Die Partei der Freiheit
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Kapitel 2: <strong>Die</strong> deutsche Freihandelspartei und <strong>der</strong> deutsche Liberalismus 85<br />
er seine frtiheren radikal-liberalen Werte auf und akzeptierte eine autoriHire Antwort<br />
auf die wachsende Bedrohung <strong>der</strong> auf Privateigentum beruhenden Ordnung.<br />
Am Ende unterstiitzte er auch die faschistische Machtergreifung (Finer, 1968, S.<br />
440ff; Rothbard, 1995a, S. 455ff).<br />
Wolfgang Mommsen spricht in diesem Zusammenhang von del' "mangelnde[n]<br />
Resistenz des Liberalismus" gegen den Faschismus. Sie sei in den ersten Jahrzehnten<br />
dieses Jahrhun<strong>der</strong>ts vor aHem in Italien, aber auch in Deutschland zu<br />
beobachten. Seiner Ansicht nach hangt dies<br />
"wesentlich damit zusammen, daB die traditionelle liberale Theorie gegenuber den<br />
neuen Problemen <strong>der</strong> industriellen Massengesellschaft auf weiten Strecken ratlos<br />
war und daher in liberalen Kreisen die Neigung weckte, die antimo<strong>der</strong>nistischen<br />
Tendenzen des Faschismus mit einer gewissen Sympathie zu betrachten, ohne sich<br />
die Unvereinbarkeit des eigenen Ethos mit eben dieser Position vall einzugestehen."<br />
(Mommsen, 1979, S. 167f.)<br />
In diesel' Interpretation liegt ein gertittelt Mall an Wahrheit, wenn "die neuen<br />
Probleme <strong>der</strong> industrieHen Massengesellschaft" in bestimmter Weise interpretiert<br />
werden. Das zentrale "Problem," das ein gewisses liberales Abdriften zum Faschismus<br />
hervorrief, lag im Auftauchen einer politischen Bewegung, die behauptete,<br />
von <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> Industriearbeiter gestiitzt zu werden, und die beabsichtigte,<br />
die auf dem Privateigentum beruhende GeseHschaftsordnung zu zerstoren.<br />
Ob sie sich nun auf das allgemeine Wahlrecht stiitzte, wie zu Zeiten Prince<br />
Smiths, odeI' auch auf gewaltsame Mittel, wie in del' Epoche del' Komintem <br />
diese Wirklichkeit gewordene radikal-sozialistische Bedrohung machte viele<br />
europaische Liberale "ratlos." In Italien unterstiitzten Liberale wie Pareto,<br />
Alberto de Stefani und Luigi Einaudi die faschistische Machtergreifung nicht aus<br />
einer Neigung zum "Antimodemismus," sondem aus Furcht vor einer zwangsweisen<br />
Leninisierung ihres Landes. 35 Aus ihrer Sicht lag <strong>der</strong> verhangnisvolle ,,11'<br />
rationalismus" ganz auf seiten del' okonomisch ungebildeten Sozialisten und ihrer<br />
ubertolpelten Anhanger, die sich anschickten, ein Regime von Hunger und Massenterror<br />
einzufiihren.<br />
In den 1880er Jahren brachte Ludwig Bamberger seine Bewun<strong>der</strong>ung tiber die<br />
von ibm vermutete Standfestigkeit del' englischen Elite gegenuber einer sozialistischen<br />
Revolution zum Ausdruck. <strong>Die</strong>s sei eine Elite, die "wenn es zum Elnst<br />
<strong>der</strong> Entscheidung tiber diese Dinge kame, keinen Spall verstiinde." (Bamberger,<br />
1886, S. 13) Fur viele italienische Liberale del' fruhen 1920er Jahre - wie fur<br />
einige an<strong>der</strong>e an an<strong>der</strong>en Orten zu spaterer Stunde - war es genau dazu gekom-<br />
35 Vgl. Raico (1996, S. Iff.)~ ebenso Vivarelli (1991). Zu Einaudi im beson<strong>der</strong>en siehe Vivarelli<br />
(1981, beson<strong>der</strong>s S. 31 Off.).