20.11.2013 Aufrufe

Die Partei der Freiheit

Die Partei der Freiheit

Die Partei der Freiheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 5: <strong>Die</strong> Rolle <strong>der</strong> Kathe<strong>der</strong>sozialisten beim Nie<strong>der</strong>gang des deutschen Liberalismus 209<br />

"<strong>Die</strong> politischen <strong>Partei</strong>en haben, von <strong>der</strong> radikalen Linken an bis zur auf3ersten<br />

Rechten, zumal in Lan<strong>der</strong>n mit demokratischen Wahlrecht, das gemeinsame Interesse<br />

und gemeinsame Neigung, die Wirkungen <strong>der</strong> wirtschaftspolitischen Tatigkeit<br />

des Staats moglichst hoch einzuschatzen. Ganz natiirlich. Denn von dem Malle des<br />

Einflusses, den <strong>der</strong> Staat hier besitzt, hangt auch ihre eigene Bedeutung ganz wesentlich<br />

mit abo [...] Wenn eine politische <strong>Partei</strong> im Konkurrenzkampf mit den an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Partei</strong>en nicht unterliegen will, dann ist sie [...] geradezu gezwungen, bei ihren<br />

Anhangern die Vorstellung zu nahren, daB <strong>der</strong> Staat auf wirtschaftlichem Gebiete<br />

eine Art Omnipotenz besitze". (Pohle, 1911, S. 102)<br />

Anstatt sie zu berichtigen, besHirkten die Kathe<strong>der</strong>sozialisten diese Ansicht.<br />

Wie Politiker neigten sie dazu, sich <strong>der</strong> Vorstellung hinzugeben, daB wirtschaftliche<br />

Verhaltnisse hauptsachlich davon abhangen, was <strong>der</strong> Staat tut o<strong>der</strong> unterlaBt.<br />

Auf diese Weise triigen sie zu den "ganz irrigen Anschauungen uber das [bei],<br />

was an <strong>der</strong> wirtschaftlichen Entwicklung <strong>der</strong> neueren Zeit auf das Konto staatlicher<br />

Eingriffe und MaBnahmen und was auf die Rechnung vom Staate unabhangiger<br />

Faktoren zu setzen ist." Doch Tatsache sei, daB das Gros <strong>der</strong> materiellen<br />

Verbesserungen <strong>der</strong> Massen auf "die steigende Produktivitat <strong>der</strong> men,-\'chlichen<br />

Arbeit in dieser Zeit" zUrUckzufiihren und somit auch eine Frucht <strong>der</strong> Wirkungsweise<br />

<strong>der</strong> Marktwirtschaft sei (Pohle, 1911, S. 102f. Hervorhebung im Original.)<br />

Durch Pohles Kritik wird deutlich, daB die Reformprofessoren die okonomische<br />

Sichtweise vollig vemachlassigen. Sie "haben nur Interesse fur das, was in<br />

Form von bewuBten Aktionen und sozialen Kampfen sich vollzieht, die im stillen<br />

wirkenden Zusammenhange, die nicht in Staatsaktionen u. dgl. einen sichtbaren<br />

auBeren Ausdruck finden, bleiben ihnen verborgen [...]" (Pohle, 1911, S. 108)<br />

Was Pohle diesen Vertretem <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaften<br />

unterstellt, ist die einseitige Sicht des ungeschulten Durchschnittsmenschen.<br />

Wie dieser orientieren sie sich an menschlichen Absichten, vor aHem<br />

wenn diese in Fonn politischer Betatigung deutlich sichtbar werden. Wie er sind<br />

sie auch weitgehend blind gegeniiber dem Auf und Ab wirtschaftlicher Krafte.<br />

"<strong>Die</strong> Unterschatzung <strong>der</strong> unpolitischen und die Oberschatzung <strong>der</strong> politischen<br />

Faktoren" sei in jedem Bereich zu finden, mit dem sich die Sozialpolitiker befassen:<br />

Was "die freie Entwicklung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Krafte" vollbringt, werde<br />

als quantile negligeable angesehen. Bei <strong>der</strong> Verkurzung <strong>der</strong> Arbeitswoche beispielsweise<br />

sei <strong>der</strong> Staat mit seinen Eingriffen in Wirklichkeit nur dem Gang <strong>der</strong><br />

namrlichen Entwicklung gefolgt. 50 Was die Gewerkschaften anbelange, hatten<br />

diese geholfen, "die Friichte fur die Arbeiter zu pflucken, die auf einem nicht von<br />

50 Vgl. von Mises (1932, S. 438): "<strong>Die</strong> Verkiirzung <strong>der</strong> taglichen Arbeitsdauer und die Einschrankung<br />

<strong>der</strong> Frauen- und Kin<strong>der</strong>arbeit [...] sind keineswegs etwa ein Erfolg, den <strong>der</strong> gesetzliche<br />

Arbeiterschutz den eigenniitzigen Interessen <strong>der</strong> Unternehmer abgerungen hat. Sie<br />

sind das Ergebnis <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> GroBindustrie, die, nicht mehr gen6tigt, ihre Arbeiter<br />

gewissermaBen an den Mn<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Volkswirtschaft zu suchen, ihre Arbeitsbedingungen so<br />

umgestalten lllUBte, wie es die bessere Qualitat <strong>der</strong> Arbeiter erfor<strong>der</strong>te. <strong>Die</strong> Gesetzgebung hat<br />

im GroBen und Ganzen immer nur Wandlungen, die sich vorbereiteten, vorweggenommen<br />

o<strong>der</strong> gar schon vollzogene sanktioniert. '"

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!