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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 3: Eugen Richter: lS'eine La1~fbahn, seine Gedanken und seine Kritiker 149<br />

Richter zu verhindetn suchte, ging eine weitere gewaltige Zunahme del' Macht<br />

des Staates hervor und eine Unzahl von Dbeln fur Deutschland.<br />

War Richter "<strong>der</strong> Totengraber des deutschen Liberalismus"?78 Richter fuhrte<br />

den Urnstand, daB er seine Bemuhungen mehr darauf verwendete, "den Ruckschrirt<br />

zu verhindem, als groBe Fortschrirte herbeizufuhren", auf die "ungunstigen<br />

politischen Konstellationen" seiner Zeit zurtick. Naumann selbst gab ZU, es<br />

sei Richters "Schicksal [gewesen], das Rtickzugsgefecht des deutschen Liberalismus<br />

flihren zu mussen." (Naumann, 1919, S. 48) Doch hier ging es urn eine<br />

Entwicklung, die sich in allen westlichen Landem einschlieBlich Frankreichs,<br />

GroBbritanniens und <strong>der</strong> Vereinigten Staaten vollzog. Der Liberalismus im klassischen<br />

Sinne harte eine defensive Erscheinungsform angenommen, so daB Saulen<br />

<strong>der</strong> liberalen Orthodoxie wie Herbert Spencer in England und William<br />

Graham Sumner in den Vereinigten Staaten als "Konservative" abgestempelt<br />

werden konnten. In den englischsprachigen Landem unterlief sogar das Wort<br />

"Liberalismus" einen Wandel. Es wurde dort praktisch ununterscheidbar zur Bezeichnung<br />

eines reformistischen bzw. - in Deutschland - eines revisionistischen<br />

Sozialismus. Zu dem Zeitpunkt, da Joseph Schumpeter seine groBe (;eschichte<br />

<strong>der</strong> okonomischen Analyse schrieb, fuhlte er, daB er den Leser darauf aufmerksam<br />

machen musse, daB er mit "okonomischem Liberalismus" "Laissez-faire"<br />

meine also die "Theorie, daB man die wirtschaftliche Entwicklung und das WoW<br />

<strong>der</strong> Allgemeinheit am besten for<strong>der</strong>t, wenn man die Wirtschaft des privaten Untemehmertums<br />

von allen Fesseln befreit und sich selbst uberlaBt." Der Grund fur<br />

seine Wamung war, daB "dieser Ausdruck seit <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende [...] eine<br />

an<strong>der</strong>e - tatsachlich fast entgegengesetzte - Bedeutung angenommen hat: <strong>Die</strong><br />

Gegner des Systems des privaten Untemehmertums haben es fur klug befunden,<br />

sich dieses Etikert anzueignen und ihm damit ein groBes, wenn auch nicht beabsichtigtes<br />

Kompliment gemacht." (Schumpeter, 1965, S. 493)<br />

Harte sich Richter fur eine solche Bewegung hergeben sollen? Das scheint <strong>der</strong><br />

tiefere Sinn von Hans-Peter Goldbergs Behauptung zu sein, daB Richter "arm an<br />

Entwicklung und inneren Wendepunkten" (Goldberg, 1993, S. 57) war. Doch<br />

worin hatten solch eine Entwicklung und solche Wendepunkte bestanden? In<br />

einer Wendung zu jener Ali Sozial- und Weltpolitik, die Naumann verfocht?<br />

Beides stellte einen VetTat an dem Liberalismus dar, fur den Richter einstand.<br />

Am Ende war es nicht die Sozialpolitik, sondem, wie Richter sich ausdtiickte, die<br />

allgemeine Kulturentwicklung, die die arbeitenden Klassen zum Wohlstand erhob<br />

- genau wie Richter es prognostiziert hatte; und das Ergebnis <strong>der</strong> wilhelminischen<br />

"Weltpolitik" ist zu bekannt, als das es eines Kommentars bedurfte.<br />

Theodor Heuss wie<strong>der</strong>holt noch eine weitere Kritik an Richter, als er ihn ob<br />

"seiner monumentalen Kleinburgerlichkeit" schielt - obgleich es unklar bleibt, ob<br />

Heuss hier von einem junkerlichen o<strong>der</strong> von einem marxistischen Standpunkt aus<br />

78 Goldberg (1993, S. 56) bemerkt, daB diese Beschuldigung "ein konstanter Vorwurf [gegen<br />

Richter war], <strong>der</strong> sich wissenschaftlich modifiziert bis in die neuere Forschung hinein zieht."

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