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Die Partei der Freiheit

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Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

1897 erkHilte Richter im Reichstag:<br />

"Liegt etwa in <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Schiffe mehr o<strong>der</strong> weniger die Frage <strong>der</strong> Wehrkraft<br />

Deutschlands? Nein, sie entscheidet nur tiber die Grenzen <strong>der</strong> Phantasie einer Weltpolitik,<br />

geeignet, die Krafte Deutschlands zu zersplittern und durch tiberseeische<br />

Handel uns den Frieden in Europa zu geHihrden". CSBR, 1897, S. 5911)<br />

Da die Vertreter <strong>der</strong> Marine eine teilnahmslose offentliche Meinung bekehren<br />

wollten fiirchteten sie ni~ht nur Richters Gegenoffensive im Parlament, sondem<br />

auch seine joumalistischen Angriffe (von Tirpitz, 1920, S. 98, Anm. 1 und S. 99).<br />

<strong>Die</strong> Offiziere im Nachrichtenburo <strong>der</strong> Marine studierten "taglich die Freisinnige<br />

Zeitung Eugen Richters [... ], die einzige Zeitung, die einer zweifachen, intensiven<br />

Durchsicht unterzogen wurde," urn in <strong>der</strong> Lage zu sein, auf die nicht nachlassenden<br />

Argumente Richters zu antworten (Deist, 1976, S. 77).<br />

Der einfluBreiche Weimarer radikaldemokratische Historiker Eckal1 Kehr behauptete<br />

spater, Richter habe die Weltpolitik und die Flottenvorlagen bloB aus<br />

"kapitalistischen Motiven" abgelehnt, weil sie nicht rentabel gewesen seien. 67<br />

Zutreffend ist, daB Richter, wie stets, seine Stellungnahme zu diesen Fragen auf<br />

viele von Zahlen und allerlei "pragmatische" Argumente stiitzte. Abel' auch Kehr<br />

muBte zugeben, daB fur Richter ebenso gewisse Prinzipien auf dem Spiel standen.<br />

Kehr schreibt, es sei Richters Standpunkt:<br />

"daB <strong>der</strong> Staat den Export den Exporteuren, <strong>der</strong> Industrie und <strong>der</strong> Kaufmannschaft<br />

iiberlassen solle, sich aber nicht mit den Interessen des Exporteurstandes indentifiziern<br />

dtirfe. [...]Wenn die Industrie [...] doch Wert auf den Schutz durch Kriegsschiffe<br />

lege, mage sie nur ruhig einen Teil ihres so erbeuteten Mehrgewinnes heraustiicken<br />

und sich davon seiber die Kreuzer bauen." (Kehr, 1930, S. 297£.)<br />

Der Hauptwi<strong>der</strong>spluch in Richters antiimperialistischer Haltung wurde im Zusammenhang<br />

mit China deutlich. Als Deutschland Kiautschou besetzte und dann<br />

mit dem Bau einer Eisenbahn nach Schantung begann, stand Richter diesem Vorgehen<br />

wesentlich freundlicher gegenuber als fruheren Untemehmungen. An<strong>der</strong>s<br />

als in Afrika und in <strong>der</strong> Sudsee bot das Vorgehen in China endlich Aussicht auf<br />

Rentabilitat: "was hatten wir uberhaupt fur ein Interesse daran, die Chinesen zu<br />

beherrschen? Wir wollen an ihnen blofi C;eld verdienen, weiter gar nichts!"<br />

Trotzdem war sein Rat <strong>der</strong> Verwaltung gegenuber: "abwarten!" (SBR, 1899, S.<br />

558£. Hervorhebung im Original.)<br />

Der Schlussel fur Richters Inkonsequenz in <strong>der</strong> Kolonialfrage findet sich in <strong>der</strong><br />

Beobachtung Lothar Albertins, Richter sei "im Hinblick auf den Imperialismus<br />

theorielos geblieben." (A/bertin, 1975, S. 92£.) Bei seiner Beu11eilung einzelner<br />

imperialistischer Untelnehmungen nach dem scheinbar okonomisch-rationalen<br />

Kriterium <strong>der</strong> Rentabilitat hat er nie systematisch die Frage gestellt: "Rentabel fur<br />

wen?" So hat er die liberale Position unterhohlt, genauso wie es del' Freihandler<br />

Viktor Bohmert in den 1860er Jahren getan hat, als er nach del' "Organisation<br />

eines gemeinsamen Schutzes des deutschen Handels im Auslande [...] und An-<br />

67 Kehr (1930, S. 293). <strong>Die</strong> gleiche Kritik tibteMehring (1964, S. 214).

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