Die Partei der Freiheit
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104 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
tiberhaupt ftir eine Ali, hier Statistik vorzutragen und SchluBfolgerungen daran zu<br />
kniipfen?" (Goldberg, 1993, S. 60)<br />
Von Anfang an galt Richters beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit dem Militaretat. <strong>Die</strong>ser<br />
Gegenstand, <strong>der</strong> den Verfassungskonflikt <strong>der</strong> 60er Jahre heraufbeschwor und<br />
das liberale Lager mehrmals spaltete, begleitete sein ganzes politisches Leben.<br />
Ais Verfechter einer niedrigeren Steuerbelastung, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> unterer Schichten<br />
(Richter, 1896, S. 103, 127, 58, 68f.), ging es ihm urn die MaBigung <strong>der</strong> finanziellen<br />
Anspruche des Militars. Doch vor allem lag ihm an <strong>der</strong> parlamentarischen<br />
Kontrolle <strong>der</strong> Armee und am Vorrang des Staatsbiirgers vor dem Soldaten <br />
daher sein Bemiihen urn eine zweijahrige statt dreijahrige <strong>Die</strong>nstzeit, auf <strong>der</strong> er<br />
bis in die 1890er Jahre bestand.<br />
Richters unermiidliches Nachforschen hinter je<strong>der</strong> einzelnen Ausgabe veranlaBte<br />
Bismarck zu dem AUSIUf, auf diese Weise wiirde man mit dem Haushalt<br />
niemals fertig werden (Rohfleisch, 1946, S. 103). Richter schreckte sich nicht<br />
einmal vor Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit dem ehtwiirdigen Grafen von Moltke zuruck.<br />
1m Zusammenhang mit einer parlamentarischen Anfrage zu einer Finanzangelegenheit,<br />
die er im Reichstag an einen Minister richtete, scht'ieb Richter mit<br />
stolzer Hervorhebung tiber sich selbst: ,Jch lie,P aber nicht locker." (Richter,<br />
1896, S. 68) Was die offentlichen Ausgaben betrifft, hatte dies sein Motto sein<br />
konnen. Max Weber, <strong>der</strong> als politischer Verbiindeter Naumanns keineswegs viel<br />
Sympathie fur Richter hegte, erklarte:<br />
"Eugen Richters trotz ausgesprochener Unbeliebtheit innerhalb seiner eigenen<br />
<strong>Partei</strong> unerschiitterliche Machtstellung z.B. beruhte auf seiner iiberaus groBen Arbeitsamkeit<br />
und insbeson<strong>der</strong>e auf seiner unerreichten Kenntnis des Etats. Er war<br />
wohl <strong>der</strong> letzte Abgeordnete, <strong>der</strong> dem Kriegsminister jeden Pfennig, bis in die<br />
letzte Kantine hinein, nachrechnen konnte~ das ist wenigsten mir gegeniiber, trotz<br />
allen Verdrusses, von Herren dieser Verwaltung after bewun<strong>der</strong>nd anerkannt worden".28<br />
Richters Konzentration auf den Etat gab, wie nicht an<strong>der</strong>s zu erwarten war,<br />
AnlaB zu kritischen Kommentaren. Seine sozialistischen Gegner beschuldigten<br />
ibn, eine bloB "kalkulatorische [...] Opposition" auszuiiben und ein "Rechenknecht"<br />
zu sein. Gustav Seeber behauptet, Richter hatte die "Mentalitat eines aufstrebenden<br />
Bourgeois und eines kleinbiirgerlichen Pfennigfuchsers," wahrend <strong>der</strong><br />
liberale Hans-Georg Fleck schreibt, Richter betrachte "auch die prinzipiellen po-<br />
28 Weber (1958, S. 333). Vgl. Bonn, ein weiterer eher unsympathischer Beobachter (1953, S.<br />
50f.): "Richter war mit allen Einzelheiten des Budgets, insbeson<strong>der</strong>e des Militarbudgets, vertraut.<br />
Er wuBte tiber jeden Punkt bescheid. Generale und Kriegsminister zitterten vor seiner<br />
WiBbegier. Er verkorperte die phantasielose, aufrechte, antimilitarische Haltung des deutschen<br />
Mittelstandes jener Tage, <strong>der</strong> nicht einmal dem gr6Bten Staatsmann, den sein Yolk hervorgebracht<br />
hatte, freie Hand zu lassen gewillt war."