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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 3: Eugen Richter: Seine Laujbahn. seine Gedanken und seine Kritiker 91<br />

dardwerk tiber die deutschen <strong>Partei</strong>en stellt Ludwig Bergstrasser Richter dem<br />

Freisinnigen Albert Hanel gegentiber und behauptet: "Hanel hatte bei vollig liberaler<br />

Gesinnung ein starkes Staatsgeftihl," wahrend an<strong>der</strong>erseits Richter "in <strong>der</strong><br />

oppositionellen Stellung nunmehr stecken blieb" - so als ob es vollkommen klar<br />

ware, daB "ein starkes Staatsgeftihl" im Deutschland <strong>der</strong> Zeit Richters eine wiinschenswerte<br />

Eigenschaft war. Bergstrasser geht auch auf Richters "blinde Opposition"<br />

und seine vermeintliche Stellung als "reiner Kritiker" ein (Bergstrdsser,<br />

1960, S. 132, 183f.). Das fast einstimmig akzeptierte Urteil <strong>der</strong> Fachwelt faBt<br />

Winfried Baumgart dahingehend zusammen, daB er ihn als "den ewigen Nein­<br />

Sager" (Baumgart, 1986, S. 135) charakterisiert.<br />

An<strong>der</strong>erseits war Richter gerade da, wo er seinen Kritiketn "dogmatisch" und<br />

"doktrinar" erschien, fur die abnehmende aber standhafte Schar seiner Anhanger<br />

urn die Jahrhun<strong>der</strong>twende "unerschtitterlich und unbeugsam" 10 in seinen Glundsatzen<br />

- "die fleischgewordene liberale Doktrin," 11 wie es einer von ihnen ausdrtickte.<br />

Doch neben den politisch beeinfluBten Urteilen gibt es einen Bereich <strong>der</strong><br />

Obereinstimmung zwischen Freunden und Feinden. Gerade so sprichwortlich wie<br />

Richters "Dogmatismus" waren seine Arbeitswut und seine auBergewohnlichen<br />

Fahigkeiten, beson<strong>der</strong>s sein Fachwissen in allen, vor allem aber den das Militar<br />

betreffenden Finanzangelegenheiten. Bismarck selbst muBte zugeben: "Richter<br />

war wohl <strong>der</strong> beste Redner, den wir hatten. Sehr unterrichtet und fleiBig; von ungeHilligen<br />

Manieren, aber ein Mann von Charakter. Er dreht sich auch jetzt nicht<br />

nach dem Winde [...]." (Harden, 1906, S. 429) Theodor Heuss, <strong>der</strong> zu seinen<br />

Gegnem im liberalen Lager zahlte, gesteht eher unwillig zu, daB Richter <strong>der</strong> "einfluBreichste<br />

Fuhrer des entschiedenen Liberalismus" war, und "gewiB <strong>der</strong> im<br />

Einzelstiick [sic] kenntnisreichste Abgeordete <strong>der</strong> deutschen Parlamente."<br />

(Heuss, 1949, S. 180)<br />

<strong>Die</strong>se Seite Richters wurde von den Spezialisten fUr den deutschen Liberalismus<br />

des spaten 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts - ob sie ihm nun sympathisierend gegenuberstanden<br />

o<strong>der</strong> nicht - besser gewiirdigt als von Gelehtten mit eher allgemeineren<br />

Interessen. Letztere neigen dazu, sie zu iibersehen. So hebt <strong>der</strong> DDR-Historiker<br />

Gustav Seeber, <strong>der</strong> Richter als den "haBerfullte[n] Gegner del' revolutionaren<br />

Arbeiterbewegung" und als "Verfechter unmittelbarer wiltschaftspolitischer Interessen<br />

<strong>der</strong> Bourgeoisie" (Seeber, 1986, S. 302, 310) bezeichnet, nichtsdestotrotz<br />

seine "Arbeitskraft und Arbeitslust" und seine "schier unerschopfliche[]<br />

Produktivitat" (Seeber, 1986, S. 316, 310) hervor. Unter den neueren KJ'itikem<br />

10 Eickhoff(l927, S. 21). Das Urteil stammt aus dem Jahre 1899, anlaBlich des 25. Jahrestages<br />

von Richters Vertretung <strong>der</strong> Stadt Hagen. Eickhoff zufolge muBten selbst Richters Feinde zugeben,<br />

daB er sich "zum begabtesten, uneigennutzigsten, mutigsten Vorkampfer <strong>der</strong> freiheitlichen,<br />

<strong>der</strong> liberalen Weltanschauung in unserem deutschen Vaterlande" (ebenda) entwickelt<br />

harte.<br />

11 So das Urteil Felix Rachfahls in seinem Aufsatz "Eugen Richter und <strong>der</strong> Linksliberalismus<br />

im Neuen Reich" (Rac~rahl, 1912, S. 372).

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