Die Partei der Freiheit
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96 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
schaftliche Interessen <strong>der</strong> KongreB zum Unterschied von den Kongressen ftir einzelne<br />
Berufsklassen zu vertreten hat" (Richter, 1893, S. 32. Hervorhebung im<br />
Original). Auch Richter hielt eine Rede vor diesel' Versammlung, und zwar "vom<br />
Standpunkt des Lelnenden" tiber die damalige mangelhafte volkswilischafliche<br />
Ausbildung an deutschen Fakultaten.<br />
Es war die heroische Zeit des Wirtschaftsliberalismus in Deutschland. Seine<br />
zuversichtlich gestimmten Wortftihrer setzten das Programm auf, das in del'<br />
Reichsgesetzgebung von 1867 bis 1875 verwirklicht werden soUte. Sie halfen so<br />
bei del' Glundlegung <strong>der</strong> modemen deutschen Wirtschaftsordnung. In Richters<br />
Augen tibertrugen diese Manner das in die politische Wirklichkeit, "was sich mir<br />
zunachst als wissenschaftliche Dberzeugung wahrend <strong>der</strong> UniversiHitsstudien<br />
aufgedrangt hatte." (Richter, 1893, S. 33) Fur einen deutschen Liberalen war dies<br />
eine Zeit, da alles moglich schien, und Richter hat sie als junger Mann erIebt.<br />
b) Friihe Karriere und Eintritt in die Politik<br />
In diesen Tagen begegnete Richter auch Schulze-Delitzsch, dem Fuhrer <strong>der</strong><br />
Genossenschaftbewegung, <strong>der</strong> spater sein enger Bundesgenosse und Mitarbeiter<br />
werden soUte. Richter schlug die Laufbahn eines Beamtenanwarters ein. Dabei<br />
bekleidete er untergeordnete Positionen und absolvierte die erfor<strong>der</strong>Iichen Prufungen,<br />
wahrend er sich gleichzeitig in Konsumgenossenschaften und<br />
Arbeiterbildungsvereine einbrachte. 20 Seine joumalistischen und politischen Betatigungen<br />
- einschlieBlich erster Scharmutzel mit den Lassalleschen Sozialisten <br />
verwickelten ibn jedoch in Schwierigkeiten mit einer reaktionaren Administration.<br />
Abel' nicht nul' die fehlende politische Konformitat erschwerte sein Vorankommen,<br />
sondem auch def OberfluB an Assessoren - ein Element del' Herausbildung<br />
eines intellektueUen Proletariats im damaligen Deutschland (0 'Boyle, 1970,<br />
S. 471ff.). Richter schrieb spater: "Ich fand an mil' selbst aufs Scharfste die nationalokonomische<br />
Lehre bestatigt, daB del' Verkehrswert von dem Verhaltnis von<br />
Angebot und Nachfrage abhangt, und <strong>der</strong> Arbeitsaufwand noch nicht den Gebrauchsweli<br />
garantiert." (Richter, 1893, S. 115) Seine Emennung zum Btirgermeister<br />
von Neuwied wurde von ubergeordneten Behorden aus politischen Grunden<br />
wi<strong>der</strong>rufen. Dber diese Entscheidung harte man in spateren Jahren Bismarck<br />
klagen: "Es war eine Dummheit~ im Kommunaldienst war del' Mann ungefahrlich;<br />
und ich glaube, er ware mit seinen rechnerischen Talenten ein vorztiglicher<br />
Burgermeister geworden." (Harden, 1906, S. 420) Richter trat vom Staatsdienst<br />
zuruck.<br />
Er fing an, gegen gutes Geld ausgiebig fUr August Lammers Elberfel<strong>der</strong><br />
Zeitung zu schreiben, doch mit Rucksicht auf den Wunsch seiner EltelTI, ibn in<br />
20 Es scheint keinen Beleg fur das von Gustav Schmoller in seinem Werk (Schmoller, 1922, S.<br />
42), vertretene Urteil zu geben, daB die fleiBigsten und versiertesten Mitglie<strong>der</strong> des Parlaments<br />
"ihren Stempel [...] als Beamte bekommen: <strong>der</strong> Fortschrittsmann Eugen Richter so gut<br />
wie dieser o<strong>der</strong> jener friihere, spater frondierende Landrat.".