Die Partei der Freiheit
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102 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
Richter sah die Nie<strong>der</strong>lage des Liberalismus im preuBischen Verfassungskonflikt<br />
<strong>der</strong> 1860er Jahre zu keinem Zeitpunkt als endgultig an. So kampfte er bis<br />
zum SchluB fur die Ministerverantwortlichkeit gegenuber dem Parlament und<br />
sogar fur die zweijahrige Wehrpflicht. Wahrend seiner ganzen politischen Laufbahn<br />
griff er das ,System des "Scheinkonstitutionalismus" an, das Bismarck politisch<br />
geschickt Deutschland aufgezwungen hatte, und das, wie <strong>der</strong> Gang <strong>der</strong><br />
Dinge zeigt, Bismarcks Entlassung uberlebte. Richters fortgesetzter "Negativismus"<br />
gegenuber jedem Nachfolger Bismarcks beweist, daB ihn nicht personliche<br />
Antipathie antrieb, sondem seine Abneigung gegen die politische Ordnung des<br />
neuen Reiches.<br />
b) Richter und die Nationalliberalen<br />
Richters prinzipientreue Opposition gegen Bismarck wurde yom Gros <strong>der</strong><br />
deutschen Liberalen nicht geteilt. Das trifft beson<strong>der</strong>s auf die Nationalliberalen<br />
zu. Selbst die unverfalschtesten Liberalen unter ihnen, wie etwa Ludwig Bamberger,<br />
waren bis zum SchluB Gefangene des Bismarck-Mythos: "nach schwersten<br />
Enttauschungen" war Bamberger fahig zur (in Englisch abgegebenen) Erklarung<br />
"Bismarck for ever!" (Hartwig, 1900, S. 33) Bei an<strong>der</strong>en Liberalen hatte die Ergebenheit<br />
gegenuber Bismarck emstere Ruckwirkungen. Richard Eickhoff, an<br />
sich ein freisinniger Abgeordneter, kommentierte die Raltung <strong>der</strong> Nationalliberalen<br />
wie etwa Rudolf von Bennigsen o<strong>der</strong> Eduard Lasker dahingehend, daB sie,<br />
"in einseitiger Bewun<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> GroBe des Fursten Bismarck, immer mehr und<br />
mehr alle aufjede selbstandige Bedeutung des Parlaments verzichtet und so den<br />
Libenllismus in Deutschland an den Rand des Abgrundes gefuhrt haben."<br />
(Eickhoff, 1927, S. 13) Wie Eickhoff machte Richter Bennigsen mehr als jeden<br />
an<strong>der</strong>en fur die Selbstzerstorung des Liberalismus verantwortlich. Ais sich<br />
Bennigsen 1879 entschloB, den Getreideschutzzoll zu unterstiitzen, stellte Richter<br />
gnadenlos "die ganze politische Natur" des Fuhrers <strong>der</strong> Nationalliberalen bloB. In<br />
einer vemichtenden Anklage beschrieb er Bennigsen als den Idealtypus des politischen<br />
Opportunisten:<br />
"Es ist jene vornehme PassiviHit, welche von keiner politischen Frage tief ergritfen<br />
wird, Stromung und Gegenstromung miteinan<strong>der</strong> kampfen laBt, sich alsdann das<br />
Fazit aus den Kraften berechnet und dies als eigene Meinung zu eineln KOlnpromiI3<br />
formuliert. GegenUber soIchen energisch aktiven Naturen wie FUrst Bislnarck sind<br />
soIche Politiker wie Bennigsen fur die Verteidigung <strong>der</strong> Festung die geHihrlichste<br />
Besatzung; sie schlie13en von vornherein den Angritf als Erwi<strong>der</strong>ung des Angritfs<br />
aus, bestimmen die Zweifelnden zur Untatigkeit, wecken den Scharfsinn lnehr fur<br />
die Formulierung von Kapitulationsbedingungen als fur die Kraft des Wi<strong>der</strong>standes,<br />
and ziehen dann, wenn das KaInpfesgettimlnel erst begonnen, die weiI3e Fahne<br />
auf. Was <strong>der</strong> Gegner erringt, besitzt er alsdann um so sicherer, weil er es nicht als<br />
auBerlich erzwungen, son<strong>der</strong>n innerlich zugestanden ergreift".<br />
Eine liberale Nie<strong>der</strong>lage folge <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, beson<strong>der</strong>s wenn <strong>der</strong> Gegner, wie<br />
im Falle Bismarcks, in <strong>der</strong> Lage sei, Son<strong>der</strong>interessen in den <strong>Die</strong>nst seiner Sache<br />
zu stellen. <strong>Die</strong> einzige Verteidigung des offentlichen Interesses gegen die Beute-