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Frühling - Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin

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FORUM ALPINUM Nr. 3/08 1


Inhaltsverzeichnis / Table des matières<br />

• Anfragen an die SGGM 3<br />

Wärmepflaster zur Erwärmung?<br />

Stechende Kopfschmerzen beim Höhenwechsel<br />

Höhenreizhusten<br />

Defibrillator im Tourenleiterrucksack<br />

• <strong>Schweizerische</strong> Stiftung <strong>für</strong> Alpine Forschung 5<br />

Walo Pfeifhofer<br />

• SIPE (Swimming Induced Pulmonary Edema) – das Unterwasser-HAPE 7<br />

Andi Bloch<br />

• Porträt Bruno Durrer 11<br />

Interview geführt von Walo Pfeifhofer<br />

• Agenda der SGGM 12<br />

Der Kopf ist rund, damit<br />

die Gedanken die Richtung<br />

ändern können. Mein<br />

Editorial<br />

Biologieprofessor hat in einer<br />

Vorlesung einmal gesagt, dass die menschliche<br />

Spezies so erfolgreich wurde, weil die Eltern nach der Geburt der Kinder noch da sind<br />

und den Kindern etwas beibringen können. Da rief ein Student „Nein, wir sind so<br />

erfolgreich, weil die Eltern noch da sind und etwas von den Kindern lernen können“.<br />

Wahrscheinlich haben beide Recht. So erfordern runde Köpfe ab und zu Ecken, damit<br />

das Gelernte darin bleibt und den Kindern als fester Wert übergeben werden kann und<br />

die Jungen müssen anders denken um ihre kommende, eigene Welt zu finden und<br />

gestalten zu können. Auch bei meiner Tätigkeit als Präsident der SGGM habe ich<br />

beides kennen gelernt, ich habe lernen dürfen und freue mich immer noch die SGGM<br />

gestalten zu können. Dabei habe ich nicht zuletzt von der Hilfe der in der Schweiz<br />

bekannten alten Hasen der Bergmedizin profitieren können. Dies hat mich veranlasst<br />

im Forum Alpinum in den nächsten Ausgaben jeweils einen von Ihnen zu porträtieren.<br />

Beginnen werde ich mit Bruno Durrer, der im Lauterbrunnental seine Bestimmung als<br />

Bergarzt gefunden hat. Damit die Leser des Forum Alpinum nicht nur die Personen,<br />

sondern auch die Institutionen, die bergmedizinischen Einfluss auf die SGGM haben,<br />

kennen lernen können, sollen auch die mit der SGGM in Verbindung stehenden<br />

<strong>Gesellschaft</strong>en und Verbände vorgestellt werden. Beginnen werde ich mit der<br />

<strong>Schweizerische</strong>n Stiftung <strong>für</strong> alpine Forschung.<br />

So, damit wäre meinem Biologieprofessor genüge getan, ich kann mich ans Werk<br />

machen und die SGGM <strong>für</strong> die nächste Zukunft<br />

gestalten. Die Zusammenarbeit der SGGM mit<br />

der höhenmedizinischen Forschung hat Formen<br />

angenommen und gestaltet sich äusserst<br />

interessant. Diese Jahr wird die Peak Lenin<br />

Forschungsexpedition und eine Arbeit von Susi<br />

Kriemler in der Schweiz von der SGGM<br />

unterstützt. Das Kurswesen ist ausgebaut<br />

worden und dieses Jahr finden erstmals<br />

französische Basiskurse statt. Die Expedition der<br />

SGGM hat den Tirsuli im Jahre 2010 zum Ziel<br />

und ich lade sie gerne zur<br />

Informationsveranstaltung im September 2009<br />

dazu ein.<br />

Walo Pfeifhofer, 30.3.2009<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber / Éditeur<br />

<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Gebirgsmedizin</strong><br />

Société suisse de médecin de montagne<br />

Società Svizzera di Medicina di Montagna<br />

Präsidium / Présidence<br />

Walo Pfeifhofer<br />

Mobile: +41 79 677 93 64<br />

Email: walopfeifhofer@bluewin.ch<br />

Kassierer / Caissier<br />

Andreas Christ<br />

Beitritts-Anmeldung / Inscription d’entrée<br />

Mobile: +41 78 922 43 57<br />

Email: achrist@uhbs.ch<br />

Redaktion / Rédaction<br />

Eckehart Schöll<br />

Mobile: +41 76 373 72 40<br />

Email: schoell@forum-alpinum.ch<br />

www.sggm.ch<br />

Layout / Mise en page<br />

Eckehart Schöll<br />

Erscheinen / Parution<br />

4 x jährlich / par an<br />

Redaktionsschluss / Clôture rédactionnelle<br />

31. März 2009<br />

Druck / Impression<br />

Copy- und Schnelldruck-Center AG<br />

Untere Bahnhofstr. 30, CH-9500 Wil<br />

Tel.: +41 71 911 47 11<br />

Email: info@copy-center-wil.ch<br />

www.copy-center-wil.ch<br />

Jahrgang / Année<br />

15, Nr. 1, 03/2009<br />

1. Umschlagseite: <strong>Frühling</strong> Im Murgtal, SGGM-Kletterkurs 2007<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 2


Wärmepflaster zur Erwärmung?<br />

Ich hätte eine medizinische Frage bzgl. des Einsatzes von<br />

Wärmepflastern: Kann man diese bei kalten<br />

Temperaturen bzw. sogar schon Unterkühlung im alpinen<br />

Rahmen als Aufwärmlösung verwenden? Beispielsweise<br />

vor dem schlafen gehen im Schlafsack/Biwaksack bzw.<br />

bei einem Notbiwak auf die Fußsohlen kleben oder<br />

verteilt an die Arme und Oberkörper? Wo bestehen die<br />

Gefahren bzw. mögliche Nebenwirkungen? (Abgesehen<br />

von der möglichen Unverträglichkeit der Wärmepflaster<br />

bzw. deren Wirkstoffen (Cayennepfeffer), diese sollte<br />

natürlich vorher von allen Expeditionsteilnehmern<br />

getestet und ausprobiert sein.)<br />

Korrespondenz<br />

Nils Bernhardt<br />

nilsberny@gmx.de<br />

Übernachten etc.) und mit Skifahren etc. auf fast 2200<br />

müM.<br />

Nun hatte ich bereits zum zweiten Mal beim<br />

Runterfahren im Auto auf 600-700 müM plötzlich starke<br />

Kopfschmerzen. D.h. stechende Schmerzen auf der<br />

rechten Seite, beginnend oberhalb des rechten Auges, die<br />

über die Seite bis fast zur Wange gehen.<br />

Beim ersten Mal waren die Schmerzen relativ kurz und<br />

nach ein paar Minuten wieder weg. Beim zweiten Mal<br />

gingen die Kopfschmerzen auch relativ rasch zurück,<br />

aber traten den ganzen Tag immer wieder leicht auf.<br />

Ich meine diese plötzlich auftretenden stechenden<br />

Schmerzen haben einen Zusammenhang mit dem relativ<br />

raschen Höhenunterschied und entsprechend mache ich<br />

mir und meine Familie Gedanken.<br />

Allgemein bin ich gesund und habe keine Erkältung. Was<br />

meinen Sie dazu?<br />

Antwort der Redaktion<br />

Wenn man sich überlegt, warum Wärmepflaster ihre<br />

wohltuende wärmende Wirkung ausüben, erkennt man<br />

sehr schnell, dass dies an der Erweiterung der<br />

Blutgefässe unserer Haut liegt. Durch diese Erweiterung<br />

wird vermehrt warmes Blut an die Körperoberfläche<br />

gepumpt, welches dann den angesprochenen wärmenden<br />

Effekt vermittelt. Bei Kälte sieht es jedoch so aus, dass<br />

dann die Wärme unseren Körper schneller verlassen<br />

kann, das wäre also eher kontraproduktiv. Ähnlich ist es<br />

übrigens beim Alkohol. Eine Erwärmung unseres<br />

Körpers bei Kälte funktioniert nur, wenn man dem<br />

Körper Energie zuführt. Alkohol und Wärmepflaster<br />

entziehen ihm jedoch die Energie. Wir empfehlen daher<br />

trockene Kleider, Wärmepackungen und gesüssten<br />

warmen Tee.<br />

Daher: bitte keine Wärmepflaster bei Kälte aufkleben.<br />

Falls Sie sich über Kälte informieren wollen, steht Ihnen<br />

unser Webserver zur Verfügung: Die<br />

Bergrettungsmedizin Tagung 2008 hatte als<br />

Hauptschwerpunkt Lawinenunfälle, Hypothermie und<br />

Erfrierungen. Die 20 Beiträge sind als PDF auf unserem<br />

Webserver zu finden. Hierzu geht man unter ftp.sggm.ch<br />

auf die Webseite und gibt als Benutzer "bd@sggm.ch"<br />

und als Passwort "brm2008" ein. Andere<br />

bergmedizinische Themen finden Sie unter<br />

www.sggm.ch/Journalarchiv.htm<br />

Viel Spass beim Studium.<br />

Korrespondenz<br />

Ernst Rüesch<br />

ernstrid@hispeed.ch<br />

Antwort der Redaktion<br />

Dass Sie Kopfschmerzen beim Höhenwechsel haben, liegt<br />

bei diesen Höhenlagen, die Sie beschreiben, sicher nicht<br />

an der Höhe selbst. Höhenbedingte Kopfschmerzen<br />

fangen im Allgemeinen erst bei etwa 2500m an.<br />

Luftdruckveränderungen per se als Auslöser von<br />

Kopfschmerzen kommen natürlich in Frage. Man kennt<br />

das ja auch als Spannungskopfschmerz bei<br />

Wetterfühligkeit. Wenn Sie also 1000 Höhenmeter rasch<br />

mit dem Auto hinter sich bringen, ist es durchaus<br />

denkbar, dass Sie auf den gestiegenen Luftdruck als<br />

"lebendes Barometer" reagieren.<br />

Wenn die Kopfschmerzen eher das Gesicht betreffen und<br />

einseitig auftreten, ist als Ursache auch eine so genannte<br />

Trigeminusneuralgie möglich. Typisch hier<strong>für</strong> sind die<br />

stechenden Schmerzen, wie Sie sie beschreiben und auch<br />

das wiederholte Auftreten. Wenn die Beschwerden bei<br />

Ihnen immer häufiger erscheinen, sollte Ihr Hausarzt Sie<br />

mal zu einem MRT (Magnetresonanztomogramm) des<br />

Kopfes schicken, um zu schauen, ob im Verlauf dieses<br />

Nerven alles ok ist.<br />

Höhenreizhusten<br />

Stechende Kopfschmerzen beim Höhenwechsel<br />

Beim "surfen" im Web bin ich auf Ihre Webseite<br />

gestossen. Ich habe Infos zu Kopfschmerzen bei<br />

Höhenunterschied gesucht.<br />

Regelmässig und seit längerer Zeit bin ich immer wieder<br />

in den Bündner Bergen auf 1600 müM (Weekend, Ferien,<br />

Ich habe die Hoffnung, dass Sie mir bezüglich eines<br />

gesundheitlichen Problems weiterhelfen können, dass ich<br />

beim Bergsteigen in grösseren Höhen erfahre.<br />

Es handelt sich um einen trockenen Reizhusten, der bei<br />

mir stets bei sportlicher Betätigung in kalter und<br />

trockener Luft auftritt. Erstes Symptom sind leichte<br />

Schmerzen in der Lunge bei tiefem Einatmen, der Husten<br />

beginnt, sobald ich die körperliche Belastung reduziere.<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 3


Ist dieses Problem einmal aufgetreten, hält es über<br />

mehrere Tage an, wobei ich in Ruhe nur gelegentlichen<br />

Hustenreiz verspüre, dieser sich bei Anstrengung jedoch<br />

sofort wieder verstärkt. Der Husten ist nicht von anderen<br />

Erkältungssymptomen begleitet. Die Hustenanfälle sind<br />

so häufig und intensiv, dass sie meine Leistungsfähigkeit<br />

erheblich beeinträchtigen. Das Problem tritt auch bei<br />

exzellenter Akklimatisation auf. Mich würde<br />

interessieren, ob es sich bei diesem "Höhenhusten" um<br />

ein bekanntes Problem handelt, und welche<br />

Behandlungsmöglichkeiten bestehen, insbesondere auch<br />

wie verträglich diese bei Aufenthalten in grossen Höhen<br />

(Hochalpen, Anden) sind. Gegebenenfalls wäre ich Ihnen<br />

auch verbunden, wenn Sie mich zur Untersuchung an<br />

einen Spezialisten verweisen könnten<br />

Korrespondenz<br />

Lotte Wilke<br />

lotte.wilke@cern.ch<br />

Antwort der Redaktion<br />

Sie beschreiben Schmerzen beim Atmen und Reizhusten<br />

in der Höhe. Eigentlich bräuchte man noch weitere<br />

Angaben, um konkret etwas hierzu sagen zu können, z.B.<br />

wie hoch in den Bergen Sie jeweils sind.<br />

Natürlich könnte es sich um ein HAPE<br />

(Höhenlungenödem) handeln. Die Behandlung hier<strong>für</strong><br />

wäre eigentlich der Abstieg, oder, falls dies nicht möglich<br />

ist, eine medikamentöse Behandlung mit<br />

Blutdrucksenkern im Lungenkreislauf. Alle Angaben<br />

hier<strong>für</strong> finden Sie in unserem öffentlich zugänglichen<br />

Journalarchiv (http://www.sggm.ch/Journalarchiv.htm)<br />

Haben Sie schon einen Pulmologen (Lungenarzt)<br />

aufgesucht? Wenn der Husten über mehrere Tage auftritt,<br />

könnte man auf einem Lungenröntgen ja ggf. etwas<br />

sehen. Wurde eine solche Untersuchung schon<br />

durchgeführt und hat man Ihnen schon einmal die<br />

Entzündungswerte im Blut untersucht, wenn die<br />

Problematik bestanden hat? Dies könnte sehr hilfreich<br />

sein. Vielleicht schicken Sie uns noch ein paar Angaben<br />

der bisherigen Untersuchungen, damit wir uns ein<br />

medizinisches Bild machen können.<br />

Rückmeldung Höhenreizhusten<br />

Ich gehe davon aus, dass es sich bei mir nicht um ein<br />

Höhenlungenödem handelt, da der Husten auch bei<br />

exzellenter Akklimatisation bzw. teilweise auch in<br />

moderaten Höhen auftritt. Vielleicht gebe ich am besten<br />

einige Beispiele, wann dieser Husten aufgetreten ist.<br />

- Bei Skitouren schon ab niedrigen Höhen wie 2000m,<br />

insbesondere bei Kälte.<br />

- Im letzten Sommer während einer 3-wöchigen<br />

Perureise. Davor hatte ich mich über mehrere<br />

Wochenenden in den Alpen auf verschiedenen<br />

Viertausendern akklimatisiert, u.a. auch mit einer<br />

Übernachtung auf der Signalkuppe, hier hatte ich keine<br />

Probleme. In Peru habe ich zuerst 10 Tage Trekking mit<br />

Maximalhöhen bis 5000m und Schlafhöhen deutlich über<br />

4000m gemacht. Es sind in der ersten Woche keinerlei<br />

Probleme aufgetreten, auch keine Kopfschmerzen, keine<br />

verringerte Leistungsfähigkeit, keine Appetitlosigkeit.<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 4<br />

Am achten Tag fing der Husten bei einem Aufstieg zu<br />

einem Pass an und blieb mir dann <strong>für</strong> den Rest des<br />

Urlaubs erhalten. Der Husten liess sich mit Codein etwas<br />

unterdrücken, was sicher in der Höhe nicht<br />

empfehlenswert ist.<br />

- Vor einigen Jahren in Ecuador ist der Husten nach 6<br />

Wochen Trekking in Höhen bis knapp 5000m<br />

aufgetreten, bei der Besteigung des Cotopaxi, auf ca.<br />

5400m.<br />

- Auf Hochtouren im Berner Oberland, auch hier war ich<br />

schon einige Tage in der Höhe unterwegs als der Husten<br />

einsetzte.<br />

Ich habe wegen dieser Angelegenheit bisher keinen<br />

Pulmologen aufgesucht, daher kann ich Ihnen die<br />

angefragten Untersuchungsergebnisse leider nicht zur<br />

Verfügung stellen.<br />

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich im Alter von<br />

11 Jahren eine Lungenentzündung hatte, die ambulant mit<br />

Antibiotika behandelt wurde. Könnte es sich bei dem<br />

Husten um eine Spätfolge handeln?<br />

Mein Vater, sportlich und sehr fit, hatte auch schon<br />

ähnliche Probleme.<br />

Ich würde mich sehr freuen, wenn sie mir Tipps geben<br />

könnten, wie ich diesen Husten vermeiden oder<br />

behandeln kann.<br />

Korrespondenz<br />

Lotte Wilke<br />

lotte.wilke@cern.ch<br />

Antwort der Redaktion<br />

Danke <strong>für</strong> Ihre Rückmeldung. So wie Sie es beschreiben,<br />

haben Sie kein Akklimatisationsproblem sondern wohl<br />

eher den quälenden Höhenreizhusten. Wir verstehen<br />

hierunter Hustenattacken, welche nicht durch HAPE<br />

bedingt sind und deren Ursache wahrscheinlich die<br />

Austrocknung der Schleimhäute in den Atemwegen ist.<br />

Typisch hier<strong>für</strong> ist, dass der Husten bei Ihnen besonders<br />

bei Kälte auftritt. Kalte Luft hat ja bekanntlich einen<br />

geringeren Wasserdampfgehalt. Dies und die vermehrte<br />

Atmung in der Höhe sowie bei körperlicher Belastung<br />

führen zur Entwässerung und damit zur Reizung der<br />

Schleimhäute.<br />

Manche Autoren diskutieren hingegen eine milde Form<br />

des HAPE oder auch eine Sonderform einer<br />

Lungenentzündung. Differentialdiagnostisch muss man<br />

auch an ein kälteinduziertes Asthma bronchiale denken.<br />

Unangenehm ist die Tatsache, dass der Reizhusten selbst<br />

zum Problem werden kann, obwohl er nicht unmittelbar<br />

lebensbedrohlich ist. Durch den nächtlichen Husten ist<br />

der Schlaf weniger erquickend, Rippenbrüche können<br />

aufgrund der Hustenattacken resultieren und die gereizte<br />

Bronchialschleimhaut ist empfindlicher gegenüber<br />

Infektionen.<br />

Als Therapie kommen hustendämpfende Mittel mit<br />

Noscapin (z.B. Tussanil-N®) in Betracht. Dieses<br />

Medikament dämpft das Atemzentrum nicht und hat keine<br />

verengende Wirkung auf die Atemwege. Hustenstiller mit<br />

Codein dürfen aus den genannten Gründen nicht<br />

eingenommen werden.


Defibrillator im Tourenleiterrucksack<br />

Als Tourenchef der SAC Sektion Gotthard wurde ich<br />

angefragt, ob wir Interesse an einem mobilen<br />

Defibrillator von Schiller und dazugehöriger Ausbildung<br />

hätten.<br />

http://www.schiller.ch/Defibrillation,_PAD,_Public_Acc<br />

ess_Defbrillator,_First_Aid,_Cardiac_Arrest,_pocked_de<br />

fibrillator/-45-908-164-de-de-/cms.html<br />

Die Meinung wäre, dass das Gerät auf den Touren<br />

unserer Sektion, bei denen öfters Personen über 50 Jahre<br />

teilnehmen, immer dabei wäre und durch den<br />

ausgebildeten Tourenleiter bedient werden könnte.<br />

Mir wurde das Produkt vorgestellt und ich war ziemlich<br />

überzeugt von den Argumenten. Nun möchte ich noch<br />

weitere Meinungen einholen, da nur alleine das Gerät<br />

einen Preis von ca. 3000 Fr. hat.<br />

Haben Sie in Ihrer <strong>Gesellschaft</strong> schon Erfahrungen<br />

damit? Was <strong>für</strong> Argumente gibt es dagegen und da<strong>für</strong>?<br />

Korrespondenz<br />

Mario Cathomen<br />

mario_cathomen@hotmail.com<br />

desto besser". Bei einem plötzlichen Herztod durch<br />

Kammerflimmern in den Bergen ist professionelle Hilfe<br />

via Helikopter im besten Fall nach 10 bis 15 min zu<br />

erwarten. Sie hätten mit Ihrem portablen Gerät einen<br />

klaren Vorteil, da dies die Zeit ist, in der das Herz noch<br />

defibrillierbar ist. Später wird es schwierig, da die<br />

Energiereserven der Herzmuskelzellen aufgebraucht<br />

sind.<br />

Die zusätzlichen 500g im Rucksack des Tourenleiters<br />

drücken zwar schwer auf die Schultern, der Nutzen im<br />

Ernstfall wäre jedoch überzeugend.<br />

Das von Ihnen genannte Gerät scheint den<br />

Anforderungen <strong>für</strong> moderne AED's zu entsprechend,<br />

damit ist der Preis allemal gerechtfertigt. Im Schnitt<br />

bewegen sich die AED-Preise herkömmlicher Geräte<br />

zwischen 2800 und 4800 CHF. Da<strong>für</strong> sind diese Geräte<br />

aber auch 4-mal so schwer.<br />

Im SAC wird die Anschaffung von AED's auf Berghütten<br />

ja schon seit einiger Zeit diskutiert. Dies ist sicher eine<br />

vernünftige Überlegung, da ja die Hütten seit einigen<br />

Jahren beliebtes Ausflugziel der von Ihnen beschriebenen<br />

Klientel sind. Sobald man sich jedoch wenige hundert<br />

Geländemeter von der Hütte entfernt, hat man das<br />

gleiche Problem wie oben beschrieben. Der AED im<br />

Tourenleiterrucksack erscheint deshalb als eine sinnvolle<br />

Option.<br />

Antwort der Redaktion<br />

Die SGGM beschäftigt sich eigentlich weniger mit dem<br />

Thema Frühdefibrillation. Die klare Meinung der<br />

Fachliteratur zu diesem Thema ist jedoch: "Je früher<br />

Walo Pfeifhofer<br />

Wer ist die <strong>Schweizerische</strong> Stiftung <strong>für</strong> alpine Forschung,<br />

wer steht dahinter, was <strong>für</strong> Ziele sucht sie zu erreichen<br />

und wer kann von ihr profitieren?<br />

In einem Gespräch mit einem Stiftungsrat, Oswald Oelz<br />

und durch Recherche auf der gelungenen Webpage der<br />

Stiftung; www.alpinfo.ch finden sich Antworten.<br />

Frühe Phase der Unterstützung von Expeditionen<br />

1939 wurde von engagierten SAC-Mitgliedern,<br />

federführend durch den Kaufmann Oskar Weber, die<br />

<strong>Schweizerische</strong> Stiftung <strong>für</strong> alpine Forschung (SSAF)<br />

gegründet. Sie begann ihre Tätigkeit als Organisation <strong>für</strong><br />

bergsteigerische und wissenschaftliche Erkundungen in<br />

ausseralpinen Gebirgen. In den Jahren 1939 bis 1956<br />

organisierte die Stiftung folgende Expeditionen:<br />

- Himalaya 1939, 1947 und 1949<br />

- Sahara 1948<br />

- Karakorum 1947<br />

- Garhwal 1950<br />

- Baffinland 1950 und 1953<br />

- Everest <strong>Frühling</strong> und Herbst 1952<br />

- Everest / Lhotse 1956<br />

Neben den bergsteigerischen Zielen dieser<br />

Unternehmungen förderte die SSAF stets auch die<br />

wissenschaftliche Forschung: Über 200<br />

Einzelpublikationen, über ein Dutzend, zum Grossteil<br />

noch heute erhältliche, topographische Karten und nicht<br />

zuletzt die von 1946 bis 1969 erschienene 17-bändige<br />

Reihe ‹Berge der Welt›, welche leider vollständig<br />

vergriffen ist, geben beredtes Zeugnis ab von<br />

alpinistischen, archäologischen, biologischen,<br />

ethnologischen, geographischen, und medizinischen<br />

Forschungsergebnissen.<br />

Erweiterung der unterstützten Projekte<br />

In den 1960er Jahren begann die Stiftung damit, ihre<br />

Forschungstätigkeit entsprechend ihrem Stiftungszweck<br />

auch auf Anliegen des Natur- und Umweltschutzes<br />

auszudehnen. So trugen etwa die Studien über den<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 5


Steinbock, Tier des Jahres 2006, wesentlich zum<br />

Verständnis der Wiederansiedlungsgebiete bei. Die SSAF<br />

unterstützt Forschung in den Bereichen Archäologie,<br />

Botanik, Entomologie, Geologie, Glaziologie,<br />

Höhenmedizin, Karthographie, Lawinen,<br />

Luftphotographie, Molekularbiologie, Natur&Umwelt,<br />

Ökologie, Ornithologie und Zoologie. Der Kerrnbereich<br />

ist die Forschung im Dienste der Alpinisten, mit<br />

Projekten in Kartographie und Höhenmedizin.<br />

Konzentration auf Natur & Umwelt<br />

In den letzten Jahren hat die Stiftung ihr Augenmerk<br />

vermehrt auf die rasanten Veränderungen <strong>für</strong> Mensch und<br />

Natur im Alpenraum gerichtet. Im Gegensatz zur<br />

unheiligen Allianz von städtischen Landschaftsplanern<br />

und Umweltlobbyisten, welche von einer Rückkehr zu<br />

scheinbar unberührter, alpiner Urlandschaft träumen,<br />

vertritt die Stiftung die Ansicht, dass die drohende<br />

Entvölkerung ganzer Talschaften und die damit<br />

einhergehende Zerstörung alpiner Kulturlandschaft eine<br />

gravierende Beeinträchtigung jenes Spektrums alpiner<br />

Fauna und Flora zur Folge hätte, das auf<br />

menschengeschaffene Freiräume angewiesen ist.<br />

Die Stiftung möchte durch die Förderung von Projekten,<br />

welche durch bergsportorientierte Vor-Ort-Arbeitsplätze<br />

der Entvölkerung entgegenwirken, einen Beitrag zur<br />

Erhaltung der alpinen Kulturlandschaft leisten. Wenn es<br />

der Stiftung gelingt, statt des vielerorts vorherrschenden<br />

Gegeneinanders von Kultur- und Naturraum, ein<br />

konstruktives Miteinander von menschengerechtem<br />

Naturschutz und naturgerechter Kulturlanderhaltung zu<br />

schaffen, dann hat sie eine wesentliche Zielvorgabe<br />

alpiner Forschung erfüllt: die integrale Förderung einer<br />

lebenswerten Bergwelt.<br />

Anfragen<br />

Für eine Unterstützung der SSAF muss ein Gesuch an<br />

Thomas Weber, den Stiftungssekretär der SSAF gestellt<br />

werden, der Stiftungsrat wird über das Gesuch befinden.<br />

Es können maximal Gelder im unteren fünfstelligen<br />

Bereich gesprochen werden.<br />

Angebote der SSAF<br />

Karten:<br />

- 1:500‘000: Bhutan<br />

- 1:250‘000: Karakorum (2 Blätter)<br />

- 1:150’000: Garwhal-West-Himalaya, Garwhal-Ost-<br />

Himalaya, Abi Gamin, Sikkim<br />

- 1:100’000: Janak Himal<br />

- 1:50‘000: Mount McKinley, Mount Everest<br />

- 1:10‘000: Muldrow Glacier, Mount Everest<br />

Bücher:<br />

- Everest / Lhotse, Schweizer am Everest 1952 und 1956<br />

- Great Himalaya, Tourism and the Dynamics of Change<br />

in Nepal<br />

- Reise durch die Alpen<br />

- Turner in der Schweiz<br />

- Ancient Bhutan, A Study on early Buddhism in the<br />

Himalayas<br />

- Schilthorn, Eine alpine Offenbahrung<br />

- Towards New Horizons, John Haller 1927 to 1984<br />

DVD’s:<br />

- Baffin Island, Arctic Expedition Summer 1953<br />

- Alpiner Hochleistungstest 1973<br />

Alle diese interessanten Artikel können direkt bei der<br />

SSAF bezogen werden oder über ihren Internetshop<br />

www.alpineresearch.ch/alpine/shop.html<br />

Projekt Pro Montes Preis<br />

Der Pro Montes Preis wird in Form eines Wettbewerbes<br />

von der SSAF ausgeschrieben und dient zur Erhaltung<br />

und Förderung von Arbeitsplätzen in entlegenen<br />

Berggebieten.<br />

Das Projekt Pro-Montes-Preis zeichnet Initiativen und<br />

Ideen, insbesondere im Bereich des Bergsportes aus, die<br />

einen Anreiz zur Wohnsitznahme in den<br />

Peripheriegemeinden des Berggebietes erbringen. Der<br />

Wettbewerb richtet sich sowohl an Einzelpersonen als<br />

auch an private oder öffentliche Körperschaften. Im<br />

Zweijahresrhythmus werden die Gewinner mit einem<br />

Anerkennungs- und einem Förderpreis ausgezeichnet.<br />

Korrespondenz<br />

<strong>Schweizerische</strong> Stiftung <strong>für</strong> alpine Forschung<br />

Stadelhoferstr. 42<br />

CH - 8001 Zürich<br />

Tel. 044 253 12 00<br />

Projekt Alpine Biodiversität im Zeichen der<br />

Waldzunahme<br />

In einem Pilotprojekt möchte die Stiftung ein Inventar der<br />

Tier- und Pflanzenarten alpiner Offenlandbiotope<br />

erstellen. Diese über Jahrtausende von Menschenhand<br />

geschaffenen Kulturlandschaftszonen können durch die<br />

entsiedlungsbedingte, zunehmende Verbrachung und<br />

Verwaldung konkurrenziert werden. In der gegenwärtig<br />

kontrovers geführten Diskussion <strong>für</strong> und wider alpine<br />

(Sekundär-)Wildnis scheint solch ein<br />

biodiversitätsbezogenes Argumentarium zu fehlen.<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 6


SIPE (Swimming Induced Pulmonary Edema) – das Unterwasser-HAPE<br />

Andi Bloch<br />

Einführung<br />

Ich habe im Rahmen der Gerbirgsmedizintagung in<br />

Interlaken einen Fall eines Gigathlonteilnehmers<br />

vorgestellt, welcher ein Lungenödem während des<br />

Schwimmens entwickelte. Walo Pfeifhofer bat mich in<br />

der Folge zu diesem Thema einen Beitrag <strong>für</strong>s Forum<br />

Alpinum zu verfassen.<br />

Interessant ist das Krankheitsbild insbesondere, da es sich<br />

- ähnlich dem HAPE - um eine „provozierte“, nichtkardial<br />

bedingte Form des Lungenödems handelt. Die<br />

Endstrecke der Pathophysiologie mit erhöhtem pulmonalarteriellem<br />

Druck ist dieselbe, der Weg dorthin jedoch<br />

etwas anders.<br />

Fallbeispiel SIPE<br />

Der Gigathlon wurde 1998 ins Leben gerufen und bis<br />

dato sieben Mal ausgetragen. Beschrieben wird er auf der<br />

Homepage (www.gigathlon.ch) wie folgt: «Der<br />

Gigathlon ist eine Mischung aus Sportveranstaltung,<br />

Abenteuerreise, Teamerlebnis und persönlicher<br />

Grenzerfahrung.» Die 1432 Kilometer lange Strecke mit<br />

rund 27000 Höhenmetern führte 2007 innerhalb von 7<br />

Tagen von Basel nach Bern und wurde zu Fuss, mit dem<br />

Rennvelo, im Wasser, auf dem Mountainbike oder mit<br />

den Inline-Skates zurückgelegt (Abb. 1). Die extremste<br />

Form des Wettkampfs absolvierten dabei die sogenannten<br />

«7 Tage single’s» – Athleten und Athletinnen, welche die<br />

komplette Strecke im Alleingang bestritten. 114<br />

Singleathleten und 10 Singleathletinnen starteten das<br />

Rennen, 31 bzw. 3 überschritten die Ziellinie.<br />

Am Morgen des fünften Tages wurde ein 37-jähriger<br />

Singleathlet aufgrund massiver Atemnot und kurzem<br />

Bewusstseinsverlust in Interlaken hospitalisiert. Die<br />

Atemfrequenz bei Eintritt betrug 32 pro Minute, die<br />

Sauerstoffsättigung 88% unter Gabe von 10 Litern<br />

Sauerstoff per Maske. Der Sportler wurde auf die<br />

Intensivstation verlegt. Klinisch fanden sich<br />

Rasselgeräusche über allen Lungenfeldern, der Patient<br />

atmete mit Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, der<br />

Blutdruck lag bei 140/60 mm Hg, die Pulsfrequenz bei<br />

rund 60 Schlägen pro Minute. Radiologisch bestätigte<br />

sich der Verdacht eines fulminanten Lungenödems (Abb.<br />

2 und Laborübersicht Abbildung 3).<br />

Es wurde unverzüglich eine nicht-invasive Ventilation<br />

eingeleitet. Dabei kam es zu promptem Anstieg der<br />

Sauerstoffsättigung auf 99% und einer Normalisierung<br />

der Atemfrequenz. Die CPAP-Beatmung nahm der<br />

Patient in der Folge während rund sechs Stunden in<br />

Anspruch.<br />

Am nächsten Morgen fanden sich auskultatorisch noch<br />

wenige rechtsbetonte Rasselgeräusche basal, zudem ein<br />

1/6-Systolikum mit punctum maximum über der<br />

Herzspitze. Radiologisch konnte ein eindrücklicher<br />

Rückgang der Stauungszeichen dokumentiert werden<br />

(Abb. 4).<br />

Über die Entstehung des Zustands berichtete der Patient,<br />

dass er sich vor dem Start zur Etappe sehr wohl gefühlt<br />

habe, insbesondere habe er keine Atemnot bemerkt. Er<br />

konnte die rund 1,5 Kilometer lange Schwimmstrecke im<br />

14 Grad kalten Thunersee in seinem gewohnten<br />

körperlichen Zustand in Angriff nehmen. 10 Minuten<br />

später und 500 Meter weiter habe er ein unwohles,<br />

beklemmendes Gefühl verspürt. Auch sei ihm eine<br />

Zunahme der Atemfrequenz aufgefallen, worauf er von<br />

der Crawl- auf die Brustschwimmtechnik wechselte. Die<br />

Atemnot nahm zu, so dass er zunächst an einem<br />

Begleitboot eine Pause einlegte. Kurz nach dem<br />

Unterbruch musste er erneut pausieren, bei zunehmender<br />

Dyspnoe und Schaum vor dem Mund. Trotz immer<br />

kürzer werdenden Schwimmdistanzen und längeren<br />

Pausen erreichte er mit grösster Not das Ufer, dort konnte<br />

er das Wasser nur mit Unterstützung verlassen.<br />

Schliesslich verlor er kurz das Bewusstsein, erhielt<br />

Sauerstoff bei einer Sauerstoffsättigung von 60% und<br />

wurde unmittelbar eingewiesen. Ergänzend muss hier<br />

angefügt werden, dass sich in der Anamnese keine<br />

Hinweise auf eine Aspiration fanden.<br />

Der Modellathlet schilderte in der Folge leidenschaftlich,<br />

wie er sich auf den Gigathlon vorbereitet hatte: Seit rund<br />

einem Jahr stehe er im Training, am Anfang mit einem<br />

Aufwand von 12 bis 14 Stunden, verteilt über 6 Tage; in<br />

den Wochen vor dem Wettkampf mit einem Pensum von<br />

26 Stunden. Er sei ein erfahrener Ausdauersportler; unter<br />

anderem habe er zweimal den Gigathlon erfolgreich<br />

beendet. Im aktuellen Rennen absolvierte er in den<br />

vergangenen vier Tagen insgesamt 819,5 Kilometer und<br />

dabei 15 650 Höhenmeter. Da<strong>für</strong> benötigte er rund 50<br />

Stunden.<br />

Zur Bestimmung der rechts- und linksventrikulären<br />

Funktion und zum Ausschluss einer strukturellen<br />

Kardiopathie führten wir eine transthorakale und<br />

transösophageale Echokardiographie durch. Dabei zeigte<br />

sich eine grenzwertige linksventrikuläre Hypertrophie im<br />

Sinne eines Sportlerherzens. Bis auf eine leichte<br />

Schlussanomalie der Mitralklappe mit minimer<br />

Mitralinsuffizienz fanden sich keine Klappenpathologien.<br />

Der systolische pulmonal-arterielle Druck lag im obersten<br />

Normbereich, in der transthorakalen Echokardiographie<br />

fand sich eine diskrete Erweiterung des rechten<br />

Ventrikels; beides interpretierten wir als Ausdruck der<br />

Volumen- und Rechtsherzbelastung im Rahmen eines<br />

SIPE. In der transösophagealen Echokardiographie<br />

konnte ein offenes Foramen ovale ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Wir konnten unseren Patienten am nächsten Tag in gutem<br />

Allgemeinzustand und mit normalen Sättigungswerten<br />

unter Raumluft nach Hause entlassen. Nach einer rund<br />

halbjährigen Wettkampfpause nahm unser Patient seine<br />

Leidenschaft Ausdauersport wieder auf, wobei er auf<br />

Wasserdisziplinen bis dato verzichtet hat.<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 7


Diskussion<br />

Anhand der Klinik und Vorgeschichte lässt sich die<br />

Diagnose eines Swimming-Induced Pulmonary Edema,<br />

kurz SIPE stellen (Abbildung 5). Das SIPE zählt zu den<br />

nichtkardial bedingten Formen des Lungenödems.<br />

Ursächlich kommt es zu einem überlastungsbedingten<br />

Versagen der Gefäss-Gas-Schranke. Da<strong>für</strong> sind<br />

verschiedene Mechanismen verantwortlich [1–6, 9]:<br />

Die ersten Fälle wurden in den 1980er Jahren von<br />

Wilmshurst beschrieben [6]. Diese traten bei<br />

Wassertemperaturen um 12°C auf. Je kälter das Wasser,<br />

desto eher kann es zu einem SIPE kommen (die meisten<br />

Fälle sind um 19 Grad beschrieben). Einzelne Fälle traten<br />

allerdings in Mexiko bei komfortablen 27 °C auf. Durch<br />

die Kälte kommt es zu einer Zentralisation des<br />

Kreislaufs, bedingt durch die periphere Vasokonstriktion,<br />

folglich zu einer deutlichen Zunahme des Pre- und<br />

Afterloads.<br />

Bereits das Eintauchen des Körpers ins feuchte Nass führt<br />

bei Wassertemperaturen um 33 °C zu einer<br />

intrathorakalen Blutvolumenzunahme von circa 700 ml<br />

und einer konsekutiven Zunahme des transmuralen<br />

Drucks der Pulmonalarterien um rund 15 bis 20 mm Hg.<br />

Während des Schwimmens mit dem Kopf über Wasser<br />

nimmt die funktionelle Residualkapazität (FRC) der<br />

Lunge ab. Die FRC nähert sich der Verschlusskapazität<br />

(Verschluss- und Residualvolumen) und unterschreitet<br />

diese teilweise, so dass es insbesondere in den<br />

abhängigen Lungenpartien zu einem Kollaps der kleinen<br />

Atemwege kommt. Dadurch entstehen Atelektasen mit<br />

Shuntdurchblutung, in der Folge kommt es zu einer<br />

Zunahme des pulmonalarteriellen Drucks aufgrund des<br />

Euler-Liljestrand-Reflexes. (Abbildung 6)<br />

Körperliche Belastung mit folglich erhöhtem O2-Bedarf<br />

der Muskulatur führt zu einer Zunahme der Herzarbeit<br />

und dadurch auch zu einer Steigerung der pulmonalen<br />

Perfusion. Bei sehr hohen pulmonalen Flussraten zeigte<br />

sich in Tierversuchen dabei ein kapilläres Leck. Bei<br />

hochgezüchteten Rennpferden sind Lungenödeme bei<br />

maximalem Herzminutenvolumen häufige und gut<br />

dokumentierte Phänomene.<br />

Ein hoher Preload mit konsekutiv hohem Schlagvolumen<br />

und maximale Atemzugvolumina im Rahmen der<br />

submaximalen bis maximalen Belastung führen<br />

wahrscheinlich durch Mikroschertraumata zu einer<br />

zusätzlichen Störung der Blut-Gas-Schranke.<br />

Bei Triathleten fanden sich nach einem Rennen im CT<br />

Infiltrate sowie lungenfunktionell eine Abnahme der CO-<br />

Diffusionkapazität, beides als Ausdruck eines (milden)<br />

belastungsabhängigen Lungenödems [7].<br />

In der Literatur ist das SIPE knapp dokumentiert. Eine<br />

Fall-Kontroll-Studie belegt, dass sich die Athleten nach<br />

einem SIPE wieder vollständig erholen [8]. In einer<br />

anderen Arbeit findet sich jedoch ein Rezidivrisiko von<br />

22%. In einer Studie über 70 Patienten fanden sich bereits<br />

12 Stunden nach Wasserevakuation keine Infiltrate mehr<br />

im konventionellen Bild [2]. Antworten auf die Frage der<br />

individuellen Veranlagung finden sich in der Literatur<br />

nicht.<br />

Der beschriebene Fall ist sicherlich nicht alltäglich,<br />

jedoch im ausdauersportverrückten Berner Oberland<br />

keine Seltenheit: Im Rahmen des Gigathlons wurden in<br />

Interlaken insgesamt vier AthletInnen und am Inferno-<br />

Rennen einige Wochen später schliesslich noch ein<br />

Weiterer behandelt. Auch sind andere SIPE-Fälle im<br />

Zusammenhang mit dem Gigathlon 2007 bekannt [9].<br />

Die <strong>für</strong> den Höhenmediziner interessante Frage, ob SIPE-<br />

PatientInnen in der Höhe vermehrt HAPE entwickeln,<br />

liegt nahe. In der Literatur findet man hierzu jedoch keine<br />

Angaben.<br />

Abb. 1: Die Strecke des Gigathlons 2007<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 8


Abb. 2: Thorax bei Eintritt<br />

Abb. 3: Laborwerte während der Hospitalisation<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 9


Abb. 4: Thorax am Folgetag<br />

• Akute Dyspnoe ( mit Husten, Schaumproduktion, Hämoptoe, Hypoxie ) während oder unmittelbar im<br />

Anschluss ans Schwimmen, sofern eine Aspiration ausgeschlossen werden kann.<br />

• Klinischer oder radiologischer Nachweis eines Lungenödems (mit kompletter Regredienz der Befunde<br />

innerhalb von 48 Stunden)<br />

• Ausschluss einer kardialen Ursache des Lungenödems<br />

Abb. 5: Diagnosekriterien SIPE<br />

Abb. 6: Lungenvolumenkurven normal vs. Immersion im kalten Wasser [5]<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 10


Literaturangaben<br />

1 Pons M, Blickenstorfer D, Oechslin E, Hold G, Greminger P, Franzeck UK et al. Pulmonary oedema in healthy persons<br />

during scuba-diving and swimming. Eur Respir J 1995;8:762-7<br />

2 Adir Y, Shupak A, Gil A, Peled N, Keynan Y, Domachevsky L et al. Swimming-Induced Pulmonary Edema: Clinical<br />

Presentation and Serial Lung Function. Chest 2004;126:394-9<br />

3 Shupak A, Weiler-Ravell D, Adir Y, Daskalovic YI, Ramon Y, Kerem D. Pulmonary oedema induced by strenuous<br />

swimming: a field study. Respir Physiol 2000;121:25-31<br />

4 Lund KL, Mahon RT, Tanen DA, Bakhda S. Swimming-induced pulmonary edema. Ann Emerg Med. 2003;41:251-6<br />

5 Bondi KR, Young JM, Bennett RM, Bradley ME. Closing volumes in a man immersed to the neck in water. Journal of<br />

Applied Physiology. 1976;40(5):736-40.<br />

6 Wilmshurst PT, Nuri M, Crowther A, Webb-Peploe MM. Cold-induced pulmonary oedema in scuba divers and<br />

swimmers and subsequent development of hypertension. Lancet 1989;Jan 14;1(8629):62-5<br />

7 Caillaud C, Serre-Cousiné O, Anselme F, Capdevilla X, Prefaut C. Computerized tomography and pulmonary diffusing<br />

capacity in highly trained athletes after performing a triathlon. J Appl Physiol 1995;79:1226-32<br />

8 Ludwig BB, Mahon RT, Schwartzman EL. Cardiopulmonary function after recovery from swimming-induced<br />

pulmonary edema. Clin J Sport Med 2006;16:348-51<br />

9 Noti F, Helbling A, Allemann Y, Swimming-Induced Pulmonary Oedema. Swiss Medical Forum 2009;9(8):174-176<br />

10 Bloch AM, Weiss EM, Ingold U, Grenzerfahrung Gigathlon. Swiss Medical Forum 2009;9(8):171-173<br />

Korrespondenz<br />

Andreas Bloch<br />

Stationsstrasse 5<br />

CH – 8606 Nänikon<br />

a.bloch@gmx.ch<br />

Porträt Bruno Durrer<br />

Bruno, du bist Notarzt, Bergführer und Allgemeinpraktiker in Lauterbrunnen.<br />

Wie jung bist du? 55 Jahre<br />

Wieviele Kinder hast du? Zwei Söhne und eine Tochter<br />

Wieviele Lebenspartnerschaften bist du eingegangen? Eine, die Jetzige<br />

Was hat dich nach Lauterbrunnen gebracht? In Lauterbrunnen kann ich meine Leidenschaften, Berge und Medizin<br />

verbinden<br />

Bist du „genetisch“ vorbelastet, waren deine Eltern Bergärzte? Nein<br />

Teilen deine Kinder deine Leidenschaft <strong>für</strong> die Berge? Nur zum Teil<br />

Wann hast du deine Liebe zu den Bergen entdeckt? Schon in der Kindheit, bei Wanderungen, in der Jungwacht und mit den<br />

Kollegen in der SAC-Jugend<br />

Wann hast du die Höhenmedizin kennen gelernt? In der Bergführerausbildung vor 28 Jahren, ich war Bergführeraspirant,<br />

bevor ich das Staatsexamen abgelegt habe<br />

Gibt es <strong>für</strong> dich ein Vorbild <strong>für</strong> einen Bergarzt? Es gibt einige, aber das Feuer in mir entzündet hat Pietro Segantini und der<br />

Wengener Praktiker Andreas Stettler<br />

Wie hoch ist dein ohne Doping erstiegener höchster Gipfel? Ein Gipfel im Annapurnagebiet, um 7600 m<br />

Wie gross schätzt du die Möglichkeit ein, dich <strong>für</strong> ein Ziel zu quälen? Wenn es ein <strong>für</strong> mich erstrebenswertes Ziel, wie die<br />

Erhaltung der AirGlaciers-Bergrettungsbasis Lauerbrunnen ist, kann ich mich massiv engagieren<br />

Welcher Gipfel, den du nicht geschafft hast, reut dich am meisten? Keiner, da <strong>für</strong> mich der Weg das Ziel ist<br />

Welches war <strong>für</strong> dich deine schönste Bergtour? Die Finsteraarhornbesteigung mit meiner Ehefrau Susi<br />

Was ausser Berge ist noch dein Hobby? Die Natur und Sport allgemein, es gibt auch sehenswerte Unterwasserberge<br />

Was betrachtest du als deinen bergmedizinisch grössten Erfolg? Die Erforschung und Entwicklung der Algorithmen <strong>für</strong> die<br />

Hypothermie und die Lawinenrettung<br />

Welches ist dein bergmedizinisch grösster Misserfolg? Ein atypisches Höhenlungenödem, zuerst als Erkältung<br />

interpretiert<br />

Was hältst du von Sauerstoffbesteigungen? Ich bin ein Verfechter des Bergsteigens by fair means, habe aber auch ein<br />

Verständnis <strong>für</strong> die Anwendung von Sauerstoff zur Risikominderung über 8500 m<br />

Was hältst du von Speedbegehungen und anderen Rekorden an den Bergen? Die Jungen werden immer versuchen die<br />

Limiten zu pushen<br />

Kannst du dir vorstellen mittels Doping schneller in der Höhe zu akklimatisieren? Für Rettungszwecke ja<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 11


Wenn du am Berg überholt wirst, hast du das Bedürfnis aufzuschliessen, dich nicht abhängen zu lassen, wenn nein, seit<br />

wann nicht mehr? Eigentlich habe ich das nie gehabt, da das Tempo an das schwächste Glied angepasst wird und jede<br />

Seilschaft eine Individualwelt <strong>für</strong> sich ist<br />

Gibt es eine Grenzsituation in den Bergen die dein Leben verändert hat? Bei der Spaltenrettung eines Freundes, der mit<br />

Schnee verschüttet war und rechtzeitig gerettet werden konnte und ohne Hirnschaden überlebt hat ist mir bewusst geworden,<br />

wie schnell es dumm laufen kann<br />

Was würdest du aufgrund deiner Erfahrungen einem jungen Bergpraxisarzt raten? Er braucht Freude am Job und an den<br />

Bergen, man muss Menschen mögen und den Rest erledigt die Natur<br />

Wie siehst du die Zukunft der Forschung in Berg- und Höhenmedizin? Sie hat sich stark zur Wissenschaft der<br />

molekularbiologischen Vorgänge gewandelt und es gibt noch viel zu lernen<br />

Was wäre dein Wunsch in Zukunft bezüglich Bergmedizin allgemein und speziell der Bergrettung? Es ist mir ein<br />

Anliegen, die Freude an der Vielfältigkeit der Bergmedizin an die Jungen weitergeben zu können. In der Schweizer<br />

Bergrettung sollten vermehrt die Synergien ausgenützt werden um weiterhin weltweit führend zu sein<br />

Was findest du fehlt noch um dich zu porträtieren? Auch nach 20 Jahren im Bergtal mache ich die Arbeit immer noch<br />

gerne. Sie ist vielseitig, aufregend, ergiebt sehr viel Befriedigung. Das Engagement ist gross, aber ich hoffe es gibt genügend<br />

junge Ärzte, die sich vorstellen können dies weiter zu führen.<br />

Hoffen wir, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen, vielen Dank Bruno <strong>für</strong> das Interview<br />

Das Interview wurde durch unseren Präsidenten Walo Pfeifhofer geführt.<br />

Agenda<br />

16.05.09 - 17.05.09 Kurs Sportklettern und Medizin 2009<br />

Teilnehmer: Ärzte, Sportlehrer, Physiotherapeuten,<br />

Studenten und sonstige Interessierte<br />

Themen: Sportartspezifische Verletzungen,<br />

präklinisches Notfallmanagement, Training und<br />

Ernährung, Techniktraining, Bouldern,<br />

Sicherungstechnik<br />

Auch <strong>für</strong> Anfänger!<br />

17.08.09-22.8.09<br />

Anmeldung bis:<br />

Juli 2009<br />

05.09.09 - 11.09.09<br />

Anmeldung bis:<br />

Juli 2009<br />

Höhenmedizinkurs im Expeditionsstil<br />

Erster akkreditierter Kurs zur Erlangung des<br />

Diploms „Wilderness and Expedition Medicine“<br />

UIAA-ICAR-ISMM<br />

Teilnehmer: Ärzte, cand. med.<br />

Ziel des Kurses ist es, theoretische und praktische<br />

Kenntnisse im Bereich der Höhen- und<br />

Expeditionsmedizin zu vermitteln.<br />

Hochtourenausrüstung und -Erfahrung erforderlich<br />

Sommer-Basiskurs<br />

Teilnehmer: Ärzte, cand. med.<br />

Bergerfahrung erwünscht, keine Voraussetzung<br />

Kosten inkl. HP<br />

SFr. 495.-<br />

Studenten SFr. 375.-<br />

Mindestteilnehmerzahl: 8<br />

Kosten OHNE Unterkunft<br />

in Zermatt<br />

SFr. 1600.-<br />

Studenten SFr. 1300.-<br />

Mindestteilnehmerzahl: 12<br />

Kosten inkl. VP<br />

SFr. 1700.-<br />

Studenten SFr. 1400.-<br />

Ort: Bad Ragaz und Umgebung, CH<br />

CREDITS:<br />

SGNOR 6<br />

SGIM 5.5<br />

SGC/SSC 4<br />

SGSM 4<br />

SGAM: volle Fortbildungsdauer<br />

anrechenbar<br />

Anmeldung: www.hoehenmedizin.ch<br />

Ort: Zermatt / Monte-Rosa-Massiv, CH<br />

CREDITS:<br />

SGNOR 12<br />

SGAR/SSAR 16<br />

SGIM 8.5<br />

SGSM 12<br />

SGC/SSC 8<br />

SGAM-Q-Label: empfohlen durch die<br />

SGAM<br />

Anmeldung: www.hoehenmedizin.ch<br />

Ort: Steingletscher, Sustenpass, CH<br />

Anmeldung: www.sggm.ch<br />

12.09.09 – 18.09.09<br />

Inscription à:<br />

31.07.2009<br />

Cours de medecine de montagne<br />

Modules de base: été<br />

Pré-requis: bonne condition physique, absence de<br />

vertige, marche avec assurance en dehors des chemins<br />

pédestres.<br />

Prix:<br />

SFR 1700.-<br />

SFR 1400.- pour les<br />

étudiant(e)s<br />

Localisation: Arolla<br />

Les inscriptions se font via le site internet<br />

de la SSMM: www.ssmm.ch<br />

FORUM ALPINUM Nr. 1/09 12

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