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Die Partei der Freiheit

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162 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

(1) Sozialpolitik wurde die sozialistische Bewegung stdrken<br />

Bamberger und Richter velWeisen mit Nachdluck darauf, daB Bismarcks<br />

Staatssozialismus und beson<strong>der</strong>s seine Sozialpolitik die Sache <strong>der</strong> Sozialisten<br />

for<strong>der</strong>e. Fursprecher von SozialversicherungspHinen, meinte Bamberger, muBten<br />

sich klarmachen, daB diese "die beiden Grundbedingungen des modemen sozialistischen<br />

Staatsgedankens" in sich schlossen: "einerseits den Zwang" und, SOfelTI<br />

sie einen ZuschuB aus del' Reichskasse erforde11en,17 "die Unterhaltung des Individuums<br />

auf allgemeine Kosten." (SBR, 1889, S. 1837) In einer effektvollen<br />

Analogie behauptet Bamberger, das Handeln del' Regielung elfolge "gewisserma­<br />

Ben nach homoopathischer Methode Gleiches mit Gleichem zu bekampfen."<br />

(Bamberger, 1897, S. 247)<br />

Richter macht ebenfalls geltend, die Regierung bejahe den sozialistischen<br />

Grundsatz, daB Industriearbeiter ein Recht hatten, andel'S und bevorzugt behandeIt<br />

zu werden. Auf diese Weise gestande sie die "Schuld" del' bourgeoisen Gesellschaft<br />

gegenuber del' Arbeiterklasse ein und betatige sich mit eigenen Worten<br />

und Taten faktisch als Verstarker del' sozialistischen Propaganda: "Es konnte gar<br />

nichts erdacht werden, womit man den Sozialisten mehr hatte aufhelfen konnen,<br />

in clem Ansehen in ihren Kreisen und ihrer Bevolkerung, als durch dieses Gesetz<br />

in Verbindung mit dem StaatszuschuB." (SBR, 1881d, S. 1532) Bamberger<br />

stimmt dem zu und bemerkt, es sei leicht zu sehen, welches Kapital sozialistische<br />

Agitatoren aus diesen Zugestandnissen "des bosen Gewissens" del' Bourgeoisie<br />

schlagen wiirden (Hartwig, 1900, S. 65f.). Durch seine offizielle Politik teilt <strong>der</strong><br />

Staat selbst - einschlieBlich des Monarchen - den Arbeitem mit, daB sie eine beson<strong>der</strong>e<br />

Behandlung verdienten, weil sie die Opfer del' kapitalistischen Gesellschaft<br />

seien. 1st es verwun<strong>der</strong>lich, so fragen die Liberalen, daB mehr und mehr<br />

von ihnen anfangen, diese Meinung zu teilen?<br />

Historiker schenken diesel' liberalen Darlegung jedoch im allgemeinen nicht<br />

viel Glauben. Zumeist betrachten sie das bestandige Wachsen del' SozialdemokI'atie<br />

als eine "natiirliche" Antwort auf die sich ausbreitende Industrialisielung.<br />

Doch GroBbritannien und die Vereinigten Staaten verzeichnen offensichtlich<br />

keine vergleichbare Zunahme des Sozialismus; und kein an<strong>der</strong>es westliches Land<br />

(Belgien, Frankreich, die Schweiz) kam dem Reich in diesel' Beziehung gleich.<br />

Vielleicht lohnt es sich, del' Frage aufs Neue nachzuspuren, ob nicht die weitverbreiteten<br />

konservativen Angriffe auf die Marktwirtschaft - einschlieBlich<br />

Bismarcks eigener Neigung zu Staatssozialismus und staatssozialistischer Rhetorik<br />

- eine Rolle beim pilzat1igen Wachstum des Sozialismus in Deutschland<br />

spielten. Dadurch wurden weitere Dilemmata geschaffen, die im Vergleich zu<br />

an<strong>der</strong>en Nationen den Spielraum fur rationales wirtschaftliches Handeln verringerten.<br />

17 Das war <strong>der</strong> Fall beim urspriinglichen Plan zur Unfallversicherung, bei <strong>der</strong> Alters- und Invaliditatsversicherung<br />

und, in geringem Umfang, bei <strong>der</strong> Krankenversicherung.

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