KULTUR & MUSEUM - Stadt Pasewalk
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Nr. 08/2010 - 19 - PASEWALKER NACHRICHTEN<br />
<strong>KULTUR</strong> & <strong>MUSEUM</strong><br />
Stolpersteineinweihung am 21. August 2010 in <strong>Pasewalk</strong><br />
(PN/Dr. Egon Krüger). Nunmehr zum<br />
sechsten Mal fand in der <strong>Stadt</strong> <strong>Pasewalk</strong><br />
die Einweihung von Stolpersteinen für <strong>Pasewalk</strong>er<br />
Bürger jüdischen Glaubens statt,<br />
die Opfer des Holocaust wurden. Am 21.<br />
August ab 10.00 Uhr erfolgte Am Markt 27<br />
die Verlegung von sechs Stolpersteinen, die<br />
anschließend feierlich eingeweiht wurden.<br />
In diesem Jahr wurden für Angehörige der<br />
Familie Sternberg drei Stolpersteine Am<br />
Markt 27 und weiterhin je ein Stolperstein<br />
für Adele Alifeld in der Baustraße (heute<br />
ohne Haus), Therese Ostheim in der Klosterstraße<br />
(heute ohne Haus) und Kurt Behrendt<br />
in der Ueckerstraße 30 eingeweiht. Sie alle<br />
wurden in <strong>Pasewalk</strong> geboren und gehörten<br />
zu Familien, die zum Teil über Jahrzehnte in<br />
<strong>Pasewalk</strong> lebten und bekannt waren. Diese<br />
jüdischen Bürger hatten <strong>Pasewalk</strong> Ende des<br />
19. Jahrhunderts bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
verlassen, waren nach Berlin gezogen<br />
und hatten dort Familien gegründet.<br />
Die Familie Sternberg wohnte etwa seit<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts in <strong>Pasewalk</strong>.<br />
Der Kaufmann Meyer Sternberg hatte das<br />
Familienunternehmen gegründet und sehr<br />
erfolgreich unter der Adresse Markt 28 geführt.<br />
Dies lässt sich auch aus den zahlreichen<br />
Anzeigen der Angebote im „Anzeiger<br />
für <strong>Pasewalk</strong> und dessen Umgegend“ entnehmen.<br />
Nach seinem Tod im Jahre 1868<br />
führte die Witwe mit den Söhnen Julius<br />
und Siegmund das Geschäft weiter. Julius<br />
Sternberg heiratete Selma Jonas. In der Ehe<br />
wurden fünf Kinder geboren. Ende des 19.<br />
Jahrhunderts zog die Familie nach Berlin.<br />
Von diesen Kindern wurden drei Opfer der<br />
Judenverfolgung. Max Sternberg, geboren<br />
am 19. Oktober 1873, war in Berlin als promovierter<br />
Akademiker tätig. Er wurde am<br />
22. September 1942 von Berlin nach Theresienstadt<br />
deportiert und starb im KZ Theresienstadt<br />
bereits am 10. Oktober 1942.<br />
Seine Schwester Margarete, geboren am<br />
24. Mai 1877, war eine verheiratete Michel.<br />
Sie wurde ebenfalls von Berlin, wie es im<br />
Nazideutsch hieß, „evakuiert“. Am 3. Oktober<br />
1942 wurde sie festgenommen und nach<br />
Theresienstadt deportiert und dort am 19.<br />
April 1944 ermordet. Die jüngere Schwester<br />
Gertrud, geboren am 25. August 1881,<br />
war mit Herrn Segall verheiratet. Gertrud<br />
Segall war Witwe und lebte auch in Berlin.<br />
Sie war ebenfalls den Repressalien durch<br />
die Nazis ausgesetzt. Als sie von ihrer bevorstehenden<br />
Deportation erfuhr, ging sie<br />
am 22. Januar 1942 in den Freitod.<br />
Aus der Familie Abrahamsohn wurde die<br />
Tochter Therese, geboren am 17. Dezember<br />
1868, Opfer der Judenverfolgung. Die<br />
Familie Abrahamsohn war schon ab 1816<br />
in <strong>Pasewalk</strong> ansässig. Schier Abrahamsohn<br />
war Händler und Aufkäufer verschiedener<br />
Produkte. Er wurde Produkthändler genannt.<br />
Später übernahm der Sohn Löwe<br />
Abrahamsohn das Gewerbe des Vaters. Er<br />
war mit Johanna Cohn verheiratet. In der<br />
Familie wurden die drei Kinder, Gustav,<br />
Clara und Therese, geboren. Nach dem frühen<br />
Tod des Ehemannes lebte die Witwe<br />
mit den Kindern in der Klosterstraße 8.<br />
Die Tochter Therese verehelichte sich mit<br />
dem Herrn Ostheim und wohnte in Berlin.<br />
Am 25. Januar 1942 deportierte man sie<br />
von Berlin nach Riga. Dort starb sie 1943.<br />
Des Weiteren wurde auch ein Kind des<br />
Rabbiners und Predigers Dr. Moses Alifeld<br />
ein Holocaust-Opfer. Die Familie Alifeld<br />
wohnte von 1862 bis 1869 in <strong>Pasewalk</strong><br />
in der Königsstraße 14. Dr. Moses Alifeld<br />
war während dieser Zeit Rabbiner in der<br />
<strong>Pasewalk</strong>er Synagogengemeinde. Von den<br />
sieben Kindern wurden Adele am 29. Dezember<br />
1865 und Gotthold 1868 in <strong>Pasewalk</strong><br />
geboren. Der Rabbiner übernahm in<br />
Berlin 1869 eine neue Stelle, was einen<br />
Umzug der Familie bedeutete. Die Tochter<br />
Adele, die nicht verheiratet war, wurde<br />
von der Gestapo in Berlin aufgespürt, am<br />
17. März 1943 deportiert und bereits wenige<br />
Tage nach der Einlieferung am 25.<br />
März 1943 im KZ Theresienstadt ermordet.<br />
An 4 Stellen in der Innenstadt wurden am 21.08.2010 Stolpersteine verlegt. Quelle: <strong>Stadt</strong><br />
Ein Angehöriger der bekannten Familie<br />
Behrendt in <strong>Pasewalk</strong> war Kurt Behrendt,<br />
der ebenfalls durch die Nazis ermordet<br />
wurde. Er ist Sohn von Emil Behrendt, der
PASEWALKER NACHRICHTEN - 20 - Nr. 08/2010<br />
wiederum war ein Sohn von Hirsch Behrendt,<br />
ein älterer Bruder von Paul Behrendt.<br />
Hirsch Behrendt ist der Begründer<br />
der Behrendt’schen Fabrik und Eisengießerei.<br />
Kurt Behrendt wurde am 23. August<br />
1887 geboren. Die Familie wohnte<br />
in der Ueckerstraße 54. Ende des 19.<br />
Jahrhunderts zog Emil Behrendt mit seiner<br />
Familie nach Berlin. Kurt wurde von<br />
den Nazi-Schergen verhaftet und am 4.<br />
März 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert.<br />
Im Vernichtungslager Auschwitz<br />
starb er 1943.<br />
Die Einweihung dieser sechs Stolpersteine<br />
wurde nur möglich Dank der Bereitschaft<br />
von weiteren Sponsoren, die die<br />
notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung<br />
stellten. An dieser Stelle sei deshalb<br />
den nachfolgenden Spendern Pommersche<br />
Landsmannschaft mit Frau Edelgard<br />
Gurske (2 Stolpersteine), Familie Simon<br />
aus Neustrelitz, Familie Jutta Bressem,<br />
Frau Heidrun Petruschke und Familie Gerda<br />
Striecker sowie Frau Rosemarie Schuler<br />
aus Berlin ein besonderes Dankeschön<br />
von den Organisatoren ausgesprochen.<br />
Bildquelle: www.moedling.at/stolpersteine/<br />
Nach dieser Verlegung und Einweihung<br />
sind jetzt auf den Bürgersteigen der <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Pasewalk</strong> vierzig Stolpersteine zur Erinnerung<br />
und Ehrung unserer <strong>Pasewalk</strong>er Bürger<br />
jüdischen Glaubens zu sehen.<br />
Dr. Egon Krüger, <strong>Pasewalk</strong>