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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Lau:fbahn, seine Gedanken und seine Kritiker<br />

III<br />

den Mitteln des ganzen Landes, also auch aus den Mitteln des Ostens." (SBR,<br />

1881d, S. 153 1)<br />

Der klarste Ausdruck <strong>der</strong> Vorliebe Richters fur kleinere statt groBe Betriebe in<br />

<strong>der</strong> Marktwirtschaft findet sich vielleicht im Zusammenhang mit seinem Angriff<br />

auf den 1879 vorgeschlagenen Schutzzoll:<br />

"Ich bin <strong>der</strong> letzte, <strong>der</strong> etwa kunstlich die Konkurrenz <strong>der</strong> Gro13industrie und des<br />

Grof3kapitals nie<strong>der</strong> halten will im Interesse des Handwerks, aber noch viel weniger<br />

will ich kunstlich die Interessen <strong>der</strong> Gro13industrie und des Gro13kapitals for<strong>der</strong>n<br />

dadurch, daB hier das deutsche Handwerk, das wir noch haben, verki.itnlnert wird<br />

durch diese Art von Zollen". (SBR, 1879a, S. 977)<br />

Ein Hauptgrund fur Richters MiBtrauen gegenuber <strong>der</strong> GroBindustrie war ihr<br />

unheilvoller EinfluB auf die Politik. Bei einer Gelegenheit brachte er im preuBischen<br />

Abgeordnetenhaus gegen die big-business-Fraktion unter Fuluung des Freihenn<br />

von Stumm vor, daB es ungewiB sei, welcher politischen Pa11eiung sie angehore.<br />

Moglichelweise wisse sie das seIber nicht einmal, da sie immer "mit<br />

demjenigen [gehe], <strong>der</strong> die Gewalt hat, und dazu habe sie auch aIle Ursache,<br />

schon weil sie stark an Lieferungen fur Reich und Staat beteiligt sei."34 Wie immer<br />

schon, neigten die GroBuntelnehmen dazu, die "<strong>Partei</strong> des Hofes" zu sein. 35<br />

b) Richter als ,. civic humanist H<br />

Seit einigen Jalu"en Hiuft unter Gelehrten del' englischsprachigen Welt eine heftige<br />

Kontroverse tiber die relative Bedeutung des "Lockeschen Liberalismus" und<br />

des "burgerlichen Humanismus" (civic humanism) in del' modelnen Politik. 36 Del'<br />

Liberalismus gehe angeblich von del' zentralen Rolle individueller Rechte aus,<br />

beson<strong>der</strong>s yom Recht auf Eigentum und freien Tausch. Der burgerliche Humanismus<br />

hingegen, so wird behauptet, beruhe auf den Rechten und Pflichten del'<br />

Menschen als Burger. Wahrend yom Liberalismus angenommen werde, er sei<br />

individualistisch, ja sogar egozentrisch und betone die Welt des Genusses, die<br />

durch immer weiter zunehmende Vorteile des Wil1schaftlichen Fol1schritts moglich<br />

werde, werde <strong>der</strong> burgerliche Humanismus als kommunitarisch interpretiel1,<br />

da er die Vorzuge eines dem Gemeinwohl verpflichteten politischen Lebens<br />

hervorhebe.<br />

Als Idealtypen haben die so verstandenen Begriffe "Liberalismus" und "burgerlicher<br />

Humanismus" zweifellos ihren Wert. Es ware allerdings ein Fehler, zu<br />

meinen, daB sie sich in je<strong>der</strong> historischen Verkorperung des Liberalismus gegenseitig<br />

ausschlieBen. So verbinden etwa die Grun<strong>der</strong> <strong>der</strong> amerikanischen Republik,<br />

34 Stenographische Berichte des Preuftischen Abgeordnetenhauses (im folgenden SBPA, 1897,<br />

S. 3381. Hervorhebung im Original).<br />

35 <strong>Die</strong> Theorie <strong>der</strong> Public Choice Schule wiirde das durch den Umstand erklaren, daB die Transaktionskosten<br />

des Strebens, sich an Steuergeldem zu bereichem, fur groBe Betriebe deutlich<br />

niedriger sind als fur kleine Untemehmen.<br />

36 Siehe etwa Pocock (1981)~ Winch (1985)~ Kramnick (1982)~ sowie Hamowy (1990).

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