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Die Partei der Freiheit

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202 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

den folgenden Jahren war es <strong>der</strong> Verein fur Socialpolitik, <strong>der</strong> aufbluhte, wahrend<br />

es mit dem liberalen KongreB deutscher Volkswirte zu Ende ging, bis er nach<br />

1883 seine Tatigkeit einstellte. Es war klar, "daB die deutsche nationalokonomische<br />

Wissenschaft vollstandig auf dem Boden <strong>der</strong> Sozialpolitik stand," (von<br />

Philippovich,. 1908, S. 48) waill-end die Laissez-faire-Liberalen, die ohnehin<br />

meist Joumalisten und Politiker waren, ihren EinfluB auf die offentliche Meinung<br />

verloren.<br />

1899 warf Julius Wolf, ein Veremer Bismarcks, die Frage auf, warum <strong>der</strong><br />

groBe Kanzler in seinen gerade veroffentlichten (Jedanken und Erinnerungen<br />

seine Sozialrefonnen <strong>der</strong> 1880er Jahre nicht einmal erwahnte. Das ftihrte Wolf zu<br />

einer Erorterung von Bismarcks allgemeiner Raltung zur Sozialpolitik, wobei <strong>der</strong><br />

Autor sich die groBte Miihe gab, sie von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kathe<strong>der</strong>sozialisten zu unterscheiden.<br />

In seiner Zeit als Sozialpolitiker - so Wolf - schenkte Bismarck den<br />

"Produktions-, Konkurrenz-, Preisverhaltnissen im Lande [noch groBere Aufmerksamkeit][...]<br />

wie dies <strong>der</strong> Kathe<strong>der</strong>sozialismus im allgemeinen nicht getan<br />

hat." (Wolf; 1899, S. 482£.) Von hier aus ist, Wolf zufolge, Bismarcks wohlbekannte<br />

Gegnerschaft zur Ausweitung des Arbeitsschutzes zu erklaren. In<br />

Bismarcks Worten:<br />

"Wo ist die Grenzlinie, bis an welche man die Industrie belasten kann, ohne dem<br />

Arbeiter die Henne zu schlachten, die ihm die Eier legt? [...] Schwindet ihr Gewinn<br />

[d.h. cler cler Inclustrie], so tritt clas Unghick fur den Arbeiter ein, welches Ineines<br />

Erachtens vie! groBer ist als die lange Dauer <strong>der</strong> Arbeitszeit, namlich die Gefahr<br />

<strong>der</strong> Brotlosigkeit mit dem Dbergangsstadium <strong>der</strong> Lohnverringerung". (Wolf, 1899,<br />

S. 486f.)<br />

Nach Wolfs Interpretation durchlief Bismarck in <strong>der</strong> Entwicklung seines Wi11­<br />

schaftspolitischen Denkens eine Anzahl von Phasen. Ais er einsah, daB man<br />

durch Sozialrefolmen die Massen nicht den Sozialisten abspenstig machen kanne,<br />

leitete seine Enttauschung die letzte dieser Phasen ein - eine ganzliche Verwerfung<br />

je<strong>der</strong> weiteren Sozialpolitik. <strong>Die</strong>se Raltung fand iill-en Nie<strong>der</strong>schlag in<br />

Bismarcks Opposition gegen die Vorschlage des neuen Kaisers, die einen weitergehenden<br />

Arbeitsschutz in Form einer Begrenzung <strong>der</strong> Arbeitsstunden und -tage<br />

ftir Manner, Frauen und Kin<strong>der</strong> anstrebten und die beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Kronratssitzung<br />

vom 24. Januar 1890 deutlich wurden. Der alte Kanzler bewies in okonomischen<br />

Dingen einen gesunden Menschenverstand, <strong>der</strong> den meisten akademischen<br />

Okonomen fehlte:<br />

"Ich glaube nicht, daB <strong>der</strong> Arbeiter an sich dankbar dafur ist, daB man ihm verbietet,<br />

Geld zu verdienen an Tagen und in Stunden, wo er dazu geneigt ist [...] <strong>Die</strong><br />

Ansicht, daB <strong>der</strong> Arbeiter von dem Arbeitgeber dauernd gezwungen werde, auch<br />

gegen seinen Willen zu bestimmten Zeiten zu arbeiten, kann bei cler heutigen<br />

entsprang, die Interessen des Grof3kapitals zu verteidigen. In seiner Broschiire stellt<br />

Oppenheim auf S. 51 fest, daB seine Gesinnungsgenossen "beteuem, daB ilmen das Elend <strong>der</strong><br />

arbeitenden Klassen ebenso wann am Herzen liege, als ihren Wi<strong>der</strong>saehem, daB sie nur nieht<br />

an die Heilkraft <strong>der</strong> sozialistisehen Panazeen glauben.'" Vgl. aueh Hentschel (1976, S. 305).

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