Die Partei der Freiheit
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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Laujbahn, seine Gedanken und seine Kritiker 97<br />
sichereren Verhaltnissen zu sehen, nabm er eine Stelle als Leiter <strong>der</strong> Abteilung<br />
fiir Gesetzgebung und Literatur bei <strong>der</strong> Magdeburger Feuerversichelungsanstalt<br />
an. Obwohl er hier von <strong>der</strong> Energie und <strong>der</strong> Effizienz privaten Unternehmertums<br />
beeindruckt war, iiberraschten ibn die von seiten einer Privatgesellschaft unternommenen<br />
Versuche, seine Redefreiheit zu beschranken. <strong>Die</strong>ses Ansinnen<br />
wehrte er ab, doch die Gegenwart eines machtigen und ibm feindlich gesonnenen<br />
Politikers im Verwaltungsrat <strong>der</strong> .Gesellschaft - Richters erste Erfahrung mit<br />
"Partnerschaften" von Regielung und Wirtschaft - legte es sowohl ibm, als auch<br />
dem Geschaftsfiihrer <strong>der</strong> Gesellschaft nahe, seine Tage als gezahlt zu betrachten.<br />
Anfang 1866 zog Richter wie<strong>der</strong> nach Berlin, wo er als "freier Schriftsteller"<br />
arbeitete und ein Anfiihrer del' Konsumgenossenschaftsbewegung wurde. Hier erlebte<br />
er die aufregenden Tage, in denen <strong>der</strong> PreuBische Velfassungkonflikt kulminierte<br />
und die deutschen Vereinigungskriege geflihrt wurden. Er beschloB, sich<br />
<strong>der</strong> Politik zuzuwenden - natiirlich als ein Fortschrittler. Ais es iiber die Indemnitatsvorlage<br />
in <strong>der</strong> Fortschrittspartei zur Spaltung kam, offenbal1e er seine radikale<br />
Orientierung, indem er sich gegen die neufolmierte Nationalliberale <strong>Partei</strong><br />
und auf die Seite <strong>der</strong> alten Fortschrittler schlug. Seine allererste Rede als Kandidat<br />
fiir den Griindungsreichstag des Norddeutschen Bundes deutete bereits an,<br />
welche Rolle er in <strong>der</strong> deutschen Politik spielen sollte:<br />
"Man kann in Betreff <strong>der</strong> Erweiterung von Reehten Kompromisse absehlieBen,<br />
aber an den bereits erworbenen Volksreehten muB unter allen UmsHinden festgehalten<br />
werden. Ich wenigstens fuhle keinen Bernf und kein Geschick in mir, ein<br />
einfaches Privatleben mit <strong>der</strong> Stelle eines politischen Totengrabers fur die Volksreehte<br />
zu vertausehen". (Richter, 1893, S. 171)<br />
Wie aus dem defensiven Ton dieser Erklarung hervorgeht - und wie Richter in<br />
seinen Erinnerungen einraumte - sollten "ungiinstige politische Konstellationen"<br />
bestimmend dafiir werden, daB sein Lebenswerk "mehr zum Gegenstand hatte,<br />
den Riickschritt zu verhin<strong>der</strong>n, als groBe Fortschritte herbeizufiihren." (Richter,<br />
1893, S. 196)<br />
1m Griindungsreichstag des Norddeutschen Bundes unterstiitzten Richter und<br />
die an<strong>der</strong>en Fortschrittler die Revision des Verfassungsentwurfes in Richtung eines<br />
groBeren Einflusses des Parlaments auf die Minister, den Haushalt und das<br />
Militar. Wegen des kleinmiitigen rechten Fliigels <strong>der</strong> Nationalliberalen, besondel's<br />
<strong>der</strong> Abgeordneten aus Hannover und Kurhessen, fiihrte das zu nichts: <strong>Die</strong>se<br />
Manner "schatzten damals die Gefahren flir den Liberalismus iiberaus gering und<br />
schwelgten wesentlich nur in del' Genugtuung damber, ihrer bisherigen Landesvater<br />
los und ledig geworden zu sein." (Richter, 1893, S. 189) In ihrem Eifel',<br />
Bismarcks Planen entgegenzukommen, stimmten die Nationalliberalen dem Sy-