Thrombozyten - mqzh
Thrombozyten - mqzh
Thrombozyten - mqzh
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Blickpunkt Hämatologie <strong>Thrombozyten</strong> MQZH 2009-3<br />
Steckbrief <strong>Thrombozyten</strong><br />
Grösse<br />
1-3 μm normal<br />
> 4 μm Makrothrombozyten<br />
> 7 μm Riesenthrombozyten<br />
Form<br />
rund bis leicht oval, z. T. auch<br />
Zigarren-, Komma-, oder Sternformen<br />
Kern<br />
kernlos<br />
Zytoplasma<br />
Färbung:<br />
graublau<br />
Konturen:<br />
a) regelmässig, leicht «verwischt»<br />
b) haarförmige Ausläufer<br />
c) abgerundete «Ausstülpungen»<br />
Granulation<br />
azurophil, über die Zelle verteilt,<br />
häufig auch zentral konzentriert.<br />
Bei den azurophil gefärbten Körnchen<br />
handelt es sich um Vesikel<br />
(Bläschen), welche als Alpha Granula<br />
bezeichnet werden und u.a.<br />
Gerinnungsfaktoren enthalten. Daneben<br />
enthalten die <strong>Thrombozyten</strong><br />
lichtmikroskopisch nicht erkennbare<br />
Delta Granula (Dense-Bodies)<br />
und Lysosomale Granula.<br />
Einleitung<br />
Die <strong>Thrombozyten</strong> (Blutplättchen) bilden zusammen mit den Leukozyten und den<br />
Erythrozyten die zellulären Bestandteile des Blutes. Ihre physiologische Aufgabe ist der<br />
Verschluss bei Defekten an Blutgefässen. Bei einer erhöhten <strong>Thrombozyten</strong>zahl spricht<br />
man von einer Thrombozytose, bei einer verminderten von einer Thrombozytopenie. Morphologisch<br />
können die <strong>Thrombozyten</strong> in Grösse, Form und Granulation variieren.<br />
Entstehung<br />
<strong>Thrombozyten</strong> entstehen durch Abschnürung von Megakaryozyten-Zytoplasmafragmenten<br />
im Knochenmark.<br />
Aus einem Megakaryozyten entstehen ca. 1000-3000 <strong>Thrombozyten</strong>. 60-70 % der<br />
<strong>Thrombozyten</strong> zirkulieren im Blutkreislauf, der verbleibende Anteil befindet sich in<br />
der Milz. Nach einer Blut-Verweildauer von 7 bis 10 Tagen werden sie zum grössten<br />
Teil in der Milz, teils auch in der Lunge und Leber abgebaut.<br />
Funktion<br />
Die Hauptaufgabe der <strong>Thrombozyten</strong> ist die Blutstillung.<br />
Bei Verletzungen des Gefässendothels binden die <strong>Thrombozyten</strong> unter Mithilfe des<br />
Von-Willebrand-Faktors an subendotheliale Strukturen. Diese <strong>Thrombozyten</strong>adhäsion<br />
führt zur Aktivierung und Formveränderung der Plättchen (Kugelform, Bildung<br />
von Fortsätzen). Durch Quervernetzung einzelner <strong>Thrombozyten</strong> entsteht ein weisser<br />
Thrombus, welcher den Endotheldefekt vorläufig verschliesst. Durch Aktivierung der<br />
Plasma-Gerinnungsfaktoren, kommt es anschliessend zum definitiven Wundverschluss<br />
durch einen stabilen Thrombus (roter Thrombus).<br />
Morphologie<br />
<strong>Thrombozyten</strong> sind flache, kernlose Zytoplasmafragmente von<br />
runder bis ovaler Form. Sie bestehen aus dem Hyalomer und<br />
dem Granulomer.<br />
Das Hyalomer ist das schwach grau-blaue Plättchenzytoplasma,<br />
welches heller und dunkler gefärbte Areale aufweist. Das<br />
Granulomer besteht aus azurophiler Granula.<br />
Grössenvariabilität der <strong>Thrombozyten</strong><br />
Hyalomer<br />
1-3 µm<br />
Normale <strong>Thrombozyten</strong> 1- 3 µm Makrothrombozyt > 4 µm Normaler Erythrozyt 7 µm Riesenthrombozyt >7 µm<br />
Granulomer<br />
α-Granula<br />
Semiquantitative Beurteilung<br />
der <strong>Thrombozyten</strong>zahl<br />
Eine normale <strong>Thrombozyten</strong>zahl liegt<br />
vor, wenn bei Beurteilung des Blutausstriches<br />
mit dem 100-er Objektiv<br />
8-15 <strong>Thrombozyten</strong>/ Gesichtsfeld<br />
oder<br />
1 Thrombozyt auf 10-20 Erythrozyten<br />
gefunden werden.<br />
Normwert im peripheren Blut<br />
Erwachsene 143-400 G/l (10 3 /μl)<br />
2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm 2µm<br />
Bezug zwischen Grösse, Alter und Zahl der <strong>Thrombozyten</strong><br />
Junge <strong>Thrombozyten</strong> sind grösser und wirken «ausgebreiteter», ältere Plättchen wirken<br />
kleiner und dichter mit Granula bepackt.<br />
Mittels MPV-Messung (mean-platelet-volume) lässt sich zudem belegen, dass bei<br />
hoher <strong>Thrombozyten</strong>zahl die einzelnen Plättchen kleiner bzw. bei tiefer Zahl grösser<br />
werden. Diese Grössenanpassung spricht dafür, dass der Körper primär bestrebt ist,<br />
die <strong>Thrombozyten</strong>masse und nicht die <strong>Thrombozyten</strong>zahl, stabil zu halten.<br />
<strong>Thrombozyten</strong>anisozytose und Riesenthrombozyten<br />
Eine ausgeprägte Anisozytose (Grössenvariabilität) der <strong>Thrombozyten</strong> fällt speziell<br />
bei erhöhtem <strong>Thrombozyten</strong>-Umsatz auf.<br />
Riesenthrombozyten<br />
Riesenthrombozyten kommen vor allem bei malignen Stammzellerkrankungen wie<br />
den Myeloproliferativen Neoplasien und myelodysplastischem Syndrom vor.
Blickpunkt Hämatologie<br />
<strong>Thrombozyten</strong>morphologie<br />
Ursachen für eine<br />
Thrombozytose<br />
Primär (maligne)<br />
Myeloproliferative Neoplasien<br />
(Essentielle Thrombozythämie, Polycythämia<br />
vera, Chronisch-myeloische Leukämie,<br />
Myelofibrose)<br />
Myelodysplastische Syndrome<br />
Sekundär (reaktiv)<br />
Blutungen, Chronischer Eisenmangel,<br />
Postsplenektomie-Status, Chronisch und<br />
akut entzündliche/ infektiöse Prozesse,<br />
Malignome, Medikamente<br />
Normale <strong>Thrombozyten</strong><br />
Runder<br />
Thrombozyt<br />
Haarförmig auslaufendes<br />
Plasma<br />
Ovaler<br />
Thrombozyt<br />
Zytoplasmaausstülpungen<br />
Kleiner, kompakterThrombozyt<br />
Nur Granulomer<br />
sichtbar<br />
<br />
Kleine, kompakte, sehr dunkel<br />
erscheinende <strong>Thrombozyten</strong><br />
können auch als Artefakt bei zu<br />
dicken Blutausstrichen gesehen<br />
werden.<br />
Dabei kommt es durch die verlängerte<br />
Trocknungszeit zu einer<br />
Schrumpfung der Zelle.<br />
Ursachen für eine<br />
Thrombozytopenie<br />
Produktionsstörung<br />
Akute und chronische Leukämien, Tumorinfiltration<br />
oder Fibrosierung des<br />
Knochenmarks, Knochenmarksaplasie,<br />
Megaloblastäre Anämie, Myelodysplastische<br />
Syndrome, Suppression durch Alkohol.<br />
Vermehrte <strong>Thrombozyten</strong>zerstörung<br />
Immunologisch durch Auto- oder Alloantikörper<br />
z.B. Idiopathisch-thrombozytopenische<br />
Purpura (ITP), feto-maternale Inkompatibilität.<br />
Nicht immunologisch<br />
z. B. Disseminierte intravasale Gerinnung<br />
(DIG), Thrombotisch-thrombozytopenische<br />
Purpura (TTP), Mechanisch (Prothesematerial)<br />
Kongenitale Ursachen<br />
Wiskott-Aldrich-Syndrom, Bernard Soulier-<br />
Syndrom, Gray-platelet-Syndrom, Fanconi-<br />
Anämie, May-Hegglin-Anomalie<br />
Sequestration in der Milz bei<br />
Hypersplenismus<br />
Pseudothrombozytopenien<br />
Artefakte oder abnorme <strong>Thrombozyten</strong> führen<br />
zur fehlerhaften Zählung der <strong>Thrombozyten</strong>zahl<br />
auf Hämatologie-Analyzern sowie<br />
teilweise bei der Kammerzählung.<br />
- Riesenthrombozyten<br />
- <strong>Thrombozyten</strong>aggregate<br />
- <strong>Thrombozyten</strong>satellitismus<br />
Impressum<br />
Autorin<br />
Annette Steiger<br />
Fachliche Beratung<br />
K. Bruni, Dr. J. Goede, Klinik für<br />
Hämatologie, Universitätsspital Zürich<br />
© 2009 Verein für medizinische<br />
Qualitätskontrolle www.<strong>mqzh</strong>.ch<br />
Abnorme <strong>Thrombozyten</strong><br />
Riesenthrombozyt<br />
Megakaryozyten-<br />
Kernrest<br />
Die Pseudothrombozytopenie<br />
Hämatologie-Analyzer erkennen <strong>Thrombozyten</strong> nur als solche, wenn sie normal gross sind und<br />
einzeln vorliegen. Vergrösserte <strong>Thrombozyten</strong> wie Riesenthrombozyten, zusammengeklumpte<br />
Plättchen (<strong>Thrombozyten</strong>aggregate) oder an Leukozyten angelagerte <strong>Thrombozyten</strong> (<strong>Thrombozyten</strong>satellitismus)<br />
werden vom Gerät zu den Leukozyten gezählt. Daraus resultiert eine falsch tiefe<br />
<strong>Thrombozyten</strong>zahl Pseudothrombozytopenie.<br />
<strong>Thrombozyten</strong>satellitismus<br />
<strong>Thrombozyten</strong>aggregate<br />
Riesenthrombozyten<br />
Hypogranulärer<br />
Thrombozyt<br />
Agranulärer<br />
Thrombozyt<br />
Bei den Riesenthrombozyten handelt es<br />
sich um krankheitsbeding stark vergrösserte<br />
Plättchen.<br />
<br />
<strong>Thrombozyten</strong>aggregate treten hauptsächlich<br />
als Artefakt (Kunstprodukt) in vitro auf. Zur<br />
Aggregation kommt es während der Blutentnahme<br />
(z.B. schwierige Venenverhältnisse,<br />
suboptimale kapilläre Blutennahme) oder<br />
durch ungenügende Durchmischung des<br />
Bl ut es mit dem Ant ik oag u lans im Röhr che n.<br />
EDTA-induziert kommt es bei einigen Menschen<br />
zur Bildung von grossen <strong>Thrombozyten</strong>aggregaten<br />
oder zur rosettenförmigen Anlagerung<br />
von Plättchen an Neutrophile oder selten<br />
Monozyten <strong>Thrombozyten</strong>satellitismus.<br />
Diese Phänomene verstärken sich bei zunehmender<br />
Abklühlung der Blutprobe und haben<br />
keinen Krankheitswert.<br />
<br />
<br />
<br />
Ein teilweiser oder vollständiger<br />
Granulationsverlust kommt bei<br />
myeloproliferativen Neoplasien,<br />
myelodysplastischen Syndromen,<br />
beim «Gray-platelet Syndrom»,<br />
aber auch als Artefakt bei vorangegangener<br />
Aktivierung und Degranulation<br />
der <strong>Thrombozyten</strong><br />
z.B. durch das Angerinnen der<br />
Blutprobe bei Entnahmefehlern,<br />
vor.<br />
Megakaryozytenkernreste können<br />
in sehr seltenen Fällen im<br />
Blut Gesunder auftreten. Meist ist<br />
ihr Auftreten in der Zirkulation<br />
jedoch pathologisch. Man findet<br />
sie gehäuft bei myeloproliferativen<br />
Neoplasien.<br />
<br />
Kammerzählung durchführen<br />
- Mikroskopische Bestätigung<br />
der Tc- Aggregation im Blutausstrich<br />
- Erneute Blutentnahme<br />
- Messung wiederholen in EDTA,<br />
Heparin und Citrat*<br />
- Mikroskopische Bestätigung<br />
der Tc- Aggregation/-Satellismus<br />
im Blutausstrich<br />
- Messung wiederholen:<br />
a) manuell mit Kapillarblut<br />
ohne Zusatz<br />
b) maschinell mit anderem<br />
Antikoagulans (Heparin,<br />
Citrat*)<br />
*Verdünnungseffekt miteinrechnen