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Die Partei der Freiheit

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164 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

lichkeit die vereinigten individuellen Bemiihungen - "von Unternehmern dirigiert<br />

und vom Kapital gespeist" -, die die Gesellschaft voranbrachten:<br />

"Standen diese Einzelkrafte auch nur einen Tag lang still, so waren die schonsten<br />

sozialpolitischen Einrichtungen zum Teufel, aber im umgekehrten Fall, wenn diese<br />

Einrichtungen, auch die besten, wie<strong>der</strong> verschwanden, wiirde am Gang <strong>der</strong> Welt<br />

wenig zu merken sein" (Bamberger, 1898d, S. 361).<br />

Bambergers ungebrochener Glaube an die MarktwiItschaft zum Ende des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts wird einigen als velfehlt erscheinen, zumal vor dem Hintergrund <strong>der</strong><br />

von Hans Rosenberg verbreiteten Ansicht, daB in den etwa fiinfundzwanzig Jahren<br />

zuvor eine "groBe Depression" geherrscht habe (Rosenberg, 1967). <strong>Die</strong>se<br />

Meinung wird jedoch von Wirtschaftshistorikern in Zweifel gezogen und erscheint<br />

gegenwartig kaum noch haltbar. W.O. Hen<strong>der</strong>son bemerkt etwa, daB<br />

Rosenberg einen Riickgang <strong>der</strong> Preise, Gewinne, Zinssatze und <strong>der</strong> Rate privater<br />

Investitionen mit einer tatsachlichen Schrumpfung <strong>der</strong> Wittschaft vetwechsele.<br />

Tatsachlich sei die industrielle Produktion und <strong>der</strong> Dberseehandel gewachsen,<br />

wahrend - und das ist von hochster Bedeutung - die Reallohne in solch einem<br />

MaBe zunahmen. So konnte <strong>der</strong> britische Handelsattache in Berlin 1898 schreiben:<br />

"Reute ist allenthalben ein Wohlstand zu sehen, von dem die begeistertsten<br />

Patrioten vor zwanzig Jahren kaum zu traumen wagten." (ffen<strong>der</strong>son, 1975, S.<br />

175£.; siehe auch Saul, 1979) In jedem Fall aber mussen diejenigen Historiker,<br />

die weitreichende Interpretationen an die Behauptung einer "GroBen Depression"<br />

knupften, erst einmal erklaren, wie dann <strong>der</strong> revisionistische Sozialismus entstehen<br />

und wie eine Krise in <strong>der</strong> deutschen Sozialdemokratie aufkommen konnte,<br />

wenn das kapitalistische System im letzten Viertel des 19. Jahrhundelts tatsachlich<br />

in einer Depression gesteckt hatte. 18<br />

(3) Der Staat driickt den Lebensstandard von Arbeitern und an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Die</strong> Liberalen zeigten auf, daB die Regierung zwar behaupte, die Klasse <strong>der</strong><br />

Industriearbeiter mittels <strong>der</strong> Sozialversicherung zu subventionieren, daB sie jedoch<br />

in Wirklichkeit den Lebensstandard <strong>der</strong> Arbeiter durch an<strong>der</strong>e Eingriffe<br />

direkt und indirekt verringerte. 1878 hatte Bismarck seine AuBenhandelspolitik<br />

gean<strong>der</strong>t. Statt wie frtiher den Freihandel zu unterstiitzen, drtickte er nun ein System<br />

von Schutzol1en gegen die starken Einwande <strong>der</strong> Fraktion Richters und des<br />

von Bamberger gefiihrten "linken Flugels" (d.h. <strong>der</strong> entschiedenen Liberalen) <strong>der</strong><br />

Nationalliberalen durch. Urn die notige Unterstiitzung im Reichstag zusammenzubringen,<br />

enthielt das Programm Eisen- und Stahlzolle fur die Industriellen im<br />

Westen und Getreidezolle zu Gunsten <strong>der</strong> Grundbesitzer im Osten. Unbestreitbar<br />

wirkten sich die Zolle auf die unteren Einkommensschichten haTter als auf die<br />

oberen aus. So stiegen die Lebenshaltungskosten insbeson<strong>der</strong>e fur arbeitende<br />

18 Vgl. Koch (1987, S. 49), wo Koch bemerkt, daB die GroBe Depression "genau besehen keine<br />

Depression [war], wohl aber ein entscheiden<strong>der</strong> Ruckgang def Wachstumsfaten und ein damit<br />

verbundener Wechsel <strong>der</strong> okonomischen Erwartungshaltungen."

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