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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Lau.fbahn, seine Gedanken und seine Kritiker 121<br />

geringste Einwand von Seiten Richters galt namrlich <strong>der</strong> Politik des Kaufes polnischen<br />

Landes fur deutsche Landwirte die sich als auBerordentlich teuer erwies.<br />

Bei all dem hatten die mit dem ZentIum verbundeten Linksliberalen den zunehmenden<br />

Angriffen <strong>der</strong> Regierung, <strong>der</strong> Konservativen und <strong>der</strong> Nationalliberalen zu<br />

begegnen. Deren Ziel war es, eine "national geschlossene, moglichst groBe<br />

Masse" zu schaffen, urn sich fur "die zukunftigen schweren Kampfe, denen wir<br />

entgegensehen" (Balzer, 1990, S. 48£., 128, 132, 291 und passim) zu wappnen,<br />

wie es ein konservativer Sprecher ausdrtickte. In <strong>der</strong> polnischen Frage wurde das<br />

Wirken Richters, wie in seiner ganzen politischen Laufbahn, von <strong>der</strong> Annahme<br />

bestimmt, daB rivalisierende Ideen und Kultulwerte nicht mit Gewalt zu bekampfen<br />

sind, sondeln ruhig <strong>der</strong> Buhne <strong>der</strong> burgerlichen Gesellschaft uberlassen bleiben<br />

konnen.<br />

VI. <strong>Die</strong> Zweifrontenstrategie<br />

Richter war von del' gegenseitigen Abhangigkeit politischer und wirtschaftlicher<br />

<strong>Freiheit</strong> uberzeugt. Das pragte seine politische Strategie. Er fUhrte einen<br />

"Zweifrontenkrieg" von <strong>der</strong> Art, wie sie fur europaische Liberale seit <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

franzosischen Restauration o<strong>der</strong> sogar des Directoire geboten war. Auf <strong>der</strong> einen<br />

Seite kampfte er gegen die autoritare Regierungsfonn des Bismarckschen<br />

"Scheinkonstitutionalismus" und den wie<strong>der</strong>belebten Merkantilismus, auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite gegen den emporkommenden Sozialismus. 49<br />

Richter sah seinen Zweifrontenkampf als eine Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen<br />

dem Liberalismus und zwei Arten staatlicher Bevonnundung. Der Sozialismus<br />

und das Bismarcksche System bedeuteten jeweils Riickschritte in Richtung einer<br />

alteren Ordnung, namlich - in <strong>der</strong> wohlbekannten Typologie des englischen<br />

Rechtshistorikers Henry Maine - zur "Statusordnung" statt zur "Vertragsordnung".<br />

Beide wiesen gewisse innere Verwandtschaften auf (Maine, 1963).<br />

Richters Deutung einer Gemeinsamkeit zwischen Sozialismus und preuBischem<br />

monarchischem Konservatismus wurde von Ferdinand Lassalle, dem Begrun<strong>der</strong><br />

des deutschen Sozialismus, geteilt. Sie bildete die Grundlage <strong>der</strong> Lassalleschen<br />

politischen Strategie in den spaten 1850er und fruhen 1860er Jamen. 1863, am<br />

Ende seines Prozesses vor dem koniglichen Kammergericht zu Berlin, erklarte<br />

Lassalle seinen Richtem:<br />

"Wie breite Unterschiede Sie und mich auch von einan<strong>der</strong> trennen, meine Herren, ­<br />

dieser Auf10sung alles Sittlichen [die aus dem Lager <strong>der</strong> Liberalen drohte] gegen-<br />

49 Kahan (1989, S. 68f.) schreibt yom "klassischen Dilemma, das alle Liberalen des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

erfuhren, ob sie nun Deutsche, Franzosen o<strong>der</strong> Englan<strong>der</strong> waren. Sie befanden sich<br />

alle in <strong>der</strong> miBlichen Lage, einen Zweifrontenkrieg zu fuhren: oben eine Front zu den Aristokraten<br />

und <strong>der</strong> Regierung, unten die an<strong>der</strong>e, um die Angriffe <strong>der</strong> Demokraten und <strong>der</strong> Unterklassen<br />

abzuwehren. 1m Ergebnis schwachte diese Teilung ihrer Krafte sie tiberall, und gab<br />

den Liberalen starke Anreize, mit dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gegner Btindnisse einzugehen."

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