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Die Partei der Freiheit

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118 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

Seinerzeit stellte Richter sein eigenes Programm fur die Trennung von Kirche<br />

und Staat vor:<br />

"Man gebe dem Volke volle Vereins- und Versammlungsfreiheit, tnan schaffe freie<br />

PrivatschuIen, man befreie die 6ffentlichen Schulen von <strong>der</strong> Aufsicht <strong>der</strong> Geistlichkeit,<br />

man schaffe Ziviistandsregister und fuhre die obligatorische Zivilehe ein, man<br />

dotiere die Kirche. aus 6ffentlichen Mitteln nicht mehr als sie aus privatrechtlichen<br />

Titein verlangen kann". (SBR, 1871, S. 518)<br />

Jene seiner liberalen Kollegen, die sich an <strong>der</strong> Notihrer katholischen Feinde<br />

weideten, warnt Richter: "Das kann mich nicht trosten, daB <strong>der</strong> reaktionare SpieB,<br />

nachdem er bisher mehr gegen links gekelut war, nun gegen das ZentIum gerichtet<br />

wird, dieselbe Hand, die ihn nach rechts gedreht hat, kann ihn auch wie<strong>der</strong><br />

nach links drehen," und er fugte wachen Auges hinzu: "auch gegen die sozialdemokratische<br />

<strong>Partei</strong>." (SBR, 1871, S. 519)<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, daB Richter sich auf diese Weise von <strong>der</strong> Mehrheit seiner Mitliberalen<br />

unterscheidet, wird wie<strong>der</strong>um von Katholiken anerkannt; in <strong>der</strong> bitter umkampften<br />

Reichstagswahl von 1878 gewinnt Richter die Stichwahl nur durch die<br />

Unterstiitzung des Zentrums (Rottger, 1932, S. 11). Als unter Liberalen die Leidenschaft<br />

bei <strong>der</strong> Verfolgung von Katholiken abflaute, konnte sich Richter riihmen,<br />

"keinem <strong>der</strong> Reichsgesetze, die man zu dem sogenannten Kulturkampf<br />

zahlt, zugestimmt [zu haben] und auch manchem Landesgesetze [in PreuBen] in<br />

dieser Beziehung nicht."45 Richter kam mit seiner Raltung <strong>der</strong> echt liberalen<br />

Leme so nahe wie kein zweiter deutscher Liberaler. Er bestand auf strikter Trennung<br />

von Staat und Kirche bei voller <strong>Freiheit</strong> fur Privatschulen und Ablehnung<br />

je<strong>der</strong> staatlichen Subvention fur irgendein Bekenntnis (Rohfleisch, 1946, S. 37f£.;<br />

Rachfahl, 1912, S. 278).<br />

Richter teilt sicherlich nicht den giftigen Hall auf den Katholizismus, <strong>der</strong> in liberalen<br />

Zirkeln gepflegt wurde. Gelegentlich bringt er seine Weltschatzung fur<br />

die Arbeit katholischer Wohltatigkeitsgluppen zum Ausdluck, fur die Gesellenvereine,<br />

Bonifaciusvereine usw., "in denen sie den geistigen Bedulfnissen groBerer<br />

Volksklassen zu entsprechen suchten, [so] daB diese wesentlich dazu beigehorigkeit<br />

entzogen werden konnte. Sie schreibt (ebenda, S. 177), daB Richter sich <strong>der</strong> Stimme<br />

enthielt, "damit, wie Richter spater zugab, seine Verabschiedung ,in keinem Falle zu verhindem'<br />

sei.'" Als Beleg wird Richters 1m alten Reichstag, Bd. I, (1894, S. 96), angefuhrt, wo er<br />

erklart, daB Hoverbeck als Fraktionschef darum ersucht hatte, daB die fortschrittlichen Abgeordneten<br />

ihre Meinungsverschiedenheit nicht nach AuBen zeigen sollten, wie das bei friiheren<br />

<strong>der</strong>artigen Gesetze und vor kurzem noch beim Militargesetz cler Fall war. Richter fugt hinzu:<br />

"Da nun die Annahme des Gesetzes in keinem Falle zu verhindem war, fugten diejenigen,<br />

welche gleich nlir Gegner des Gesetzes waren, sich dem Wunsche des Fuhrers und nahmen an<br />

<strong>der</strong> Abstimmung nicht tei!. ,..<br />

45 SBR (1878, S. 239). Daher ubertreibt Blackbourn (1988, S. 49), wenn er, sich auf Lorenz<br />

stutzend, Richter als einen "<strong>der</strong> wenigen Liberalen, die den Kulturkampf vorbehaltlos ablehnten,'"<br />

bezeichnet.

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