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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Lau.fbahn, seine Gedanken und seine Kritiker 131<br />

Richter vennochte jedoch mit bemerkenswerter Klarheit viele Eigenschaften<br />

einer marxistisch gepragten StaatsfolID vorauszusehen. In einem marxistischen<br />

Deutschland werde die Auswan<strong>der</strong>ung verboten sein, denn "Personen, die ihre<br />

Erziehung und Bildung dem Staate verdanken, kann die Auswandelung nicht gestattet<br />

werden, solange sie noch im arbeitspflichtigen Alter stehen." (Richter,<br />

1907, S. 32) Nach Richter sind Bestechung und Unterschlagung im sozialistischen<br />

Gemeinwesen tiberall zu finden, und die Produkte <strong>der</strong> verstaatlichten Wilischaft<br />

sind im Weltmarkt nicht konkulTenzfahig (Richter, 1907, S. 42£., 48). Vor<br />

allem aber legt er Gewicht auf den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und<br />

politischer <strong>Freiheit</strong>:<br />

"Was nutzt die Pressefreiheit, wenn die Regierung in Besitz alIer Druckereien ist,<br />

was hilft die Vesammlungsfreiheit, wenn aIle Versammlungslokale <strong>der</strong> Regierung<br />

gehoren [...] In einer GeselIschaft, worin es keine personliche und wirtschaftliche<br />

<strong>Freiheit</strong> des einzelnen mehr gibt, [ermoglicht] auch die freieste Staatsform keine<br />

politische SelbstsUindigkeit." (Richter, 1907, S. 50, 53)<br />

Richter sah auch voraus, daB del' Versuch des Sozialismus, das gesamte Wirtschaftsleben<br />

auf zentraler Planung aufzubauen, allem Gerede tiber "Genossenschaften"<br />

usw. zum Trotz eine zentralisierte Lenkung durch den Staat erfor<strong>der</strong>lich<br />

machen wiirde. So malte Richter in seinen kleinen Sozialdemokratischen<br />

Zukunftsbil<strong>der</strong>n bereits ein getreues Bild dessen, was ganze Volker erst in qualvoller<br />

Erfahrung lemen muBten, daB namlich das sozialistische Projekt die Zerstorung<br />

del' Zivilgesellschaft zur Folge haben wiirde.<br />

IX. Gegen Staatssozialismus und Sozialpolitik<br />

a) Bismarcks Staatssozialismus<br />

Ab den spaten 1870er Jahren sprach Bismarck haufig von <strong>der</strong> Notwendigkeit,<br />

den "Staatssozialismus" im neuen Reich eine Heimstatt zu geben, so etwa in seinem<br />

Kommentar: "Der Staatssozialismus paukt sich durch. Je<strong>der</strong>, del' diesen Gedanken<br />

aufnimmt, wird ans Ru<strong>der</strong> kommen." (Busch, 1899, S. 44; vgl. auch Gall,<br />

1980, S. 606) Zuweilen war an seinen Au13erungen weniger dran, als es schien.<br />

Ais er einmal hochtrabend vom "Recht auf Arbeit" sprach, das jedem deutschen<br />

Arbeiter gewahrt werden sollte, und Richter ibn daftir schalt, daB er den<br />

Kampfruf <strong>der</strong> aufstandischen Pariser vom Juni 1848 exhumierte, erwi<strong>der</strong>te<br />

Bismarck ebenso verachtlich wie wi<strong>der</strong>spruchlich, daB solch ein Recht bereits im<br />

preuBischen Landrecht existiere. Richter legte jedoch dar, daB alles, was<br />

Bismarck im Sinn hatte, "das Recht auf das Arbeitshaus" (SBR, 1884c, S. 481,<br />

495, 500, 508) war.<br />

Dennoch formulie11e Bismarck ein weitreichendes staatssozialistisches Programm,<br />

das Richter mit wechselndem Erfolg bekampfte. Hierzu zahlte die Verstaatlichung<br />

<strong>der</strong> preuBischen Eisenbahnen, die EITichtung von Staatsmonopolen

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