Die Partei der Freiheit
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112 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
darunter sogar Thomas Jefferson, beide Ideale, wenn auch in unterschiedlichem<br />
MaBe. Gleiches trifft fur viele an<strong>der</strong>e zu, die gewohnlich einfach als "Liberale"<br />
eingeordnet werden, wobei Benjamin Constant vielleichtdas herausragendste<br />
Beispiel darstellt.<br />
Eugen Richter prasentiert auch ein Beispiel fur eine solche Verknupfung. 37<br />
Als er bei <strong>der</strong> Einfuhrung des Schutzzolls 1879 gegen einen Stunn von Son<strong>der</strong>interessen<br />
Wi<strong>der</strong>stand leistete, konnte er geradezu beredsam die Verpflichtung<br />
des preuBischen Beamtentums des ftuhen 19. Jahrhundetts auf das Gemeinwohl,<br />
hervorheben. <strong>Die</strong> Stein-Hardenbergschen Refonnen - seIber eine Mischung liberaler<br />
und burgerlich-humanistischer Elemente - etTIteten sein hochstes Lob.<br />
Richters Worte in diesem Zusammenhang wtirden wahrscheinlich jene uberraschen,<br />
die in ibm weiterhin einfach den "doktrinaren Manchestetmann" sehen:<br />
"Das war jene groBe Zeit, die fur ganz Europa zuerst die allgemeine Wehrpflicht<br />
und zu gleicher Zeit die allgemeine direkte Steuerpflicht <strong>der</strong> Burger schuf. Auf diesen<br />
beiden Fundamenten hat dieses PreuBen., dieses von Natur so arme Land die<br />
schwere Rustung fur ganz Deutschland allein tragen konnen, bis zu <strong>der</strong> Zeit, wo<br />
das deutsche Reich entstanden ist" (S'BR, 1879a, S. 981).<br />
Obwohl Richter fraglos ein Liberaler im klassischen Sinne war, ist es klar, daB<br />
wir es in seinem Fall mit einer an<strong>der</strong>en Art Liberalismus zu tun haben als im Fall<br />
des antipolitischen Liberalismus, wie er etwa bei Bastiat, und dem Journal des<br />
Economistes o<strong>der</strong> bei Herbert Spencer und den englischen Individualisten des<br />
spaten 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s auch bei <strong>der</strong> deutschen Freihandlerpartei<br />
anzutreffen ist.<br />
Der burgerliche Humanismus schlieBt die Gegnerschaft zu bul'okratischel'<br />
Steuelung ein und neigt dazu, die Dezentralisielung <strong>der</strong> Macht zu fordelTI und zu<br />
fordem. Auch Richter war ein treuer Anhanger des Grundsatzes del' Dezentralisierung,<br />
<strong>der</strong> heutzutage haufig als "SubsidiariHitsprinzip" bezeichnet wil'd. Als in<br />
<strong>der</strong> Debatte fiber die Unfallversicherung die Fol'<strong>der</strong>ung nach einem staatlichen<br />
Monopol aufgeworfen wurde, war Richters Haltung, daB er gegen Monopole auf<br />
allen Ebenen sei. Doch wenn zwischen einem Monopol auf <strong>der</strong> Ebene des Reiches<br />
und einem auf del' Ebene <strong>der</strong> Einzelstaaten zu wahlen sei, "dann entscheiden<br />
wir uns fur das Monopol des Einzelstaates aus dem Grunde, weil das Monopol, je<br />
mehr die Zentralisation dazu kommt, urn so ver<strong>der</strong>blicher wird." (SBR, 1881c, S.<br />
1474) Richter legt femer den Glundsatz <strong>der</strong> Subsidiaritat in unzweideutigen<br />
Worten dar:<br />
"Ich gehe von dem politischen Grundsatz aus, daB, was in offentlichen Dingen in<br />
kleinen Kreisen erreicht werden kann, auch in kleinen Kreisen durchgefuhrt werden<br />
solI und nicht aufgroBere zu iibertragen ist". (SBR, 188Ic, S. 1474f)<br />
Den Drang zur Zentralisierung fuhrt Richter spottisch auf einen "gewissen<br />
Reichsenthusiasmus" (SBR, 1881b, S. 706) zuruck. Obwohl er es nicht ausdruck-<br />
37 Eine Personlichkeit, in <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> burgerliche Humanismus in hoherem MaBe zeigte, war<br />
Richters enger Verbiindeter Albert Hane1~ siehe Vitzthum (1971).