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werfen sie ihre Schuhe nach der<br />
Kammertür; bleiben die Schuhe so<br />
liegen, dass die Spitzen in die Kammer<br />
weisen, so kommt im nächsten<br />
Jahr ein Bräutigam; stehen<br />
die Schuhspitzen gegen die Tür,<br />
so kann auch einer kommen, geht<br />
aber wieder fort. In der Christnacht<br />
tragen die Jungfrauen vom Holzgelass<br />
einen Arm voll Scheiter ins<br />
Haus; sind die Scheiter paarweise,<br />
heißt das: In gerader Zahl, so wird<br />
im nächsten Jahr geheiratet. In der<br />
Neujahrsnacht endlich soll beim<br />
Bleigießen ein Figürlein die Hoffnung<br />
bestätigen. Das liebe Dirndl<br />
im Hochreithhofe! Die Schuhe<br />
versprachen ihn, die Scheiter versprachen<br />
ihn und das Blei ließ die<br />
günstige Auslegung zu. Er kam, sie<br />
saß ihm auf und - blieb sitzen. Jetzt<br />
weiß man nicht, sind die Männer<br />
nichts nutz, oder die Gebräuche!<br />
Das heilige Schauern, das am<br />
Christabend durch die Welt geht,<br />
empfindet auch der Bauer. Auch<br />
ihm wird warm. Ist‘s doch als ob an<br />
diesem Tage die Naturgesetze andere<br />
geworden wären. Fast bangt<br />
man um das Gleichgewicht der<br />
Welt, da so plötzlich alles Freude ist<br />
und überall die Charitas herrscht.<br />
Zum Glück ist der Tag bald vorüber,<br />
dem großen Feste ducken sich<br />
St. Stefan und Johannes an; der<br />
Erstere will als Erzmärtyrer an der<br />
Weihnachtsfeier Anteil haben, der<br />
Letztere beruft sich auf seine besondere<br />
Freundschaft mit dem Heiland;<br />
der erstere macht sich bei den<br />
Bauern durch sein Stefaniewasser<br />
wichtig, der Letztere weiß sich mit<br />
dem Johanneswein einzuschmeicheln<br />
- aber zu dem eigentlichen<br />
Weihnachtsgefolge gehört keiner<br />
von beiden. Erst der Unschuldige -<br />
Kindertag ist wieder echt; er bringt<br />
in den süßen Weihnachtsfrieden die<br />
schreckbare Kunde von dem Kindermassenmord<br />
<strong>des</strong> Hero<strong>des</strong>. Das<br />
Volk feiert dieses Gedächtnis durch<br />
Rutenstreiche, mit denen eins das<br />
Andere am Morgen <strong>des</strong> achtundzwanzigsten<br />
Tages im Dezember<br />
unter den Worten: „Frisch und gesund!“<br />
aus dem Bette peitscht.<br />
Nach den unschuldigen Kindern<br />
kommt ein heiliger Thomas, geborener<br />
Londoner, ein Bischof zu<br />
Kandelberg, der sich so wacker und<br />
unbiegsam den Staatsgesetzen seines<br />
Vaterlan<strong>des</strong> widersetzt hatte,<br />
dass ihn die Kirche heilig gesprochen.<br />
Unsere Bauern nennen den<br />
Mann „Thoma Windfeier“ und sagen,<br />
wenn sie an diesem Tage nicht<br />
arbeiten, so werden sie im kommenden<br />
Jahre von kalten Winden<br />
und Stürmen verschont bleiben. Sie<br />
machen daraus den fünften Weihnachtsfeiertag.<br />
Als sechster folgt einer aus dem<br />
alten Testament - ein berühmter<br />
Poet und Saitenspieler - der liebenswürdige<br />
König David. Der alte<br />
Herr hat in der Tat auch ein Recht,<br />
Weihnachtsbesuch zu machen bei<br />
dem Kinde, das ja seinem - dem<br />
Geschlechte Davids entstammt.<br />
Heiligen - Legenden und antisemitische<br />
Kalender ignorieren den Alten<br />
und protegieren an diesem Tage die<br />
heilige Witwe Melania. Von dieser<br />
Witwe steht‘s in der Hauspostille<br />
<strong>des</strong> Bauers gar schon zu lesen: Sie<br />
war eine reiche Römerin, aus Liebe<br />
zu Gott etwas störrig gegen ihren<br />
Mann, bis sie dann beide ins Kloster<br />
gingen, wo der Gatte bald starb,<br />
Melania sich jedoch den göttlichen<br />
Wissenschaften hingab und mit großer<br />
Beredsamkeit der Frauen gegen<br />
die Irrlehren kämpfte. Vor so einer<br />
muss der jüdische Harfenist freilich<br />
zurück stehen.<br />
Endlich ist Silvester da. Dieser<br />
Mann war bekanntlich römischer<br />
Papst; er hatte stark mit den Juden<br />
zu kämpfen. Ich erinnere mich<br />
an ein Geschichtlein. Eines Tages<br />
brachten die Juden einen wilden<br />
Ochsen zu ihm und sagten: Der<br />
Name ihres Gottes sei so groß und<br />
schrecklich, dass, wenn sie selben<br />
dem Ochsen ins Ohr sagten das<br />
Tier auf der Stelle tot zusammen<br />
stürzen müsse. Der Papst ließ es<br />
auf eine Probe ankommen, und in<br />
der Tat, der Ochse fiel bei der Nennung<br />
<strong>des</strong> Judengottes um und war<br />
tot. Nun sagte der Papst Silvester:<br />
„Wenn der Name eures Gottes so<br />
schrecklich ist, ein Tier zu töten, so<br />
ist der Name <strong>des</strong> meinen so mächtig,<br />
es wieder zum Leben zu erwecken.“<br />
Er rief das Wort aus - und das<br />
Tier wurde wieder lebendig.<br />
In<strong>des</strong> hat Silvester seine große Berühmtheit<br />
weniger dieser Auferweckung<br />
zu danken, als dem Umstand,<br />
dass er der Schlusswart <strong>des</strong> Jahres<br />
geworden ist. Das ist aber beziehungsweise<br />
seit kurzer Zeit; erst<br />
im Jahre 1583, also vor dreihundert<br />
Jahren, hat der gregorianische Kalender<br />
im katholischen Deutschland<br />
Eingang gefunden, wonach Silvester<br />
als Torschließer angestellt wurde<br />
und als solcher mancherlei Gratifikation<br />
bezieht.<br />
Das Neujahrsfest ist der achte in der<br />
Reihe der Weihnachtsfeiertage. An<br />
diesem Tage schiebt der Bauer seinem<br />
Vaterunser folgenden Satz an:<br />
„Wölln Gott bittn um a glückseliges<br />
neus Jahr; und dass er‘s verflossni<br />
Johr glückseli g‘schenkt hot, donksogn!“<br />
Der Kracher Martin auf der<br />
Niederlenthen ist so gottergeben<br />
zufrieden, dass er, als ihm in einem<br />
Jahr ein reicher Oheim, zwei Weiber<br />
und eine Schwiegermutter starben,<br />
in dem Satz <strong>des</strong> darauf folgenden<br />
Neujahrsgebetes: „S verflossni Johr<br />
glückseli g‘schenkt hot, donksogn‘<br />
nicht eine Silbe änderte.<br />
Nun kommen vier Werktage, die<br />
aber, weil sie noch in der Weihnachtszeit<br />
liegen, eine gewisse Ausnahmestellung<br />
genießen; es soll in<br />
denselben weder gedroschen noch<br />
gesponnen werden. Der Abend <strong>des</strong><br />
5. Jänner gebärdet sich als ob mit<br />
ihm das hohe Fest von neuem beginnen<br />
wollte. Wie am Christ - und<br />
am Silvesterabend, so geht der<br />
4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4