Die Partei der Freiheit
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216 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
hat und die man nicht mehr zu bandigen vennag." (Pohle, 1911, S. 6) 1922, an<br />
HiBlich des 50jahrigen JubiHiums des Vereins fur Socialpolitik in Eisenach, erklarte<br />
<strong>der</strong> damalige Vorsitzende Heinrich Herkner: "Man muB aus <strong>der</strong> vorherrschenden<br />
merkantilistischen Denkweise herauskommen" und berichtete dann von<br />
einer bemerkenswerten Begebenheit:<br />
"<strong>Die</strong> Notwendigkeit, unsere Jugend wie<strong>der</strong> freihandlerisch denken zu lehren, ist<br />
von einem Manne kurz vor seinem Tode betont worden, von dem sie diese Auffassung<br />
wahrscheinlich nicht erwarten wlirden. Es war in den letzten Zeiten seines<br />
Lebens, daB Exzellenz Schmoller mir gegeniiber mit groBer innerer Bewegung<br />
sagte: ,Unsere jiingere Generation kann nicht mehr freihandlerisch denken. '"<br />
(Herkner, 1923, S. 95)<br />
Herkner, <strong>der</strong> seIber zu den Eifrigsten <strong>der</strong> jungeren Kathe<strong>der</strong>sozialisten gezahIt<br />
harte, verkiindete nun, daB die beste Sozialpolitik eine gute Produktionspolitik sei<br />
- und so akzeptierte er die Kritik von Wolf, Pohle und an<strong>der</strong>en. 55 Vielleicht am<br />
uberraschendsten von allem war, daB Herkner gerade die Methodenlehre <strong>der</strong><br />
historischen Schule in beiBenden Worten kritisierte. Nun war es klar, daB<br />
"die Bestrebungen, die Methode und Lehre <strong>der</strong> Klassiker durch das Studium <strong>der</strong><br />
Verwaltung unq soziologischen Analysen zu ersetzen, verheerend gewirkt haben.<br />
. Es ist zu einer Uberschatzung <strong>der</strong> Macht des Staates im Verhaltnis zu den nattirlichen<br />
Gesetzen des Wirtschaftslebens gekommen, die sich nunmehr bitter racht"<br />
(Herkner, 1923, S. 95).<br />
Herkners Rede wurde mit "stiinnischem Beifall" begriiBt. Das war die fonnliche<br />
Abdankung des Kathe<strong>der</strong>sozialismus in Deutschland.<br />
In Reaktion auf Ereignisse und auch auf den allmahlichen Zustrom intemationaler<br />
okonomischer Literatur in die deutsche Nationalokonomie waren somit<br />
Veran<strong>der</strong>ungen eindeutig auf dem Vormarsch. Doch diese Anzeichen fur eine<br />
geistige Wende wiesen in die Zukunft; im Hinblick auf eine unmittelbare Wirkung<br />
in Deutschland kamen sie viel zu spat. Denn nun erwies sich eine groBe<br />
historische Ironie als entscheidend: Der Interventionsstaat, den Schmoller als einzigen<br />
Huter gegen den "Klassenkampf' unterstiitzt hatte, harte seIber die "Klassen"<br />
geschaffen, die sich einan<strong>der</strong> bekriegten, und das jahrzehntelange Eindreschen<br />
auf die MarktwiItschaft fur ihren "rucksichtslosen Egoismus" harte die<br />
pforten zu einem wilden Kampf <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>interessen geoffnet.<br />
Viele Jahre spater falIte Mises dieses Urteil:<br />
"<strong>Die</strong> politische Bedeutung des Werkes <strong>der</strong> historischen Schule lag in dem Umstand,<br />
daB sieDeutschland reif fur jene Gedanken machte, <strong>der</strong>en Annahme beim<br />
deutschen Volk die ganze verheerende Politik beliebt machte, die zu den groBen<br />
Katastrophen fuhrte. Der aggressive Imperialismus, <strong>der</strong> zweimal in Krieg und Nie<strong>der</strong>lage<br />
endete, die grenzenlose Inflation <strong>der</strong> zwanziger Jahre, die Zwangswirtschaft<br />
und all die Schrecken des Nazi-Regimes waren Errungenschaften von Politi-<br />
55 Herkner (1923, S. 93). Vgl. auch Habermann (1997, S. 295ff.), sowie Kruger (1983, S.<br />
245f.).