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Die Partei der Freiheit

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Kapite! 3: Eugen Richter: Seine Laujbahn, seine Gedanken und seine Kritiker 135<br />

verbessert werden konne und daB hohere Produktivitat mittels <strong>der</strong> Arbeitsweise<br />

privater Untemehmen angestrebt werden miisse. Auf <strong>der</strong> "Mikroebene" waren<br />

FleiB, Sparsamkeit und die Teilnahme am Genossenschaftswesen Wege, die dem<br />

Einzelnen zur Verbesserung seiner Lage offenstanden - welcher EinfluB auch<br />

immer von seiten <strong>der</strong> "Makroebene" auf den Lebensstandard ausgeiibt wurde. Es<br />

ist schwer zu sehen, was an dieser Sichtweise so verwerflich sein sollte. 59<br />

Es 1000t sich auch, darauf hinzuweisen, daB man, bei aHem Gerede tiber wirtschaftsliberalen<br />

"Doktrinarismus," nicht die Tatsache aus den Augen verlieren<br />

sollte, daB es eine unter Historikem anscheinend weit verbreitete Ansicht gibt,<br />

die "sozialpolitischer Doktrinarismus" genannt werden konnte. Es handelt sich<br />

um den - von keinem erkennbaren Beweis gestiitzten - Glauben, daB Sozialpolitik<br />

und Einkommensumverteilung in bedeutendem Umfang und zu jedem gegebenen<br />

historischen Zeitpunkt betrieben werden konnen, ohne beson<strong>der</strong>e bzw. emstliche<br />

wirtschaftliche Folgeerscheinungen hervorzurufen.<br />

Wenn man yom Standpunkt <strong>der</strong> Weltgeschichte als Weltgericht urteilt, so hatte<br />

Richter bei seinem Kampf gegen die Sozialpolitik unrecht: Der Wohlfahrtsstaat<br />

ist heute im Begriff, die ganze Erde zu erobem. Sogar die grandiose marxistische<br />

Idee droht zum bloBen Wohlfalutsideal miniaturisiert zu werden. Doch zumindest<br />

einer <strong>der</strong> Griinde, die Richter fur seine Opposition gegen den entstehenden Wohlfahrtsstaat<br />

anfiihrte, ist seither von <strong>der</strong> geschichtlichen Erfahrung besHitigt worden.<br />

Richters Erklarung: "Indem man alle selbstandige Kassenbildung erschwerte<br />

o<strong>der</strong> beschrankte, drangte man auf den Weg <strong>der</strong> Staatshilfe und erweckte hier<br />

lvachsende Ansprilche an den Staat, die kein Staatswesen au.ldie Dauer befriedigen<br />

kann" (Richter, 1896, S. 173. Hervorhebung durch d. Verf.), hOl1 sich heute<br />

so an, als ob er die Krise des Weimarer - und vielleicht auch des heutigen - Sozialstaates<br />

vorausgesagt hatte.<br />

x. Der Triumph <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>interessen<br />

Mit <strong>der</strong> Einfiihrung des Schutzzolls, <strong>der</strong> Sozialversichelung und ahnlicher<br />

MaBnahmen verfolgte Bismarck eine allgemeine politische Absicht, die iiber<br />

seine beson<strong>der</strong>en Ziele im vorliegenden Fall hinausging. Er wollte das System<br />

<strong>der</strong> - im herkommlichen Sinne verstandenen - parlamentarischen Vel1retung des<br />

59 Ein selten anzutreffendes Verstandnis fur die linksliberale Opposition zur Sozialpolitik zeigte<br />

Erich Eyck, als er schrieb: "Trotz alledem entbehrt jene Opposition nicht einer inneren Rechtfertigung.<br />

Denn sie beruht auf dem Gedanken, daB das GefUhl <strong>der</strong> personlichen Verantwortung<br />

des einzelnen Staatsbiirgers fur sein Schicksal unentbehrlich sei zur gesunden Entwicklung<br />

eines Volkes, und daB die Omnipotenz des Staates auf die Dauer mit <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> des Individuums<br />

unvertraglich sei.'" Eyck (1944, S. 372). Ahnlich auch Born (1957), <strong>der</strong> zugibt:<br />

"Der Kampf des Linksliberalismus gegen die Bismarcksche Arbeiterversichung war nicht ein<br />

Kampf gegen die Arbeiterschaft, son<strong>der</strong>n ein Kampf gegen die Ausdelmung <strong>der</strong> staatlichen<br />

Kompetenz. '"

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