20.11.2013 Aufrufe

Download - Strahlen des Lichts

Download - Strahlen des Lichts

Download - Strahlen des Lichts

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Strahlen</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Lichts</strong><br />

Wintersonnenwende 19. Jahrgang 2010-4<br />

« ein urteilsfähiger Intellekt « ein fühlen<strong>des</strong> Herz « ein gesunder Körper «<br />

Eine Zeitschrift der christlichen Esoterik<br />

für Freunde der Rosenkreuzerlehren


Editorial<br />

Inhalt<br />

Liebe Freunde,<br />

das Jahr 2010 geht nun zur Neige und die<br />

Geburt <strong>des</strong> Jahres 2011 steht bevor. Ein<br />

Zyklus, in dem wir ebenfalls eingebunden<br />

sind und selbst dabei neu geboren werden<br />

können.<br />

Nach einer Vorbereitungszeit in Ruhe und<br />

Zurückgezogenheit, wird aus der Summe<br />

<strong>des</strong> Bisherigen das Neue geboren, um<br />

sich zart und umhegt zu entwickeln und zu<br />

einem eigenständigen Wesen zu wachsen.<br />

Nutzen wir nun die gegenwärtige dunkle<br />

Zeit und bereiten wir uns auf eine neue<br />

Geburt vor. Bringen wir Licht in das Dunkel,<br />

denn Dunkelheit ist nur die Abwesenheit<br />

von Licht!<br />

Öffnen wir unsere Augen und betrachten<br />

wir alle Dinge, Ereignisse und Bewegungen<br />

um uns herum. Analogie und Symbolik<br />

helfen uns dabei, Zusammenhänge<br />

zu erkennen.<br />

Wachsen wir an Erkenntnis und bauen wir<br />

das Erkannte in unser Leben ein, bis es in<br />

uns Wohnung gefunden hat – Gewohnheit<br />

geworden ist.<br />

Reinigen wir alles an und in uns wie ein<br />

Goldsucher, und suchen wir nach dem<br />

Edelsten und Wertvollstem. Bringen wir<br />

dieses Wertvollste in uns zur Geburt.<br />

Hegen und pflegen wir es. Beschützen wir<br />

es, damit es wachsen kann und zu leuchten<br />

beginnt, zu einem starken energiegeladenen<br />

eigenständigen Wesen sich entwickeln<br />

kann, das Licht in unsere Finsternis<br />

bringt und dadurch die Dunkelheit auflöst.<br />

Wir wünschen Ihnen eine besinnliche<br />

Weihnachtszeit und einen erfolgreichen<br />

Jahresanfang.<br />

Ihr Redaktionsteam<br />

2 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4<br />

02 Editorial<br />

Impressum<br />

03 Die heilige Weihnachtszeit<br />

07 Wintersonnenwende<br />

10 Corinne Heline<br />

11 Farbe und Musik im<br />

Neuen Zeitalter<br />

18 Darstellung und Symbolik<br />

von Weihnachten<br />

20 Essen Sie sich gesund<br />

21 Über den Weg zum<br />

AtemSelbst<br />

29 Heilungsdaten<br />

30 Erbauer, materiell und<br />

geistig<br />

36 RCF Intern<br />

Impressum:<br />

RCF Rosenkreuzer Freun<strong>des</strong>kreis, Redaktion<br />

<strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> Licht, c/o Werner Chlouba,<br />

Humboldtstraße 39, 30890 Barsinghausen,<br />

Tel. 05105 84380, Mail: info@rosen-kreuzer.<br />

eu, www.rosen-kreuzer.eu, Spendenkonto:<br />

Nr. 211 469 00 BLZ 694 900 00 Volksbank Villingen,<br />

IBAN DE 19 6949 0000 0021 1469 00,<br />

BIC-Code: GENO DE 61 VS1, Namentliche<br />

Artikel werden vom Verfasser verantwortet,<br />

Fotos: www.pixelio.de, www.picspack.de, Die<br />

Zeitschrift <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> wird kostenlos<br />

an alle interessierten Freun<strong>des</strong> der Rosenkreuzerlehren<br />

verteilt. Zur Unterstützung der<br />

Vervielfältigung und <strong>des</strong> Versands, bitten wir<br />

um Spenden an obige Adresse oder Überweisung<br />

auf unser Spendenkonto.


Die heilige Weihnachtszeit<br />

Peter Rosegger<br />

Wenn der Städter über Feiertage etwas<br />

Sicheres wissen will, so muss<br />

er sich bei den Bauern anfragen.<br />

Der städtische Arbeiter genießt den<br />

Feiertag, ohne viel darüber nachzugrübeln;<br />

der Bauer, der sonst<br />

nicht gerade gewohnt ist, den Grund<br />

und Zweck der Dinge zu erfassen,<br />

will jedoch wissen, warum er rastet,<br />

in die Kirche geht oder sich einen<br />

Rausch antrinkt. Er hat seine Feiertagswissenschaft<br />

und seine Feiertagsstimmung.<br />

Ich will von mir nicht reden, sagt<br />

man, wenn man von sich selbst zu<br />

reden beginnt. Allein um das zu sagen:<br />

Ich war, so lange mich die Bauernfeiertage<br />

noch etwas angingen,<br />

ein gar radikaler Patron. Mir waren<br />

der Kirchenkalender und darin die<br />

einzelnen Feste chronologisch zu<br />

sehr verschoben. Ich wollte, dass<br />

das kirchliche Jahr und das Sonnenjahr<br />

gleichen Schritt halten sollten,<br />

wie sich‘s auch gehört, wenn Himmel<br />

und Heiland mit einander harmonieren<br />

wollen. Da die Sonne nun<br />

aber einmal nicht nachgibt, so sollte<br />

die Kirche nachgeben. Sie hätte,<br />

wie ich einmal gelesen, ihre größten<br />

Feste ohnehin auf willkürliche<br />

Tage gesetzt. Und wenn am 22. Dezember,<br />

als an dem Tage, da die so<br />

tief gesunkene Sonne ihre Umkehr<br />

hält, schon der Advent nicht beginnen<br />

will, so hätte ich es min<strong>des</strong>tens<br />

gern gesehen, dass am selben Datum<br />

der Christtag gewesen wäre.<br />

Daran hätte sich ohne Einschub<br />

schicksam gereiht alle Feste, die<br />

sich auf die Kindheit Jesu beziehen,<br />

als das Fest der Beschneidung, der<br />

Opferung, der Heiligen drei Könige,<br />

der Unschuldigen Kinder u. s. w. so<br />

dass wir mit den Weihnachtsfeiertagen<br />

bequem vor dem Fasching<br />

fertig geworden wären. Nach derselben<br />

Fortsetzung alle weiteren<br />

Feste, mit denen man bis Ende Juni<br />

zu Rande gekommen sein würde.<br />

Die zweite Hälfte <strong>des</strong> Jahres könnte<br />

den Heiligenfesten gewidmet wer-<br />

den, und das Durcheinander wäre<br />

einmal nicht Not! - Und die Richtigschiebung<br />

der Zeit könnte auf die<br />

einfachste Weise bewerkstelligt<br />

werden, wenn man vierzig Jahre<br />

lang den Schalttag aus dem Spiele<br />

ließe. Durch das zehnmalige Wegfallen<br />

<strong>des</strong> Schalttages wäre das<br />

bürgerliche Jahr um zehn Tage<br />

verrückt und fiele mit dem Sonnenjahr<br />

zusammen. - Ich habe diese<br />

Reformpläne auch richtig einmal<br />

meinem Beichtvater, dem guten<br />

alten Pfarrer Johann Plesch in Kathrein<br />

am Hauenstein, vorgelegt;<br />

dieser meinte, wie er die Gelehrten<br />

und auch die Katholische Kirche<br />

kenne, würden sie auf eine solche<br />

Änderung nicht eingehen wollen.<br />

Es hätten die Franzosen einmal<br />

bei einer großen Revolution mit<br />

Feuer und Schwert die Sonn - und<br />

Feiertage verlegt, wäre doch aber<br />

schließlich die heilige Kirche mit ihrem<br />

alten Brauch Herr geblieben.<br />

So sollte ich als einfältiger Bauernbub<br />

von solchen Sachen hübsch<br />

still sein.<br />

Sonach beschäftigte ich mich heute<br />

mit dem, wie es ist, und nicht mit<br />

dem, wie es sein sollte.<br />

Die Weihnachtszeit hebt - wie die<br />

Weltgeschichte überhaupt - mit<br />

Adam und Eva an. Diese unsere<br />

lieben Eltern haben dem Kalender<br />

nach am 24. Dezember ihren Namenstag.<br />

Daher könnten schlechte<br />

Christen die Weihnachtsgeschenke<br />

auch so auslegen, als ob am Tage<br />

ihrer ersten Eltern, als am Erinnerungstage<br />

ihres eigenen Entstehens,<br />

die Menschheit mit Liebesgaben<br />

sich selber gratulierten. Weil ihr<br />

in der Tat zu gratulieren wäre, wenn<br />

sie sich täglich so benähme, wie<br />

am Weihnachtsabende.<br />

Die eigentliche Weihnachtsvorahnung<br />

beginnt mit dem „Nikolo“ und<br />

vollends mit der Thomasnacht, die<br />

Christnacht und die Silvesternacht<br />

sind die Nächte der fragenden<br />

Jungfrauen. In der Thomasnacht<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 3


werfen sie ihre Schuhe nach der<br />

Kammertür; bleiben die Schuhe so<br />

liegen, dass die Spitzen in die Kammer<br />

weisen, so kommt im nächsten<br />

Jahr ein Bräutigam; stehen<br />

die Schuhspitzen gegen die Tür,<br />

so kann auch einer kommen, geht<br />

aber wieder fort. In der Christnacht<br />

tragen die Jungfrauen vom Holzgelass<br />

einen Arm voll Scheiter ins<br />

Haus; sind die Scheiter paarweise,<br />

heißt das: In gerader Zahl, so wird<br />

im nächsten Jahr geheiratet. In der<br />

Neujahrsnacht endlich soll beim<br />

Bleigießen ein Figürlein die Hoffnung<br />

bestätigen. Das liebe Dirndl<br />

im Hochreithhofe! Die Schuhe<br />

versprachen ihn, die Scheiter versprachen<br />

ihn und das Blei ließ die<br />

günstige Auslegung zu. Er kam, sie<br />

saß ihm auf und - blieb sitzen. Jetzt<br />

weiß man nicht, sind die Männer<br />

nichts nutz, oder die Gebräuche!<br />

Das heilige Schauern, das am<br />

Christabend durch die Welt geht,<br />

empfindet auch der Bauer. Auch<br />

ihm wird warm. Ist‘s doch als ob an<br />

diesem Tage die Naturgesetze andere<br />

geworden wären. Fast bangt<br />

man um das Gleichgewicht der<br />

Welt, da so plötzlich alles Freude ist<br />

und überall die Charitas herrscht.<br />

Zum Glück ist der Tag bald vorüber,<br />

dem großen Feste ducken sich<br />

St. Stefan und Johannes an; der<br />

Erstere will als Erzmärtyrer an der<br />

Weihnachtsfeier Anteil haben, der<br />

Letztere beruft sich auf seine besondere<br />

Freundschaft mit dem Heiland;<br />

der erstere macht sich bei den<br />

Bauern durch sein Stefaniewasser<br />

wichtig, der Letztere weiß sich mit<br />

dem Johanneswein einzuschmeicheln<br />

- aber zu dem eigentlichen<br />

Weihnachtsgefolge gehört keiner<br />

von beiden. Erst der Unschuldige -<br />

Kindertag ist wieder echt; er bringt<br />

in den süßen Weihnachtsfrieden die<br />

schreckbare Kunde von dem Kindermassenmord<br />

<strong>des</strong> Hero<strong>des</strong>. Das<br />

Volk feiert dieses Gedächtnis durch<br />

Rutenstreiche, mit denen eins das<br />

Andere am Morgen <strong>des</strong> achtundzwanzigsten<br />

Tages im Dezember<br />

unter den Worten: „Frisch und gesund!“<br />

aus dem Bette peitscht.<br />

Nach den unschuldigen Kindern<br />

kommt ein heiliger Thomas, geborener<br />

Londoner, ein Bischof zu<br />

Kandelberg, der sich so wacker und<br />

unbiegsam den Staatsgesetzen seines<br />

Vaterlan<strong>des</strong> widersetzt hatte,<br />

dass ihn die Kirche heilig gesprochen.<br />

Unsere Bauern nennen den<br />

Mann „Thoma Windfeier“ und sagen,<br />

wenn sie an diesem Tage nicht<br />

arbeiten, so werden sie im kommenden<br />

Jahre von kalten Winden<br />

und Stürmen verschont bleiben. Sie<br />

machen daraus den fünften Weihnachtsfeiertag.<br />

Als sechster folgt einer aus dem<br />

alten Testament - ein berühmter<br />

Poet und Saitenspieler - der liebenswürdige<br />

König David. Der alte<br />

Herr hat in der Tat auch ein Recht,<br />

Weihnachtsbesuch zu machen bei<br />

dem Kinde, das ja seinem - dem<br />

Geschlechte Davids entstammt.<br />

Heiligen - Legenden und antisemitische<br />

Kalender ignorieren den Alten<br />

und protegieren an diesem Tage die<br />

heilige Witwe Melania. Von dieser<br />

Witwe steht‘s in der Hauspostille<br />

<strong>des</strong> Bauers gar schon zu lesen: Sie<br />

war eine reiche Römerin, aus Liebe<br />

zu Gott etwas störrig gegen ihren<br />

Mann, bis sie dann beide ins Kloster<br />

gingen, wo der Gatte bald starb,<br />

Melania sich jedoch den göttlichen<br />

Wissenschaften hingab und mit großer<br />

Beredsamkeit der Frauen gegen<br />

die Irrlehren kämpfte. Vor so einer<br />

muss der jüdische Harfenist freilich<br />

zurück stehen.<br />

Endlich ist Silvester da. Dieser<br />

Mann war bekanntlich römischer<br />

Papst; er hatte stark mit den Juden<br />

zu kämpfen. Ich erinnere mich<br />

an ein Geschichtlein. Eines Tages<br />

brachten die Juden einen wilden<br />

Ochsen zu ihm und sagten: Der<br />

Name ihres Gottes sei so groß und<br />

schrecklich, dass, wenn sie selben<br />

dem Ochsen ins Ohr sagten das<br />

Tier auf der Stelle tot zusammen<br />

stürzen müsse. Der Papst ließ es<br />

auf eine Probe ankommen, und in<br />

der Tat, der Ochse fiel bei der Nennung<br />

<strong>des</strong> Judengottes um und war<br />

tot. Nun sagte der Papst Silvester:<br />

„Wenn der Name eures Gottes so<br />

schrecklich ist, ein Tier zu töten, so<br />

ist der Name <strong>des</strong> meinen so mächtig,<br />

es wieder zum Leben zu erwecken.“<br />

Er rief das Wort aus - und das<br />

Tier wurde wieder lebendig.<br />

In<strong>des</strong> hat Silvester seine große Berühmtheit<br />

weniger dieser Auferweckung<br />

zu danken, als dem Umstand,<br />

dass er der Schlusswart <strong>des</strong> Jahres<br />

geworden ist. Das ist aber beziehungsweise<br />

seit kurzer Zeit; erst<br />

im Jahre 1583, also vor dreihundert<br />

Jahren, hat der gregorianische Kalender<br />

im katholischen Deutschland<br />

Eingang gefunden, wonach Silvester<br />

als Torschließer angestellt wurde<br />

und als solcher mancherlei Gratifikation<br />

bezieht.<br />

Das Neujahrsfest ist der achte in der<br />

Reihe der Weihnachtsfeiertage. An<br />

diesem Tage schiebt der Bauer seinem<br />

Vaterunser folgenden Satz an:<br />

„Wölln Gott bittn um a glückseliges<br />

neus Jahr; und dass er‘s verflossni<br />

Johr glückseli g‘schenkt hot, donksogn!“<br />

Der Kracher Martin auf der<br />

Niederlenthen ist so gottergeben<br />

zufrieden, dass er, als ihm in einem<br />

Jahr ein reicher Oheim, zwei Weiber<br />

und eine Schwiegermutter starben,<br />

in dem Satz <strong>des</strong> darauf folgenden<br />

Neujahrsgebetes: „S verflossni Johr<br />

glückseli g‘schenkt hot, donksogn‘<br />

nicht eine Silbe änderte.<br />

Nun kommen vier Werktage, die<br />

aber, weil sie noch in der Weihnachtszeit<br />

liegen, eine gewisse Ausnahmestellung<br />

genießen; es soll in<br />

denselben weder gedroschen noch<br />

gesponnen werden. Der Abend <strong>des</strong><br />

5. Jänner gebärdet sich als ob mit<br />

ihm das hohe Fest von neuem beginnen<br />

wollte. Wie am Christ - und<br />

am Silvesterabend, so geht der<br />

4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Bauer mit dem Weihrauchgefäß und<br />

dem Sprengwedel durch Haus und<br />

Hof; nur der Unterschied, dass er<br />

diesmal mit der Kreide an jede Tür<br />

und je<strong>des</strong> Tor drei Kreuze zeichnet,<br />

und auf die Türstirne seiner Stube<br />

oder den Trambaum folgende Zeichen<br />

malt: C + M + B +. Mancher,<br />

der‘s leider selber nicht kann, entlehnt<br />

sich irgendwo einen Schriftgelehrten,<br />

der ihm die „heiligen drei<br />

Könige“ aufschreibt.<br />

Mich ließ einst für dieses Geschäft<br />

unsere Nachbarin, die alte Riegelbergerin,<br />

holen; nun war im Hause<br />

ein Stück Kreide von der Größe<br />

einer Erbse, so dass ich es kaum<br />

zwischen den Fingern zu halten<br />

vermochte. Das C und das M gelangen<br />

mit Mühe, dann sprang das<br />

weiße Körnchen plötzlich ab, verkollerte<br />

sich auf dem Fletz und war<br />

nicht mehr zu finden. Was jetzt? Ich<br />

zeichnete das B mit einem Stück<br />

Holzkohle. Die Riegelbergerin erschrak,<br />

denn gerade als Schutz gegen<br />

den „Schwarzen“ hatte sie sich<br />

die heiligen Zeichen machen lassen.<br />

Fragte ich denn, ob sie diese Sache<br />

je mit besserem Schick und Sinn<br />

ausgeführt gesehen? Ob sie nie etwas<br />

davon gehört, von den heiligen<br />

drei Königen der eine der Balthasar,<br />

ein Mohr gewesen?<br />

Der Ausspruch hat mir ein Stück<br />

Kletzenbrot eingetragen; was weiter<br />

war, weiß ich nicht mehr.<br />

Wenn ihr brave Kinder wäret meine<br />

lieben Leser, ich würde euch viel<br />

Anmutiges erzählen von den heiligen<br />

drei Königen. Es sollen, sagt<br />

eine Auslegung, nicht sowohl Könige<br />

als Weise gewesen sein, aber<br />

man hat erwogen, dass man vor<br />

dem Volke mit goldschimmernden<br />

Königen mehr Ehre einlegt, als mit<br />

Weisen. Der Prophet Balaam hatte<br />

einst gesagt: Es wird aus dem<br />

Reiche Jakobs ein Stern aufgehen,<br />

und der wird einen mächtigen König<br />

bedeuten über Juden und Heiden.<br />

Hierauf stellten die Heiden Wächter<br />

auf einen Berg, den Stern zu erspähen,<br />

und diese wachten anderthalb<br />

tausend Jahre. Aber in einer Nacht,<br />

da von der Wüste der warme Hauch<br />

heranwehte und aus der Ferne das<br />

Meer rauschte, schliefen sie ein. Da<br />

ging der Stern auf. Das kündeten<br />

sie den Ländern. Und hierauf machten<br />

sich drei Könige auf den Weg,<br />

den Stern zu suchen. Es war nächtig<br />

und der Stern zuckte vor ihnen<br />

über den Erdeboden dahin, und weil<br />

sie Weise waren, so gingen sie dem<br />

neuen, unbekannten Lichte nach,<br />

Tage und Tage lang; es gesellten<br />

sich ihnen auch andere Könige und<br />

Herren bei mit großem Gefolge, bis<br />

sie in die Stadt Jerusalem kamen.<br />

In dieser Stadt sprachen sie beim<br />

Hero<strong>des</strong> vor, fragend, wo der große<br />

König sei, auf den der Stern deute?<br />

Der Judenkönig heehrte die Gäste<br />

mit Pomp und antwortete: Der<br />

große König sei er selber und einen<br />

andern kenne er nicht in diesem<br />

Lande. Sie möchten aber suchen,<br />

fänden sie einen, der größer wäre<br />

als er, so sollten sie es ihn wissen<br />

lassen, dann sei er der erste, der<br />

sich neige. Sie wanderten weiter.<br />

Der Stern glühte über die Auen<br />

dahin und stand still über einem<br />

Dache, das eine reisende Handwerksfamilie<br />

barg. Und ein Kindlein<br />

war da in der größten Armut und<br />

Bedürfnislosigkeit, und hatte helle,<br />

freundliche Augen. Die Könige,<br />

da sie müde waren und nicht mehr<br />

hoffen konnten, den Gesuchten zu<br />

finden, legten ihre besten Gaben<br />

dem Kinde hin. Aber die armen<br />

Leute sagten: „Wozu brauchen wir<br />

euer Gold, euren Weihrauch, Eure<br />

Myrrhen? Die Erde ist unser Bett,<br />

der Himmel ist unser Hut. Dieses<br />

Kind, welches so hablos ist, dass<br />

wir es auf das Heu <strong>des</strong> Rin<strong>des</strong> legen<br />

mussten, ist nicht gekommen<br />

zu empfangen, es ist gekommen zu<br />

geben.“<br />

Da flüsterten die Könige zueinander:<br />

„Wir haben ihn gefunden. Lasst<br />

es uns eilig dem Herrn Bruder melden!“<br />

Einer von ihnen, der schwarz<br />

an Farbe war, gab die Meinung ab,<br />

Hero<strong>des</strong> scheine nicht dazu angetan,<br />

sich in seinem Lande vor einem<br />

andern zu beugen. Es würde klug<br />

sein, ihm das Kind nicht zu verraten.<br />

Sie kehrten auf anderem Wege<br />

in ihre Länder zurück. Hero<strong>des</strong><br />

hatte trotzdem erfahren, dass sich<br />

unter den kleinen Kindern zu Bethlehem<br />

eines befinde, das nach der<br />

Weissagung der Juden größter König<br />

werden würde, und da es ihm<br />

nicht gelang, dasselbe herauszufinden,<br />

so ließ er in und um Bethlehem<br />

alle Knaben ermorden.<br />

Schlaft ihr? Oder weint ihr? Oder<br />

belächelt ihr den Erzähler? Ach,<br />

ihr habt die Botschaft schon allzu<br />

oft und in allzu absichtlicher Weise<br />

gehört, um die göttliche Lieblichkeit<br />

und wilde Größe, die darinnen liegt,<br />

noch zu empfinden! Von den drei<br />

wirklichen Weihnachtsfesten - der<br />

Geburt, der Beschneidung und der<br />

Erscheinung der Könige - birgt das<br />

letztere den grandiosesten Inhalt,<br />

die unbegreiflichsten Wunder. Warum<br />

kamen die mächtigsten Herren<br />

und knieten vor dem armen Kinde?<br />

Weil sie Weise waren. Als ob sie<br />

wussten, dass sich im Wohlleben<br />

und Prunk kein Gottmensch entwickeln<br />

kann, dass die Armut und die<br />

Einsamkeit und die Verlassenheit,<br />

und alles Liebe und alles Leid <strong>des</strong><br />

Volkes dazu gehört einen groß angelegten<br />

Menschen zu einem Heros<br />

und Erlöser zu machen.<br />

Wenn ich wieder einmal auf der<br />

Tenne stehen sollte und den Korngaben<br />

predigen, wie einst als<br />

zehn- bis vierzehnjähriger Junge,<br />

da ich den Strohköpfen die Weihnachtspredigten<br />

hielt, bis mir unser<br />

Knecht Markus einmal im Vertrauen<br />

mitteilte, ich sei der schönste<br />

Pfaff für die Hauskapelle in einem<br />

Narrenturm wenn ich wieder einmal<br />

so vor Strohköpfen predigen<br />

sollte (kein Mensch kann‘s wissen,<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 5


was ihm bevorsteht) ich wollte die<br />

Geschichte von den drei heiligen<br />

Königen und ihrem Stern so verwegen<br />

ausspinnen, wie ich es an<br />

dieser Stelle nicht tun darf.<br />

Am zweiten Tage nach Heiligen-<br />

Drei-König ist das Gedächtnis <strong>des</strong><br />

heiligen Erhard, der im steirischen<br />

„Mannelkalender“ mit einem Bischofsstabe<br />

und einer Holzaxt angedeutet<br />

steht.<br />

Die Legende erzählt, dass die<br />

Holzaxt das Marterwerkzeug wäre,<br />

mit welchem der heilige Bischof<br />

getötet worden sei; aber der Bauer<br />

weiß es, dass Sankt Erhard<br />

die Axt hat, um damit endlich die<br />

Weihnachtsfeiertage abzuhacken,<br />

nachdem solche mit leichten Unterbrechungen<br />

zwei volle Wochen<br />

gedauert haben. Andere Auslegungen<br />

sind, dass Erhard mit der<br />

Axt die eingeeisten Mühlräder enteisen<br />

und dann in den Wald Brennholz<br />

hacken gehen will.<br />

Und so ist Werktagzeit geworden.<br />

In der Kirche klingt die Weihnachtsstimmung<br />

noch bis Maria Lichtmess<br />

fort. Hier außen tobt der Karneval;<br />

wer nicht arbeitet und nicht<br />

betet, der mag tanzen, der Erdeboden<br />

ist eingeölt, der Himmel drückt<br />

ein Auge zu.<br />

Und mich wollen jetzt, da ich diese<br />

Betrachtung beschließe, die Profanen<br />

haben und die Frommen.<br />

Beide, um mich zu verbrennen. Ich<br />

entschlüpfe den geringen Krallen<br />

wie ein Schmetterling. Ich liebe die<br />

Blumen. Und die holde, die selige<br />

Weihnachtszeit, mit ihren heiligen<br />

Mythen, ist eine Blume mitten im<br />

Winter <strong>des</strong> Jahres und <strong>des</strong> Lebens<br />

- eine Blume, die an meinem Busen<br />

blühen möge, wenn ich freie<br />

und wenn ich sterbe. Oder weiß<br />

einer von Euch Frommen und Profanen<br />

im Himmel und auf Erden<br />

schöneres zu denken, als eine junge<br />

keusche Mutter mit dem Kinde?<br />

Als ein Kind, das mit dem Fleisch<br />

gewordenen Wort: „Tue Gutes denen,<br />

die dich hassen; liebe deinen<br />

Nächsten wie dich selbst“ die Welt<br />

erlösen will?<br />

Zweiter Teil<br />

Über der Waldlandschaft liegt eine<br />

starre, blasse Winternacht. Am<br />

Himmel steht der Mond, aber der<br />

Schnee auf den Fichtenbäumen<br />

flimmert nicht, denn der Mond und<br />

die Sterne sind durch eine matte<br />

Wolkenschicht verdeckt. In solcher<br />

Dämmerung sind die Höhenrücken<br />

und die Täler und Schluchten nur<br />

unbestimmt zu sehen, hier ragen<br />

die schwarzen Zacken der Bäume<br />

schärfer auf, weiterhin verschwimmen<br />

die Umrisse der Berge und<br />

Bäume teils in Frohlust, teils im<br />

Schleier eines sachte beginnenden<br />

Schneiens.<br />

Durch diese Nacht zittert ein Klingen.<br />

Es kommt von allen Seiten her,<br />

es ist, als ob die Schneeflocken in<br />

der Luft klängen. Es steigt von den<br />

Tälern herauf, wo Dörfer und Kirchen<br />

stehen, es sind die Glocken<br />

der heiligen Weihnacht.<br />

Welch eine wunderbare Erscheinung<br />

an diesem Tage! Wenn eines<br />

Tages am Himmel zwei Sonnen stehen,<br />

so ist das Wunder nicht größer,<br />

als jenes, das sich am Weihnachtsfeste<br />

vollzieht. Das ist ein Tag, an<br />

welchem von all den eigennützigen<br />

Menschen keiner an sich, jeder an<br />

andere denkt. Einer den andern mit<br />

Freuden zu überraschen, mit Gaben<br />

zu überhäufen, das ist das Ziel<br />

dieses Tages. Es ist kalter Winter,<br />

aber keinen friert, denn die Kerzen<br />

sind warm. Es gibt heimliche Arbeit<br />

Tag und Nacht, keiner ermüdet,<br />

keinen hungert, die Liebe zum Mitmenschen<br />

stärkt und sättigt alle. Es<br />

ist, als ob die Naturgesetze andere<br />

wären, und fast bangt man um<br />

das Gleichgewicht der Welt, da so<br />

plötzlich alles in Freude ist, da so<br />

plötzlich die Allgewalt der Charitas<br />

herrscht. Wenn ich am Morgen <strong>des</strong><br />

Weihnachtsabends erwache und<br />

mein Auge auf den Christbaum fällt,<br />

der in Erwartung der nahen Jubelstunde<br />

still auf dem weiß gedeckten<br />

Tische steht, da werden mir die Augen<br />

feucht. O Weihnachtsfest, das<br />

du die Herzen der Menschen erweckest<br />

und mit himmlischem Maienhauch<br />

die Erde zum Heiligtum<br />

wandelst, sei gegrüßt! Sei gegrüßt,<br />

du göttliches, du unbegreifliches<br />

Weihnachtsfest.<br />

Der heilige Abend und der Christtag!<br />

Zwei Tage haben wir im Jahre,<br />

an welchem die Liebe herrscht,<br />

die vor nahezu zweitausend Jahren<br />

der Heiland geoffenbart hat. Wenn<br />

je<strong>des</strong> neue Jahrtausend auch nur<br />

einen Tag der selbstlosen Liebe in<br />

das Jahr dazulegte, so brauchen wir<br />

nur mehr dreihundertdreiundsechzigtausend<br />

Jahre, bis die Erde - vorausgesetzt,<br />

dass sie so lange das<br />

Leben hat - ein Himmelreich ist.<br />

Übrigens, wenn manche Leute das,<br />

was sie für den „Himmel“ tun, ohne<br />

dass die Mitmenschen davon einen<br />

Vorteil haben, für diese Welt und<br />

ihre Bewohner üben wollten, wir<br />

kämen noch um ein Bedeuten<strong>des</strong><br />

früher zum heiß ersehnten Reiche<br />

Gottes auf Erden. -<br />

Ihr kennt die Geschichte, wie der<br />

arme Gregor hinausging in den<br />

Wald, um für seine lieben Kinder ein<br />

Christbäumchen zu holen. Dabei ergriff<br />

ihn der Förster und ließ ihn als<br />

einen Dieb und Waldfrevler sofort in<br />

den Arrest stecken. Das bürgerliche<br />

Gesetzbuch sagt, der Förster hätte<br />

recht getan. Das ist mir schon ein<br />

Verdächtiger, der immer nur aufs<br />

bürgerliche Gesetzbuch schaut und<br />

auf nichts anderes. Wir tragen ein<br />

anderes Gesetzbuch in unserem<br />

Herzen. Als ich einst in jungen<br />

Jahren aus dem Waldhause in die<br />

Fremde ging, unwissend und unerfahren,<br />

nahm mich meine Mutter an<br />

der Hand und sagte: „Peter, wenn<br />

6 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Wintersonnenwende<br />

du einmal einem anderen etwas tun<br />

willst und weißt nicht, ob‘s recht oder<br />

unrecht ist, so mache auf ein Vaterunser<br />

lang die Augen zu und denk‘,<br />

du wärest der andere.“ - Da habt ihr<br />

das Evangelium, den Katechismus<br />

und das bürgerliche Gesetzbuch in<br />

wenigen Worten beisammen.<br />

Finden denn die Weihnachtsglocken<br />

nimmer Harmonie in unserer Seele?<br />

Heute ausgelassene Schenkfreude,<br />

morgen wieder Lieblosigkeit.<br />

Wäre denn die Treue, das herzliche<br />

Anschließen <strong>des</strong> Menschen nicht<br />

selbstverständlich auf dieser Welt,<br />

wo die Elemente jede Stunde tausend<br />

Waffen gegen uns bereithalten?<br />

Wahrlich, es ist nicht klug, sich<br />

Feinde zu schaffen unter den Brüdern<br />

und hohlen Phantomen nachzujagen<br />

und Herzen zu verwunden<br />

die kurze Zeit, da wir das Sonnenlicht<br />

schauen über den Gräbern. Die<br />

Lichter am Weihnachtsbaum, sie<br />

brennen genauso feierlich ernst und<br />

still, wie jene dereinst an der Totenbahre!<br />

-<br />

Peter Rosegger, 1843 - 1918<br />

Wir befinden uns nun in der Zeit der<br />

Wintersonnenwende, der Zeit, in der<br />

das Licht der Sonne fast verblasst<br />

und die nördliche Erdhalbkugel kalt<br />

und düster geworden ist.<br />

Aber in der längsten und dunkelsten<br />

Nacht wendet sich die Sonne ihrem<br />

aufwärtsführenden Pfad zu,<br />

das Christuslicht wird wieder in der<br />

Erde geboren und die ganze Welt<br />

freut sich. Die Welle geistigen <strong>Lichts</strong><br />

und Lebens, die die Grundlage <strong>des</strong><br />

Wachstums und Fortschritts <strong>des</strong><br />

nächsten Jahres sein wird, ist nun<br />

auf ihrem Höhepunkt und hat ihre<br />

größte Stärke erreicht.<br />

Die Erde ist jetzt der Sonne am<br />

nächsten. Die geistigen <strong>Strahlen</strong><br />

fallen auf der nördlichen Erdhalbkugel<br />

im rechten Winkel auf die Erdoberfläche<br />

und fördern damit die<br />

Spiritualität, während physische Aktivitäten<br />

ruhen, da die <strong>Strahlen</strong> der<br />

physischen Sonne die Erdoberfläche<br />

in einem schrägen Winkel treffen.<br />

Es ist von großer Bedeutung für den<br />

esoterischen Schüler, dass er die<br />

besonders günstigen Bedingungen<br />

kennt und versteht, die zur Weihnachtszeit<br />

vorherrschen. So kann<br />

er in dieser Zeit all seine Energien<br />

dem geistigen Streben zuwenden<br />

und auf diese Weise eine viel größere<br />

Wegstrecke mit weniger Anstrengung<br />

zurücklegen, als zu irgendeiner<br />

anderen Zeit.<br />

Der Apostel gab uns eine wunderbare<br />

Definition der Gottheit als er<br />

sagte: „Gott ist Licht.“ Deshalb wird<br />

das „Licht“ verwendet, um in den<br />

Rosenkreuzerlehren die Wesensart<br />

<strong>des</strong> Göttlichen zu veranschaulichen,<br />

besonders das Mysterium<br />

der Dreifaltigkeit in der Einheit.<br />

In den heiligen Schriften aller Zeiten<br />

wird klar und deutlich gelehrt, dass<br />

Gott eins und unteilbar ist. Gleichzeitig<br />

stellen wir fest: gera<strong>des</strong>o wie<br />

das weiße Licht in drei Grundfarben<br />

gebrochen wird (rot, gelb und blau),<br />

so erscheint auch Gott während<br />

einer Schöpfungsphase durch das<br />

Ausüben der drei göttlichen Funktionen<br />

<strong>des</strong> Erschaffens, Bewahrens<br />

und Auflösens in einer dreifachen<br />

Rolle.<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 7


Wenn Er die Funktion <strong>des</strong> Erschaffens<br />

ausübt, erscheint Gott als Jehova,<br />

der Heilige Geist. Er ist dann<br />

der Herr <strong>des</strong> Gesetzes und der<br />

Zeugung und sendet die Fruchtbarkeit<br />

der Sonne indirekt durch<br />

die Monde aller Planeten dorthin,<br />

wo sie erforderlich ist, um Körper<br />

für die sich entwickelnden Wesen<br />

bereitzustellen.<br />

Wenn Er die Funktion <strong>des</strong> Bewahrens<br />

ausübt, um die von Jehova<br />

unter den Naturgesetzen erzeugten<br />

Körper zu erhalten, erscheint Gott<br />

als der Erlöser, Christus, und strahlt<br />

die Prinzipien der Liebe und Erneuerung<br />

direkt in jeden Planeten hinein,<br />

wo die Geschöpfe Jehovas<br />

diese Hilfe benötigen, um sich aus<br />

der Verstrickung der Sterblichkeit<br />

und <strong>des</strong> Egoismus entwinden zu<br />

können, damit sie Altruismus und<br />

ewiges Leben erlangen.<br />

Wenn Gott die göttliche Funktion<br />

<strong>des</strong> Auflösens ausübt, erscheint<br />

Er als der Vater, der uns in unsere<br />

himmlische Heimat zurückruft, um<br />

die Früchte der Erfahrung und <strong>des</strong><br />

Seelenwachstums zu assimilieren,<br />

die wir während <strong>des</strong> Schöpfungstages<br />

aufgespeichert haben. Die<br />

universelle Auflösung, der Strahl<br />

<strong>des</strong> Vaters, geht dann von der unsichtbaren,<br />

geistigen Sonne aus.<br />

Diese göttlichen Vorgänge der<br />

Schöpfung und Geburt, der Bewahrung<br />

und <strong>des</strong> Lebens, der<br />

Auflösung, <strong>des</strong> To<strong>des</strong> und der<br />

Rückkehr zum Urheber unseres<br />

Daseins, sehen wir überall um uns<br />

herum, und wir erkennen, dass sie<br />

Tätigkeiten <strong>des</strong> Dreieinigen Gottes<br />

in der Schöpfung sind.<br />

In der geistigen Welt gibt es keine<br />

festgeschriebenen Ereignisse, keine<br />

gleichbleibenden Bedingungen!<br />

Anfang und Ende aller Zeiten im<br />

ewigen „Hier“ und „Jetzt“ sind immer<br />

gegenwärtig.<br />

Aus dem Herzen <strong>des</strong> Vaters strömt<br />

immerwährend der Same der Dinge<br />

und Ereignisse und betritt den Bereich<br />

von „Zeit“ und „Raum“. Dort<br />

kristallisiert er allmählich und wird<br />

träge, was schließlich seine Auflösung<br />

erforderlich macht, damit für<br />

andere Dinge und Ereignisse Raum<br />

geschaffen wird.<br />

Vor diesem kosmischen Gesetz gibt<br />

es kein Entrinnen. Das gilt für alles<br />

im Bereich von „Zeit“ und „Raum“,<br />

den Christusstrahl eingeschlossen.<br />

Wie der See, der sich in den Ozean<br />

ergießt, wieder aufgefüllt wird, wenn<br />

das Wasser, das ihn verlassen hat,<br />

verdunstet ist und als Regen zu ihm<br />

zurückkehrt, um erneut endlos dem<br />

Meer zuzufließen, so wird der Geist<br />

der Liebe ewig aus dem Vater geboren,<br />

Tag für Tag, Stunde für Stunde,<br />

endlos in das Universum unseres<br />

Sonnensystems fließend, um uns<br />

von der Welt der Materie zu erlösen,<br />

die uns in ihren To<strong>des</strong>griff verstrickt.<br />

Welle um Welle wird so von der<br />

Sonne aus zu allen Planeten gesandt,<br />

um den sich dort entwickelnden<br />

Wesen einen rhythmischen Impuls<br />

zu geben.<br />

Und so ist es wirklich im wahrsten<br />

Sinne <strong>des</strong> Wortes ein neugeborener<br />

Christus, den wir bei jedem nahenden<br />

Weihnachtsfest begrüßen,<br />

und Weihnachten ist das wichtigste<br />

jährliche Ereignis für die ganze<br />

Menschheit, ob wir uns <strong>des</strong>sen bewusst<br />

sind oder nicht. Es ist nicht<br />

nur das Gedenken an die Geburt<br />

unseres geliebten Älteren Bruders<br />

Jesus, sondern die Ankunft - der Advent<br />

- der verjüngenden Lebenskraft<br />

aus der Liebe unseres Himmlischen<br />

Vaters, die von Ihm ausgesandt wird,<br />

um die Welt aus dem winterlichen<br />

To<strong>des</strong>griff zu erlösen. Ohne diesen<br />

neuen Zustrom göttlichen Lebens<br />

und göttlicher Energie müssten wir<br />

bald physisch zugrunde gehen, und<br />

unser ordnungsgemäßer Fortschritt<br />

würde vereitelt werden, soweit es<br />

unsere gegenwärtigen Entwicklungslinien<br />

betrifft.<br />

Doch endlos quillt die göttliche Liebe<br />

hervor. Wie ein Vater seine Kinder<br />

liebt, so liebt uns unser Himmlischer<br />

Vater; denn Er kennt unsere<br />

physische und spirituelle Schwäche<br />

und Abhängigkeit. Deshalb erwarten<br />

wir jetzt voll Vertrauen die mystische<br />

Geburt <strong>des</strong> Christus <strong>des</strong><br />

nächsten Jahres, der beladen mit<br />

neuem Leben und neuer Liebe vom<br />

Vater gesandt wird, um uns vor der<br />

physischen und geistigen Hungersnot<br />

zu bewahren, die folgen würde,<br />

wenn es das jährliche Liebesopfer<br />

nicht gäbe.<br />

Mit der Zeit wird die ganze Welt erkennen,<br />

dass „Gott“ Geist ist und im<br />

Geist und in der Wahrheit angebetet<br />

werden soll.<br />

Wir können uns kein Bild von Ihm<br />

machen, das Ihn beschreiben<br />

könnte, denn Er gleicht nichts im<br />

Himmel und auf Erden.<br />

Wir können die physischen Träger<br />

Jehovas sehen, die als Monde um<br />

die verschiedenen Planeten kreisen.<br />

Wir können auch die Sonne<br />

sehen, die der sichtbare Träger<br />

<strong>des</strong> Christus ist. Aber die unsichtbare<br />

Sonne, die der Träger <strong>des</strong> Vaters<br />

und die Quelle von allem ist,<br />

erscheint auch dem größten der<br />

menschlichen Seher nur als die höhere<br />

Oktave der Photosphäre der<br />

Sonne, als ein Ring von blau-violettem<br />

Glanz hinter der Sonne.<br />

Aber wir brauchen Ihn nicht zu sehen.<br />

Wir können Seine Liebe fühlen,<br />

und dieses Gefühl ist nie so<br />

stark wie zur Weihnachtszeit, wenn<br />

8 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Er uns das größte aller Geschenke<br />

gibt, den Christus <strong>des</strong> Neuen Jahres.<br />

Von der physischen Sonne kommt<br />

je<strong>des</strong> Teilchen physischer Energie.<br />

Von der geistigen, unsichtbaren<br />

Sonne kommt unsere gesamte spirituelle<br />

Energie.<br />

Gegenwärtig können wir es nicht<br />

ertragen, direkt in die Sonne zu sehen.<br />

Wir würden erblinden. Aber wir<br />

können in das reflektierte Sonnenlicht<br />

sehen, das vom Mond kommt.<br />

In gleicher Weise können wir dem<br />

direkten spirituellen Impuls, der<br />

von der Sonne kommt, nicht standhalten.<br />

Deshalb musste er über den<br />

Mond zu uns geschickt werden,<br />

durch die Hände und die Mittlerschaft<br />

Jehovas, <strong>des</strong> Regenten <strong>des</strong><br />

Mon<strong>des</strong>, als Religionen für die verschiedenen<br />

Menschen.<br />

Nur durch die Einweihung war es<br />

möglich, in direkten Kontakt mit<br />

dem spirituellen Sonnenimpuls zu<br />

kommen, denn ein Vorhang hing vor<br />

dem Tempel.<br />

So war es bei den Weisen - denjenigen,<br />

die über der gewöhnlichen<br />

Menschheit stehen - der Brauch,<br />

in der Heiligen Nacht, die wir Weihnacht<br />

nennen, diejenigen, die im Begriff<br />

waren, ebenfalls weise zu werden,<br />

und daher einen Anspruch auf<br />

die Einweihung hatten, in die Tempel<br />

zu rufen. Es wurden bestimmte<br />

Zeremonien ausgeübt mit denen die<br />

Kandidaten eingeführt wurden.<br />

In Vorzeiten konnte ihnen keine Einweihung<br />

im vollen Wachzustand gegeben<br />

werden. Sie musste in Trance<br />

erfolgen.<br />

Wenn das geistige Wahrnehmungsvermögen<br />

dann in ihnen erweckt<br />

war, konnten sie durch die Erde<br />

hindurchsehen - sie sahen keine<br />

Details, aber die Erde wurde gewissermaßen<br />

transparent - und sie sahen<br />

den Mittemachtsstern. Später<br />

konnte der Mensch den spirituellen<br />

Impuls direkter aufnehmen.<br />

Als die Zeit gekommen war und wir<br />

uns so weit entwickelt hatten, dass<br />

der Christusgeist auf unserer Erde<br />

aufgenommen werden konnte, inkarnierte<br />

sich ein Strahl <strong>des</strong> kosmischen<br />

Christus in dem Körper<br />

unseres Älteren Bruders Jesus. Der<br />

Christusgeist ist damit das erste<br />

Einströmen eines direkten spirituellen<br />

Impulses.<br />

Exoterisch betrachtet wird die Sonne<br />

schon seit undenklichen Zeiten<br />

als Spender <strong>des</strong> Lebens verehrt,<br />

weil der größte Teil der Menschheit<br />

nicht imstande war, hinter dem<br />

materiellen Symbol eine große geistige<br />

Wahrheit zu erblicken. Aber<br />

außer denen, die den Himmelskörper<br />

verehrten, den man mit dem<br />

physischen Auge sieht, gab und<br />

gibt es auch heute eine kleine,<br />

aber anwachsende Minderheit, eine<br />

Priesterschaft, die ihre Weihe mehr<br />

durch Rechtschaffenheit als durch<br />

Riten erfährt. Sie sah und sieht die<br />

ewigen geistigen Wahrheiten hinter<br />

den zeitweiligen und vergänglichen<br />

Formen, die diese Wahrheiten in<br />

die wechselnden Gewänder von Zeremonien<br />

kleiden, den Zeiten und<br />

Menschen entsprechend, denen sie<br />

ursprünglich gegeben wurden. Für<br />

sie erstrahlt der legendäre Stern von<br />

Bethlehem je<strong>des</strong> Jahr als mystische<br />

Mittemachtssonne, die zur Wintersonnenwende<br />

in unseren Planeten<br />

eintritt und dann beginnt, vom Mittelpunkt<br />

unseres Globus aus Leben,<br />

Licht und Liebe, die drei göttlichen<br />

Eigenschaften, auszustrahlen.<br />

Diese <strong>Strahlen</strong> spiritueller Herrlichkeit<br />

und Macht erfüllen unseren<br />

Globus mit einem übernatürlichen<br />

Licht, das jeden Menschen auf Erden<br />

umhüllt, vom geringsten bis<br />

zum bedeutendsten, ohne Ansehen<br />

der Person.<br />

Zu der Zeit, wenn die Tage am kürzesten<br />

und die Nächte am längsten<br />

sind, in jener Heiligen Nacht, wie<br />

wir sie nennen, wenn Christus als<br />

eine Sonne geboren wird, um unsere<br />

Finsternis zu erhellen, ist der spirituelle<br />

Einfluss am stärksten und<br />

am leichtesten erreichbar.<br />

Diese große Wahrheit lag dem Erscheinen<br />

<strong>des</strong> Sterns in der Heiligen<br />

Nacht zugrunde, der die längste<br />

und dunkelste Nacht <strong>des</strong> Jahres<br />

erhellte.<br />

Als Christus kam, veränderte Er<br />

die Schwingungen der Erde, und<br />

Er verändert sie die ganze Zeit hindurch<br />

immer noch.<br />

Er „zerriss den Tempelvorhang“. Er<br />

öffnete das Allerheiligste - die Einweihungsstätte<br />

- für „jeden, der eintreten<br />

will“.<br />

Seit jener Zeit bedarf es keiner<br />

Trance mehr, keines außergewöhnlichen<br />

Zustan<strong>des</strong> mehr, um durch<br />

die Einweihung zu gehen. Der Tempel<br />

kann bewusst betreten werden,<br />

von jedem, der kommen möchte.<br />

Im Rosenkreuzer-Orden beschäftigen<br />

sich die neun kleineren Mysterien<br />

(oder kleineren Einweihungen),<br />

nur mit der Menschheitsevolution<br />

während der Erdperiode. Dabei<br />

führt der 5. Grad den Kandidaten<br />

ganz an das Ende der Erdperiode,<br />

wenn eine herrliche Menschheit die<br />

Früchte dieser Periode sammeln<br />

und sie von den 7 Globen, auf denen<br />

wir uns während eines jeden<br />

Schöpfungstages entwickeln, auf<br />

den ersten der 5 dunklen Globen<br />

übertragen wird, die während der<br />

kosmischen Nacht unsere Wohnstatt<br />

sind.<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 9


Nachdem ihm im 5. Grad das Ende<br />

der Erdperiode gezeigt wurde, wird<br />

der Kandidat mit den Mitteln vertraut<br />

gemacht, durch die dieses<br />

Ziel im Verlauf der verbleibenden<br />

dreieinhalb Kreisläufe der Erdperiode<br />

erreicht werden kann.<br />

Corinne Heline<br />

Die restlichen 4 Grade sind seiner<br />

Erleuchtung in dieser Beziehung<br />

gewidmet.<br />

Der 9. oder letzte dieser Grade<br />

wird bei den Sommer- und Wintersonnenwenden<br />

gefeiert, wobei<br />

der Kandidat zu diesem Zeitpunkt<br />

Zutritt zu allen Schichten der Erde<br />

erlangt hat.<br />

Das ist die große Bestimmung, die<br />

jeder von uns vor sich hat.<br />

Christus sagte zu Seinen Jüngern:<br />

„Wer an mich glaubt, wird die<br />

Werke vollbringen, die ich tue . . .<br />

und noch größere.“<br />

Es ist eine erhabene Tatsache,<br />

dass wir Christusse im Werden<br />

sind, und je eher wir erkennen,<br />

dass wir den Christus in uns entwickeln<br />

müssen, bevor wir den Christus<br />

außen wahrnehmen können,<br />

<strong>des</strong>to schneller werden wir den Tag<br />

unserer geistigen Erleuchtung herbeiführen.<br />

Jeder wird zur rechten Zeit durch<br />

den Stern zu Christus geführt. Aber<br />

es muss ausdrücklich betont werden:<br />

Nicht zu einem äußeren Christus,<br />

sondern zu dem Christus, der<br />

in uns ist.<br />

Und wäre Christus tausendmal zu<br />

Bethlehem geboren und nicht in<br />

uns, ginge unsere Seele dennoch<br />

in uns verloren.<br />

***<br />

Corinne Heline (Atlanta, Georgia,<br />

18. August 1882-1975) war eine<br />

amerikanische Schriftstellerin,<br />

christliche Mystikerin und Okkultistin.<br />

Sie erhielt eine klassische und<br />

religiöse Erziehung und war ein<br />

Leben lang Studentin der alten<br />

Mysterien. Max Heindel wurde ihr<br />

Lehrer auf Mount Ecclesia. An diesem<br />

heiligen Ort traf sie auch ihren<br />

späteren Mann, Theodore Heline.<br />

Ihr monumentales Werk, „The New<br />

Age Bible Interpretation“, umfasst<br />

sieben Bände. Es folgten noch<br />

viele andere Werke der Interpretation<br />

der „alten Weisheiten“.<br />

Sie ist weltweit bekannt unter den<br />

Studierenden der Esoterik und <strong>des</strong><br />

Okkultismus und gilt als Pionier im<br />

Hinblick auf das kommende Wassermann-Zeitalter.<br />

10 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Farbe und Musik im<br />

Neuen Zeitalter<br />

Corinne Heline<br />

Steinbock<br />

Januar<br />

Steinbock ist ein geheimnisvolles,<br />

mysteriöses Zeichen mit erheblichen<br />

Tiefen und unbegrenzten<br />

Kräften. Seine sogenannten „Farben“<br />

sind SCHWARZ und WEISS.<br />

In ihnen vermischt sich das Mysterium<br />

der dunkelsten Nacht und der<br />

Glorienschein <strong>des</strong> übernatürlichen<br />

Lichtes.<br />

Nur wenige und ganz besonders<br />

Auserwählte, die als würdig erachtet<br />

wurden, sind Jene, die zu dieser<br />

hoch segensreichen Zeit die „Brücke<br />

der Finsternis“ überschreiten<br />

und kraft <strong>des</strong> „Gewaltigen Rituals“<br />

die Herrlichkeit <strong>des</strong> neugeborenen<br />

Christus erfahren.<br />

Die Arbeit von Herkules im Zeichen<br />

Steinbock* war, in den Ha<strong>des</strong><br />

hinunter zu steigen und das Cerebus-Monster<br />

gefangen zu nehmen.<br />

Allerdings wurde er auf seiner gefährlichen<br />

Reise von Minerva und<br />

Merkur (Athene und Hermes) begleitet.<br />

Bedeutung: Jeder Aspirant<br />

muss diese besagte „Brücke der<br />

Finsternis“ überqueren bevor er<br />

im Strahlungsbereich <strong>des</strong> Großen<br />

Weißen Lichtes zu stehen vermag<br />

– doch im Kampf mit dem Monster<br />

(seinem Selbst) befindet er sich immer<br />

unter dem Schutze von Minerva<br />

und Merkur, womit seine auf vielen<br />

Erdenwanderungen gesammelte<br />

Seelenweisheit gemeint ist.<br />

Steinbock ist das Domizil der ERZ-<br />

ENGEL. Ihr Haupt ist die erzengelische,<br />

von einer strahlenden Glorie<br />

umgebene Wesenheit: CHRISTUS.<br />

Neben ihm stehen noch weitere vier<br />

gewaltige Sternengel, die Zweithöchsten<br />

was Macht und Majestät<br />

anbelangt. Sie sind es, die die Torwege<br />

zu den vier Heiligen Jahreszeiten<br />

bewachen - den Äquinoktien<br />

und Sonnenwenden.<br />

Einer dieser Erzengel ist Gabriel,<br />

der im Dienst der Liebe und <strong>des</strong><br />

Mitgefühls steht. Er wacht über die<br />

Wintersonnenwende. Sein reines<br />

weißes Licht gießt sich über die Heilige<br />

Nacht aus und sein verständnisvolles<br />

Wesen umgibt alle „Erdenmütter“<br />

- auch die zukünftigen.<br />

Er war der Beschützer und Lehrer<br />

im irdischen Lebenslauf der weltlich<br />

vollendeten Mutter: Die Jungfrau<br />

Maria. Von ihm wurde sie durch das<br />

Mysterium und die Herrlichkeit ihrer<br />

engelgleichen Einweihung geführt<br />

und wurde hernach als „Königin<br />

der Engel und Menschen“ begrüßt.<br />

Selbst in seinem höchsten Aspekt<br />

ist SCHWARZ nicht als negativ<br />

einzustufen. Es deutet auf etwas<br />

Verborgenes hin – auf Etwas, das<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 11


ohne Form und Gestalt ist und von<br />

innen heraus wirkt, unbemerkt und<br />

unsichtbar.<br />

Der gewaltige, kraftgeladene weiße<br />

Strahl ist nicht auf physische<br />

Heilung ausgerichtet. Sein fokussiertes<br />

Zentrum im menschlichen<br />

Körpertempel ist die höchste Stelle<br />

<strong>des</strong> Kopfes – der Scheitel. Die Zirbeldrüse<br />

wird von <strong>des</strong>sen Kräften<br />

durchströmt, und die Erweckung<br />

dieses Zentrums mittels <strong>des</strong> weißen<br />

Strahles ermöglicht es dem<br />

Aspiranten, den eigentlichen Sinn<br />

der Worte <strong>des</strong> Heiligen Paulus zu<br />

verstehen: „Bis Christus in uns Gestalt<br />

annimmt“.<br />

Sobald jenes Zentrum und die ihm<br />

zugeordnete Polarität, die Hypophyse,<br />

zu leuchten beginnen, repräsentieren<br />

sie auf symbolische<br />

Weise die positiven und negativen<br />

Kräfte von Josef und Maria; und<br />

jene Brücke (Ponsvaroli), die diese<br />

beiden Drüsen miteinander verbindet,<br />

ist der Ausdruck einer wahrhaftigen<br />

„Krippe <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong>“. Ein<br />

inneres Erwecken – ein bewusstes<br />

Erwachen – wird vom Aspiranten<br />

wahrgenommen: Die Geburt Christi<br />

in ihm selbst – die hoch geistige<br />

Zeit der Wintersonnenwende hat<br />

sich zur wirklichen „Heiligen Nacht“<br />

gewandelt.<br />

Die frühen Rosenkreuzer lehrten<br />

ihre Schüler wie sie sich und andere<br />

Menschen mit dem weißen Licht<br />

zu ihrem eigenen Schutz umgeben<br />

können. Es gibt kein größeres Geschenk,<br />

das wir unseren Lieben zukommen<br />

lassen können, als sie in<br />

eine solche Schutzaura <strong>des</strong> Wohlbefindens<br />

und Wohlergehens zu<br />

hüllen.<br />

Anmerkung von Hannelore Jurthe:<br />

*Die Entführung <strong>des</strong> Unterwelthun<strong>des</strong><br />

Ceberus, den Herakles<br />

im Ringkampf bezwingt, vor Eurystheus<br />

schleppt, um ihn darauf<br />

wieder in den Ha<strong>des</strong> zu bringen.<br />

GEGENWART UND ABWESENHEIT<br />

DER FARBEN<br />

J.W. GOETHE, wohl der Welt<br />

kenntnisreichster Wissenschaftler<br />

auf dem Gebiete der Farbenlehre,<br />

war der Meinung, dass Farben das<br />

Ergebnis einer Mischung aus Dunkelheit<br />

und Licht – von schwarz<br />

und weiß – wären. Um dies zu beweisen,<br />

schlug er ein Experiment<br />

vor: Ein Stück weißes Papier wird<br />

auf einen schwarzen Hintergrund<br />

gelegt und durch ein Prisma betrachtet.<br />

So gesehen erscheinen die<br />

Farben nicht auf dem weißen Papier,<br />

sondern entlang den Rändern,<br />

wo Schwarz und Weiß zusammentreffen.<br />

Das Farbschema <strong>des</strong> Neuen Zeitalters<br />

wird wesentlich mehr zu<br />

bieten haben als das traditionelle<br />

Newton‘sche Spektrum. Jene, von<br />

J.W. Goethe erwähnte Pfirsichblütenfarbe,<br />

hat bereits bildhaften Eingang<br />

gefunden. Purpur, wie auch<br />

die pfirsichblütene Farbnuance,<br />

lassen sich nicht im Newton‘schen<br />

Spektrum finden, obwohl visionäre<br />

Künstler und farbensensitive Personen<br />

feststellten, dass Schatten<br />

und Dunkelheit in Schwingung mit<br />

den Farben <strong>des</strong> höheren Bereichs<br />

der Regenbogenskala sind - von<br />

Blau bis hin zu Violett und weiter zu<br />

Purpur, was im Dunkeln zu sehen<br />

ist.<br />

Schwarz und Weiß kennzeichnen<br />

in Wirklichkeit den Inbegriff kreativer-schöpferischer<br />

Tätigkeit.<br />

Weiß repräsentiert das maskuline<br />

oder Vater-Prinzip, das sich als die<br />

göttliche Lebensessenz offenbart<br />

– Schwarz steht für das Weibliche<br />

oder die Formseite <strong>des</strong> Lebens.<br />

Die Lebensessenz benötigt die<br />

Form, durch welche sie sich manifestiert,<br />

um auf der physischen Ebene<br />

sichtbar zu werden. Dieses feminine<br />

Prinzip beschreibt der Apostel Johannes<br />

als den „LOGOS“ oder das<br />

„WORT“. Im ersten Kapitel seines<br />

Evangeliums befindet sich wohl die<br />

am besten ausgedrückte Formulierung<br />

und Erklärung der Schöpfung,<br />

welche die Welt jemals erhalten hat.<br />

Im Anfang war das Wort<br />

und das Wort war bei Gott<br />

und das Wort war Gott.<br />

Im Anfang war es bei Gott.<br />

Alles ist durch das Wort geworden<br />

und ohne das Wort wurde<br />

nichts, was geworden ist.<br />

12 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


ALLE FARBEN UND KEINE FARBEN<br />

IM SYMBOLISMUS<br />

(Tarot – Arkanum I ) (Tarot – Arkanum II ) (Tarot – Arkanum XXII ) (Tarot – Arkanum XVII )<br />

Der Pfad der Weisheit ist deutlich<br />

aufgezeigt in den ägyptischen<br />

Mysterien durch eine Reihe symbolischer<br />

Bilder. Die spirituelle<br />

Erleuchtung und der in ihnen verborgene<br />

Sinn ist so tiefgründig, umfassend<br />

und bedeutend, dass diese<br />

Bilder weder einer bestimmten Zeitperiode<br />

noch irgendeiner Rasse<br />

oder Religion angehören oder zugeordnet<br />

werden können, aber für jeden<br />

aufrichtigen Wahrheitssuchenden<br />

immer und überall greifbar sind.<br />

Eines dieser alten symbolischen Bilder<br />

zeigt einen in weiß gekleideten<br />

Hohen Priester – das Zeichen der<br />

Reinheit. Sein Haupt wie Gold glänzend<br />

– ein Ausdruck seines hohen<br />

Stan<strong>des</strong> und geistiger Errungenschaft.<br />

Er hält in der einen Hand ein<br />

Zepter gen Himmel gerichtet, mit<br />

der anderen macht er eine Geste<br />

zur Erde hin.<br />

Die symbolische Aussage lautet:<br />

Dieser Mensch ist darum bemüht,<br />

sich zum Himmel zu erheben, doch<br />

muss er gleichzeitig auch jene stofflich-materielle<br />

Welt unter ihm überwinden.<br />

Seine Taille ist von einem Gürtel in<br />

Form einer Schlange umschlungen,<br />

die sich in den eigenen Schwanz<br />

beißt. Es ist ein Ewigkeitszeichen,<br />

denn der Hohe Priester vertritt das<br />

maskuline oder Vater-Prinzip der<br />

Schöpfung.<br />

Ein weiteres verschlüsseltes Bild<br />

zeigt eine Hohe Priesterin auf einem<br />

Throne sitzend, der zwischen zwei<br />

Säulen steht – einer weißen und einer<br />

schwarzen.<br />

Das Gesicht ist zur Hälfte von einem<br />

dunklen Schleier bedeckt – ein Hinweis<br />

auf das geheimnisvolle, tief<br />

verborgene Werk, welches sich auf<br />

das weibliche Prinzip bezieht und<br />

immer mit der schöpferischen Phase<br />

verbunden ist.<br />

Ihre Brust ziert ein Sonnenkreuz<br />

- das Symbol der universellen<br />

Schöpfungskraft.<br />

Auf den Knien liegt eine geöffnete<br />

Papyrusrolle, die zum Teil von<br />

ihrem Mantel bedeckt wird - ein<br />

Fingerzeig, dass die erhabensten<br />

Lehren vor all jenen Menschen geschützt<br />

und ferngehalten werden<br />

sollen, die es nicht wert oder noch<br />

nicht reif genug dafür sind, sie zu<br />

erhalten.<br />

Ein anderes Bildsymbol ist das jenes<br />

Menschen, der sich auf einen<br />

Abgrund hinzu bewegt, wo ein<br />

großes Krokodil mit aufgerissenem<br />

Maul bereits darauf wartet, ihn zu<br />

verschlingen.<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 13


Ein schwerer Sack hängt über seiner<br />

Schulter und drückt ihn nieder!<br />

Es sind seine karmischen Schulden,<br />

die er mit sich herum schleppt<br />

und die aus vergangenen Erdenleben<br />

her stammen. Doch über ihm<br />

zeigt sich die Sonne in Verbindung<br />

mit einer partiellen Finsternis – halb<br />

im Licht – halb verdunkelt.<br />

Dieses Bild beschreibt den Zustand<br />

der Menschheit unserer Tage:<br />

Beladen mit Schmerz, geplagt von<br />

Armut, Leid und Sorgen – blind und<br />

unwissend steuert sie auf ihr wahrscheinliches<br />

Verderben hin.<br />

Doch muss sie nicht zu solch<br />

einem Ende kommen!<br />

den noch immer andauernden verwirrten,<br />

widersprüchlichen Zustand<br />

gestürzt wurde.<br />

Vollkommene Ausgewogenheit zwischen<br />

diesen beiden Kräften ist bekannt<br />

als POLARITÄT. Und sobald<br />

diese Balance hergestellt ist, ist die<br />

Menschheit im Stande, eine Neue<br />

Erde und einen Neuen Himmel zu<br />

erschaffen. Es wurde mehrfach betont,<br />

dass die Antwort auf die jahrhundert<br />

alte Frage: „Was ist die<br />

Wahrheit?“ in dem Begriff „POLA-<br />

RITÄT“ enthalten ist.<br />

Die Schriftstellerin L. Adams Beck,<br />

die eine äußerst magische Feder<br />

führte, unterstreicht diese Behauptung:<br />

„ ... und als ich in Schlaf fiel<br />

träumte ich jene Geschichte in klaren<br />

Umrissen, bis sie sich schließlich<br />

in meinem Kopfe zu einem Bilde<br />

formte - ein Mann und eine Frau,<br />

so wie sie erschaffen wurden. Die<br />

Geschichte hatte aber kein Ende,<br />

wie konnte das sein? - - - Es<br />

kann solange kein Ende geben,<br />

bis in irgendeinem trüben, schattenhaften<br />

Himmel aller Himmel das<br />

Geschlecht aufhört zu sein und der<br />

lange Kampf der Dualität in Einheit<br />

endet“.<br />

Vermutlich das schönste, ausdrucksvollste<br />

dieser Piktogramme<br />

ist das <strong>des</strong> jungen Mädchens. Mit<br />

einem Fuß steht es auf dem Grund<br />

eines Gewässers, worin sich alles<br />

Licht widerspiegelt – der andere<br />

Fuß verbleibt auf dem festen Land,<br />

das von Finsternis umhüllte Erdenreich.<br />

In jeder Hand hält das Mädchen<br />

einen Krug – das Symbol der<br />

Liebe, <strong>des</strong> Wohlwollens, <strong>des</strong> Segens<br />

- und all das gießt sie auf die<br />

Welt aus. Über ihrem Kopf leuchtet<br />

ein 8-facher strahlender Stern. In<br />

ihm sind zwei Pyramiden abgebildet<br />

– eine weiße und eine schwarze,<br />

wobei die letztere mit der Spitze<br />

nach unten zeigt, was sowohl Zerfall<br />

und Auflösung andeutet wie auch<br />

die Übertragung ihrer Kräfte auf die<br />

im ewigen Lichte erstrahlende weiße<br />

Pyramide.<br />

Diese Gestalt ist die Andeutung<br />

<strong>des</strong> Geistes <strong>des</strong> Neuen Wunder<br />

wirkenden Zeitalters, das einmal<br />

sein wird – unvorstellbar, noch nicht<br />

einmal als Traumbild existierend, für<br />

den gegenwärtigen menschlichen<br />

Zeitgeist.<br />

DIE ENTDECKUNG<br />

EINES NEUEN PLANETEN<br />

Sobald der Mensch genügend weise<br />

und zur Einsicht gekommen ist,<br />

um in sich selbst ein harmonisches<br />

Zusammenwirken maskuliner und<br />

femininer Prinzipien zu verwirklichen<br />

– ausgedrückt in Schwarz<br />

und Weiß, dann erwartet ihn ein<br />

überaus reiches Leben.<br />

Gegenwärtig ist es die disharmonische<br />

Beziehung dieser beiden<br />

Prinzipien, wodurch die Welt in<br />

Die Entdeckung eines neuen Planeten<br />

wird die Ankunft <strong>des</strong> erwähnten<br />

Neuen Zeitalters ankündigen.<br />

Seine Umlaufbahn (Orbit) liegt<br />

zwischen der Umlaufbahn von Merkur<br />

und Sonne.<br />

Durch das Sichtbarwerden und den<br />

Enthüllungen von Uranus, Neptun<br />

und Pluto wurde ein enormer Wandel<br />

erheblichen Ausmaßes in der<br />

jetzt zu Ende gehenden Ära ausge-<br />

löst. Die Auswirkungen zeigten sich<br />

im gesamten Lebensstil der Menschen,<br />

in ihren veränderten Denkund<br />

Verhaltensweisen, in Tradition<br />

und Brauchtum. Und in der gleichen<br />

Weise wird die Entdeckung dieses<br />

neuen Planeten atemberaubende<br />

Wunder im Ablauf <strong>des</strong> kommenden<br />

Zyklus ans Tageslicht bringen.<br />

Diese Tatsache wird symbolisch<br />

dargestellt durch die neben dem<br />

14 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Mädchen stehende Blume mit drei<br />

voll geöffneten Blüten und dem darüber<br />

schwebenden Schmetterling<br />

mit weit ausgebreiteten Flügeln.<br />

Die Abbildung <strong>des</strong> Schmetterlings<br />

weist auf den noch in der Zukunft<br />

liegenden glorreichen Tag hin, an<br />

dem der dicht-stoffliche Körper <strong>des</strong><br />

Menschen kein Gefängnis seines<br />

Geistes mehr sein wird, sondern<br />

lediglich ein Werkzeug, ein Instrument,<br />

das es dem Geist ermöglicht,<br />

in einen neuen Kreislauf seiner Erkundungen<br />

der unermesslichen Regionen<br />

<strong>des</strong> Himmels und der Erde<br />

einzutauchen.<br />

DAS DRAMA DES<br />

GEGENSATZES – DES KONTRASTES<br />

(Solis Splendor Tafel 8)<br />

Es liegt wahrhaftig ein wunderbar,<br />

gewaltig anhaften<strong>des</strong> Mysterium in<br />

Schwarz und Weiß verborgen, das<br />

an die tiefsten Geheimnisse <strong>des</strong><br />

Universums rührt. Das Wissen um<br />

dieses Mysterium erschließt neue<br />

Bewusstseinsebenen und erlaubt<br />

den erwachten Seelen von Morgen,<br />

Wanderer zwischen den Sternen<br />

zu werden. Die Alchemisten der<br />

Frühzeit gaben viele Lehren weiter,<br />

was die gegensätzlichen Kräfte<br />

von Schwarz und Weiß betraf, wie<br />

auch die sich aus deren Fusion ergebenden<br />

Resultate. Gewöhnlich<br />

wurden solche Belehrungen anhand<br />

von Allegorien und Parabeln<br />

verständlich gemacht.<br />

Das Medium der Übermittlung jenes<br />

verborgenen Mysteriums von Weiß<br />

und Schwarz ist eindrucksvoll beschrieben<br />

in einer 1542 veröffentlichen<br />

mittelalterlichen Abhandlung<br />

mit dem Titel „Solis Splendor“ - „Der<br />

Glanz der Sonne“ oder „Das Licht<br />

der Welt“. Zitat: „Der Geist löst den<br />

Körper auf und während dieses<br />

Auflösungsprozesses extrahiert der<br />

Geist die Seele aus dem Körper<br />

und verwandelt den Körper in Seele.<br />

Die Seele wird dann dem Geist<br />

einverleibt und der Geist wird erneut<br />

dem Körper hinzugefügt, wodurch<br />

dieser an Stabilität und durch<br />

die Kraft <strong>des</strong> Geistes mehr an Geistigkeit<br />

gewinnt. Es ist das, was die<br />

Philosophen durch die Abbildung<br />

oder Gestalt zu verstehen geben“.<br />

Es zeigt einen schwarzen Mann,<br />

der bis zur Hälfte im Sumpf steht<br />

- ein symbolischer Ausdruck seiner<br />

unerlösten Persönlichkeit. Zu<br />

seiner Rettung erscheint ein wunderbar<br />

anzuschauen<strong>des</strong> weißes<br />

Mädchen - eine Darstellung der<br />

sinnlich umgewandelten Natur in<br />

einem geläuterten Lichtkörper. Ihr<br />

strahlen<strong>des</strong> Geistwesen wird in<br />

alchemistischen Werken mitunter<br />

als „die Freisetzung der Frau“ oder<br />

das „Erhöhte Weibliche“ bezeichnet.<br />

In „Solis Splendor“ wird sie<br />

beschrieben als „gekleidet in einer<br />

vielfarbigen Robe und mit Flügeln<br />

aus Federn, die ähnlich waren jenen<br />

<strong>des</strong> edelsten weißen Pfaues,<br />

das Licht wie goldene Spiegel reflektierend<br />

und mit Schwanzfedern<br />

besetzt von zierlichen Perlen“. „ Auf<br />

ihrem Kopf“, so heißt es weiter in<br />

der Beschreibung dieser von Licht<br />

und Schönheit geprägten Gestalt,<br />

„trägt sie eine mit einem Silberstern<br />

geschmückte Krone aus purem<br />

Gold. Ihr Hals ziert eine Kette aus<br />

feinstem Gold mit dem kostbarsten<br />

Rubin. Goldene Schuhe bedecken<br />

Ihre Füße und ein herrlich angenehmer<br />

Duft entströmt ihrem Wesen.<br />

Sie umgibt den Mann mit einer<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 15


purpurnen Robe, erhebt ihn zu seiner<br />

höchsten Klarheit und steigt mit<br />

ihm gemeinsam zum Himmel auf.<br />

Deshalb sagt der Ranghöchste: „Es<br />

ist ein lebendig Ding, das nie mehr<br />

stirbt - und wird es angewandt, so<br />

schenkt es ewiges Wachstum“.<br />

Sheakspeare-Kenner, die über einen<br />

tiefen Einblick zum inneren Gehalt<br />

seiner unsterblichen Dramen<br />

verfügten, gelangten schnell zu<br />

der Erkenntnis, dass diese Dramen<br />

Schlüssel enthielten, mit deren Hilfe<br />

verborgene Mysterien <strong>des</strong> geistigen<br />

Lebens zugänglich gemacht<br />

werden konnten.<br />

Ein Beispiel dafür ist OTHELLEO<br />

- die Geschichte jenes dunkelhäutigen<br />

Mohren und der Desdemona<br />

weißer Hautfarbe. Hätten sich diese<br />

beide Charakteren im Zustand<br />

der Polarität befunden, so wäre die<br />

Tragödie nicht in dieser Form abgelaufen.<br />

So ist in diesem Drama<br />

ein erleuchteter Intellekt, der die<br />

Werke Shakespeare inspirierte,<br />

deutlich zu finden.<br />

unter denen sie noch heute ihr Leben<br />

fristet.<br />

Manche Bilddarstellungen mit einer<br />

zerstörten Säule am Tempeleingang<br />

zeigen eine Frau, weinend über das<br />

Leid und Unglück, unter dem die<br />

ganze Menschheit als Folge <strong>des</strong> gebrochenen<br />

Gesetzes der Polarität<br />

leidet, was auf diese Weise ausgedrückt<br />

werden sollte. Im freimaurerischen<br />

Symbolismus bezog sich<br />

diese umgestürzte Säule sinnigerweise<br />

auf das „Grab <strong>des</strong> Hirams“.<br />

An den Eingängen der wieder erbauten<br />

Mysterientempel <strong>des</strong> herauf<br />

dämmernden Neuen Wassermann-<br />

Zeitalters wird keine in Ruinen liegende<br />

Säule zu sehen sein - beide<br />

Pfeiler sind heil und unversehrt –<br />

gleich an Größe, Proportion und<br />

Farbe. Auch keine weinende Gestalt<br />

sitzt mehr am Eingang. Und<br />

auf die Symbolik der Freimaurer<br />

zurückkommend: Hieram Abiff wird<br />

nicht mehr länger durch die drei<br />

Rohheiten - Ignoranz, Aberglauben<br />

und Furcht - getötet werden.<br />

de – Mann und Frau – in den Tempel<br />

<strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> Hand in Hand eingehen<br />

können, in der Verwirklichung ihrer<br />

vollkommenen Gleichwertigkeit unter<br />

dem göttlichen Gesetz der Einheit<br />

oder Polarität.<br />

Die Übermittlung der ewig währenden<br />

Wahrheit der Polarität, gerichtet<br />

an die ganze Menschheit.<br />

In den Mysterientempel der Antike<br />

betraten die Novizen den heiligen<br />

Bezirk durch zwei Säulen am Eingang.<br />

Bei manchen Tempeln war<br />

die eine Säule weiß, die andere<br />

schwarz – die gegenständliche<br />

Darstellung der beiden Pole <strong>des</strong><br />

Geistes, der positive-maskuline<br />

und der negativ-feminine. Bei einigen<br />

dieser Tempeln war die feminine<br />

Säule umgestürzt oder sogar<br />

vollständig zerstört – eine symbolische<br />

Veranschaulichung <strong>des</strong><br />

„Falls“ oder die entzweite Polarität.<br />

Dies trat ein, als die kindliche<br />

Menschheit ihren ganzheitlichen,<br />

paradiesischen Zustand verlor und<br />

sie in die nachfolgenden geteilten<br />

Bedingungen und Umstände geriet,<br />

Ein Gleichgewicht zwischen Mann<br />

und Frau wird erneut vorherrschen<br />

durch die Balance <strong>des</strong> maskulinen<br />

und femininen Prinzips, so dass bei-<br />

DAS SPEKTRUM<br />

UND DIE MENSCHLICHE AURA<br />

Genau gesagt ist Schwarz keine<br />

Farbe im eigentlichen Sinne. Vielmehr<br />

ist es die Abwesenheit – das<br />

Fehlen von Farbe – ein farbloser Zustand.<br />

Es besteht allerdings die Tendenz,<br />

Schwarz mit dem Prinzip <strong>des</strong><br />

Bösen oder Schlechten zu assoziieren,<br />

doch für den okkulten Wissenschaftler<br />

signalisiert Schwarz<br />

einen negativen oder rezeptiven,<br />

(Tarot – Arkanum XIX )<br />

d.h. aufnehmenden, empfangenden<br />

Sinneseindruck, durch den oder auf<br />

den die positiven göttlichen Kräfte<br />

wirksam tätig sind, um das noch<br />

„Unerweckte – Unbewusste“ - das<br />

„noch in sich selbst ruhende Sein“<br />

zur Manifestation zu bewegen. Und<br />

dies ist auch die Aussage <strong>des</strong> Eröffnungskapitels<br />

<strong>des</strong> Buches Genesis:<br />

16 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


„Im Anfang schuf Gott<br />

Himmel und Erde.<br />

Und die Erde war wüst und leer,<br />

und es war finster auf der Tiefe;<br />

und der Geist Gottes schwebte<br />

auf dem Wasser“.<br />

Es ist eine Beschreibung fundamentaler<br />

Natur, was den Schöpfungsprozess<br />

in seiner universalen Wirkungsweise<br />

betrifft. Und bevor der<br />

Mensch nicht so viel an Weisheit<br />

in sich selbst verinnerlicht hat, um<br />

den Schleier der Isis zu zerreißen,<br />

ist er unfähig, das Mysterium von<br />

Schwarz vollständig zu entschlüsseln<br />

oder zu begreifen.<br />

Gerade weil die ganze Schöpfung<br />

in Gott selbst innewohnt, trägt auch<br />

das große weiße Licht in sich selbst<br />

alle Farben <strong>des</strong> Spektrums, so wie<br />

es auch die Göttlichkeit im Menschen<br />

durchströmt. Sobald diese<br />

in ihm ruhende Göttlichkeit erweckt<br />

wird, kommt er in harmonischen<br />

Einklang mit diesem weißen Licht in<br />

Form von Kraft.<br />

GOTT, der Vater unseres Universums,<br />

offenbart sich durch den<br />

blauen Strahl, <strong>des</strong>halb ist Blau eine<br />

endlose, der Ewigkeit angehörende<br />

Farbe. Der Erhabene, Glorienhafte<br />

EINE , der sich durch den weißen<br />

Strahl zu erkennen gibt, ist jenseits<br />

aller Planeten, aller Sterne, aller<br />

Konstellationen, doch können wir<br />

IHN vorerst nur als das sogenannte<br />

„Höchste Wesen“ identifizieren.<br />

Dem Zeichen Steinbock ist der indigofarbene<br />

Strahl zugeordnet. Die<br />

Sekundärfarbe Indigo kommt durch<br />

eine Kombination von Orange,<br />

Grün, Blau und Purpur zustande.<br />

Der Indigo-Strahl ist bis jetzt noch<br />

nicht vollständig dem gegenwärtigen<br />

menschlichen Verstehen zugänglich,<br />

so dass er allgemein keine<br />

Anwendung findet. Der Mensch ist<br />

sich noch nicht voll bewusst, welch<br />

g<br />

eine Kraft und Macht in konzentrierter<br />

Form in dieser Sekundärfarbe<br />

vorhanden ist. Indigo steht daher<br />

in Verbindung mit Intuition und erweitertem<br />

Bewusstsein.<br />

Der Gebrauch <strong>des</strong> indigofarbenen<br />

Strahles gehört einer fernen<br />

Zukunft an.<br />

(Bearbeitet von Hannelore Jurthe)<br />

Weihnachtslied<br />

Es kommt ein Schiff, geladen<br />

Bis an den höchsten Bord,<br />

Trägt Gottes Sohn voll Gnaden,<br />

Des Vaters ewig's Wort.<br />

Das Schiff geht still im Triebe,<br />

Trägt eine teure Last;<br />

Das Segel ist die Liebe,<br />

Der Heilig Geist der Mast.<br />

Der Anker haft' auf Erden<br />

Da ist das Schiff am Land.<br />

Das Wort soll Fleisch uns werden,<br />

Der Sohn ist uns gesandt.<br />

Zu Bethlehem geboren<br />

Im Stall ein Kindelein,<br />

Gibt sich für uns verloren;<br />

Gelobet muss es sein.<br />

Und wer dies Kind mit Freuden<br />

Umfangen, küssen will,<br />

Muss vorher mit ihm leiden<br />

Groß Pein und Marter viel,<br />

Danach mit ihm auch sterben<br />

Und geistlich aufersteh'n,<br />

Das Leben zu ererben,<br />

Wie an ihm ist gescheh'n.<br />

Nach Johannes Tauler (um 1300-<br />

1361) von Daniel Sudermann<br />

(1550-1631)<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 17


Darstellung und Symbolik<br />

von Weihnachten<br />

Erbauung der Geburtskirche durch<br />

Kaiser Konstantin.<br />

Schon seit dem frühen 4. Jahrhundert<br />

befinden sich Ochs und Esel<br />

auf den Bildern, die auf Jesaja 1,3<br />

verweisen: „Der Ochs kennt seinen<br />

Besitzer, der Esel seine Krippe“. Sie<br />

und die Magier auf dem gleichen<br />

Bild bedeuten, dass sowohl die<br />

höchsten als auch die niedrigsten<br />

Lebewesen das Kind anbeten. Auch<br />

symbolisierte der Ochs als reines<br />

Tier das jüdische Volk, das an das<br />

Gesetz gebunden ist, der Esel als<br />

unreines Tier die heidnischen Völker<br />

unter der Last <strong>des</strong> Heidentums.<br />

In den byzantinischen Darstellungen<br />

sind auch die beiden Hebammen<br />

Zelomi und Salome dargestellt,<br />

die in der christologischen<br />

Auseinandersetzung der damaligen<br />

Zeit die wirkliche menschliche Geburt<br />

Jesu betonen sollen. Die an<br />

der jungfräulichen Geburt Jesu<br />

zweifelnde Salome will diesen Umstand<br />

mit ihrer Hand untersuchen,<br />

die dann zur Strafe verdorrt. Die<br />

Berührung <strong>des</strong> Jesusknaben heilt<br />

sie wieder. Dieses Thema ist im 5.<br />

und 6. Jahrhundert ein beliebtes<br />

Motiv der östlichen Kunst und ist<br />

auf der linken vorderen Ciboriumssäule<br />

(Ciborium ist ein Baldachin)<br />

von San Marco in Venedig, die aus<br />

Konstantinopel geraubt wurde, dargestellt.<br />

Die christliche Kunst entwickelte<br />

ihre Motive zunächst aus den Erzählungen<br />

<strong>des</strong> Matthäus- und<br />

Lukasevangelium sowie aus den<br />

apokryphen Kindheitsevangelien.<br />

Hinzu kamen viele Legendentexte<br />

verschiedener Herkunft.<br />

Seit den Darstellungen in den Katakomben<br />

im 3. Jahrhundert bis<br />

weit in die Renaissance, wurde die<br />

Geburtszene mit der Verkündigung<br />

an die Hirten und der Anbetung der<br />

Magier verbunden. Der Stall kommt<br />

im 4. Jahrhundert hinzu.<br />

Sehr früh schon thematisieren die<br />

Bilder die besondere Beziehung<br />

Jesu zu Maria, zum Beispiel das erste<br />

Bad oder die das Jesuskind stillende<br />

Mutter, wobei über Maria ein<br />

Stern steht (Domitilla- und Priscilla-<br />

Katakomben, spätes 3. Jahrhundert).<br />

Zu einem neuen Thema führte die<br />

Entdeckung der Geburtsgrotte<br />

durch Flavia Iulia Helena und die<br />

Die Gattung der Biblia pauperum<br />

(Armenbibel) weist in ihren Bezügen<br />

eine ganze Reihe von Anspielungen<br />

auf: Die Wurzel Jesse, Dan<br />

2,45 LUT: Maria ist der unbehauene<br />

Berg, die Geburtshöhle ihr Schoß.<br />

„Ohne Zutun eines Menschen brach<br />

ein Stein los.“<br />

Weihnachten wird mit Ostern in<br />

Beziehung gesetzt. Die Höhle ist<br />

auch Sinnbild seines Grabes. Der<br />

Kirchenvater Irenäus verglich die<br />

18 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Menschwerdung Christi mit seiner<br />

Höllenfahrt zwischen Tod und Auferstehung.<br />

Als Präfigurationen der Jungfräulichkeit<br />

Mariens gelten vor allem:<br />

Der brennende Dornbusch (Ex 3<br />

EU). So wie die Flamme den Dornbusch<br />

nicht verzehrte, so versehrte<br />

die Empfängnis nicht die Jungfräulichkeit.<br />

Felizetti beschreibt eine Ikone im<br />

Sinaikloster aus dem 14. Jahrhundert,<br />

auf der Maria selbst in den<br />

brennenden Dornbusch gestellt ist.<br />

Dann der grünende Aaronstab, da<br />

Aarons Stab Blüten trug, ohne gepflanzt<br />

worden zu sein. Dann Gideon<br />

mit dem Vlies, denn dies war<br />

das Zeichen der Berufung Gideons<br />

zu Rettung seines Volkes und symbolisierte<br />

das Wirken <strong>des</strong> Heiligen<br />

Geistes an Maria. Dann Ezechiel<br />

vor der verschlossenen Pforte ebenfalls<br />

als Symbol der Jungfräulichkeit<br />

Mariens. Diese vier Präfigurationen<br />

wurden bereits im 9. Jahrhundert in<br />

der byzantinischen Kunst entwickelt<br />

und kamen später auch ins Abendland.<br />

Sie finden sich auf Tafelbildern<br />

<strong>des</strong> 15. Jahrhunderts, wo sie um die<br />

Darstellung der Geburt Christi herum<br />

gruppiert werden, so zum Beispiel<br />

auf der Mitteltafel <strong>des</strong> Flügelaltars<br />

im Kloster Sams.<br />

Auch die antike Ikonographie der<br />

Mysterienkulte, die ebenfalls die<br />

Geburt eines Gottes kannten, hatte<br />

Einfluss auf die frühen christlichen<br />

Darstellungen, wie gewisse Parallelen<br />

zu antiken Darstellungen zur<br />

Geburt Alexanders oder <strong>des</strong> Dionysos<br />

zeigen.<br />

Auf einem Elfenbeinrelief um 550<br />

zeigt die Hebamme Salome Maria<br />

ihre verdorrte Hand. Die Haltung<br />

Mariens, liegend, halb aufgerichtet<br />

mit der linken Hand am Kinn, ist<br />

sehr ähnlich der halb liegenden und<br />

halb sitzenden Semele bei der Geburt<br />

<strong>des</strong> Dionysos auf einer Elfenbeinpyxis<br />

in Bologna.<br />

Am Anfang fehlt auf vielen Bildern<br />

Maria, häufiger noch Josef. Die<br />

Jungfrau Maria wurde erst zum<br />

zweiten Schwerpunkt, als das Konzil<br />

zu Ephesus sie 431 als „Gottesgebärerin“<br />

bezeichnete. In der byzantinischen<br />

Ikonographie kommt<br />

den beiden Geburtshelferinnen eine<br />

besondere Bedeutung zu, die das<br />

Kind baden und die Einmaligkeit<br />

der Jungfrauengeburt Marias bezeugen.<br />

Meist liegt Maria erschöpft<br />

auf einer Liege (κλίνη), was den<br />

menschlichen Geburtsvorgang betonen<br />

soll. Das Kind ist in ein Tuch in<br />

Analogie zum späteren Leichentuch<br />

gewickelt. Die Szene wird in der Regel<br />

in einer Grotte dargestellt, wobei<br />

auch das Höhlengleichnis Platons in<br />

Verbindung mit Jesus als dem Licht<br />

der Welt eine Rolle gespielt haben<br />

mag. Josef wird regelmäßig wesentlich<br />

älter dargestellt, steht im Hintergrund<br />

und bewacht die Szene.<br />

Frühchristliche und byzantinische<br />

Bilder von der Geburt sind wesentlich<br />

seltener als die mit Magiern und<br />

Hirten, also der Epiphanie. Typisch<br />

für den byzantinischen Einfluss in<br />

Italien ist das Bild von Duccio di<br />

Buoninsegna. Der Unterschied zur<br />

rein byzantinischen Darstellung liegt<br />

in der Darstellung der persönlichen<br />

Beziehungen der Personen auf dem<br />

Bild untereinander. Die wachsende<br />

Marienfrömmigkeit, die franziskanische<br />

Spiritualität und der Humanismus<br />

führten später dazu, dass<br />

bereits in der Hochgotik die frühere<br />

etwas distanzierte Darstellung zwischen<br />

Maria und dem Jesuskind einer<br />

innigeren Verbindung zwischen<br />

beiden wich und einer natürlicheren<br />

Darstellung Platz machte. Damit änderte<br />

sich auch die Rolle Josefs, der<br />

eine aktivere Rolle zugewiesen bekam.<br />

Typisch für die neue Darstellungsweise<br />

ist die Anbetungsszene<br />

von Giotto di Bondone.<br />

Im 14. Jahrhundert häufen sich<br />

Darstellungen, in denen Maria und<br />

Josef beiderseits <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> auf<br />

dem Boden sitzen, möglicherweise<br />

eine Anspielung auf die Demut.<br />

Am Ende <strong>des</strong> 14. Jahrhunderts<br />

fließen genrehafte Motive in das<br />

Bildmaterial ein. Josef bereitet für<br />

Mutter und Kind ein Essen, oder<br />

er wärmt sich die Hände an einem<br />

Ofen. Auch das Herstellen von<br />

Windeln oder das Trocknen von<br />

Windeln durch Josef wird darstellenswert.<br />

Dabei sind diese Sorgehandlungen<br />

Josefs als ein Adoptionsakt<br />

zu deuten (Blisniewski<br />

2000).<br />

In der Spätgotik ist nicht mehr die<br />

Darstellung der Kindheitsgeschichte<br />

als solche Ziel der Darstellung,<br />

sondern die meditative Betrachtung<br />

der Menschwerdung. Es bildet sich<br />

eine Tendenz zum Andachtsbild<br />

heraus. Der Anbetungstypus entwickelt<br />

sich bis zum 16. Jahrhundert<br />

zum vorherrschenden Motiv.<br />

(Quelle: Wikipedia)<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 19


Essen Sie sich<br />

gesund!<br />

Das vegetarische<br />

Rezept<br />

Grünkohl<br />

einmal anders<br />

Zutaten:<br />

Frischer Grünkohl<br />

Zwiebeln<br />

Saure Äpfel<br />

Kartoffeln als Beilage<br />

Gemüsebrühe<br />

Vegetarisches Schmalz<br />

Zubereitung:<br />

Den Grünkohl gründlich waschen,<br />

die stärksten Rispen entfernen<br />

und die Blätter in kleinere Stücke<br />

reißen und in der Gemüsebrühe<br />

kochen.<br />

Parallel dazu die Zwiebeln und<br />

die Äpfel grob schneiden und in<br />

einer Pfanne kurz in etwas vegetarischem<br />

Schmalz anbraten. Anschließend<br />

zu dem Grünkohl mit<br />

in den Topf geben.<br />

Nun die Kartoffeln als Pellkartoffeln<br />

mit Schale kochen.<br />

Wenn die Kartoffeln gut sind, ist<br />

auch der Grünkohl soweit und<br />

bei<strong>des</strong> kann gemeinsam serviert<br />

werden.<br />

Anmerkung:<br />

Haben Sie eigene vegetarische<br />

Rezepte, die Sie in Ihrem Speiseplan<br />

integriert haben und gerne<br />

essen?<br />

Bitte schicken Sie uns diese Rezepte,<br />

damit wir sie hier veröffentlichen<br />

können.<br />

Grünkohl vegetarisch<br />

Grünkohl besitzt einen hohen Gehalt an Vitamin C (100mg/100g). Dieser<br />

bleibt bei der Lagerung und auch bei der Zubereitung teilweise erhalten, somit<br />

ist diese Kohlart als Vitamin-C-Spender besonders im Winter geeignet.<br />

Der Grünkohl ist von allen verbreiteten Kohlformen der Wildform der Kohlpflanze<br />

am ähnlichsten. Grünkohl hat seinen Ursprung wahrscheinlich in<br />

Griechenland. Dort wird 400 v. Chr. ein krausblättriger Blattkohl beschrieben,<br />

der später bei den Römern als Sabellinischer Kohl bezeichnet wurde.<br />

Dieser Kohl ist wohl der Vorläufer <strong>des</strong> heutigen Grünkohls. Grünkohl zählte<br />

in der römischen Küche zu den Delikatessen. Typische Anbaugebiete heute<br />

sind Mittel- und Westeuropa, Nordamerika und Ost- sowie Westafrika.<br />

Es heißt oft, durch den Frost würde ein Teil der im Grünkohl enthaltenen<br />

Stärke in Zucker umgewandelt, weshalb der nach den ersten Frösten geerntete<br />

Kohl besser schmecke. Tatsächlich spielen Frost und Stärke keine<br />

Rolle, sondern es kommt auf die späte Ernte und allgemein kühle Temperaturen<br />

an. Reifer Grünkohl enthält kaum noch Stärke, die umgewandelt<br />

werden könnte, bildet durch die Photosynthese aber weiterhin Traubenzucker.<br />

Durch die kühlen Temperaturen verlangsamen sich die Stoffwechselvorgänge<br />

allgemein, besonders die Tätigkeit <strong>des</strong> Enzyms Phosphofructokinase<br />

wird stark gehemmt – der Zuckergehalt der Kohlblätter steigt an. Da<br />

diese Traubenzucker-Anreicherung nur bei der lebenden Pflanze stattfindet<br />

und der Frost selbst keine Rolle spielt, kann der Effekt der späten Ernte<br />

nicht durch kurzes Einlagern <strong>des</strong> geernteten Kohls in der Kühltruhe imitiert<br />

werden.<br />

Entgegen der weitverbreiteten Rezeptur <strong>des</strong> längeren Kochens, kann Grünkohl<br />

auch mit kürzerer Garzeit zubereitet werden. Blanchiert schmeckt er<br />

durchaus auch im Salat, der mit kräftigen Aromen verfeinert werden darf.<br />

Darüber hinaus findet er zumin<strong>des</strong>t in den USA auch als Rohkost seinen<br />

Platz. Dort ist er Bestandteil vieler „Green Smoothie“ Rezepte. Außerdem<br />

ist er dort unverzichtbare Zutat in der Südstaatenküche.<br />

Regional wird er auch Braunkohl, Hochkohl, Winterkohl oder Krauskohl genannt.<br />

In der Schweiz trägt er den Namen Federkohl, ist aber vergleichsweise<br />

wenig bekannt und als Speise kaum gebräuchlich. In Ostwestfalen-Lippe<br />

trägt er den seinen Wuchs umschreibenden Namen Lippische<br />

Palme. Weiter nördlich Oldenburger oder Friesische Palme in Westfalen<br />

wird Grünkohl Moos genannt.<br />

20 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Über den Weg zum<br />

AtemSelbst<br />

Victor Robert<br />

Männlich und Weiblich<br />

Atemkörper und Aqua vitae<br />

Das Vater-Unser als christliches Atemgebet<br />

Von der himmlischen Hochzeit.<br />

Aufnahme und Abgabe kennen wir<br />

als die zwei Ursprungsbewegungen<br />

<strong>des</strong> Atems. Hier kommt der Rhythmus<br />

zum Vorschein, der diese duale<br />

Bewegungen im stetigen Wechsel<br />

aufeinander einstimmt.<br />

Dann der Herzschlag, der das rechte<br />

und das linke Herz als ein ganzes<br />

Herz miteinander verbindet – die<br />

Quelle.<br />

Es gibt immer eine Zeit der Bindung<br />

und eine Zeit der Lösung. So gesehen<br />

ist die Erfahrung von Schwäche,<br />

Gebrochensein oder von zeitweiliger<br />

Bewegungsunfähigkeit<br />

eine polare Erfahrung, die zum<br />

Gegenpol der Heilung ausschlagen<br />

kann.<br />

Ein Heilweg bedeutet einen Weg zu<br />

haben, der zur Heilerfahrung führt.<br />

Heilung ist vor allem ein inneres Geschehen,<br />

das vom Therapeuten angeregt<br />

werden kann.<br />

Die Voraussetzung, die zum tiefen<br />

Heilsein führt, bedingt ein tiefes sich<br />

einlassen können.<br />

Heilsein, das frei werden von bindenden,<br />

einschränkenden Umständen,<br />

meint den ganzen Menschen.<br />

Mit Soma und Psyche.<br />

Krankheit bedeutet immer Bindung,<br />

also das Anhaften an widrigen körperlichen<br />

oder seelischen Zuständen.<br />

Heilung bringt hingegen das<br />

“Solve“, die Lösung und manchmal<br />

auch die Auflösung dieser Umstände,<br />

die den Menschen binden. So<br />

kann selbst der große Tod erlösend,<br />

entbindend wirken.<br />

Der Mensch pendelt immer zwischen<br />

diesen zwei Polen von Bindung<br />

und Lösung. Leben besteht<br />

aus diesem innigen polaren Geflecht<br />

von Aufnahme und Abgabe.<br />

Im leiblichen Dasein erfahren wir<br />

diese Wahrheit im Stoffwechselvorgang.<br />

Nahrung will eingebunden<br />

werden, um assimiliert zu werden.<br />

Das Andere, die Schlacke, muss<br />

entbunden, ausgeschieden werden.<br />

In unserem christlichen „Vater Unser“<br />

ist die Rede von der Lösung,<br />

Erlösung von falschen Bindungen.<br />

Diese entstehen aus einem Fehlverhalten<br />

<strong>des</strong> Menschen, der aus<br />

einer ursprünglichen, göttlichen<br />

Ordnung herausgefallen ist. In dieser<br />

Ordnung war der Mensch im<br />

Paradies, d.h. er war im Einklang<br />

mit den Gesetzen der Schöpfung.<br />

Das Jenseitige, das der Welt der<br />

Träume entspricht, und das Diesseits,<br />

das dem wachenden Menschen<br />

begegnet, waren Eins.<br />

Das Männliche als polares Attribut<br />

<strong>des</strong> einen Menschen ist auf das<br />

Jenseitige bezogen, das dem Menschen<br />

in der Welt <strong>des</strong> Traumes und<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 21


<strong>des</strong> visionären Wachbewusstseins<br />

zugänglich ist. Das Weibliche hingegen<br />

bezieht sich auf die Zuwendung<br />

zum Körperlichen und Fassbaren<br />

in der sog. konkreten Welt<br />

der Materie.<br />

Beide, Männliches und Weibliches,<br />

sind sowohl im Manne als<br />

auch in der Frau vorhanden. Sie<br />

entsprechen polaren Valenzen,<br />

Wertigkeiten, die an sich übergeschlechtlicher<br />

Natur sind, aber in<br />

deren komplementären Verhältnis<br />

zueinander die Differenzierung der<br />

Geschlechter in Mann und Frau ermöglichen.<br />

Das Männliche im Mann ist sein<br />

inneres weibliches Abbild, das erstmals<br />

von C. G. Jung als Anima definiert<br />

wurde. Das Weibliche in der<br />

Frau ist ihr männliches Abbild, das<br />

als Animus bezeichnet wird.<br />

(Dem Verfasser ist bewusst, hier<br />

Verwirrung zu stiften, gelten doch<br />

beide Begriffe in der analytischen<br />

Psychologie Jungs ganz konträr:<br />

„Dort ist die Anima der weibliche<br />

Anteil im Manne und Animus der<br />

männliche Anteil in der Frau“).<br />

Diese andersartige Definition von<br />

Animus und Anima geschieht innerhalb<br />

der Quaternio-Betrachtung<br />

aus der polaren Struktur <strong>des</strong> Geschlechtlichen<br />

im Menschen, das<br />

nach Meinung <strong>des</strong> Verfassers ganz<br />

anders in funktionelle Erscheinung<br />

tritt: Der Mann hat die Aufgabe, sich<br />

selbst über sein Männliches zu definieren.<br />

Dasselbe gilt für die Frau,<br />

die sich selbst über ihre weibliche<br />

Natur zu finden hat. Das Komplement<br />

Animus und Anima wird auf<br />

den jeweiligen Partner zunächst<br />

projiziert und als Du-Beziehung gelebt.<br />

Weil der Mann die Frau sucht, erfährt<br />

er in ihrer polaren Andersartigkeit<br />

sein männliches „So-Sein“.<br />

Bei der Frau ist der umgekehrte<br />

Prozess. Der Mann wird Mann über<br />

die Frau und die Frau wird Frau<br />

über den Mann. Die Begriffe Anima<br />

mit dem Weiblichen und Animus mit<br />

dem Männlichen zu identifizieren ist<br />

durchaus korrekt, aber sie kehren<br />

sich in ihrer Bedeutung beim Mann<br />

und bei der Frau um, weil sie dort<br />

polarisiert werden: So bewirkt Animus<br />

bei der Frau eine weibliche<br />

Tätigkeit und Anima beim Manne<br />

eine männliche Tätigkeit: Die Entelechie<br />

wird spiegelbildlich in der<br />

„Du-Beziehung“ gelebt und kommt<br />

nur durch ihre spiegelbildliche Abbildung<br />

zum Vorschein.<br />

Polarität funktioniert über spiegelbildliche<br />

Abbild-Umkehrprozesse.<br />

Komplement ist nicht in diesem<br />

Kontext als Ergänzung zu verstehen,<br />

sondern als Spiegelung. Spiegelung<br />

ist die Sprache eines Sich-<br />

Abbildenden im Raum.<br />

Aus dem sich spiegelnden Abbild<br />

kommt ein Zirkulieren<strong>des</strong> zur Geltung.<br />

Daraus kommt Bewegung<br />

hervor im Sinne von Anziehung und<br />

Abstoßung. Das entspricht der vitalen<br />

Kraft <strong>des</strong> Atemkörpers, die als<br />

Körpermagnetismus im ätherischen<br />

Raum zum Ausdruck kommt. Diese<br />

Kraft kann als Eros bezeichnet werden.<br />

Die Welt <strong>des</strong> Traumes entspricht<br />

der Nacht, der Dunkelheit. Verborgenheit<br />

und Dunkelheit, als Bild für<br />

ein Unsichtbares, wird vom Mann<br />

als eigener Urgrund gesucht. Die<br />

Form entspricht dem Runden,<br />

dem Weichen und Ruhenden, was<br />

als Höhlung, Höhle im Körper der<br />

Frau, zum Ausdruck kommt – das<br />

ist männlich. Aus diesem Bereich<br />

kommt die Schöpfung zustande, so<br />

dass es mit der Wurzel <strong>des</strong> Schöpferischen<br />

verbunden ist.<br />

Im Körper <strong>des</strong> Menschen finden<br />

wir seine Entsprechung im sympathischen<br />

Anteil <strong>des</strong> Vegetativums.<br />

Worte wie Entfaltung und Bewegung<br />

kommen aus ihm hervor – Impuls,<br />

der zum Ausdruck kommt. Das<br />

Männliche kommt aus der Verborgenheit.<br />

Der Kreis und das Runde sind<br />

männlich. Die Welt <strong>des</strong> Hellen, der<br />

Tätigkeit, die sich in der motorischen<br />

Äußerung <strong>des</strong> Körpers manifestiert,<br />

entspricht dem Tagesbewusstsein,<br />

das die Planung und Ausschöpfung<br />

<strong>des</strong> Nützlichen zur Maxime <strong>des</strong><br />

Handelns macht.<br />

Die Gerade und das Eckige-Abgrenzende<br />

kommen im Körper<br />

<strong>des</strong> Mannes zum Vorschein – das<br />

ist weiblich. Aus diesem Bereich<br />

kommt die Welt der materiellen Erscheinungen<br />

mit ihren festen Formen<br />

und Konturen, so dass es mit<br />

der Wurzel <strong>des</strong> Geschöpften verbunden<br />

ist.<br />

Im Körper <strong>des</strong> Menschen finden wir<br />

seine Entsprechung im parasympathischen<br />

Anteil <strong>des</strong> Vegetativums.<br />

Worte wie Einfaltung und Ruhe gehen<br />

aus ihm hervor – Reize, die zu<br />

Ende gehen, bzw. zur Ruhe kommen.<br />

Das Weibliche kommt aus der Erscheinung.<br />

Das Quadrat und die<br />

Gerade sind weiblich.<br />

Weil die Frau in ihrer inneren Natur<br />

(die Innenseite) weiblich ist, bringt<br />

sie nach Außen (die Außenseite)<br />

das Männliche als Rundung, Wölbung<br />

und Höhlung hervor. Diese<br />

Formen weisen auf Tiefe und aufs<br />

Verborgene hin. Die Verschleierung<br />

der Frau deutet auf ihr Äußeres-<br />

Männliches hin.<br />

22 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Weil der Mann in seiner inneren<br />

Natur männlich ist, bringt er nach<br />

Außen das Eckige, dem Stab ähnliches<br />

hervor. Diese Formen weisen<br />

einem nach Außen Ausstülpenden<br />

und Markierenden hin.<br />

Dies zeigt das tiefe Bedürfnis, die<br />

Welt der Erscheinung zu besitzen<br />

und zu erobern.<br />

Die Haare auf dem Haupt weisen<br />

auf sein Äußere-Weibliche hin.<br />

Das Verborgene-Männliche ist dem<br />

Jenseitigen, Nicht-Materiellen und<br />

Unsichtbaren-Formlosen zugeordnet.<br />

Das Erscheinende-Weibliche ist<br />

dem Diesseits, dem Materiellen und<br />

Konkreten-Sichtbaren verwandt.<br />

Wortschlüssel: Der Mann findet sich<br />

in der Frau wieder. Die Frau findet<br />

sich im Manne wieder. Der Mann<br />

findet sich als Mann in der Frau. Die<br />

Frau findet sich als Frau im Manne.<br />

Der Mann sucht die Frau. Die Frau<br />

sucht den Mann. Die Frau löst den<br />

Mann im Manne aus. Der Mann löst<br />

die Frau in der Frau aus.<br />

Jedem das Gleiche. Nicht im Sinne<br />

eines Gegensatzes, sondern im<br />

Sinne eines Ähnlichen.<br />

Die Verwischung dieser Tatsache<br />

führt zu vielen Missverständnissen<br />

zwischen den Geschlechtern. Der<br />

Mann kann nicht zur Frau und die<br />

Frau kann nicht zum Mann werden.<br />

Die Frau ist nicht Komplement, sondern<br />

polare, gegensätzliche Hälfte .<br />

Der Mann verhält sich zur Frau nicht<br />

als Ergänzung, sondern als polarer<br />

Gegensatz. Erst dies ermöglicht Zirkulation<br />

und gibt dem Eros seinen<br />

Auftrieb.<br />

Der ursprüngliche Mensch kannte<br />

diese polare Dualität nicht, weil<br />

sie im Anfang nur als Keim bei ihm<br />

angelegt war. Die ursprüngliche<br />

Erlebenswelt, in deren Reich der<br />

Mensch, als Einheit einer Vorstufe<br />

vom Männlichen und Weiblichen,<br />

lebte, wurde mit ihren Tieren und<br />

Pflanzen als Verlängerung der eigenen<br />

Körpererfahrung erlebt. Das<br />

Tier war Bruder Tier, Totem der<br />

Kraft und <strong>des</strong> heiligen Lautes, der<br />

den eigenen Wesenskräften glich.<br />

Die Pflanze und die Bäume bargen<br />

das Wissen der Ahnen in sich und<br />

dienten dem Menschen als Nahrung<br />

und Arznei. Der Atem verband den<br />

Menschen mit dem Atem der Natur.<br />

Die Verbindung zum siderischen<br />

Atemkörper ermöglichte dem Menschen<br />

die Einheit mit dem All als paradiesischen<br />

Zustand zu erfahren.<br />

Tod und Geburt waren im Zyklus<br />

der Natur mit den Jahreszeiten eingebettet.<br />

Im Zustand <strong>des</strong> Traumes,<br />

der ein fester Bestandteil seiner<br />

wachenden Tätigkeit war – ein Relikt<br />

davon ist die bei manchen Individuen<br />

Form der visionären Schau<br />

– wurde ihm das nach Außen Erlebte<br />

eine Fortsetzung <strong>des</strong> inwendigen,<br />

traumähnlichen Erfahrenen.<br />

Wir dürfen diesen Zustand nicht mit<br />

einem imaginierten Zustand verwechseln.<br />

Ihm haftete in seiner Art<br />

ein selbstständiger Vorgang <strong>des</strong><br />

Wachträumens, das beim heutigen<br />

Menschen in der Form nicht mehr<br />

möglich ist. Der innere Raum in seiner<br />

Verborgenheit und in seinem<br />

Bezug zum Jenseitigen bestimmte<br />

das Leben <strong>des</strong> Menschen zu seiner<br />

damaligen entwicklungsgeschichtlichen<br />

Zeit.<br />

Die Dualität <strong>des</strong> Jenseitigen, Verborgenen<br />

mit dem Diesseitigen,<br />

begann mit der Geburtsstunde <strong>des</strong><br />

Weiblichen, das aus der Rippe <strong>des</strong><br />

ganzen Menschen entstand.<br />

Mit dem Begriff <strong>des</strong> Weiblichen ist<br />

nicht die geschlechtliche Spezifizierung<br />

<strong>des</strong> Menschen als Frau gemeint,<br />

sondern die Ausdifferenzierung<br />

und Entwicklung <strong>des</strong>jenigen<br />

Anteiles im Menschen, der nach<br />

Außen in die Welt der materiellen<br />

Erscheinung, strebte – eigentlich<br />

eher ein Attribut <strong>des</strong> Männlichen in<br />

unserer Zeit! Dieses Sinnbild der<br />

“Rippengeburt“ steht für die Entkoppelung<br />

<strong>des</strong> Atemkörpers von<br />

seinem siderischen Anteil am Firmament,<br />

am Kosmischen. Diese<br />

Abtrennung führte zum dualen und<br />

polaren Raumbezug von Rechts<br />

und Links. Aus diesem Grund kann<br />

man das Wort Rippe aus dem Hebräischen<br />

mit dem Wort Seite ersetzen.<br />

Adam, als Urmensch, war die ursprüngliche<br />

Einheit von dem Männlichen<br />

und dem Weiblichen. Das<br />

männliche Prinzip war der Welt <strong>des</strong><br />

Jenseitigen, der Welt <strong>des</strong> Traumes<br />

zugeordnet. Das Diesseits war<br />

weiblicher Natur. Aus dem Verborgenen<br />

entsprang das Erscheinende<br />

mit der Bewusstwerdung <strong>des</strong> sinnlich<br />

Erfassbaren.<br />

Die Welt, als feste materielle Erscheinung<br />

wurde durch das weibliche<br />

Prinzip anders zugänglich. Mit<br />

dem Weiblichen keimte das Ich-<br />

Bewusstsein auf. Das Essen der<br />

verbotenen Frucht ist als Metapher<br />

dieses Prozesses zu verstehen,<br />

das zum Rückzug <strong>des</strong> Atemkörpers<br />

aus dem siderischen, himmlischen<br />

Anteil führte. Es glich einem Absturz,<br />

einem tiefen Fall aus einer hierarchisch<br />

höheren Bewusstseinsebene.<br />

Der Verstand mit seinem zweckverbundenen<br />

Denken, das in sich<br />

die Vorstufen <strong>des</strong> Egoismus barg,<br />

führte letztlich zu dem Riss beim<br />

atmenden Organismus <strong>des</strong> Menschen<br />

– dem äußeren Raum galt<br />

die größere Bewusstheit.<br />

Der innere Raum wurde hingegen<br />

immer mehr verdrängt. Das senso-<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 23


ische Gewahrsein der Einheit mit<br />

dem All wich zugunsten der Vergrößerung<br />

<strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong>organes<br />

im Menschen. Mit anderen Worten:<br />

Der solare Anteil <strong>des</strong> Bewusstseins<br />

verminderte sich im Verhältnis zum<br />

lunaren Part im menschlichen Dasein.<br />

Dieser Rückzug <strong>des</strong> siderischen<br />

Anteils <strong>des</strong> Atemkörpers<br />

polarisierte die rechte und die linke<br />

Gehirnhälfte zu einer neuartigen<br />

Verbindung, die bis heute anhält<br />

und leider, sich weiter einseitig<br />

entwickelt – die Überbetonung <strong>des</strong><br />

rechten Wegs mit der gleichzeitigen<br />

Minderung der Linken.<br />

Damit polarisierte sich der Atemkörper<br />

und bahnte dementsprechend<br />

die Bewusstseinsentwicklung <strong>des</strong><br />

Menschen in eine einseitige Richtung<br />

an. Statt der aktiven intuitiven<br />

Schau, verlagerte sich die geistige<br />

Tätigkeit <strong>des</strong> Menschen nunmehr<br />

in eine reflektierende, also nachdenkliche<br />

Betrachtung, die mehr<br />

passiver Natur war und die durch<br />

eine Abspaltung von Subjekt und<br />

Objekt gekennzeichnet ist.<br />

Somit vollzog sich der Verlust <strong>des</strong><br />

Atems, der sich einst im Atem<br />

<strong>des</strong> Tieres, in der Bewegung der<br />

Zweige im Wind, als Verlängerung<br />

<strong>des</strong> Einen universellen Atems wieder<br />

fand. Der Atemkörper zog sich<br />

immer mehr in sich, in den dunklen<br />

Bauchraum, zurück. Diese​ Umpolung<br />

von der Bauchmitte zum Kopf,<br />

vom “Bauch-zum Kopfhirn“, brachte<br />

eine Vergrößerung der intellektuellen<br />

Fähigkeiten mit sich. Dies trifft<br />

insbesondere auf den westlichen<br />

Menschen zu und auf seine heutige<br />

Haltung in dieser Welt.<br />

Diese Schaltung vollzog die vorher<br />

beschriebene Umpolung <strong>des</strong> Atemkörpers,<br />

die zu einem – in seiner<br />

Qualität – veränderten Atem <strong>des</strong><br />

Menschen führte.<br />

Das Geheimnis von Bewusstsein<br />

liegt in der Atemerfahrung. Diese ist<br />

sowohl als einen körperlichen Prozess<br />

als auch eine geistige Tätigkeit<br />

zu verstehen.<br />

Gedankenformen sind dem Atemvorgang<br />

unterstellt, aber sie können<br />

auch den Atem in seiner qualitativen<br />

Form bestimmen. Der Knecht usurpiert<br />

dann den Thron <strong>des</strong> Königs;<br />

aus dem Diener wird der Herr. So<br />

atmen wir wie wir denken, statt zu<br />

denken wie wir in Freiheit atmen<br />

könnten.<br />

Jede Atemschulung ist eine Schulung<br />

für das Denken, aber nicht umgekehrt.<br />

Kein so edler Gedanke vermag<br />

auch nur den Weg <strong>des</strong> Atmens<br />

zu lenken. Hier können wir von der<br />

Mächtigkeit <strong>des</strong> Körpereinflusses<br />

auf den Geist lernen.<br />

Der Atem ist die Quelle <strong>des</strong> Bewusstseins.<br />

Der Körper ist der Acker, wo<br />

der Schatz begraben liegt.<br />

Das allegorische “Essen vom Baum<br />

der Erkenntnis“ führte den Spalt mit<br />

dem “Baum <strong>des</strong> Lebens“ ein. Das<br />

Bewusstsein für diesen Baum der<br />

Atemeinheit geriet zum körperlichen<br />

Unbewussten. Der Atemvorgang<br />

wurde ganz zu einem reinen Körpervorgang.<br />

Somit vergaß das Bewusstsein<br />

seine eigentliche Quelle.<br />

Sie geriet immer mehr zu stumpfer<br />

Nicht - Bewusstheit. Das Ich empfand<br />

sich als getrennt, abgesondert<br />

von der einstigen Einheit. Es unterschied<br />

ein Männliches von einem<br />

Weiblichen und schämte sich seiner<br />

Nacktheit – es empfand sich als<br />

schutz- und hilflos.<br />

Aus dieser Entblößung heraus,<br />

begann das Spiel mit der Macht,<br />

die aus der Entwicklung <strong>des</strong> abgetrennten<br />

Atemkörpers zum Vorschein<br />

kam.<br />

Die Entwicklung <strong>des</strong> Intellekts befähigte<br />

nun den Menschen, das<br />

Nützliche immer mehr zum eigenen<br />

Vorteil und Wohlstand aus dem Gesamtverband<br />

<strong>des</strong> Lebendigen abzusondern<br />

und dementsprechend zu<br />

werten und zu sortieren.<br />

Die Viehzucht und die Agrarkultur<br />

führte den Menschen in die Anfänge<br />

der Zivilisation ein.<br />

Der Kult der grossen Göttin entsprach<br />

dieser Zeitepoche der<br />

menschlichen Entwicklung. Mit der<br />

zunehmenden Ablösung <strong>des</strong> Matriachats,<br />

begann dann die Ausbildung<br />

<strong>des</strong> Intellekts zur größeren Differenzierung<br />

heranzureifen. Bald erfuhr<br />

die Welt der Träume die gänzliche<br />

Trennung mit der Welt <strong>des</strong> Wachseins.<br />

Dieser gefährlichen Spaltung<br />

begegneten immer die Religionen<br />

mit Impulsen zur Rückverbindung<br />

mit der verlorenen Einheit.<br />

Es galt diesem Absonderungsprozess<br />

<strong>des</strong> menschlichen Geistes Einhalt<br />

zu gebieten, ihm wieder zurück<br />

zu verbinden (Religare).<br />

Im Buddhismus stieß Buddha, über<br />

die Wesens-Vertiefung am Atemkörper,<br />

zu jenem ursprünglichen,<br />

reinen, aber genauso amorphen<br />

und geschlechtlich undifferenzierten<br />

Zustand vor, der siderischen Heimat<br />

<strong>des</strong> Atemkörpers entsprechend, als<br />

Nirwana bezeichnet wurde.<br />

Im Christentum wurde von Jesus diese<br />

Einheit <strong>des</strong> Seins als das Reich<br />

<strong>des</strong> Vaters bezeichnet. Dem Reich<br />

haftete aber das patriachalische<br />

Inbild eines liebenden Vaters, das<br />

von Jesus liebevoll und schlicht mit<br />

“Abba“ genannt wurde.<br />

Im Gegensatz zum Buddhismus<br />

wurde diesem Reich eine geschlechtliche<br />

Spezifizierung zugewiesen,<br />

die im Kontext Vater-Sohn,<br />

24 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


oder Vater-Tochter das Christentum<br />

charakterisiert. Erst später gelang<br />

es der katholischen Kirche dem<br />

Männlichen- über die Hervorhebung<br />

der Assumptio Marias, also der Himmelfahrt<br />

Marias - eine Art weibliche<br />

Polarität entgegenzusetzen, die bis<br />

heute anhält. Bereits in der Johannes<br />

Apokalypse wurde mit der<br />

Darstellung der vom bösen Drachen<br />

ausgelösten Verfolgung <strong>des</strong> Weibes<br />

mit dem Kind, das Thema der Assumptio<br />

vorausgesehen. Sie gilt<br />

als eine Vorankündigung einer fehlenden<br />

Integration <strong>des</strong> Weiblichen<br />

im Christentum.<br />

Das Reich <strong>des</strong> Vaters, das auf Liebe<br />

gegründet ist, bringt die ursprüngliche,<br />

göttliche Ordnung hervor. Dort<br />

erfährt der Mensch seinen Ursprung<br />

und sein Ziel.<br />

Im Gebet <strong>des</strong> „Vater-Unser“ führt<br />

uns Jesus Schritt für Schritt dahin<br />

zurück, woher wir kommen. Der<br />

Weg gilt der Quelle, dem Anfang.<br />

Es handelt sich um einen klar vorgezeichneten<br />

Weg, der uns die richtige<br />

Haltung und den richtigen Umgang<br />

mit dem Förderlichen, aber auch mit<br />

den Fallen und Widerständen auf<br />

dem Weg zeigt. Ihm lag Vieles daran,<br />

den zunehmenden Prozess <strong>des</strong><br />

Rückzuges <strong>des</strong> Atemkörpers aus<br />

der siderischen Heimat im oberen<br />

Firmament, die Abkehr vom inneren<br />

Raum und die Fallstricke rein materiellen<br />

Denkens, aufzuhalten. Er<br />

wusste um die Bedeutung der Du-<br />

Zuwendung, als Weg zur Erlösung<br />

aus den Zwängen rein ich-betonten<br />

Handelns, das zur Verrohung zwischen<br />

den Menschen und zur Zerstörung<br />

<strong>des</strong> göttlichen innewohnenden<br />

Abbil<strong>des</strong> im Menschen<br />

führen musste.<br />

Mit dem Ausspruch “Effata !“ (Öffne<br />

dich!) war Er in der Lage, den Atemkörper<br />

aus dem Exil zu heben und<br />

ihn wieder zu seiner wahrem Größe<br />

im Sinne einer Ausdehnung zu verhelfen.<br />

Diese Ausdehnung würde<br />

die Ebene <strong>des</strong> Mikrokosmischen mit<br />

dem Makrokosmischen wieder verbinden<br />

können. Die Befreiung <strong>des</strong><br />

Atemkörpers aus dem Kerker <strong>des</strong><br />

materiellen Gefängnisses erfolgte<br />

zuweilen mit großen Heilerfolgen<br />

bei den betroffenen Menschen.<br />

Mit dem Gleichnis <strong>des</strong> Senfbaumes<br />

meinte Jesus diesen Ausdehnungsprozess<br />

<strong>des</strong> Atemkörpers, der durch<br />

eine innere Umkehr aus dem unscheinbaren<br />

Senfkorn einen prächtigen<br />

Baum zur Entfaltung bringt,<br />

auf <strong>des</strong>sen Zweige die Vögel <strong>des</strong><br />

Himmels sitzen können. Das Reich<br />

<strong>des</strong> Vaters war der Himmel und seine<br />

Vögel waren die Engel, die Arkana,<br />

Archangoi seines Reiches.<br />

Nur durch die gläubige Hingabe würde<br />

der Mensch - in einem weiteren<br />

Gleichnis, „als Bauer,“ alles hergeben,<br />

sein gesamtes Vermögen, um<br />

den verborgenen Schatz im Acker<br />

zu finden. Es galt, diese verlorene<br />

Perle wieder zu finden.<br />

Das Thema, das Verlorene und Ursprüngliche<br />

wiederzuerlangen, vollzieht<br />

sich wie ein roten Faden durch<br />

viele Gleichnisse Jesu. In der Parabel<br />

vom verlorenen Sohn geht es<br />

um einen Umkehrprozess: Von zwei<br />

Brüdern verlangt der jüngere seinen<br />

Erbteil vorzeitig von seinem Vater.<br />

Er zieht dann weg und führt mit dem<br />

Geld ein Leben in Verschwendung<br />

und Genuss, das ihn aber immer<br />

tiefer in den Abgrund menschlicher<br />

Existenz drängt. Die Not leitet die<br />

Kehrtwende ein. Voller Reue kehrt<br />

er mit enormen Schulden beladen<br />

zum Hof <strong>des</strong> Vaters zurück - nachdem<br />

er sich zuletzt als Sauhirte verdingte.<br />

Er bittet ihn um eine Arbeit<br />

als Tagelöhner. Damit würde er seine<br />

Schulden abbezahlen können.<br />

Zum Entsetzen seines älteren und<br />

stets dem Vater ergebenen Bruders,<br />

wird er aber vom Vater, feierlich<br />

empfangen und erhält von diesem<br />

das beste Gewand, einen Ring und<br />

Schuhe. Aus der ursprünglichen<br />

Abkehr vom Vater kommt es zu einer<br />

Versöhnung mit ihm und einem<br />

unverhofften, glücklichen Ende dieser<br />

Geschichte. Seine Schulden,<br />

die er bitterlich abbezahlen musste,<br />

werden ihm dann erlassen und<br />

er wird ein freier Mann an der Seite<br />

seines Vaters.<br />

Der Begriff Schuld erscheint hier in<br />

diesem Kontext als der Verlust und<br />

die Verleugnung der königlichen<br />

Herkunft <strong>des</strong> Sohnes, die in Folge<br />

von der materiellen Verstrickung in<br />

der Welt aufgegeben wurde. Dieser<br />

Sohn ist dem Weiblichen Erscheinenden<br />

verfallen und verliert die<br />

Fühlung mit der Quelle, dem Reich<br />

<strong>des</strong> Vaters, <strong>des</strong> Verborgenen und<br />

Männlichen. Er verliert den göttlichen<br />

Atem durch die Bindung an<br />

der Welt. Leiden und Gebrechen aller<br />

Art kommen dadurch zustande.<br />

Im kontroversen „Evangelium <strong>des</strong><br />

vollkommenen Lebens“, das von<br />

Edmond Székeley übersetzt und<br />

zusammen mit Purcell Weaver im<br />

Jahre 1937 herausgegeben worden<br />

ist, finden wir eine interessante<br />

Deutung dieses Gleichnisses vor. In<br />

diesem Buch, das sich auf die Gesundheitslehren<br />

einer altslawischen<br />

und einer aramäischen Evangelien-<br />

Handschrift beruft, die in der Bibliothek<br />

<strong>des</strong> Vatikans von Székeley<br />

entdeckt worden ist, müssen diese<br />

Leiden (beschrieben im Kapitel<br />

Der verlorene Sohn) als körperliche<br />

Gebrechen und Qualen durchlebt<br />

werden. Sie werden aber durch die<br />

Gnade <strong>des</strong> Herrn auf 7 x 7 Tage abgekürzt.<br />

Im Friedensevangelium wird das<br />

Durchstehen dieser Leiden, als<br />

Buße zum Flussufer <strong>des</strong> Jordan<br />

verlegt. Somit rückt dieser Prozess<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 25


mit dem Motiv der Taufe zusammen.<br />

Die Menschen dort, die sich<br />

um Jesu und seine Jüngern scharen,<br />

gehen durch einen extremen<br />

Reinigungsprozess in deren Körper<br />

durch, der das angesammelte<br />

üble Gift zum Auswerfen bzw. Ausscheiden<br />

über die Körperöffnungen<br />

hervorbringt. Diese Reinigung geschieht<br />

über den Atemkörper,der<br />

sich zu seiner wahren göttlichen<br />

Bestimmung und Größe wieder<br />

findet. Die Agenzien, durch welche<br />

diese tiefe Leibreinigung stattfindet,<br />

werden als die Engel der Luft, <strong>des</strong><br />

Feuers, der Erde und <strong>des</strong> Wassers<br />

genannt. Die vier Elemente.<br />

In diesem bemerkenswerten Evangelium,<br />

das für fleischlose Kost und<br />

den liebevollen Umgang mit unseren<br />

Mitgeschöpfen plädiert, wird<br />

der Körper der Mutter Erde und der<br />

Geist dem himmlischen Vater zugewiesen.<br />

In der Seinseinheit mit<br />

den göttlichen Eltern erfährt der<br />

Mensch sein tiefes Heil. Die Taufe<br />

mit dem Wasser zentriert sich auf<br />

dieses Nacktsein <strong>des</strong> Menschen,<br />

der seiner himmlischen Heimat<br />

wieder gewahr wird und mit seinem<br />

ganzen Herzen und seiner Seele<br />

und Gemüt nach dem wahren Zuhause,<br />

mit großer Inbrunst und Hingabe,<br />

verlangt.<br />

Der Verfasser findet in diesem kleinen<br />

Büchlein einen wichtigen Kernsatz<br />

<strong>des</strong> christlichen Wegs wieder<br />

und die fehlenden Ansätze, die ihn<br />

erneuern können: Das Motiv der<br />

Anbetung und der Ansprache <strong>des</strong><br />

Weiblichen als Mutter Erde. Es ist<br />

ihm nicht so wichtig, ob der historische<br />

Kontext <strong>des</strong> Textes glaubwürdig<br />

ist oder nicht. Der Inhalt<br />

geht auf ein inwendigen Bedürfnis<br />

<strong>des</strong> westlichen Menschen nach<br />

einer Rückbesinnung zur Mutterschaft<br />

der Erde, die von einer ungeheuerlichen<br />

Brisanz in unserer Zeit<br />

begleitet wird, zurück. Man kann<br />

das religiöse Motiv als eine Äußerung<br />

<strong>des</strong> kollektiven Unbewussten<br />

in der heutigen westlichen Zivilisation<br />

betrachten. Die Akzeptanz körperlicher<br />

Erfahrung als Weg zur Verbindung<br />

mit dem göttlichen Ursprung. Dies<br />

stellt im Grunde den Weg <strong>des</strong> westlichen<br />

Menschen dar. Ein tiefes Hinabsteigen<br />

in die körperliche Welt,<br />

die ihm daraus als “Gereinigten“,<br />

“Getauften“ hervorkommen lässt.<br />

Die Öffnung <strong>des</strong> Atemkörpers und<br />

seine befreiende Ausdehnung zum<br />

oberen Firmament, ermöglicht dem<br />

Menschen einen Einblick in jene<br />

Welt zu haben, die ihn zu seiner<br />

wahren Bestimmung führen kann<br />

- als Pontifex, Brückenbauer zwischen<br />

Himmel und Erde, zwischen<br />

Geist und Materie.<br />

Das Gebet <strong>des</strong> „Vater-Unser“ bittet<br />

um die Lösung vom falschen Anhaften<br />

an das, was uns zurückhält, also<br />

an das, was uns, von der ursprünglichen<br />

Einheit abhält.<br />

Das Problem der falschen Bindung<br />

im zwischenmenschlichen Bereich<br />

stellt die größte Hürde auf diesem<br />

Weg. Jesus bestärkt uns Hass, Wut,<br />

Grimm, Neid und Missgunst, die in<br />

unserem Leben aufgrund schlechter<br />

Erlebnisse mit Menschen oder<br />

Ereignissen entstanden sind, durch<br />

die Freisprache derselben aufzugeben.<br />

Dieses Freisprechen, das als<br />

Vergeben bezeichnet wird, ist eine<br />

aktive Kraft.<br />

Jesus macht uns stark darauf aufmerksam,<br />

dass einzig der Herr uns<br />

erlösen kann; dieses Erlösen ist<br />

dennoch mit einer Bedingung verknüpft:<br />

So wie wir vergeben - also<br />

so wie wir fähig sind, uns aktiv lösen<br />

zu wollen von einer Bedingtheit, die<br />

andere Menschen oder Umstände<br />

an uns bindet. Das ist sehr wichtig<br />

und notwendig, richtig verstanden<br />

zu werden. Spirituelle Erfahrung hat<br />

sehr viel zu tun mit diesem Kernsatz<br />

gegenseitiger Lösung in unseren<br />

zwischenmenschlichen Beziehungen.<br />

Sie stellt eine unabdingbare<br />

Voraussetzung zur Nachfolge<br />

<strong>des</strong> Herrn dar. Wenn sie nicht erfüllt<br />

wird, dann gleicht der Suchende jenem<br />

Menschen, der Jesus darum<br />

bat, ihn noch vor einer möglichen<br />

Nachfolge als Jünger seinen Vater<br />

vorher noch beerdigen zu lassen.<br />

Jesus verglich ihn aber mit einem<br />

Toten, der unfähig war, das Reich<br />

Gottes zu erlangen.<br />

Der Ruf zur Nachfolge weckt das<br />

Lebendige in uns, dem mit einem<br />

großen und unbedingten Ja geantwortet<br />

werden sollte. Es handelt<br />

sich um einen Gehorsam besonderer<br />

Art, weil seine Wertigkeit so<br />

unendlich hoch einzustufen ist. Diese<br />

Nachfolge ruft den Menschen<br />

auf den Plan, der bereit ist, sein<br />

eigenes Kreuz zu tragen und einem<br />

Weg zu folgen, der ihn zur Heilung<br />

führt. Dann wird für den wandelnden<br />

Menschen während <strong>des</strong> Gehens<br />

derEinblick in eine verborgene Welt<br />

gewährt: Das Reich <strong>des</strong> Vaters, das<br />

Reich <strong>des</strong> Himmels, der “mitten<br />

unter euch“ ist. Dieses “unter uns“<br />

meint nicht “in uns“. Die Aussage<br />

“Unter euch“ lädt uns zu einem Weg<br />

zwischen mir und dir ein; ein Weg<br />

der Zwiesprache, die jene Essenz<br />

der christlichen Botschaft ist, den<br />

Jesu durch den Ausspruch: „Liebe<br />

deinen Nächsten wie dich selbst“,<br />

besonders betonte. Der „Du-Raum“<br />

in uns soll wachsen. „Du“ sagen ist<br />

Anrede, ist Atem, der aus sich herauszugehen<br />

weiß und dadurch den<br />

Menschen öffnet.<br />

Im Gegensatz hierzu tritt der „Ich-<br />

Raum“ als ein Selbstbezogensein in<br />

der Welt hervor, das ohne die Du-<br />

Ansprache der ständigen Gefahr<br />

der Stagnation und der Austrocknung<br />

ausgesetzt ist. Ein Fluss, der<br />

26 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


nicht mehr fließt, ist dem Untergang<br />

geweiht.<br />

Die Kunst, in uns selber dieses Du<br />

wachzurufen und im alltäglichen Leben<br />

zu pflegen und zu erhalten, verändert<br />

uns Menschen zutiefst.<br />

Im Buch der Schöpfung, im leiblichen<br />

Dasein, erfahren wir die tiefe<br />

Wahrheit unseres wahren Abbil<strong>des</strong>.<br />

Das christliche „Vater Unser“ kann<br />

als ein Weg zu diesem göttlichen<br />

Abbild betrachtet werden. Als Abbild,<br />

das Gott als ein Du, als ein Gegenüber,<br />

anzusprechen weiß.<br />

Das „Vater Unser“ enthält Kernsätze<br />

spiritueller Atemerfahrung. Es liegt<br />

in diesem Gebet eine Art verschlüsselte<br />

Aufzählung von wichtigen<br />

Empfehlungen vor, die vom Meister<br />

dem Schüler zur Tiefen - Erfahrung<br />

<strong>des</strong> Numinosums (ein Begriff von<br />

Rudolf Otto) weitergegeben wurden.<br />

Mit den folgenden Sätzen werde<br />

ich versuchen, einen kleinen Abriss<br />

von dem wiederzugeben, was<br />

ich als Atem-Exerzitien bezeichne.<br />

Sie eignen sich für die kontemplative<br />

Betrachtung <strong>des</strong> „Vater-Unser“<br />

als Atemgebet, als Gebet <strong>des</strong> atmenden<br />

Ursprungs im Menschen.<br />

„Unser Vater im Himmel!“<br />

Die Anerkennung <strong>des</strong> Vaters, der<br />

uns allen den Odem in der Nase einbläst,<br />

als eine Bewegung, die nicht<br />

von hier ist, nicht dem Diesseits<br />

zuzuordnen ist. Der Ursprung der<br />

atmenden Bewegung ist ein Impuls<br />

aus jenseitiger Quelle: Der auslösende<br />

Moment, der jedem Atemzug<br />

innewohnt. Leitsatz hierfür ist: “Es<br />

atmet in mir“. Es kommt und es geht<br />

unabhängig von meinem Willen. Es<br />

geschieht unablässig, überall und zu<br />

jederzeit. Alles atmet, Alles ist von<br />

seinem Odem erfüllt. Atem ist Leben<br />

und Leben kommt nicht von hier, es<br />

stammt nicht von dieser Welt, sondern<br />

vom Himmel, dem Ort <strong>des</strong> Vaters.<br />

Von dort kommt der Atem her,<br />

und er wird uns von Ihm in unsere<br />

Nasen eingeblasen. Unsere Bruderschaft<br />

und Schwesternschaft untereinander<br />

ist auf diesen jenseitigen,<br />

himmlischen Ursprung begründet.<br />

Diese Zugehörigkeit zur Atemgemeinschaft<br />

kommt im Gebet durch<br />

den Ausruf <strong>des</strong> “Unser“ zum Ausdruck.<br />

Damit wird ein Bekenntnis<br />

<strong>des</strong> Betenden zu dieser Gemeinschaft<br />

von Brüdern und Schwestern<br />

unter dem Ruf nach dem gemeinsamen<br />

All-Vater offenbar. Es handelt<br />

sich um ein Rufen nach dem<br />

Gehör aus der jenseitigen Quelle,<br />

dem verborgenen Ort <strong>des</strong> Vaters,<br />

der als unmerklicher, leiser Impuls<br />

zur Entstehung der Atemwelle im<br />

Körper führt.<br />

„Dein Name werde geheiligt“<br />

Dein ist nicht mir zugehörig. Dein ist<br />

Du-Wendung, ist außerhalb meiner<br />

selbst. Nicht in mir finde ich dich,<br />

sondern in der aktiven Anrede, also<br />

wenn ich dich anspreche. Name ist<br />

Wirkkraft und Zuordnung zugleich.<br />

Benennend tritt der Mensch in Erscheinung.<br />

Mit der Erscheinung wird die Eigenart,<br />

die Eigenschaft mit dem Nutzen<br />

<strong>des</strong> Wortes festgelegt. „Dein Name<br />

werde...„ Außerhalb meiner Reichweite<br />

werde Dein Name geheiligt,<br />

abgesondert aus dem allgemein<br />

Gültigen, aus dem rein kausalen<br />

und rationalen Standpunkt normierter<br />

Handlungen. Es entsteht<br />

ein Raum in mir, wodurch das geliebte<br />

Du vom Gewohnten ausgegrenzt<br />

wird. Gewohnheit neigt zum<br />

Stumpfsinn. Dem kann der Mensch<br />

nur durch Heiligung <strong>des</strong> großen Du<br />

als Wirkkraft der tätigen Atembewegung<br />

begegnen. Diese gilt Dir.<br />

„Dein Reich komme“<br />

Nachdem der Name in mir selber<br />

abgesondert, ja von mir abgetrennt<br />

wird (der Atem wird nicht mehr als<br />

mir zugehörig erkannt, sondern als<br />

ein selbstständiges „Du-Sein“, das<br />

in mir als Ursprung <strong>des</strong> Lebens, als<br />

innewohnende Quelle wirkt), bitte<br />

ich um das Kommen Deines Reiches.<br />

Das Kommen als ein von mir,<br />

Betenden, zu Empfangenden, also<br />

nicht willentlich zu Nehmenden.<br />

Das rezeptive Verhalten <strong>des</strong> Bittenden<br />

stellt die Voraussetzung für<br />

das Eintreffen <strong>des</strong> Reiches, das<br />

mit Seinem Namen verbunden ist:<br />

„Dein Reich“. Im Atemgeschehen<br />

beinhaltet dies das „Kommen-Lassen“<br />

<strong>des</strong> Atemstromes, das „Geschehen-<br />

Lassen“. Ein immer währen<strong>des</strong><br />

Kommen und Gehen, das<br />

mich durchflutet.<br />

In diesem empfangenden Raum<br />

kann sich das Kommen als Ereignis<br />

der Parusie manifestieren, die ihre<br />

messianischen Richtung anpeilt.<br />

„Wie ein Dieb in der Nacht“ wird<br />

dieser Vorgang zu erleben sein,<br />

völlig unerwartet und vollkommen<br />

überraschend.<br />

„Dein Wille geschehe wie im<br />

Himmel so auf Erden“<br />

Der Atemimpuls entspringt der<br />

himmlischen Quelle, die jenseitiger<br />

Natur ist. Dieser Impuls erhält uns<br />

am Leben. Leben ist aber am Diesseits<br />

orientiert. Leben geschieht im<br />

Hier und Jetzt. Erde ist Diesseits,<br />

Erde ist Körperraum, wo Atem sich<br />

ereignen kann. Der Atemimpuls,<br />

der von selbst kommt, ist aber unter<br />

unserem Willen beeinflussbar. Wir<br />

können den Rhythmus beschleunigen<br />

oder verzögern, wir können<br />

sogar den Atem, anhalten.<br />

Wille ist die Brücke zwischen dem<br />

Jenseitigen, dem Ort <strong>des</strong> Vaters<br />

und der Erde, das Diesseitige, das<br />

am Leben erhalten werden muss.<br />

Unser Körper braucht unbedingt<br />

den Atem um zu existieren. Mehr<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 27


als Nahrung und Wasser.<br />

Der Satz „wie im Himmel so auf<br />

Erden“ stellt eine Maxime <strong>des</strong> Handelns<br />

dar. Zuerst der Himmel dann<br />

die Erde. Aber es handelt sich hier<br />

wohl um ein Komparativ, also um<br />

einen qualitativen Gleichstand. Von<br />

was? Es heißt „Dein Wille“. Wieder<br />

bricht der „Du-Raum“ empor als<br />

erste Aufforderung. Nicht mein Wille,<br />

sondern Dein Wille geschehe,<br />

ereig​ne sich hier wie dort.<br />

Wir gehen also in zweifacher Weise<br />

aus uns heraus: Mit „Dein“ und<br />

mit „wie im Himmel“. Dort wo dein<br />

Name beheimatet ist, dort sollst Du<br />

Deine Absicht äußern, damit sie<br />

hier so wird wie dort.<br />

Erst wird der Atemimpuls als dem<br />

Jenseits zugehörig empfunden und<br />

soll als Name <strong>des</strong> Herrn geheiligt<br />

werden. Der Raum wird in uns offen<br />

werden für das Ereignis <strong>des</strong><br />

Kommens Seines Reiches. Dieses<br />

Eintreten ruft das Manifestieren<br />

eines Willens hervor, das nicht in<br />

mir, sondern im inneren „Du-Raum“<br />

zu vernehmen ist.<br />

Die weitere Bitte richtet sich an die<br />

Angleichung dieser jenseitigen Bewegung<br />

mit dem diesseitigen Leben<br />

zu einer Einheit <strong>des</strong> Willens,<br />

das sich beim Betenden bilden soll.<br />

Wir hören auf den schöpferischen,<br />

unwillkürlichen Atemimpuls, wir<br />

stimmen uns auf diesen Raum,<br />

der sich in uns ereignet und uns<br />

mit sich hinein nehmen kann. Das<br />

Kommen <strong>des</strong> Reiches soll die Absicht<br />

von “drüben“, vom Verborgenen,<br />

mitbringen.<br />

„Unser tägliches Brot gib uns<br />

heute.“<br />

Wenn dies erfüllt wird, dann wird,<br />

dem Menschen wahre Nahrung zuteil:<br />

Den göttlichen Atem als Brot,<br />

das täglich eingenommen wird.<br />

„Unser tägliches Brot“ eröffnet uns<br />

die Wahrheit, dass diese Nahrung<br />

für uns alle da zu sein hat. Für dich<br />

und für mich. Für uns.<br />

„Gib uns“ macht uns wieder passiv<br />

im Empfangen. „heute“ ist jetzt. „Gib<br />

uns heute“ heißt unmittelbar jetzt,<br />

in diesem Augenblick. Wir bitten für<br />

unsere Brüder und unsere Schwestern.<br />

Es handelt sich nicht um ein<br />

Ich, sondern um ein “Uns“, dem das<br />

Brot <strong>des</strong> Lebens zugeteilt werden<br />

soll. Gib uns heute das, was uns alle<br />

miteinander am Leben erhält. Ohne<br />

dieser liebende Anteilnahme am Du<br />

kann die spirituelle Leiberfahrung<br />

nicht zu Ende geführt werden. Der<br />

Schritt zum Wir bringt das komplexe<br />

Beziehungsgeflecht zwischen uns<br />

und unseren zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen zum Vorschein.<br />

Die Einheit im Atem erfordert von<br />

uns die Entbindung von einer Art<br />

der Anhaftung, die uns hindert, zum<br />

Ziele zu gelangen.<br />

„Und vergib uns unsere Schuld,<br />

wie wir auch vergeben unsern<br />

Schuldigern“<br />

Vorhin war „wie im Himmel so auf<br />

Erden“. Hier taucht dieses “wie“ in<br />

dem folgenden Gebetspassus: „wie<br />

auch wir vergeben“ auf. Vergeben<br />

heißt gehen lassen. Das, was der<br />

Atem mit sich bringt. Nicht sein initialer,<br />

schöpferischer Impuls, sondern<br />

das, was auf ihn lastet, als<br />

Gewicht, Last oder gar Bürde. Wir<br />

machen uns los von den Gedanken<br />

<strong>des</strong> Gegenausgleiches. Statt<strong>des</strong>sen<br />

sprechen wir all unsere gescheiterten<br />

oder erschwerten Atembeziehungen<br />

mit ihren Erscheinungen<br />

von Grimm, Groll, Missgunst oder<br />

Neid frei. Es ist eine aktive Hingabe<br />

damit verbunden. Ein Hingebenwollen<br />

unter dem Aufruf seiner Vergebung,<br />

die als Gnade, als ein Kommen<br />

zu erwarten ist.<br />

Der Atem kommt und geht. Dazwischen<br />

ist Raum, ist eine Pause, die<br />

den Rhythmus skandiert. Ein Raum,<br />

aus dem das Einatmen kommt und<br />

ein Raum, wohin das Ausatmen<br />

geht. Wenn wir die Augen zuschließen,<br />

wird dieser Raum unermesslich<br />

groß: Ein Atemraum, eingespannt<br />

zwischen dem Jenseitigen, aus dem<br />

der Atem kommt, und dem Diesseitigem<br />

zu dem der Atem, hingeht und<br />

wieder umgekehrt.<br />

Gebundener Atem bzw. Atembindung,<br />

ist ein Hindernis auf dem Weg<br />

zur Heilerfahrung „Deines Namens“,<br />

zur Einkehr und Einwohnung <strong>des</strong><br />

Numinosums im Leib. Der „Du-<br />

Raum“ außerhalb von uns stellt die<br />

Grundlage dieser Erfahrung dar, die<br />

als gereinigte Stätte zu pflegen ist.<br />

Es tut not, dieses „Du“ aus dem<br />

ganzen Herzen zu sagen und sich<br />

nach ihm von der ganzen Seele zu<br />

sehnen.<br />

„Und führe uns nicht in Versuchung,<br />

sondern erlöse uns von<br />

dem Bösen.“<br />

Wenn dieser „Du-Raum“ in mir abgesondert<br />

und vom geheiligten<br />

Atem gereinigt wurde, ruft er unwiderruflich<br />

die Versuchung auf den<br />

Plan. Diese Versuchung konfrontiert<br />

den Betenden, mit seinem eigenen<br />

Schatten und dieses Dunkel hat einen<br />

Namen: „Macht“.<br />

Die Macht kommt dem Betenden<br />

durch den Zuwachs an Kraft entgegen,<br />

den er durch die Freigabe<br />

von schlechten Atembindungen am<br />

eigenen Leib erfuhr. Es handelt sich<br />

um einen Wachstumsprozess, eine<br />

Verwirklichung von “Atempotenz“.<br />

Durch den Zugang zum göttlichen<br />

Namen kommt die letzte Hürde auf<br />

dem Weg <strong>des</strong> atmenden Gebets<br />

zum Vorschein. Sie ist Teil <strong>des</strong> göttlichen<br />

Plans und verlangt nach der<br />

Aufgabe von eigenem Machtstreben,<br />

von eigener Willkür. Die Teilhabe<br />

am Reich Gottes bedeutet bereits<br />

einen Zugang zum Jenseitigen<br />

im Diesseitigen zu erlangen. Diese<br />

28 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Heilungsdaten<br />

Dezember-März<br />

2010/2011<br />

Anteilnahme verlangt aber die Bereitschaft<br />

<strong>des</strong> Betenden der Versuchung<br />

eigener Macht standzuhalten<br />

und ihrem Missbrauch nicht zu erliegen.<br />

„Denn dein ist das Reich und die<br />

Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“<br />

Der Weg, dieser Versuchung zu<br />

widerstehen, führt zur Aufgabe eigenen<br />

Macht- und Eigensinn-Anspruches.<br />

Dies erkennt der Betende<br />

über die Zuordnung von der erfahrenen<br />

Kraft der Vaterschaft im Himmelreich<br />

an.<br />

Die Quelle <strong>des</strong> Atemstromes ist im<br />

Ort <strong>des</strong> Vaters zu suchen. Von dort<br />

entsteht jeder Atemimpuls neu. Diese<br />

Quelle liegt inmitten <strong>des</strong> Reiches.<br />

Das Reich Gottes ist aber mitten<br />

unter uns. Nicht in mir und auch<br />

nicht in dir, sondern in der Mitte, im<br />

Zwischenraum. Hier bewegt sich<br />

der Atem und hier wird der Atem<br />

bewegt. Das ist die Stätte der Kraft<br />

und der Herrlichkeit. Der Ort Seines<br />

Namens, den der Betende vorher<br />

anrief.<br />

Im Buch der Schöpfung, im leiblichen<br />

Dasein, erfahren wir die tiefe<br />

Wahrheit unseres wahren Abbil<strong>des</strong>.<br />

Das christliche Vater Unser kann als<br />

ein Weg zu diesem göttlichen Abbild<br />

im Atemvorgang gesehen werden.<br />

Ein Weg, der während <strong>des</strong> Atmens<br />

für den Atmenden den Einblick in<br />

eine verborgene Welt gewährt: Das<br />

Reich <strong>des</strong> Vaters, das Reich <strong>des</strong><br />

Himmels, der mitten unter uns ist.<br />

Von diesem Reich entspringt das<br />

Wasser <strong>des</strong> Lebens, das Spiritum<br />

Vitae, das uns am Leben erhält.<br />

(Der Verfasser dieses Artikels, Victor<br />

Robert, stellt sich zum Gedankenaustausch<br />

bzw. Fragen der LeserInnen<br />

zur Verfügung. Falls es von<br />

der Leserin bzw. Leser erwünscht,<br />

können Sie mit ihm direkt Kontakt<br />

aufnehmen.<br />

(victor.robert@t-online.de).<br />

Auch eignet sich hierzu unser „Forum“<br />

auf den internen RCF-Studentenseiten<br />

www.rosen-kreuzer.eu).<br />

„Schaffe mir, Gott, ein reines Herz,<br />

und gib mir einen neuen, gewissen Geist“<br />

Monat<br />

Dez 1. 7. 15. 22. 28.<br />

Jan 4. 11. 18. 24. 31.<br />

Feb 7. 14. 21. 27.<br />

März 6. 14. 20. 26.<br />

Gemeinsamer Heilungsdienst<br />

Jede Woche, wenn der Mond in ein kardinales Zeichen<br />

tritt, versammeln sich auf der ganzen Welt die<br />

Freunde <strong>des</strong> RCF (Rosicrucian Fellowship), um<br />

durch ernsthaftes Beten geistige Heilkraft vom Vater<br />

zu erbitten.<br />

Wenn auch Du Dich daran beteiligen möchtest,<br />

versuche Dich an den Heilungstagen um 18.30 Uhr<br />

(19.30 Sommerzeit) an einem geeigneten Ort zu<br />

entspannen und konzentriere Dich mit aller Kraft<br />

Deiner Gedanken in Gemeinschaft mit allen Freunden<br />

auf das Göttliche in Dir.<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 29


Max Heindel<br />

Biografie<br />

von Ger Westenberg<br />

Teil 10<br />

ERBAUER,<br />

MATERIELL UND GEISTIG<br />

Am Montag, den 30. Oktober 1911, versammelte<br />

Max Heindel seine Zimmerleute und ließ sie vom<br />

Kutscher zu dem nicht ganz zweieinhalb Kilometer<br />

entfernten Gelände der Gemeinschaft bringen. Am<br />

nächsten Tag kam Herr Rollo Smith, der seit einiger<br />

Zeit auf der Heilungsliste stand, als erstes Mitglied<br />

um zu helfen. Einige Zeit später meldete sich auch<br />

Charles Warmholz, um beim Bau behilflich zu sein.<br />

Rollo Smith, 1862-1930<br />

Während die Männer den ganzen Tag auf der Baustelle<br />

beschäftigt waren, kümmerten sich die drei<br />

Frauen im Haus um die vielen Briefe und Buchbestellungen.<br />

Mittlerweile waren aus Ocean Park die<br />

Frachtbriefe der ersten Auflage der Rosenkreuzer-<br />

Mysterien und die dritte Auflage der Weltanschauung<br />

der Rosenkreuzer weitergeschickt worden. Da<br />

diese Auslieferung so verspätet erfolgte, war es<br />

drei Monate lang nicht möglich gewesen, die Bestellungen<br />

abzuwickeln. Jetzt war es eine schwere<br />

Aufgabe, rund viertausend Bücher in dem Vier-<br />

Zimmer-Häuschen zu lagern, in dem auch noch<br />

vier Personen wohnten. Die schweren, mit Büchern<br />

gefüllte Kisten mussten in einem Schuppen untergebracht<br />

werden, der über einen mit dem Haus verbundenen<br />

Zugang zu erreichen war. Nacheinander<br />

wurden die Kisten von den Frauen geöffnet, die Bücher<br />

Stapel um Stapel ausgepackt und versandfertig<br />

gemacht. Wenn eine große Menge eingepackt<br />

worden war, wurden sie in einer altmodischen, von<br />

einem alten, räudigen Pferd gezogenen Karren, zur<br />

Expresssannahme <strong>des</strong> Postamts gefahren. Frau<br />

Heindel saß dann neben dem alten Fuhrmann auf<br />

dem hohen Sitz <strong>des</strong> Wagens, um beim Entladen<br />

am Santa Fé Bahnhof zu helfen. Auch unterstützte<br />

sie die Angestellten dabei, die Pakete ins Expressbuch<br />

einzutragen.<br />

Derartige Mengen von Post- Ein- und Ausgängen<br />

waren für Oceanside ungewöhnlich, und Neugierige<br />

begannen sich bereits darüber zu erkundigen.<br />

In Oceanside gab es nur sehr wenig Fremde, und<br />

diese wenigen waren nicht willkommen.<br />

30 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4


Der Ort war ursprünglich um zwei,<br />

miteinander verheirateten, Familien,<br />

herum gewachsen, und jeder, der<br />

nicht mit ihnen verwandt war, war<br />

von ihnen unerwünscht. Die Geisteshaltung<br />

war aus einer Antwort<br />

zu erkennen, die einer der Inhaber<br />

der bedeutendsten Geschäfte auf<br />

eine Frage gab: „Und, Herr X., finden<br />

sie es nicht gut, dass Fremde<br />

kommen und sich hier niederlassen?“<br />

Der Geschäftsmann bemerkte:<br />

„Oh, nein, wir wollen keine Fremden<br />

bei uns haben. Es war so schön,<br />

als jeder jeden anderen kannte. Wir<br />

fühlten uns wie eine große Familie.“<br />

In der Zwischenzeit war Bedelia<br />

wieder fahrtüchtig gemacht worden.<br />

Max Heindel, der in seinem billigen,<br />

braunen Zehn-Dollar-Kordanzug<br />

gekleidet war, lenkte dieses Auto.<br />

Zusammen mit Rollo Smith fuhr er<br />

mehrfach nach Mount Ecclesia und<br />

zurück. Ihre Verpflegung war in einer<br />

Tasche verpackt.<br />

Max Heindel während der Bauarbeiten<br />

im Jahr 1913<br />

Rollo Smith stellte die meisten der<br />

Möbel her. So machte er die Tische<br />

und Schreibpulte für das Büro und<br />

die Tische für das Esszimmer, alle<br />

aus Mammutholz. Die Tische im<br />

Zimmer von Herrn und Frau Heindel<br />

wurden ebenfalls aus diesem schönen<br />

roten Holz <strong>des</strong> Sequoiabaumes<br />

hergestellt.<br />

Innerhalb von achtundzwanzig Arbeitstagen<br />

wurde das erste Gebäude<br />

bezugsfertig, sodass Heindels<br />

am Montag, den 27. November<br />

1911, einziehen konnten. Das Holzwerk<br />

war noch nicht gestrichen, und<br />

nur die Zimmer, in denen geschlafen<br />

wurde, hatten Fenster. Der Rest<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> war noch offen, hatte<br />

noch keine Türen und keine Fenster.<br />

Als nachts das Mondlicht in die<br />

vorhanglosen Räume fiel, brachten<br />

Erstes Gebäude auf Mount Ecclesia<br />

die Kojoten oder Präriewölfe ein<br />

Ständchen dar. Zeitweise heulten<br />

fünfzehn bis zwanzig dieser Tiere<br />

melancholisch zum Mond hinauf.<br />

Obwohl sie selten Menschen angriffen,<br />

richteten sie doch großen Schaden<br />

unter den kleineren Nutztieren<br />

an. Herr Rollo Smith konnte gerade<br />

noch so lang bleiben, um sich ein<br />

wenig an der endgültigen Fertigstellung<br />

<strong>des</strong> Hauses zu beteiligen.<br />

Da seine Frau erkrankt war, musste<br />

er sehr bald nach Hause zurückkehren.<br />

Über ihn ist im monatlichen Brief an<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 31


Studenten von 1. Mai 1938 berichtet<br />

worden: „Er [Smith] war ein fortgeschrittener<br />

Prüfling, der von Anbeginn<br />

an mit der Arbeit verbunden<br />

gewesen ist. Kurz vor Fertigstellung<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> durfte er im oberen<br />

Stockwerk in ein Zimmer einziehen.<br />

Eines Morgens war er beim<br />

Frühstuck sehr niedergeschlagen.<br />

Auf die Frage, ob er krank sei, antwortete<br />

er, dass er in der ganzen<br />

Nacht ein schreckliches Erlebnis<br />

mit einem Dämon gehabt habe, der<br />

ihm nicht zu schlafen erlaubte. Er<br />

hatte große Angst vor ihm und hat<br />

mit aller Macht mit ihm gekämpft.<br />

Dabei dachte er, dass es ein Elemental<br />

sei. Max Heindel ergriff<br />

sogleich das Wort und sagte ihm,<br />

dass es sein Hüter der Schwelle sei<br />

[und] dass er versucht habe, seine<br />

[Smiths] Aufmerksamkeit auf sich<br />

zu lenken und ihm zu sagen, dass<br />

er sich vor ihm nicht zu fürchten<br />

brauche. Aber dass Herr Smith vor<br />

Angst für jede Hilfe verblendet sei.<br />

Daraufhin fragte Herr Smith, welche<br />

Folge seine Ängstlichkeit, sein<br />

Kampf und die Weigerung, den<br />

Wächter zu erkennen, sein würden.<br />

Herr Heindel antwortete, dass<br />

er die Gelegenheit versäumt habe,<br />

den Wächter zu besiegen, und<br />

dass ihn der Wächter in diesem Leben<br />

nicht zur Last fallen werde.“<br />

Im Haus waren nun alle Rahmen<br />

und Türen eingesetzt und für die<br />

Küche und das Speisezimmer ein<br />

einfaches Mobiliar erstellt. Hierfür<br />

wurden Abfallstücke, passend zum<br />

roten Holz, verwendet.<br />

Das Gebäude war so aufgegliedert,<br />

dass im östlichen Teil zwei, durch<br />

einen großen Wäscheschrank,<br />

getrennte, Zimmer eingerichtet<br />

werden konnten. Unter Verwendung<br />

von Sprungfedern wurden<br />

32 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4<br />

versenkbare Betten hergestellt und<br />

auf selbstgemachten, etwa zehn<br />

Zentimeter hohen, mit Rollen versehenen<br />

Füßen postiert, sodass sie<br />

von beiden Seiten unter den großen<br />

Schrank gerollt werden konnten.<br />

Nachts wurden diese Räume von<br />

Herrn und Frau Heindel als Schlafzimmer<br />

genutzt, tagsüber dienten<br />

sie ihnen als Wohn- und Arbeitszimmer,<br />

in denen sie die Gäste empfingen<br />

und den Großteil ihrer Schreibarbeit<br />

erledigten.<br />

Herrn Heindels Raum war mit einem<br />

Badezimmer verbunden. Bevor ein<br />

Bad genommen werden konnte,<br />

musste in der Küche auf einem Gasolinofen<br />

Wasser erwärmt werden,<br />

da es auf dem abgelegenen Grundstück<br />

weder Gas noch Elektrizität<br />

gab.<br />

Im mittleren Teil <strong>des</strong> langen Gebäu<strong>des</strong><br />

befanden sich Esszimmer und<br />

Küche.<br />

Das obere Stockwerk war in fünf<br />

Zimmer eingeteilt, von denen je<strong>des</strong><br />

mit einem Bett, einem selbsterstellten<br />

Waschbecken und einer einfachen<br />

kleinen Spüle ausgestattet<br />

war.<br />

Mr. Smith hatte alle Möbel aus dem<br />

Mammutholz angefertigt. Diese waren<br />

mit den Resten der Farbe, die<br />

für die Anstriche der Außenwände<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> verwendet worden<br />

waren, braun gestrichen worden.<br />

An einem Montag gab es Schwierigkeiten<br />

mit dem Aufstellen von<br />

Masten für die Telefonleitung. Die<br />

Telefongesellschaft war gebeten<br />

worden, eine Verbindung herzustellen.<br />

Sie konnte aber nur eine Leitung<br />

legen, die „Bauernleine’ genannt<br />

wurde. Die Masten hatte man selbst<br />

aufzurichten und die Kosten für die<br />

Kabel zu übernehmen, die mit vier<br />

Bauern zu teilen waren, die an einer<br />

Leitung angeschlossen wurden.<br />

Einer der Bauern weigerte sich, die<br />

Rosenkreuzer-Gemeinschaft zuzulassen.<br />

Doch die Vorurteile konnten<br />

dann doch überwunden und die Leitung<br />

angeschlossen werden.<br />

Bedelia, das Auto, musste wieder<br />

einmal repariert werden. Dadurch<br />

entstanden verschiedene Probleme.<br />

Beispielweise war der Lebensmittelhändler<br />

nicht bereit, seine Waren<br />

von Oceanside bis zum entfernten<br />

Mount Ecclesia zu liefern.<br />

Bei einem in der Nähe eines Abhangs<br />

errichteten Gebäu<strong>des</strong> war<br />

ein Platz, der sich als Schuppen<br />

eignete. Es wurde beschlossen, Bedelia<br />

dort abzustellen.<br />

Das Auto hatte keinen Selbstanlasser.<br />

Max Heindels Herz war es nicht<br />

dienlich, das altersschwache Auto<br />

je<strong>des</strong>mal anzukurbeln. So blieb<br />

Frau Heindel nichts anderes übrig,<br />

als selber zu Fuß nach Oceanside<br />

zu gehen und Lebensmittel einzukaufen.<br />

Für zehn Cent war der alte<br />

Fahrer <strong>des</strong> Postautos bereit, sie mit<br />

ihren Einkäufen im Auto mitzunehmen,<br />

wenn er die Post zustellte.<br />

Milch konnte von einem Nachbarn<br />

beschafft werden.<br />

Es war keine einfache Angelegenheit,<br />

die richtigen vegetarischen<br />

Nahrungsmittel zu erhalten. Deshalb<br />

entschloss sich Frau Heindel,<br />

Melone-, Gurken- und verschiedene<br />

andere Gemüsesamen zu kaufen.<br />

Sie säte sie an einer schattigen Stelle<br />

aus, von der sie annahm, dass<br />

diese nicht so schnell austrocknen<br />

würde. In Kalifornien regnet es normalerweise<br />

in den Wintermonaten.


Doch im Winter 1911/12 litt dieses<br />

Land unter einer Dürre. Kein Regentropfen<br />

fiel, so dass nichts geerntet<br />

werden konnte.<br />

Am nordwestlichen Rand von Mount<br />

Ecclesia standen zwei große Wassertürme,<br />

die Oceanside mit Wasser<br />

versorgten. Aufgrund der Dürre<br />

waren sie in jenem Jahr jedoch nur<br />

knapp mit Wasser gefühlt, so dass<br />

auf Mount Ecclesia kaum Wasser<br />

in die Badwanne floss, wenn der<br />

Wasserhahn aufgedreht wurde.<br />

Um diesen Notstand zu beenden,<br />

entschloss sich Max Heindel nach<br />

mehrtätigen Überlegungen, unter<br />

dem Haus einen Tank mit einem<br />

Fassungsvermögen von etwa 190<br />

Litern zu installieren. Der Tank wurde<br />

durch eine Rohrleitung mit dem<br />

Hauptrohr verbunden und eine Wasseruhr<br />

angeschlossen. Durch ein<br />

Absperrventil konnte die Wasserzufuhr<br />

unterbrochen werden, wenn<br />

der Tank voll war. Ein weiterer Tank<br />

mit einem Fassungsvermögen von<br />

etwa 90 Litern wurde anschließend<br />

im Erdgeschoss installiert. Aus dem<br />

Kellertank konnte nun Wasser nach<br />

oben in den Tank unter dem Dach<br />

gepumpt werden. Um ausreichend<br />

Wasser zu haben, musste dieser<br />

aber jeden Tag nachgefüllt werden.<br />

Nach einigen heftigen Regenfällen<br />

säte Frau Heindel zu Frühjahrsbeginn<br />

1912 an Stellen, an denen<br />

sich die beste Erde befand, erneut<br />

Tomaten und Möhren. Als die Samen<br />

gekeimt hatten und die kleinen<br />

Pflanzen wuchsen, wurden sie von<br />

Unkraut überwuchert, so dass Frau<br />

Heindel jäten musste. Allerdings<br />

konnte sie nur ihre linke Hand benutzen,<br />

da ihre rechte Hand vom vielen<br />

Schreibmaschineschreiben, Packen<br />

und Schrubben angeschwollen und<br />

ziemlich kraftlos geworden war.<br />

Als Max Heindel zufällig vorbeikam,<br />

machte ihn der Anblick so unglücklich,<br />

dass er seine Hilfe anbot. Als<br />

Stadtmensch, der Gartenarbeiten<br />

nicht gewöhnt war, musste ihm erst<br />

klargemacht werden, was Tomatenund<br />

Möhrepflänzchen sind und welche<br />

Pflänzchen Unkräuter waren.<br />

Wegen seines Herzens konnte er<br />

sich nicht gut bücken, so dass er<br />

sich auf eine kleine Kiste setzte.<br />

Er riss dann aber mehr Kartoffelund<br />

Möhrenpflänzchen als Unkraut<br />

aus und bemerkte dabei, dass er<br />

wohl mehr störe als helfe und besser<br />

mit dieser Tätigkeit aufhören<br />

sollte. Glücklicherweise kam Hilfe.<br />

Charles Swigert, der Sekretär,<br />

traf, aus Yakima kommend, ein, um<br />

Mount Ecclesia zu besuchen. Er<br />

übernahm das Jäten und das erforderliche<br />

Umsetzen der kleinen Tomatenpflanzen.<br />

Ein Nachbar wurde<br />

gebeten, am Hügel einen Abhang<br />

umzugraben, in den die Pflanzen<br />

eingesetzt und angegossen werden<br />

konnten. Doch welcher Anblick begrüßte<br />

die Bewohner am nächsten<br />

Morgen! Nur zwei einsame Möhrenpflänzchen<br />

waren übrig geblieben;<br />

Kaninchen hatten die anderen<br />

Max Heindel, um 1913 Herr Heindel mit Smart, 1913<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 33


aufgefressen. Daraufhin wurde ein<br />

neunzig Zentimeter hoher Drahtzaun<br />

errichtet. Trotz Wassermangel<br />

wurde am Abhang erneut gepflanzt.<br />

Das Ergebnis war eine gute Gemüseernte.<br />

Von seinem Zimmer aus konnte<br />

Max Heindel den Garten und das<br />

Tal San Luis Rey überblicken. Eines<br />

Morgens rief er beim Ankleiden seine<br />

Frau herein und bat sie, aus seinem<br />

Fenster zu blicken. Im Garten<br />

sahen sie einen großen Jack-Hasen,<br />

von denen viele im westlichen<br />

Teil Nordamerikas leben. Diese<br />

Hasen sind viel größer als das kleine<br />

amerikanische Wildkaninchen.<br />

Sie kommen nicht so häufig vor,<br />

so dass der Besuch eine wirkliche<br />

Überraschung darstellte. Das Tier<br />

verzehrte gerade Möhren, die somit<br />

wieder verloren waren. Frau<br />

Heindel ging die Treppe hinunter<br />

und holte einen unter dem Haus<br />

liegenden große Holzspan, um den<br />

Hasen wegzujagen. Der erhielt damit<br />

eine kräftige Abreibung und war<br />

so erschrocken, dass er über den<br />

Zaun sprang. Man erwartete, dass<br />

er daraus eine Lehre ziehen werde.<br />

Aber nein. Am nächsten Morgen<br />

befand er sich wieder im Gemüsegarten.<br />

Um dieses Problem endgültig<br />

zu lösen, schaffen sich Heindels<br />

zur Bewachung <strong>des</strong> Gartens einen<br />

Hund an.<br />

Zwei Neffen von Frau Heindel hatten<br />

auf einer Straßen in Los Angeles<br />

einen streunenden Hund<br />

gefunden und bei sich aufgenommen.<br />

Es war ein braves, weißes<br />

Tier mit einem Blick in den Augen,<br />

der das Herz eines jeden, der ihn<br />

anschaute, schmelzen ließ. Dieses<br />

Hündchen wurde „Smart“ genannt,<br />

was gewitzt oder klug bedeutet.<br />

34 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4<br />

Dieser Name war sehr passend.<br />

Denn Smart jagte die Kaninchen in<br />

das auf dem Abhang wachsende<br />

Gebüsch, fing jedoch niemals eines<br />

von ihnen. Danach kehrte er oft mit<br />

Zecken zurück, die er nicht loswerden<br />

konnte. Frau Heindel fiel daher<br />

die Aufgabe zu, ihn von den Zecken<br />

zu befreien und ihn zu baden. Sein<br />

größtes Vergnügen, das er niemals<br />

versäumte, war sein abendlicher<br />

Spaziergang mit Herrchen und<br />

Frauchen. Später aber wurde Smart<br />

eher eine Plage, als eine Hilfe. So<br />

nahm ihn 1913 eine Teilnehmerin<br />

der Sommerschule, Frau Kittie<br />

Skidmore Cowen, mit zu sich nach<br />

Mountain Home in Idaho.<br />

Im Jahr 1912 verließen die beiden<br />

Mitarbeiterinnen am Tag vor Ostern<br />

die Weltzentrale, so dass Herr und<br />

Frau Heindel alleine zurückblieben.<br />

Es folgte eine prächtiger, sonnenüberfluteten<br />

Ostertag. Nach dem<br />

Gottesdienst wurde der Vormittag<br />

mit weiterem Anstreichen und Beizen<br />

der Möbel verbracht, und am<br />

Nachmittag waren einige notwendige<br />

Büroarbeiten zu erledigen.<br />

Im März 1912 wurde ein Gärtner<br />

eingestellt, so dass man sich in<br />

Mount Ecclesia selbst mit Gemüse<br />

und Obst versorgen konnte. Der<br />

Gärtner begann, einen Obstgarten<br />

und einen Garten anzulegen. An der<br />

vorderen Veranda pflanzte er Rosen<br />

und einige Weinreben. Außerdem<br />

setzte er eine Reihe kleiner Eukalyptusbäume.<br />

Alles begann nun ansprechender<br />

auszusehen. Allmählich verschönerten<br />

einige kleine, alljährlich wiederkommende<br />

Blumen die Wegesränder<br />

und den Kreis, in dem das<br />

Kreuz beim ersten Spatenstich aufgestellt<br />

worden war. Herrlich gestaltete<br />

sich eine Reihe von Geranien,<br />

die bald in voller Blüte stand. Diese<br />

Blumen wachsen in Kalifornien so<br />

rasch wie Unkraut. Auch die Tomaten<br />

gediehen gut, so dass sie reiche<br />

Ernte ermöglichten.<br />

Im Jahr 1912 hatten Prüflinge aus<br />

der Stadt Seattle in Washington ein<br />

aus Metall erleuchtetes Emblem für<br />

Außen angefertigt und es mit der Eisenbahn<br />

zur Weltzentrale gesandt.<br />

Im Spätherbst wurde Max Heindel<br />

von seinem Lehrer gebeten, im<br />

Sommer 1913 eine Sommerschule<br />

zu öffnen. Da es nur ein Gebäude<br />

mit höchstens sieben Schlafzimmern<br />

gab, war bis dahin noch vieles<br />

zu tun und zu regeln.<br />

Zum Schutz von Mount Ecclesia<br />

hatten Herr und Frau Heindel beschlossen,<br />

einen Rechtsstatus zu<br />

schaffen, um als Bevollmächtigte<br />

handeln zu können. Am 13. Dezember<br />

1912 war der Notar Herr Payne<br />

mit drei Assistenten aus San Diego<br />

gekommen, um die Akte zu erstellen.<br />

Dabei wurde festgelegt, dass<br />

der Name „The Rosicrucian Fellowship“<br />

sein sollte, und dass ein Kolleg<br />

oder eine Schule zum Studium der<br />

Rosenkreuzerlehre zu gründen sei.<br />

Nach dem Pflücken der Tomaten<br />

wurden die noch grünen und die reifen<br />

Früchte auf der Bank unter dem<br />

Haus gelagert. Außerdem wuchs im<br />

Garten für den ganzen Winter genügend<br />

Gemüse. Doch es kam ein unerwartetes<br />

Ereignis. Am 2. Januar<br />

1913 fiel die Temperatur beträchtlich<br />

und Kalifornien erlitt eine der kältesten<br />

Nächte seit 1848. Das Wasser<br />

in den Wasser- und Abflussrohren<br />

im Badezimmer gefror. Im Garten<br />

erfror bis auf eine Reihe grüner<br />

Erbsen das gesamte, noch nicht gereifte<br />

Gemüse. Auch die Weinreben,


Die Gordonpresse<br />

die Rosen und die Geranien verdarben<br />

und die köstlichen Tomaten unter<br />

dem Haus wurden zu Eisklumpen.<br />

Alles musste neu angepflanzt<br />

werde. Da es sehr wenig Wasser<br />

gab, war die Lage zunächst äußerst<br />

bedrückend. Doch bald folgten dem<br />

Frost einige sehr heftige Regenfälle,<br />

durch die der Boden für die Neuanpflanzungen<br />

gut vorbereitet wurde.<br />

Im Januar sollte die erste Lektion<br />

<strong>des</strong> Anfängerkurs in Astrologie gedruckt<br />

werden. Doch aus Oceanside<br />

kam die Nachricht, dass der einzige<br />

Drucker und Herausgeber dieses<br />

Ortes nicht mehr dazu in der Lage<br />

sei, diese monatlichen Schriften zu<br />

drucken, da das Falten und Heften<br />

für ihn mit zuviel Arbeit verbunden<br />

sei. Daraufhin entschloss sich Max<br />

Heindel, die Herstellung selbst vorzunehmen.<br />

Ursprünglich wurde dafür<br />

die alte Druckerpresse verwendet.<br />

Da sie jedoch inzwischen zu<br />

altmodisch geworden war, fuhren<br />

Heindels nach Los Angeles und<br />

kauften dort mit Ratenzahlung eine<br />

kleine Gordon-Akzidenz-Druckerpresse,<br />

die mit Fußkraft betrieben<br />

werden konnte. Als diese einige Monate<br />

später durch ein Unternehmen<br />

geliefert wurde, stellte man fest,<br />

dass sie nicht durch die Tür passte.<br />

So sehr sich Max Heindel und der<br />

Mann <strong>des</strong> Expressbüros auch abmühten,<br />

sie schafften es nicht und<br />

so musste die Presse draußen stehen<br />

bleiben.<br />

Während sich Frau Heindel am<br />

nächsten Morgen um das Frühstück<br />

kümmerte, saß Herr Heindel auf der<br />

Veranda und überlegte, wie das Gerät<br />

ins Haus geschafft werden könne.<br />

Die einzige Lösung schien zu<br />

sein, aus Oceanside einen Tischler<br />

kommen zu lassen, der die Türpfosten<br />

herausnehmen sollte, sodass<br />

die Maschine an den vorgesehen<br />

Platzt gebracht werden könnte.<br />

Während Herr Heindel in dieser<br />

Weise über eine Lösung nachdachte,<br />

kam auf der langen Zufahrt<br />

von der Straße zum Haus ein Landstreicher<br />

herauf gehinkt und fragte,<br />

ob er mit frühstücken könne. Als er<br />

sich auf die Veranda setzen wollte,<br />

um zu warten, bis das Frühstück<br />

fertig war, bemerkte er die Presse.<br />

„Oh, Sie haben eine neue Gordon-<br />

Akzidenz-Presse! Früher habe ich<br />

in der Fabrik gearbeitet, die diese<br />

Druckerpresse hergestellt hat“. Max<br />

Heindel erzählte ihm seine Sorgen,<br />

und der Mann lächelte. „Wieso“,<br />

antwortete er, „das ist ganz einfach.<br />

Lösen Sie nur diese Schraube und<br />

ziehen Sie jene Stange heraus,<br />

und die Maschine passt problemlos<br />

durch die Tür. “Nach dem Frühstück<br />

half der Mann, die Druckpresse aufzustellen<br />

und in Betrieb zu nehmen.<br />

Die Texte selber zu setzen und zu<br />

drucken und die monatlichen Studentenbriefe<br />

und Lektionen zu falten<br />

und zu heften, bedeutete viel<br />

Arbeit. Zusätzlich wurden auf der<br />

Presse, auch andere Schriften und<br />

Broschüren der Gemeinschaft gedruckt.<br />

Einige Monate nach Beginn dieser<br />

Tätigkeit kam ein junger Mann nach<br />

Mount Ecclesia. Er fragte, ob er einige<br />

Monate bleiben könne und bot<br />

an, für Kost und Unterkunft zu arbeiten.<br />

Martin Hill, so lautete seine<br />

Name. Max Heindel entschied, im<br />

Souterrain unter der Presse, einen<br />

kleinen Elektromotor anzubringen.<br />

Dafür wurde in den Fußboden ein<br />

Loch gemacht, durch das der Antriebsmotor<br />

mit der Presse verbunden<br />

werden konnte. Um diese in<br />

Betrieb zu setzen, brauchte man im<br />

Erdgeschoss nur den Motor einzu-<br />

2010-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 35


Intern<br />

RCF Rosenkreuzer Freun<strong>des</strong>kreis<br />

Informationsstelle Deutschland<br />

c/o Werner Chlouba<br />

Humboldtstraße 39<br />

30890 Barsinghausen<br />

Tel **49 (0)5105 8 43 80<br />

Fax **49 (0)5105 8 28 05<br />

Email: info@rosen-kreuzer.eu<br />

Internet: www.rosen-kreuzer.eu<br />

Studiengruppe Stuttgart<br />

Hannelore Jurthe<br />

Neue Straße 121<br />

D-70186 Stuttgart<br />

Tel/Fax **49 (0) 711 46 74 74<br />

Kontaktadressen:<br />

Jürgen Edelmayer<br />

Langgasse 7<br />

D-56357 Weyer<br />

Tel **49 (0) 6771 95 12 35<br />

Rainer und Uwe Wolf<br />

Gütschowstrasse 9<br />

D-69412 Eberbach<br />

Tel **49 (0) 6271 71 460<br />

RCF Rosenkreuzer Freun<strong>des</strong>kreis<br />

Informationsstelle Österreich<br />

Postfach 37<br />

A-1224 Wien<br />

Tel **43 (0) 664 101 266 96<br />

Email: wien@rosen-kreuzer.eu<br />

Internet: www.rosen-kreuzer.eu<br />

RCF Rosenkreuzer Freun<strong>des</strong>kreis<br />

Informationsstelle Schweiz<br />

c/o Annemarie Troost<br />

Suot Crastas,<br />

CH-7414 Sils-Maria, Schweiz<br />

Tel **41 (0) 81 834 2122<br />

Fax **41 (0) 81 834 2124<br />

E-Mail: info@heile-dich-selbst.ch<br />

Internet: www.heile-dich-selbst.ch<br />

36 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2010-4<br />

schalten.<br />

Als die beiden Männer eines Tages<br />

unter dem Haus an der Arbeit<br />

waren, rief Herr Heindel seiner<br />

Frau zu, ob sie auch einmal<br />

das niedliche „Kätzchen“ ansehen<br />

wolle, das dort lag. Dieses<br />

winzige „Kätzchen“ erwies sich<br />

als ein Skunk, der sein übelriechen<strong>des</strong><br />

Parfum noch nicht<br />

verbreitet hatte. Als die Männer<br />

von Frau Heindel hörten, um<br />

was für ein Tier es sich handelte,<br />

stürzten sie davon. In den ersten<br />

Jahren erwiesen sich diese<br />

Skunks, die während der Nacht<br />

unter das Haus schlichen, als<br />

wahre Plage.<br />

Das unter dem Haus abgestellte<br />

Auto Bedelia musste gründlich<br />

überholt und mit einem Anlasser<br />

versehen werden. Um diese<br />

Arbeit in der Zentralstelle<br />

durchführen zu können, wurde<br />

ein Mechaniker gebeten heraufzukommen.<br />

Nach einigen Tagen<br />

wurde dieser von einem Kollegen<br />

aus Los Angeles abgelöst,<br />

der die Arbeit bald fertig stellen<br />

konnte. Im Morgengrauen <strong>des</strong><br />

nächsten Tages fuhr das Ehepaar<br />

Heindel mit ihrem anscheinend<br />

neu gestalteten Auto nach<br />

Los Angeles, um dort die erforderlichen<br />

Einkäufe zu erledigen.<br />

Doch zum soundsovielten Male<br />

stellten sich an ihrem Auto technische<br />

Probleme ein, so dass<br />

der größte Teil <strong>des</strong> Tages auf<br />

der Straße verbracht werden<br />

musste. Man möge bedenken,<br />

dass es zu jener Zeit zwischen<br />

Los Angeles und San Diego nur<br />

unbefestigte, staubige Straßen<br />

gab, die so schmal waren, dass<br />

zwei Autos kaum aneinander<br />

vorbeifahren konnten. Heindels<br />

trafen schließlich am Spätmittag<br />

in Los Angeles ein. Nachdem sie<br />

sich in der Nacht ausgeruht hatten,<br />

erledigten sie ihre Einkäufe<br />

und machten sich dann gegen<br />

vierzehn Uhr auf den Heimweg.<br />

Das Auto quoll fast über von Lebensmitteln,<br />

Gemüse und kleinen,<br />

in der Druckerei benötigten Dingen.<br />

Etwa fünfundsechzig Kilometer<br />

von Oceanside entfernt, begann<br />

Bedelia erneut zu spucken und<br />

die Fahrt aufzuhalten. Versuche<br />

von Herrn Heindel, den Mangel<br />

ausfindig zu machen, scheiterten.<br />

Der Motor wollte nicht anspringen.<br />

Der Fahrer eines großen<br />

Tourenwagens, der gerade vorbei<br />

kam, bot an, das Auto abzuschleppen.<br />

Nachdem es befestigt<br />

war, wurde losgefahren – Max<br />

Heindel steuerte. Der Fahrer <strong>des</strong><br />

Tourenwagens aber beachtete<br />

nicht, dass das kleine Auto nicht<br />

so schnell durch eine enge Kurve<br />

fahren konnte wie sein großer<br />

Wagen. Bedelia kam vom Weg ab<br />

und wurde zwischen zwei kleinen<br />

Hügeln eingeklemmt. Da Bedelia<br />

oben offen war, wurde Max<br />

Heindel aus ihm heraus geschleudert.<br />

Zum Glück wurde sein Sturz<br />

gelindert, da er auf einem einige<br />

Meter entfernten Heuhaufen landete.<br />

Als er nach einer halbstündigen<br />

Bewusstlosigkeit wieder zu<br />

sich kam, war er glücklich, dass er<br />

zum Autobus gehen konnte. Heindels<br />

kamen dann nach Einbruch<br />

der Dunkelheit in Mount Ecclesia<br />

an. Sie fühlten sich sehr dankbar,<br />

dass sie noch am Leben waren.<br />

Herr Heindel hatte am Arm eine<br />

starke Prellung.<br />

Um sich zu erholen, musste er einige<br />

Tage im Bett verbringen. Frau<br />

Heindel aber fuhr am nächsten<br />

Tag mit dem Zug nach San Juan<br />

Capistrano, um das Wrack von<br />

Bedelia beseitigen zu lassen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!