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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 4: Der Aufstieg des mo<strong>der</strong>nen Wohlfahrtsstaates und die liberale Antwort 163<br />

(2) Fur die Verbesserung des Lebensstandards' ist Marktwirtschafi viel wichtiger<br />

als Sozialpolitik<br />

<strong>Die</strong> Liberalen fuhrten an, daB <strong>der</strong> Lebensstandard <strong>der</strong> Arbeiter sich gebessert<br />

habe und daB er sich auch weiterhin verbessem wiirde, solange die Marktwirtschaft<br />

nicht durch Gesetzgebung dazu auBerstande gesetzt wiirde. Der Zollverein,<br />

die <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> Arbeit und Zugelung <strong>der</strong> Gilden, die stete Akkumulation von Kapital,<br />

die Verstarkung <strong>der</strong> Arbeitsteilung, technische Erfindungen und Neuerungen,<br />

<strong>der</strong> effizienzsteigemde Wettbewerb zwischen Finnen - das alles brachte genau<br />

wie die an<strong>der</strong>en bekannten Mechanismen <strong>der</strong> Marktwirtschaft den gewiinschten<br />

wirtschaftlichen Fortschritt herbei. Das zumeist stille, aber ungemein<br />

machtige Wirken <strong>der</strong> Markte sei von weit groBerer Bedeutung fur den Lebensstandard<br />

<strong>der</strong> Arbeiter und aller an<strong>der</strong>en Klassen als die vennutlichen Wohltaten,<br />

die von <strong>der</strong> Sozialpolitik ausgingen.<br />

Bei nonnalem Gang <strong>der</strong> Dinge konne man annehmen, daB die Arbeiter bei<br />

steigen<strong>der</strong> Lebenshaltung anfangen wiirden, sich zu versichelTI, genau wie sie<br />

ihren Verbrauch an<strong>der</strong>er Guter erhohten. Walum sollte das Netz <strong>der</strong> staatlichen<br />

Versicherung gerade dann uber die ganze Arbeiterklasse ausgebreitet werden,<br />

wenn sowieso mehr und mehr von ihnen dahin gelangten, daB sie sich Versicherungen<br />

leisten konnten?<br />

Ludwig Bamberger fuhrt an, daB die Lage <strong>der</strong> Arbeiterklasse nicht mit staatlichen<br />

Versprechungen verbessert werden konne; vielmehr "ist die Verwirklichung<br />

<strong>der</strong> sozialistischen For<strong>der</strong>ungen, soweit sie nicht Utopien sind, eine Angelegenheit<br />

geschichtlicher Entwicklung und nicht eine solche willkurlicher Gesetzgebung."<br />

(SBR, 1881b, S. 729) Auf den Vorwurf "So willst du, daB nichts geschehe<br />

fur das soziale Wohl?" erwi<strong>der</strong>te Bamberger, daB "im bescheidenen Namen <strong>der</strong><br />

burgerlichen <strong>Freiheit</strong> unendlich mehr" erreicht werde als durch den "patriarchalischen<br />

Zwang zur Bevonnundung und Hebung <strong>der</strong> Stande." Wahrend die Arbeiter<br />

ihr Los auf dem Markt verbesserten, sorge eine verbesserte Produktion dafur, daB<br />

die Preise ihrer Konsumguter fielen (Bamberger, 1886, S. 27ff.).<br />

In den Debatten <strong>der</strong> 1880er Jahre bemerkt Richter die son<strong>der</strong>bare Unvereinbarkeit<br />

zwischen <strong>der</strong> UnenneBlichkeit des Elends, dem die Arbeiter nach Darstellung<br />

<strong>der</strong> Regierung ausgesetzt seien, und <strong>der</strong> DUlftigkeit <strong>der</strong> Mittel, mit denen<br />

man ihr Los erleichtem wolle. Alle Versichelungsplane zusammengenommen<br />

waren nur "winzig" im "Vergleich zu den Problemen und zu den Zielen, die <strong>der</strong><br />

Herr Reichskanzler den Arbeitem gegenuber hinstellt." (SBR, 1884d, S. 496)<br />

Bamberger, <strong>der</strong> gegen Ende seines Lebens uber die Plane zur Sozialpolitik, die in<br />

<strong>der</strong> Welt entstanden waren, nachdachte, war abnlich bestiirzt uber <strong>der</strong>en relative<br />

Bedeutungslosigkeit. "Manche davon waren gut, manche schlecht", stellte er fest,<br />

"aber auch die schlechtesten halten die Welt nur wenig auf." Was ibn am Ende<br />

des Jahrhundelts beeindruckte, war, daB "die Schaffenskl'aft del' Individuen [...]<br />

so unerschopflich und so sehr vom Geist <strong>der</strong> Neuzeit befluchtet [ist], daB sie<br />

auch alle Obel, die ihr Gesetzgeber antun, siegreich ubelwindet." Wenngleich die<br />

politischen Fuhrer sich den Fortschritt an ihre Fahnen heften, seien es in Wirk-

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