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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Lau;fbahn, seine G-edanken und seine Kritiker 115<br />

<strong>Partei</strong> del' Freihandler in ihren Rangen. Von den Tagen del' Indemnitatsvorlage<br />

liber den Griindungsreichstag des Norddeutschen Bundes bis zur Griindung des<br />

Reiches unterstiitzten sie das Bismarcksche System in del' Erwartung, zeitweilige<br />

Zugestandnisse an del' politischen Front durch dauerhafte Gewinne an del' wirtschaftlichen<br />

Front ausgleichen zu konnen. Nun waren sie zu del' Erkenntnis gezwungen,<br />

daB ein Kanzler, del' dem Reichstag nichtverantwortlich und del' weitgehend<br />

immun gegenliber del' affentlichen Meinung ist, die von ihm gewahrten<br />

wirtschaftlichen <strong>Freiheit</strong>en von einem auf den an<strong>der</strong>en Tag wie<strong>der</strong> aufbeben<br />

konnte. 39<br />

Angesichts diesel' Zusammenhange ist es del' unsinnigste aller Vorwulfe gegen<br />

Richter, daB er die politische <strong>Freiheit</strong> nicht beachtet habe, urn sich ganz auf die<br />

wirtschaftliche <strong>Freiheit</strong> zu konzentrieren. Gustav Seeber behauptet, daB Richter<br />

"die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Polizeistaat unter dem engen Aspekt del' wiltschaftspolitischen<br />

Interessen <strong>der</strong> Bourgeoisie [sah], wie das fUr die Doktrinare<br />

des rigorosen Wittschaftsliberalismus, die sogenannte Manchesterschule, charakteristisch<br />

war." (Seeber, 1986, S. 307) Wenn das stimmte, harte Richter sich<br />

1867 mit Nationalliberalen, die Prince-Smiths und Fauchers Gesinnung teilten,<br />

verblinden und Bismarck in den 1870elTI unterstiitzen kannen, anstart mit seiner<br />

FOltschrirtspartei in <strong>der</strong> politischen Wuste zu verbleiben. Richters gesamte politische<br />

Laufbahn war in <strong>der</strong> Tat von seiner Weigerung bestimmt, wiltschaftliche<br />

und politische <strong>Freiheit</strong> zu trennen.<br />

Auch wenn solch eine polemische Verdrehung <strong>der</strong> Haltung Richters von einem<br />

DDR-Historiker wie Seeber nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich ist, was soIl man von <strong>der</strong><br />

Erklarung Leonard Kriegel's halten, die er in seinem bekannten Werk The<br />

German Idea 0.[ Freedom abgibt: "Del' radikale Liberalismus neigte bei ibm<br />

[Richter] dazu, vollig im Dogma von del' wirtschaftlichen <strong>Freiheit</strong> aufzugehen"?<br />

(Krieger, 1957, S. 397) Richters lebenslanger Kampf fUr den Rechtsstaat, die<br />

Vorherrschaft des Parlaments und die Geistesfreiheit ist in del' Literatur so wohlbekannt,<br />

daB man zu erwidem versucht ist: Sozialdemokratische Vorlieben sind<br />

eine Sache, vorsatzliche Verdrehungen aber eine an<strong>der</strong>e. Es besteht natiirlich<br />

auch die Maglichkeit, daB Krieger elementare Tatsachen aus <strong>der</strong> Laufbahn des<br />

bemhmtesten liberalen Politikers im Deutschland des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts schlicht<br />

unbekannt waren.<br />

v. Biirgerliche <strong>Freiheit</strong> und Rechtsstaat<br />

In Fragen del' Biirgen'echte und des Rechtsstaats ist es augenscheinlich, daB<br />

Richter viel von Dahlmann, Mohl und den deutschen Liberalen gelelTIt hat, mit<br />

39 Richter wilrde dem Zugestandnis schlieBlich nahe konullen, daB das Problem nicht in mangeln<strong>der</strong><br />

"politischer <strong>Freiheit</strong>'" im Sinne einer Lenkung durch das Parlament lag. <strong>Die</strong> Herrschaft<br />

<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>interessen wohnt <strong>der</strong> modemen Massendemokratie inne. Mit an<strong>der</strong>en Worten<br />

sie haftet <strong>der</strong> "politischen'" <strong>Freiheit</strong> selbst an.

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