<br />

kern, die so handelten, als waren sie von den Verfechtern <strong>der</strong> historischen Schule<br />

unterrichtet worden" (von Mises, 1969, S. 31).<br />

Das ist in <strong>der</strong> Tat ein hartes Urteil. Doch liegt es - abgesehen von <strong>der</strong> Tatsache,<br />

daB radikaler Rassismus kein Teil <strong>der</strong> Lehrmeinung <strong>der</strong> historischen Schule<br />

war - nicht weit von <strong>der</strong> Wahrheit entfemt?56<br />

VII. <strong>Die</strong> Kathe<strong>der</strong>sozialisten als Prototypen<br />

Das Erscheinen <strong>der</strong> deutschen Kathe<strong>der</strong>sozialisten im spaten 19. und frUhen<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>t weist auf einen Grundzug hin, den <strong>der</strong> wachsende Wohlfahrtsstaat<br />

auch an an<strong>der</strong>en Orten und zu an<strong>der</strong>en Zeiten haben sollte: das Erbliihen<br />

einer aus staatsorientierten und staatlich gefor<strong>der</strong>ten Intellektuellen bestehenden<br />

Gesellschaftsschicht, <strong>der</strong>en Zweck darin liegt, die Sozialpolitik zu begriinden und<br />

unentwegt neue Gebiete des sozialen Lebens ftir die Kolonisierung durch den<br />

Staat auszuspahen.<br />

Der radikale Soziologe Alvin W. Gouldner stellt eine eingehende Untersuchung<br />

dieser Erscheinung in seinem Werk <strong>Die</strong> kommende Krise <strong>der</strong> westlichen<br />

Soziologie vor. Wie Gouldner darlegt, hegten viele <strong>der</strong> groBen Sozialwissenschaftler<br />

des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts einen bleibenden Skeptizismus hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Fahigkeit des Staates, wirksam und positiv auf die Gesellschaft einzuwirken, und<br />

ein tiefes MiBtrauen gegentiber <strong>der</strong> zudringlichen Macht <strong>der</strong> Staatsbtirokratie.<br />

Gouldner erwahnt in diesem Zusammenhang Herbert Spencer, William Graham<br />

Sumner und Emile Durkheim, aber man konnte <strong>der</strong> Liste auch Tocqueville, Le<br />

Play, Pareto, selbst Karl Marx und an<strong>der</strong>e hinzufiigen. <strong>Die</strong>ser Skeptizismus und<br />

dieses MiBtrauen wurden jedoch allmahlich durch die Ansicht verdrangt, <strong>der</strong><br />

Staat sei "in <strong>der</strong> Gesellschaft die wichtigste Kraft- und Antriebsquelle und <strong>der</strong><br />

wesentliche gesellschaftliche Stabilisierungsfaktor." Was hat diesen massiven<br />

Meinungsumschwung unter Sozialwissenschaftlem verursacht? Warum verbreitete<br />

sich die positive Meinung vom Staat und seinen Beamten iiber die preuBischen<br />

Professoren auf den Rest <strong>der</strong> Welt?<br />

Gouldner fUhrte diese neue Wertschatzung fiir Staatsbetatigungen zum Teil auf<br />

die steigende Finanzierung <strong>der</strong> Sozialwissenschaften zurtick, die eine reiche Gesellschaft<br />

erlaubt (Gouldner, 1970, S. 345). Da das, was als "soziales Problem"<br />

angesehen wird, niemals in irgendeinem objektiven Sinne wirklich gegeben ist<br />

(vgl. C:arrier/Kendall, 1977, S. 283; C:arrier/Kendall, 1973, S. 209ff.), ist es<br />

Aufgabe <strong>der</strong> "Sozialwissenschaften," eine Reihe von Phanomenen auszumachen<br />

56 Woll (1988, S. 79) versucht, die Schuldigkeit des Nationalsozialismus gegeniiber <strong>der</strong> jiingeren<br />

historischen Schule - eine Schuldigkeit, die von Mises und, in einem an<strong>der</strong>en Sinne, von<br />

Barkai erkannt worden ist - zu vemeinen, indem er iibertriebenen Nachdruck auf den rassistischen<br />

Gehalt <strong>der</strong> offiziellen nationalsozialistischen Lehre legt. <strong>Die</strong> wichtige Frage ist jedoch,<br />

inwieweit die okonomische Praxis des Nationalsozialismus aus den Hauptlehren von<br />

Schmoller et al. folgte.

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