Die Partei der Freiheit
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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Lau.fbahn, seine Gedanken und seine Kritiker<br />
93<br />
a) Sozialer Hintergrond und Erziehung<br />
II. <strong>Die</strong> Anfange<br />
Richter wurde am 30. Juli 1838 in Dusseldorf geboren (irgendwie schafft es<br />
seine Biographin Ina Susanne Lorenz, das Geburtsdatum falsch wie<strong>der</strong>zugeben14).<br />
Sowohl sein Vater wie auch sein GroBvater waren Regimentsarzte. <strong>Die</strong><br />
Atmosphare im Eltemhaus war "oppositionell": so wird berichtet, daB man die<br />
Kolnische Zeitung "mit groBem Interesse" las. Der alte Richter war liberal gesinnt<br />
und eine Art lastiges Element fur die Militarbehorden. Ohne Genehmigung <strong>der</strong><br />
hohen Vorgesetzten veroffentlichte er scharfe Kritiken an den medizinischen<br />
Vorkehrungen in del' preuBischen Armee, was jedoch schlieBlich zu Reformen<br />
ftihrte. <strong>Die</strong> einsamen und langwierigen Kampfe, die sein Vater gegen halsstarrige<br />
Beharden ftihrte, waren dem jungen Richter Anschauungsunterricht daftir, wie<br />
ein standfestes Individuum mit den "mannigfachen Zuriicksetzungen, Krankungen<br />
und Anfeindungen, welche unzertrennlich sind von je<strong>der</strong> offentlichen Tatigkeit,"<br />
(Richter, 1893, S. 18) fertig wird. Jahre spater erinnert sich Richter daran,<br />
daB sein Vater ihn als Jungen dazu ermutigte, solche Werke wie die von Pertz<br />
geschriebene Biographie des Freiherrn vom Stein und Gervinus' C;eschichte des<br />
19. Jahrhun<strong>der</strong>t zu lesen.<br />
Als Schtiler am Gymnasium zu Koblenz muBte Richter die Festrede zum Geburtstag<br />
Konig Friedrich Wilhelm IV. halten. Aus diesem AnlaB wollte er ein<br />
paar Worte sowohl uber die velfassungsmaBigen Rechte del' PreuBen, als auch<br />
tiber die angestammten <strong>Freiheit</strong>en <strong>der</strong> Deutschen hinzuftigen, aber die Zensur des<br />
Gymnasialdirektors durchkreuzte seinen Plan. Seine "voluehmlich kritisch-verstandesmaBige<br />
Anlage" entwickelte Richter von friiher Jugend an (Rachfahl,<br />
1912, S. 262f.).<br />
Richter ist eines <strong>der</strong> herausragenden Beispiele fur den EinfluB <strong>der</strong> Ideen auf<br />
die Politik. 15 Er studierte Jura in Bonn, wo er bei Friedrich Dahlmann harte, und<br />
in Heidelberg, wo er die Vorlesungen von Robert von Mohl besuchte. Auf diese<br />
Weise wurden ihm die Ideen des Rechtsstaates durch zwei seiner beriihmtesten<br />
Vorkampfer vermittelt. Gleichfalls in Heidelberg erfuhr Richter den fur ihn wichtigsten<br />
akademischen EinfluB, und zwar durch die VorIesungen von Karl<br />
Heinrich Rau, dem damals bekanntesten Gelehrten Deutschlands auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> Finanzwissenschaft. Ais Schuler Raus erwarb Richter jene beiden Eigenschaften,<br />
urn <strong>der</strong>etwillen er als Parlamentarier am meisten geriihmt wurde: seine<br />
"soliden Kenntnisse auf dem Gebiet <strong>der</strong> Finanzwissenschaft" und seine "uner-<br />
14 Lorenz (1980, S. 27) gibt als Richters Geburtstag den 28. Mai an, was falsch ist. Siehe<br />
Richter (1893, S. 181)~ vgl. auchMeyers Konversations-Lexikon (1889, S. 815).<br />
15 Zu jenen, die seine regierungsfeindliche Haltung auf die Schwierigkeiten zUrUckfuhrten, die er<br />
mit einer reaktionaren Verwaltung hatte, erwi<strong>der</strong>te Richter: "Ich habe aber dieselben Grundanschauungen,<br />
welche ich spaterhin parlamentarisch vertrat, in Folge von Erziehung und Bildungsgang<br />
schon lange gehabt [...]" Richter (1893, S. 136).