Skriptum Fechten „im Langen Schwert“ - Wiener Fecht- und ...

Nun wollen wir einen Schritt weiter gehen. Wir versuchen das Vor des Gegners zu brechen, indem wir
indes mit unserer Versatzung zu seiner Blöße arbeiten. Das Absetzen ist ein Fechtprinzip im Indes.
Dieses Prinzip fordert: in Situationen, in denen der Gegner versucht, uns mit einem Angriff zu treffen,
wollen wir diesen Angriff so abwehren, dass er gleichzeitig mit seinem Angriff von unserem
Gegenangriff getroffen wird. Wir fechten also seinen Angriff in unseren Gegenangriff und wehren ihn
damit ab. Da er beschäftigt ist, seinen eigenen Angriff auszuführen, kann er dem Treffer nichts mehr
entgegensetzen.
Im Codex 44A8 wird das Absetzen anhand von 2 Beispielen, nämlich gegen einen Unterstich und
gegen einen Oberhau, beschrieben. Wir betrachten zuerst nur die Variante gegen den Stich, erweitern
sie hier aber auch gegen Oberstiche. In unseren Übungen „winden“ wir in Oberstich und Unterstich,
um den Gegner indes zu treffen. Sie sind vom Bewegungsablauf völlig identisch mit den letzten 6
Übungen (Versetzen und Gegenangriff), einzig das „Timing“ macht nun den Unterschied. Anstelle, den
Angriff zu versetzen und anschließend selbst aktiv zu werden, stechen wir gleichzeitig mit dem
Gegner. Dabei führen wir den Stich über die Huten Pflug oder Ochs und leiten die gegnerischen
Stiche mit unserem Stich zur Seite oder nach Oben ab.
Erklärung: Absetzen
Beschreibung des Absetzens:
Absetzen in Unterstich – Steh in einem Pflug. Sobald Dein Gegner mit einem Stich zu Deiner
unteren Blöße angreift, stich gleichzeitig mit ihm einen Unterstich auf der dem Pflug
gegenüberliegenden („verwundenen“) Seite, so dass Dein Stich über den „falschen“ Pflug
geführt wird und damit den Angriff des Gegners zur Seite drückt. Folge dem Stich mit einem
Schritt nach.
Absetzen in Oberstich – Steh in einem Pflug. Sobald Dein Gegner mit einem Stich zu Deiner
oberen Blöße angreift, stich gleichzeitig mit ihm einen Oberstich auf der dem Pflug
gegenüberliegenden („verwundenen“) Seite, so dass Dein Stich über den „falschen“ Ochs
geführt wird und damit den Angriff des Gegners nach oben drückt. Folge dem Stich mit einem
Schritt nach.
Erklärung: Absetzen von Stichen
Die folgenden drei Übungen sind Drillübungen. Die Schüler stellen sich partnerweise in einer oder
mehreren Reihen im Pflug auf. Die Entfernung soll so gewählt werden, dass ein Stich den Gegner
ohne einen zusätzlichen Schritt treffen würde. Der Trainer teilt Angreifer (A) und Verteidiger (B) ein.
Die Übungen werden gleichzeitig auf Kommando des Trainers ausgeführt. Der Trainer achtet bei allen
Übungen auf:
Der Verteidiger weicht nicht zurück, sondern bleibt mit beiden Füßen stehen. Dadurch entsteht
beim Winden in den Ochs oder in den Pflug eine instabile Haltung, gleichsam eine
„verwundene Hut“ auf der falschen Seite. Diese instabile Haltung ist eine Durchgangsposition,
die, einer Feder gleich, die gespannte Kraft in den folgenden Stich abgibt.
Das Verwinden in die jeweilige Hut und der unmittelbar darauf folgende Stich sollen eine
einzige, geschmeidige Bewegung sein. Eigentlich ist diese Bewegung nur ein Stich, der
gleichzeitig mit dem Angriff des Gegners passiert und der einen „Umweg“ über die
„verwundene“ Hut der anderen Seite nimmt.
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