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geleitwort des direktors der städtischen museen zittau - Honoré ...

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GELEITWORT DES DIREKTORS DER STÄDTISCHEN MUSEEN ZITTAU<br />

1<br />

Im Januar 1999 feierte Herr Franz Knippenberg (Düsseldorf)<br />

seinen 60. Geburtstag. Kurz nach <strong>der</strong> Wende<br />

waren wir über den aus Zittau stammenden Düsseldorfer<br />

Stadtmaler Georg Grulich (1911–1992) bekannt geworden.<br />

Seither hat Franz Knippenberg die Städtischen Museen<br />

Zittau in vielfältiger Weise unterstützt. Mit seinen Spenden<br />

begründeten wir den „Georg-Grulich-Fonds“. Der damit<br />

erzielte Zinsertrag dient zur Erweiterung <strong>der</strong> Sammlung<br />

Bildende Kunst. Bei <strong>der</strong> Sanierung und Umnutzung <strong>der</strong><br />

Kreuzkirche zu einem Museum für das Große Zittauer<br />

Fastentuch hat er nicht nur mit eigenem Geld geholfen,<br />

son<strong>der</strong>n eine regelrechte Spenden- und Werbeaktion unter<br />

seinen Freunden, Bekannten und Kunden organisiert.<br />

Die Geburtstagsfeier spielte dabei eine große Rolle, denn<br />

<strong>der</strong> Jubilar hatte seine Gäste gebeten, auf persönliche<br />

Geschenke zu verzichten und statt<strong>des</strong>sen für die Kreuzkirche<br />

zu spenden. Dadurch konnte die Restaurierung <strong>der</strong><br />

Kanzel, <strong>des</strong> Kirchengestühls und <strong>des</strong> Südtores fi nanziert<br />

werden.<br />

Auf <strong>der</strong> Geburtstagsfeier lernte ich den Schauspieler<br />

Dieter Prochnow kennen. Er erzählte mir von seiner großen<br />

Leidenschaft für <strong>Honoré</strong> Daumier und führte mich<br />

am nächsten Tag durch eine ausgesprochen interessante<br />

Ausstellung im Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institut.<br />

Unter dem Titel „Zwei Zeitmaler in Paris: Heinrich Heine<br />

– <strong>Honoré</strong> Daumier“ waren Texte <strong>des</strong> deutschen Dichters<br />

und Blätter <strong>des</strong> französischen Karikaturisten zu sehen.<br />

Damals entstand die Idee einer Daumier-Ausstellung in<br />

Zittau. Vorerst banden jedoch die Präsentation <strong>des</strong> Großen<br />

Zittauer Fastentuches in <strong>der</strong> Kreuzkirche und die Exposition<br />

„Welt – Macht – Geist. Das Haus Habsburg und die<br />

Oberlausitz 1526–1635“ unsere Kräfte.<br />

Fünf Jahre vergingen, ohne dass wir das Projekt aus<br />

dem Auge verloren. Wenn die Ausstellung „<strong>Honoré</strong> Daumier<br />

– aktueller denn je! Europäische Visionen“ nun am<br />

2. Mai 2004 eröffnet wird, so ist das ein sehr geeigneter<br />

Zeitpunkt. Durch die Erweiterung <strong>der</strong> Europäischen Union<br />

wird ein entscheiden<strong>der</strong> Schritt zur Überwindung <strong>der</strong><br />

jahrzehntelangen Teilung unseres alten Kontinents getan.<br />

Zittau, die Stadt im Dreilän<strong>der</strong>eck zwischen Deutschland,<br />

Polen und Tschechien, rückt politisch gesehen vom Rand<br />

wie<strong>der</strong> in die Mitte Europas. Damit sind große Hoffnungen<br />

und Chancen, aber auch Risiken und Ängste verbunden.<br />

Schließlich ist die Idee von <strong>der</strong> Einigung Europas nichts<br />

Das europäische Gleichgewicht. 1.12. 1866 (Kat.-Nr. 66)<br />

Neues. Die Geschichte <strong>des</strong> Abendlan<strong>des</strong> kennt zahlreiche<br />

Versuche, Hegemonialstreben dahinter zu verbergen. Die<br />

„monarchia universalis“ Kaiser Karls V. steht dafür ebenso,<br />

wie die Ambitionen <strong>des</strong> napoleonischen Kaiserreiches<br />

und an<strong>der</strong>er europäischer Mächte. Dieses Thema hat auch<br />

<strong>Honoré</strong> Daumier stark beschäftigt, vor allem in seiner<br />

letzten Schaffensperiode. Es ist frappierend, wie aktuell<br />

seine Sicht heute noch ist.<br />

Dank gebührt den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> <strong>Honoré</strong>-Daumier-Gesellschaft<br />

Dr. Werner Büsen (Mönchengladbach), Rudolf<br />

Josche (Nie<strong>der</strong>kassel) und Dieter Prochnow (Erkrath),<br />

die diese Ausstellung konzipiert und wesentlich zu ihrer<br />

Realisierung beigetragen haben. Die Zusammenarbeit<br />

mit ihnen war nicht nur sehr lehrreich, son<strong>der</strong>n auch ein<br />

weiterer Schritt zur Überwindung <strong>der</strong> deutschen Teilung<br />

in unseren Köpfen. Dank gilt vor allem unserem Freund,<br />

Herrn Knippenberg, durch <strong>des</strong>sen Vermittlung <strong>der</strong> Kontakt<br />

zustande kam und durch <strong>des</strong>sen großzügige Unterstützung<br />

das Projekt fi nanziert werden konnte.<br />

Dr. Volker Dudeck


2<br />

VORWORT<br />

Die <strong>Honoré</strong>-Daumier-Gesellschaft, 1996 anlässlich einer<br />

Daumier-Ausstellung in <strong>der</strong> Anhaltischen Gemäldegalerie<br />

in Dessau gegründet, versteht sich als Diskussionsforum,<br />

Austauschzentrum, Informationsquelle und Anlaufstelle<br />

für alle Daumier-Freunde; die Gesellschaft möchte insbeson<strong>der</strong>e<br />

Menschen, die Daumier bisher nicht kannten<br />

– vor allem junge Leute – an seine Kunst heranführen. In<br />

Ausstellungen gelingt das natürlich am besten. Betrachtet<br />

man Daumiers lithografisches Œuvre, das in ca. 40 Jahren<br />

auf ca. 4000 Lithografi en anwuchs, so kann man nicht<br />

erwarten, dass je<strong>des</strong> Blatt einen großen Wurf darstellt.<br />

Es bleibt aber erstaunenswert, dass Daumier trotz <strong>des</strong><br />

gewaltigen Zeitdruckes – bedingt durch die Publikation in<br />

Tages- und Wochenzeitschriften – ungefähr 1000 Lithografi<br />

en schuf, die zu den größten Bild-Erfi ndungen zählen.<br />

Künstlerkollegen wie Delacroix, van Gogh und Degas, um<br />

nur einige zu nennen, zählten daher zu seinen Bewun<strong>der</strong>ern<br />

und Sammlern. In Anbetracht <strong>des</strong> riesigen Œuvres<br />

verwun<strong>der</strong>t es auch nicht, dass neben den großen Ausstellungen,<br />

die einen repräsentativen Überblick anstrebten,<br />

kleinere Ausstellungen zumeist nur nahe liegende<br />

Teilbereiche seines Œuvres vorstellten.<br />

Wir möchten, wenn möglich, „Daumier at his best“<br />

präsentieren, aber auch neue, bislang kaum beachtete,<br />

in Ausstellungen nie gezeigte Zusammenhänge in seinem<br />

Schaffen aufzeigen. Dazu bietet die Ausstellung in Zittau<br />

anlässlich <strong>der</strong> Ost-Erweiterung <strong>der</strong> EU Gelegenheit.<br />

Es war unser Bestreben, in <strong>der</strong> Ausstellung „<strong>Honoré</strong><br />

Daumier – aktueller denn je“ solche Blätter zusammenzuführen,<br />

die in ihrer Aussage über den Anlass <strong>der</strong> Entstehung<br />

hinaus bis in unsere Zeit Gültigkeit bewahrt haben.<br />

Es gilt, Daumiers Aktualität und den Künstler Daumier<br />

als Visionär zu entdecken. In manchen Blättern muss<br />

man die Namen <strong>der</strong> Protagonisten nur än<strong>der</strong>n, um zu<br />

merken, wie aktuell seine Kunst ist. Manchmal ist selbst<br />

das nicht mehr notwendig. Sein Traum aus dem Jahre<br />

1868 von einem friedlichen Europa im Jahre 1900, in<br />

dem die Soldaten ihre Säbel ablegen, um wie<strong>der</strong> ihren<br />

erlernten Berufen nachzugehen (Kat.-Nr. 76), hat sich im<br />

Europäisches Gleichgewicht. 3.4. 1867 [Europa balanciert auf<br />

einer gezündeten Bombe.] (Kat.-Nr. 54)<br />

letzten Jahrhun<strong>der</strong>t nicht erfüllt. Dieses Blatt erinnert an<br />

das Motto <strong>der</strong> Friedensbewegung <strong>der</strong> DDR: „Schwerter zu<br />

Pfl ugscharen“. Daumiers Vision könnte vielleicht einmal<br />

in Europa mit Verspätung wahr werden, aber auch dort<br />

gibt es noch zu befriedende Regionen. Insofern haben<br />

seine mahnenden Blätter lei<strong>der</strong> nichts von ihrer Aktualität<br />

verloren.<br />

Unser herzlichster Dank gilt Herrn Dr. Volker Dudeck<br />

und seinen Mitarbeitern von den Städtischen Museen<br />

Zittau für die freundliche Einladung, für das professionelle<br />

Engagement bei <strong>der</strong> Ausstellungsvorbereitung und <strong>der</strong><br />

Erstellung <strong>des</strong> Kataloges und nicht zuletzt für die stimulierende<br />

Zusammenarbeit.<br />

Dr. Werner Büsen


HONORÉ DAUMIER – AKTUELLER DENN JE<br />

EUROPÄISCHE VISIONEN<br />

THOMAS METZEN<br />

3<br />

Der französische Kulturwissenschaftler und Daumier-Kenner<br />

Michael Melot hatte gewisslich recht, als er behauptete, ein<br />

je<strong>der</strong> mache sich sein eigenes Bild von dem Künstler <strong>Honoré</strong><br />

Daumier. Er zog daraus den Schluss, dass nur die jeweiligen<br />

Vorstellungen über diesen Maler gesellschaftliche Wirkungskraft<br />

entfalten, nicht die historische Person Dau mier.<br />

Dieser Gedanke trifft auch und in beson<strong>der</strong>em Maße<br />

auf die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Honoré</strong>-Daumier-Gesellschaft zu,<br />

die diese Ausstellung zusammengetragen haben. Deshalb<br />

‚Vorsicht‘, verehrte Leser, sie erhalten hier ein Bild von<br />

Daumier, das durch Engagement und Wertschätzung,<br />

durch Faszination und Leidenschaft geprägt ist.<br />

Michael Melot konstatiert überdies eine für ihn unerklärliche<br />

Neigung <strong>der</strong> Deutschen zu Daumier: „Die<br />

Beschäftigung mit Daumier scheint eher eine deutsche<br />

als eine französische Tradition zu sein.“ Recht hat er. Wir<br />

Deutschen stellen nämlich mit großem Bedauern fest,<br />

wir haben lei<strong>der</strong> keinen deutschen Daumier, also nehmen<br />

wir uns einfach den Daumier unseres westlichen<br />

Bru<strong>der</strong>volkes.<br />

Es ist an dieser Stelle unmöglich, Daumier in <strong>der</strong> ganzen<br />

Breite seines Werkes zu würdigen, seine 4000 Lithografi<br />

en und seine 1000 Holzstiche zu beschreiben o<strong>der</strong> sich<br />

seinen Gemälden o<strong>der</strong> dem Korpus seiner Zeichnungen<br />

zu nähern.<br />

Unser Vorhaben ist, die Bil<strong>der</strong> zu seiner Vision Europa<br />

zu zeigen. Der Europagedanke ist für die Menschen <strong>des</strong><br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts noch ein ferner Traum, aber die Probleme,<br />

die sich ergeben, wenn man sich auf eine solche<br />

Entwurf für die Aufstellung von Statuen [Robert Macaire und Bertrand]<br />

auf dem Vorplatz <strong>der</strong> Börse. 9.7. 1850 (Kat.-Nr. 15)<br />

unzeitgemäße Vision einlässt, die hat <strong>Honoré</strong> Daumier in<br />

unvergleichlicher Art und Weise ins Bild gesetzt.<br />

Eine erste Konfrontation mit diesen Bil<strong>der</strong>n löst unangenehme<br />

Gefühle aus: Es vermengt sich Erstaunen mit<br />

Entsetzen. Erstaunen darüber, wie unverän<strong>der</strong>t aktuell<br />

Wir sind alle ehrbare Leute. Umarmen wir uns. 13.11. 1834 (Kat.-Nr. 5)<br />

Die politische Schaukel. Neues Gesellschaftsspiel. 12.5. 1866 (Kat.-<br />

Nr. 17)


4<br />

Der wahre maskierte (Ring-)Kämpfer. 9.11. 1867 [Der Kämpfer<br />

steht für einen zukünftigen Krieg, <strong>der</strong> blind wütet und vor nichts Halt<br />

macht.] (Kat.-Nr. 65)<br />

Galilei ist sehr überrascht vom neuartigen Aussehen <strong>der</strong> Erdoberfl ä-<br />

che. 21.2. 1867 (Kat.-Nr. 67)<br />

diese Bil<strong>der</strong> sind und Betroffenheit und Bestürzung, wie<br />

wenig sich doch, was die Konfliktfel<strong>der</strong> in Europa angeht,<br />

in den letzten 150 Jahren geän<strong>der</strong>t hat.<br />

Die hier versammelten Bil<strong>der</strong> Daumiers geben Auskunft<br />

über die politischen Übel seiner Zeit – aber wirklich nur<br />

seiner Zeit? Da wären die Kunstfigur <strong>des</strong> allgegenwärtigen<br />

Robert Macaire als Sinnbild <strong>des</strong> skrupellosen Finanzgauners<br />

(Kat.-Nr. 6), die Befangenheit und Käuflichkeit <strong>der</strong><br />

Justiz (Kat.-Nr. 5), die hemmungslose Korruption <strong>der</strong> politischen<br />

Führungscliquen, die Börsianer und Spekulanten<br />

mit ihren gezinkten Karten (Kat.-Nr. 15–17), die von den<br />

politischen Spitzen <strong>der</strong> Gesellschaft betriebene unverantwortliche<br />

Schürung nationaler Vorurteile, die nicht selten in<br />

die Vorverurteilung Frem<strong>der</strong> und An<strong>der</strong>sgläubiger umschlagen<br />

und nicht zuletzt die als Friedenssicherung getarnte<br />

aggressive Hochrüstungspolitik (Kat.-Nr. 64–67).<br />

Die Folgen, die sich aus dieser gesellschaftskritischen<br />

Bestandsaufnahme ergeben, die sind für Daumier von unausweichlicher<br />

Natur: So schafft man keinen Frieden in Europa,<br />

son<strong>der</strong>n nur beste Voraussetzungen für nächste kriegerische<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen.<br />

Wir, die wir heute diese etwa 150 Jahre alten Blätter<br />

betrachten, wissen kaum noch etwas von den einzelnen<br />

Begebenheiten dieser Zeit. Trotzdem scheint die Botschaft<br />

dieser Bil<strong>der</strong> leicht und eingängig zu sein, leichter eingängig<br />

jedenfalls als die das Bild kommentierenden Texte.<br />

Die Bildunterschriften nehmen oft Bezug auf tagesaktuelle<br />

Themen o<strong>der</strong> versuchen, die augenfällige Interpretation<br />

<strong>der</strong> Bildaussage in eine bestimmte Richtung zu lenken.<br />

Das hatte damals seinen triftigen Grund. Pressefreiheit<br />

im heutigen Sinne gab es im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t we<strong>der</strong> in<br />

Frankreich noch in Deutschland. „Gedankenschmuggel“<br />

(H. Heine) war angesagt.<br />

Die Texte unter den Bil<strong>der</strong>n mussten also oft dafür herhalten,<br />

den Sinn <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> zu verrätseln. Unter dem Regime<br />

von Kaiser Napoleon III. wurden die Zensurbestimmungen<br />

nochmals verschärft. Eine kritische Kommentierung innenpolitischer<br />

Ereignisse war verboten – eine Situation,<br />

die für Daumier schon zur unlieben Gewohnheit geworden<br />

war. Schon in <strong>der</strong> Regierungszeit Louis Philippes waren<br />

im Jahr 1835 neue Zensurbestimmungen in Kraft getreten.<br />

Nur in <strong>der</strong> Zeit nach <strong>der</strong> Julirevolution 1830–1835<br />

und nach <strong>der</strong> Februarrevolution 1848–1851 herrschten<br />

einigermaßen erträgliche zensurärmere Zustände im<br />

Pressewesen Frankreichs. Wie viele Blätter insgesamt<br />

<strong>der</strong> internen Vorzensur <strong>der</strong> Redaktion und <strong>der</strong> externen<br />

Zensur <strong>des</strong> staatlichen Kontrolleurs zum Opfer fi elen, ist<br />

unbekannt.<br />

Manche werden sich vielleicht erinnern, dass Daumier<br />

wegen Verletzung <strong>der</strong> Pressegesetze in einem Pariser<br />

Gefängnis einsaß; er hatte den Monarchen Louis Philippe<br />

als Gargantua und die Justiz als Weißwäscher böse<br />

beleidigt und sich damit diese Strafe eingehandelt. Politische<br />

Karikaturen zu zeichnen war also damals nicht<br />

ganz ungefährlich, beson<strong>der</strong>s dann nicht, wenn man die<br />

Mächtigen im Staate aufs Korn nahm.


5<br />

Die Transnonain – Straße am 15. April 1834. Juli 1834 [<strong>Honoré</strong> Daumier dokumentiert das Massaker an wehrlosen Zivilisten durch königliche<br />

Ordnungskräfte. „Das ist keine Karikatur, son<strong>der</strong>n eine blutgetränkte Seite unserer mo<strong>der</strong>nen Geschichte.“ Charles Philipon] (Kat.-Nr. 3)<br />

Der Zensur fi el auch sein vielleicht berühmtestes Blatt<br />

zum Opfer, das auch hier in <strong>der</strong> Ausstellung gezeigte Blatt<br />

<strong>der</strong> „Rue Transnonain“ (Kat.-Nr. 3). Es wurde gleich nach<br />

Erscheinen beschlagnahmt und vernichtet, nur die schon<br />

ausgelieferten Exemplare blieben erhalten. Wir zeigen<br />

die Zeichnung zusammen mit zwei an<strong>der</strong>en Blättern <strong>des</strong><br />

jungen Daumiers, dem „Juli-Held“ (Kat.-Nr. 2) und dem<br />

Blatt: „Es hat sich wirklich nicht gelohnt, dafür gestorben<br />

zu sein“ (Kat.-Nr. 4). Alle drei Blätter sind Bil<strong>der</strong>, die vom<br />

Töten und vom Tode reden. Ein Thema, das Daumier Zeit<br />

seines Lebens beschäftigt hat, und das auch in dieser<br />

Ausstellung an zentraler Stelle steht.<br />

Wenn wir uns diesen drei Blättern und dann anschließend<br />

den großartigen Bil<strong>der</strong>n zu Krieg und Frieden in<br />

Europa zuwenden, dann stehen wir vor Bildvisionen, die<br />

eine verzweifelte Ruhe, großen Ernst und tiefe Tragik<br />

ausstrahlen. Sie erzählen vom Sterben und vom Tod und<br />

ähneln damit dem Bil<strong>der</strong>vorrat, den wir aus <strong>der</strong> christlichen<br />

Ikonografi e kennen, nur dass Daumiers Botschaft nicht<br />

von Heils- und Erlösungserwartungen getränkt ist, son<strong>der</strong>n<br />

nur von Hoffnungslosigkeit, Worten <strong>des</strong> Untrostes, <strong>des</strong><br />

Unheils, <strong>des</strong> Grauens. Und das sollen Karikaturen sein?<br />

Sind Karikaturen nicht Bil<strong>der</strong>rätsel, die dem Erkennenden<br />

ein befreites Lachen gönnen? Irgendetwas scheint mit<br />

unserem Begriff von Karikatur nicht zu stimmen – statt<br />

zündendem Witz nur Ratlosigkeit und Trauer. Doch wie<br />

sagte schon sein Freund Charles Baudelaire: Daumier<br />

hat aus <strong>der</strong> Karikatur eine ernste Kunst gemacht. Was<br />

mag das heißen?<br />

Ein Juli-Held, Mai 1831. Mai 1831 (Kat.-Nr. 2)


6<br />

Es hat sich wirklich nicht gelohnt, dafür gestorben zu sein.<br />

27.8. 1835 (Kat.-Nr. 4)<br />

In Neapel. Der beste aller Könige lässt weiterhin die Ordnung in<br />

seinen Staaten herrschen. 30.8. 1851 (Kat.-Nr. 36)<br />

Karikaturen, das sind Bil<strong>der</strong> von Gegenständen und<br />

Personen, denen die Ruhe weggenommen wurde, sie<br />

führen Deformiertes und Deformierte vor, sie kippen das<br />

scheinbar Normale und die scheinbar Normalen um und<br />

zeigen das Monströse und Hässliche an ihnen, ihr wahres<br />

Selbst, ihr sorgfältig verborgenes Alter Ego, ihre Nachtseite.<br />

Die Vorgestellten zeigen sich in Gestik und Mimik entlarvt,<br />

demaskiert, stehen plötzlich ohne den Schutz ihrer<br />

Charaktermaske da. Nur, wenn sie so tun, als sei nichts<br />

geschehen und sie sich bemühen, ihre deformierte Schön-<br />

Der Bär <strong>des</strong> Nordens, <strong>der</strong> unangenehmste aller bekannten Bären.<br />

17./18.4. 1854 (Kat.-Nr. 38)<br />

heit als eben beson<strong>der</strong>s schön hinzustellen, dann können<br />

wir lachen – manchmal und mit bitterem Beigeschmack.<br />

Der Traum einer europäischen Fö<strong>der</strong>ation taucht eigentlich<br />

erst am Vorabend <strong>der</strong> Revolution von 1848 auf.<br />

In vielen europäischen Län<strong>der</strong>n wird die Gleichartigkeit<br />

<strong>der</strong> politischen For<strong>der</strong>ungen nach mehr Freiheit und Demokratie<br />

erkannt und in Bil<strong>der</strong> verwandelt. Eine breite<br />

Bildproduktion setzt ein. Zahlreiche technische Errungenschaften<br />

erlauben eine Europäisierung <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> und die<br />

Bebil<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Europagedankens. Doch <strong>der</strong> Europagedanke<br />

bleibt, so will es die Geschichte, ein schlafen<strong>der</strong><br />

Riese, das Bild verblasst zusehends mit dem leichtfertig<br />

verspielten Verlust <strong>der</strong> Errungenschaften in <strong>der</strong> 1848er<br />

Revolution. Die kriegerischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen,<br />

die nicht zuletzt betrieben wurden von einem imperial<br />

denkenden neuen Kaiser von Frankreich, rücken in den<br />

Interessensvor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Öffentlichkeit. In ihr kommen<br />

mehr und mehr nationalistisch eingefärbte Denkmuster zu<br />

Wort, Tendenzen, die lei<strong>der</strong> auch von Daumiers Kollegen<br />

bei <strong>der</strong> Zeitschrift Charivari ins Bild gesetzt wurden.<br />

Daumier bemüht sich auch nach Errichtung <strong>des</strong> zweiten<br />

Kaiserreiches, politische Bil<strong>der</strong> im Charivari zu veröffentlichen,<br />

nimmt sich aber, um die scharfe Zensur zu unterlaufen,<br />

<strong>der</strong> kleinen und großen Konfliktherde in und am Rande Europas<br />

an. So entstehen Bildkommentare zu den Vorgängen<br />

in Italien (Kat.-Nr. 36–37), zu den blutigen Ereignissen im<br />

Verlauf <strong>des</strong> Krimkrieges (Kat.-Nr. 38, 40, 77), dem Spanien-<br />

Marokko-Krieg (Kat.-Nr. 44–46) und dem England-Irland-<br />

Konflikt (Kat.-Nr. 34) und nicht zuletzt zu <strong>der</strong> Preußisch-Österreichischen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung (Kat.-Nr. 52).<br />

All diesen Bil<strong>der</strong>n scheint eines gemeinsam zu sein:<br />

Mit überaus versteckten Hinweisen, die nur ein kundiger,<br />

wacher und geübter Betrachter entschlüsseln kann, baut<br />

Daumier seine Bil<strong>der</strong>rätsel auf. Daumiers Denunzierung<br />

barbarischer Unterdrückung aller Freiheitsbestrebungen<br />

in den Län<strong>der</strong>n Europas ist im Kern die Denunzierung <strong>der</strong>


7<br />

Was beweist, dass man sich,<br />

selbst wenn man auf einem<br />

sehr breiten Bett liegt, immer<br />

noch recht unwohl fühlen kann.<br />

8.9. 1854.<br />

[Der Zar Nikolaus I., 1796–1855,<br />

wird als Imperialist gezeigt, <strong>der</strong><br />

das russische Reich nach allen<br />

Seiten ausdehnen will. Sebastopol<br />

ist ein Hinweis auf den Krimkrieg.<br />

Am 4. September 1854 wurden<br />

französische Truppen für diesen<br />

Krieg verschifft.] (Kat.-Nr. 77)<br />

innen- und außenpolitischen Machenschaften eines autokratischen<br />

Despoten namens Louis Napoleon.<br />

Erst relativ spät beschäftigt sich Daumier mit <strong>der</strong> Europa-Figur<br />

– er hat dann aber über 20 Lithografi en zu diesem<br />

Thema gezeichnet. Sie erscheinen, bis auf wenige Ausnahmen<br />

zwischen August 1866 und März 1869.<br />

Im Wesentlichen kreisen die Bil<strong>der</strong> um drei Themenbereiche:<br />

1. das militärisch gestützte labile Gleichgewicht <strong>der</strong> Staaten<br />

Europas (équilibre européen).<br />

2. die drohende Kriegsgefahr, ausgelöst durch eine allgemeine<br />

massive Hochrüstungspolitik.<br />

3. den Konflikt Europa-Türkei. Wenn man nur strategisch<br />

denkt. Zur Frage <strong>der</strong> Behandlung von Menschenrechtsverletzungen<br />

in befreundeten Staaten.<br />

Die Gestalt <strong>der</strong> Europa wird von Daumier symbolisiert<br />

durch die Gestalt einer jungen Frau in einem antikisierten<br />

Gewand, eine ernste und würdevoll auftretende Person, die<br />

zur beson<strong>der</strong>en Kennzeichnung eine Mauerkrone auf dem<br />

Kopf trägt. Diese Figur verwendet Daumier mehrfach. Sie<br />

tritt zuerst als Sinnbild <strong>des</strong> republikanisch gewünschten<br />

Frankreichs, als „La France“ auf; später fi ndet sie auch<br />

Verwendung zur Allegorisierung <strong>der</strong> Stadt Paris o<strong>der</strong> <strong>des</strong><br />

Friedens. Es ist immer die gleiche hagere und immer gefasst<br />

o<strong>der</strong> erschrocken dreinblickende Frau. In welcher Bedeutung<br />

sie auch immer erscheint, sie ist und bleibt eine tragische<br />

Figur <strong>der</strong> ersehnten Hoffnungen, <strong>der</strong> unerfüllten Wünsche,<br />

eine Figur, die in Daumiers Zeit noch nichts zu suchen hat.<br />

Tritt sie trotzdem auf, wird sie sofort mit den herrschenden<br />

Gewalten konfrontiert und stürzt in Not und Bedrängnis. Sie<br />

ist dann nur noch Spielball <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Großmächte.<br />

Sie balanciert im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes auf einer<br />

Bombe, <strong>der</strong>en Lunte schon gezündet ist (Kat.-Nr. 54). Sie<br />

ist eine Unmöglichkeitsfi gur, denn sie kann um <strong>des</strong> lieben<br />

Friedens willen sogar Schwerter schlucken. (Kat.-Nr. 56).<br />

Aber warum bringt Daumier erst ab 1866 die Europa-<br />

Figur auf die Bühne <strong>des</strong> Charivari? Vielleicht können es<br />

die Zeitläufte selbst erklären.


8<br />

Da haben wir ja einen Wind,<br />

<strong>der</strong> die Landung <strong>der</strong> Spanier<br />

ganz schön behin<strong>der</strong>n<br />

wird.<br />

Ja, aber das ist auch ein<br />

ziemlich mieses Wetter<br />

für meinen Sonnenschirm.<br />

13.12.1859 (Kat.-Nr. 45)<br />

Seltsamer Kampf zwischen<br />

El Cid und dem Kaiser von<br />

Marokko. 18.11. 1859.<br />

[In diesem Blatt inszeniert<br />

<strong>Honoré</strong> Daumier eine <strong>der</strong><br />

berühmtesten historischen<br />

Episoden <strong>der</strong> spanischen<br />

Literatur, den ungleichen<br />

Kampf gegen die Mauren<br />

als Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

zwischen den mythischen<br />

Repräsentanten <strong>der</strong> beiden<br />

großen Weltreligionen. Spanien<br />

wollte, wie Frankreich,<br />

seine kolonialen Vorposten<br />

in Nordafrika ausbauen.]<br />

(Kat.-Nr. 46)<br />

Daumier beobachtet die seit Jahren zunehmenden Kriegsaktivitäten<br />

<strong>des</strong> neuen Kaisers <strong>der</strong> Franzosen, eine bis dahin<br />

beispiellose Hochrüstungspolitik aller großen Nationen in<br />

Zentraleuropa, verbunden mit einer neuen Dimension von<br />

Tötungsapparaturen, <strong>der</strong> Erfindung <strong>des</strong> Zündnadelgewehres<br />

durch den Deutschen Dreyse und <strong>des</strong>sen Verbesserung


9<br />

Ein Albtraum <strong>des</strong> Herrn von Bismarck. 22.8. 1870 (Kat.-Nr. 50)<br />

durch den Franzosen Chassepot und <strong>der</strong> Entwicklung <strong>des</strong><br />

Schnellfeuergewehres, <strong>der</strong> Mitrailleuse (Kat.-Nr. 68).<br />

Und die Konfliktherde in Europa mehren sich, die alte<br />

Diplomatie hat abgedankt, Kriegsgott Mars regiert. Die<br />

Beherrschbarkeit all dieser Gewalttätigkeiten erfor<strong>der</strong>t<br />

eine weitreichende, übernationale Friedenskonzeption,<br />

eine gemeinsame Anstrengung aller befreiten Völker Europas.<br />

Das vorfi ndbare Europa <strong>der</strong> imperialen Despotien<br />

jedenfalls führt in eine historische Sackgasse, die in einer<br />

schrecklichen Katastrophe enden muss.<br />

Aus welcher mythologischen Quelle schöpft nun Daumier<br />

seine Mauerkronen-Europa? Die altgriechischen Städte<br />

„verlangten“ nach einer Gottheit zum Schutze ihres Gemeinwesens.<br />

Eine solche Gottheit war nicht nur generell die<br />

Walterin über Glück und Unglück, son<strong>der</strong>n auch Herrscherin<br />

über Krieg und Frieden. Sie symbolisiert auch die gute Regierung,<br />

die ihre Bevölkerung in ihren Mauern zu schützen<br />

weiß: Deshalb trägt diese Gottheit die Mauerkrone auf dem<br />

Kopf. Ihr Name im Griechischen: Tyche.<br />

Daumier verwendet sie, wie gesagt als Allegorie <strong>der</strong><br />

„France“, ab 1866 erlebt diese Figur eine Generalisierung<br />

zur Europa hin – wohl mit dem Beigedanken, dass Frankreich<br />

mit seinen Revolutionen 1789, 1830 und 1848 den<br />

übrigen Völkern Europas ein Beispiel gegeben hat, wie man<br />

mit unerträglichen Zuständen fertig werden kann. Und was<br />

ist mit Deutschland? Welche Rolle spielt nach Daumiers<br />

Dafürhalten Deutschland in diesem Konzert von viel Krieg<br />

und wenig Frieden?<br />

Daumiers Bild <strong>des</strong> guten Deutschland existiert nicht.<br />

Seine Beschäftigung mit seinem östlichen Nachbarn setzt<br />

Genau so stark wie <strong>der</strong> Chinese in <strong>der</strong> Pfer<strong>der</strong>ennbahn ist diese<br />

Friedensgestalt! Wie viele Säbelklingen sie verschlingt! 1.8. 1867<br />

(Kat.-Nr. 56)<br />

Halt !!! 4.6. 1867 (Kat.-Nr. 52)<br />

erst zu dem Zeitpunkt ein, als die Politik Preußens <strong>der</strong> Politik<br />

von Napoleon III. immer ähnlicher wird. Das mühsam<br />

aufgebaute auch gerade von Heinrich Heine geför<strong>der</strong>te Bild:<br />

„Deutschland und Frankreich, die beiden edelsten Völker<br />

<strong>der</strong> Zivilisation“ blieb eine Phantasmagorie, nunmehr waren


10<br />

Der Traum <strong>des</strong> Erfi n<strong>der</strong>s <strong>des</strong> Zündnadelgewehrs am<br />

Allerheiligentag, 1.11. 1866<br />

[Von Dreyse erfand schon um 1830 das Zündnadelgewehr.<br />

Es wurde seither in allen Schlachten mit verheeren<strong>der</strong><br />

Wirkung verwendet, so auch in Solferino 1859.<br />

In diesem Jahr wurde als Folge davon das Rote Kreuz<br />

gegründet. Das Erscheinungsdatum <strong>der</strong> Karikatur am Allerheiligentag<br />

gibt dem Inhalt <strong>der</strong> Bildunterschrift einen<br />

beson<strong>der</strong>s makabren Sinn.] (Kat.-Nr. 68)<br />

sie Feinde und Komplizen zugleich, einig nur in <strong>der</strong> Wahl<br />

<strong>der</strong> Strategie <strong>des</strong> Schreckens.<br />

Hatte nicht Madame de Stael in ihrem seit 1815 in<br />

vielen Auflagen erschienenem Buch „D’ Allemagne“ das<br />

Nachbarland als Land <strong>der</strong> Dichter und Denker gefeiert (la<br />

patrie de la pensee)?<br />

Und hatte nicht <strong>der</strong> exilierte Dichter und Wahlpariser<br />

Heinrich Heine in seiner Kritik an Madame de Stael ein<br />

differenzierteres und realistischeres, in Teilen durchaus<br />

positives Bild <strong>der</strong> Deutschen gezeichnet?<br />

Und man darf auch nicht vergessen, dass es neben den<br />

geistigen auch durchaus reale Kontakte <strong>der</strong> Franzosen zu<br />

Deutschen gab. Nach <strong>der</strong> Julirevolution 1830 war Paris<br />

Ziel deutscher Handwerker, die in ihrer Heimat we<strong>der</strong><br />

beruflich noch politisch eine Zukunft sahen. Waren 1830<br />

erst 7000 deutsche Handwerker in Paris ansässig, so<br />

wuchs ihre Zahl im Jahre 1848 auf kaum zu glaubende<br />

62 000. Von keiner Nation gab es einen größeren Auslän<strong>der</strong>anteil<br />

in Paris. Je<strong>der</strong> 20. Einwohner in Paris war<br />

ein Deutscher. Ein außerordentliches und rühmenswertes<br />

Beispiel praktizierter guter Nachbarschaft. Heinrich Heine,<br />

<strong>der</strong> unfreiwillige Wahlfranzose, bringt die Sache auf<br />

den Punkt. Er schreibt am 14.9. 1842: „… ein Deutscher<br />

(könne) sich an keinem Ort <strong>der</strong> Welt so heimisch fühlen<br />

als eben in Paris, und Frankreich selbst (sei) am Ende<br />

unseres Herzens nichts an<strong>der</strong>es als ein französisches<br />

Deutschland.“<br />

Die maßgeblichen Kräfte in <strong>der</strong> Politik auf beiden Seiten<br />

haben nach 1848 diese schöne Illusion zerschlagen.<br />

Das Deutschland, das östlich <strong>des</strong> Rheins unter Preußens<br />

Dominanz zusammenwuchs, war, wie man heute sagen<br />

würde, ein „militärisch-industrieller Komplex“. In den<br />

Augen von Daumier war die deutsche Einigung ein militärisch<br />

staatsstreichartiger Akt. Er entdeckte im neuen<br />

Deutschland höchstens das Spiegelbild seiner eigenen<br />

jüngsten Geschichte: den Cäsarismus als durchgängiges<br />

Regierungssystem in Mitteleuropa.<br />

Deshalb malt Daumier in seinen Deutschlandblättern auch<br />

wie<strong>der</strong> nur Bil<strong>der</strong> von Krieg und Zerstörung, so wird Deutschland<br />

von Preußen erwürgt (Kat.-Nr. 51) und <strong>der</strong> albtraumatisierte<br />

Bismarck wird selber vom Tod bedroht. (Kat.-Nr. 50).<br />

Die „pazifike Mission“, an <strong>der</strong> ein Deutscher namens Heine<br />

und ein Franzose namens Daumier in ihrem Sprech- und<br />

Malamt gearbeitet haben, verschwindet im Kriegslärm.<br />

Aber wir erinnern uns – solche Bil<strong>der</strong>, wie wir sie heute<br />

sehen, überdauern selbst die größte Barbarei. Sie bleiben<br />

unvergessen. Und das, lieber Michael Melot ist die Antwort<br />

auf Ihre provokante Frage: Was haben die Deutschen bloß<br />

mit dem Daumier? Keine Angst, wir wollen Herrn Daumier<br />

nicht germanisieren, son<strong>der</strong>n europäisieren.


DAUMIERS STELLUNG IN DER KUNST – SEINE ARBEITSWEISE, DIE WERT-<br />

SCHÄTZUNG DURCH DIE ZEITGENOSSEN UND SEINE BEDEUTUNG ALS<br />

KÜNSTLER<br />

11<br />

Wer sich mit Daumiers umfangreichen Œuvre beschäftigt,<br />

wird sich fragen, wie alle diese Werke entstanden sind.<br />

Da sind zunächst sein Lebenslauf, seine beson<strong>der</strong>e zeichnerische<br />

Veranlagung und seine Lebensweise ausschlaggebend.<br />

Der Meister war für sein visuelles Gedächtnis<br />

berühmt. Er prägte sich Formen, insbeson<strong>der</strong>e die Physiognomie<br />

<strong>der</strong> darzustellenden Personen ein und verwendete<br />

sie sofort o<strong>der</strong> auch sehr viel später mit größter Sicherheit<br />

für seine Zeichnungen. Dasselbe gilt für seine Arbeiten in<br />

Ton; ab 1830 schuf er die berühmten Tonbüsten <strong>der</strong> vergreisten<br />

Abgeordneten. Diese Vorlagen wurden erst nach<br />

Daumiers Tod für Bronzeabgüsse verwendet.<br />

Für seine Gemälde, die Daumier aus wirtschaftlichen<br />

Gründen vorwiegend erst ab 1862 schuf, gibt es oft mehrere<br />

Entwürfe.<br />

Wer Glück hat, fi ndet verschiedene Zeichnungen auf<br />

Vor<strong>der</strong>- und Rückseite eines Papiers. Es scheint, dass<br />

Daumier ein sparsamer Mensch war. Die Zeichnungen<br />

häufen sich für seine Lieblingsthemen wie Don Quichotte<br />

auf <strong>der</strong> Rosinante, Gauklerszenen, Gerichtswesen und das<br />

Leben <strong>der</strong> einfachen Leute.<br />

Daumier hat nie im Freien, wie damals die meisten seiner<br />

Malerkollegen, gearbeitet. Er hat diese in zahlreichen<br />

Karikaturen verspottet. Die Arbeit in seinem Pariser Atelier<br />

zog er vor, am Lebensende arbeitete er in Valmondois vor<br />

den Toren <strong>der</strong> Stadt. Daumier ließ sich die Steine aus <strong>der</strong><br />

Druckerei bringen, die etwa zwei Kilometer weiter in <strong>der</strong><br />

Stadt lag, zeichnete innerhalb eines Tages darauf und ließ<br />

sie wie<strong>der</strong> abholen. Ein Träger transportierte manchmal<br />

zwei bis drei Steine in einem Gestell auf dem Rücken.<br />

Wenn man weiß, dass Daumier von 1830–1872 rund<br />

4000 Lithografien schuf, mit einer Unterbrechung von zwei<br />

Jahren, lässt sich leicht berechnen, in welchem Rhythmus<br />

er arbeitete. Jede Woche entstanden so bis zu fünf<br />

Lithografi en. Er teilte sich die Belieferung <strong>des</strong> Charivari<br />

mit seinen Kollegen, denn die Zeitung brachte täglich eine<br />

Lithografi e, auch samstags und sonntags, auf <strong>der</strong> dritten<br />

von insgesamt vier Seiten.<br />

Daneben schuf Daumier mehr als 1000 Buchillustrationen<br />

von unterschiedlicher Größe als Vorlagen zu<br />

Holzschnitten, die er nicht selbst herstellte. Weiterhin<br />

gibt es von ihm 72 bisher bekannte Plastiken, ebenfalls<br />

unterschiedlich groß, in <strong>der</strong> Form von Büsten, Figuren und<br />

Reliefs, so wie unzählige, zum Teil noch zu entschlüsselnde<br />

Zeichnungen als Vorstudien zu seinen Gemälden. Die<br />

wertvollsten Objekte befi nden sich weltweit in Museen<br />

und auch in Privatsammlungen an zum Teil unbekannten<br />

Orten.<br />

Daumier hat sich nie über sein Werk geäußert. Aus<br />

heutiger Sicht war er ein verschlossener, nur seiner Arbeit<br />

zugewandter Künstler. Alle unsere Kenntnisse über<br />

ihn stammen von seinen Zeitgenossen und Freunden. So<br />

meinte Baudelaire 1845 in seinem Bericht über den „salon“,<br />

eine alljährlich wie<strong>der</strong>kehrende Kunstausstellung, an<br />

<strong>der</strong> Daumier aber nie teilnahm, dass Paris nur drei große<br />

Zeichner habe: Ingres, Delacroix und Daumier. Delacroix<br />

schrieb Daumier sogar: „Es gibt keinen Menschen, den<br />

ich mehr schätze und bewun<strong>der</strong>e als Sie.“ Balzac verglich<br />

ihn mit Michelangelo. Der Historiker Michelet, in seinen<br />

Werken sehr gemäßigt, richtete begeisterte Briefe an ihn<br />

zu seiner Serie „histoire ancienne“, in <strong>der</strong> Daumier die<br />

klassische Vorstellung von <strong>der</strong> Antike verspottet, und zu<br />

seiner letzten Karikatur über Louis Philippe aus dem Jahre<br />

1848: Nur durch ihn könne das Volk zum Volke sprechen.<br />

Ähnliches steht auch auf Daumiers Grabstein. Die Brü<strong>der</strong><br />

Goncourt, vor <strong>der</strong>en Spott niemand sicher war, zogen Gavarni<br />

ihm vor. Der ebenso zeitgenössische Kunstkritiker<br />

und Sammler Champfl eury urteilte aber: „Gavarni bringt<br />

den Betrachter zum Lachen, Daumier jedoch bringt ihn<br />

zum Nachdenken.“ Zu seinen engsten Freunden zählten<br />

Daubigny und Corot, <strong>der</strong> ihm ein Haus in Valmondois,<br />

nördlich von Paris, geschenkt haben soll. Daumier gab<br />

ihm als Dank eines seiner Gemälde.<br />

Triumph <strong>der</strong> politischen, wirtschaftlichen, literarischen, usw. Rechtschaffenheit.<br />

18.10. 1838 [Macair feuert seine Anhänger an, seinen<br />

Triumph wagen zu ziehen] (Kat.-Nr. 11)


12<br />

Fusion von Handelsgesellschaften. 23.11. 1845 (Kat.-Nr. 14) Einüben <strong>des</strong> Politiker-Lächelns vor <strong>der</strong> Wahl. 20.4. 1869<br />

(Kat.-Nr. 18)<br />

So richtet sich die Wirbelsäule <strong>des</strong> Kandidaten nach <strong>der</strong> Wahl wie<strong>der</strong><br />

auf! 25.6.1869 (Kat.-Nr. 19)<br />

Der Charivari schlägt Europa ein Sommerparlament vor. 13.7. 1868<br />

(Kat.-Nr. 20)


13<br />

Ein Vatermord. 16.4. 1850<br />

[Adolphe Thiers, 1797–1877,<br />

war wie Talleyrand politisch<br />

außerordentlich wandlungsfähig.<br />

Er diente allen Regimen.<br />

1873 wurde er sogar Staatspräsident<br />

in <strong>der</strong> 3. Republik.<br />

Von den Zeitgenossen wurde<br />

er zu den „girouettes“, den<br />

Wetterfahnen, gezählt. Das<br />

neue Pressegesetz, seitenverkehrt<br />

auf <strong>der</strong> Keule erwähnt,<br />

soll die unbootmäßige Presse<br />

beseitigen.] (Kat.-Nr. 22)<br />

Eine Verkaufsausstellung, ein Jahr vor seinem Tod von<br />

Freunden veranstaltet, war ein völliger Misserfolg. Niemand<br />

kaufte etwas. Durch einen amerikanischen Kunsthändler<br />

gelangten einige seiner Gemälde noch zu seinen<br />

Lebzeiten in Privatsammlungen <strong>der</strong> USA, wohl zu sehr<br />

geringen Preisen. Die wahre Bedeutung Daumiers wurde<br />

erst zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts entdeckt. Häufi g<br />

wurden seine Gemälde in ganz Europa gezeigt. Aber erst<br />

nach 1945 konnte man repräsentative Auswahlen seiner<br />

Werke sehen, nun auch verstärkt Lithografi en.<br />

<strong>Honoré</strong>-Daumier-Gesellschaft


14<br />

DIE LITHOGRAFIE ALS KÜNSTLERISCHE DARSTELLUNGSFORM<br />

Die Lithografi e („lithos“ = Stein, „graphein“ = schreiben)<br />

ist das Ergebnis eines Druckverfahrens, das Alois Senefel<strong>der</strong><br />

1796/98 erfand. Es verbreitete sich sogleich in<br />

ganz Europa. So hat es auch Goya kurz vor seinem Tod<br />

(1828) verwendet.<br />

Die Lithografi e ist ein Flachdruckverfahren, bei dem<br />

eine Kalksteinplatte – ab 1870 auch eine Zinkplatte nach<br />

dem Verfahren von Gillot – zuunterst auf einer Presse liegt<br />

und das zu bedruckende Papier auf sie gedrückt wird. Die<br />

Steinplatte wird zuerst glatt poliert, dann mit feuchtem<br />

o<strong>der</strong> trockenem Sand gekörnt, das heißt aufgeraut. Ist<br />

<strong>der</strong> Stein wunschgemäß gekörnt, so wird das Bild mit <strong>der</strong><br />

Lithokreide, einer fett- und harzhaltigen Kreide, auf den<br />

Stein gezeichnet. Anschließend wird <strong>der</strong> Stein geätzt. Die<br />

Säure, eine Mischung von wasserverdünnter Gummilösung<br />

und Salpetersäure, ätzt das Korn überall dort weg, wo<br />

keine Zeichnung aufgetragen ist, denn die fette Lithokreide<br />

stößt jede Säure sofort ab. Die geätzten Stellen werden<br />

dadurch spiegelglatt und liegen – genau genommen – etwas<br />

tiefer als die körnigen Stellen. Der Niveauunterschied<br />

zwischen den beiden ist jedoch so minimal, dass beim<br />

späteren Druckvorgang das Papier auch auf die geätzten<br />

Partien gepresst wird. Nach genügen<strong>der</strong> Ätzung wird <strong>der</strong><br />

Stein mit einer Walze eingefärbt, wobei die aufgetragene<br />

Druckfarbe nun ausschließlich auf <strong>der</strong> „fetten“ Zeichnung<br />

haftet. Die nach dem Druck vorliegende Lithografi e gibt<br />

die Originalzeichnung auf dem Stein nun spiegelverkehrt<br />

wie<strong>der</strong>. Da <strong>der</strong> Stein durchschnittlich 8–15 cm hoch ist,<br />

kann die Oberfl äche nach dem Druck abgeschliffen und<br />

für eine neue Zeichnung vorbereitet werden. Es haben sich<br />

nur ganz wenige Steine erhalten, auf denen man noch die<br />

Zeichnung Daumiers fi ndet.<br />

Das von Gillot schon um 1855 erfundene Verfahren mit<br />

einer Zinkplatte als Druckträger (Gillotage) ist künstlerisch<br />

von geringerer Qualität, da die Konturen verwischen und<br />

die Grau- bis Schwarztöne kaum abgestuft erscheinen. Es<br />

beschleunigte aber die kombinierten Druckverfahren von<br />

Lithografi e und Zeitungsdruck (Hochdruck).<br />

Bei einer Lithografi e unterscheidet man verschiedene<br />

Druckzustände. Zuerst wurden für den Drucker und den<br />

Künstler auf dünnem Papier („mince“ genannt) zwei bis<br />

drei Probeexemplare für Korrekturen abgezogen. Danach<br />

wurden ebenfalls sehr wenige Exemplare auf Büttenpapier<br />

(französisch: „velin“ ) gefertigt. Zu Daumiers Zeiten dienten<br />

sie vordringlich zur Vorlage bei <strong>der</strong> Zensurbehörde:<br />

Der Drucker o<strong>der</strong> Herausgeber musste handschriftlich<br />

die vorgesehene Bildunterschrift eintragen und erhielt<br />

vom Zensor die Zustimmung für den Druck. Sehr gesucht<br />

sind daher Exemplare, auf denen ein „refusé“ (abgelehnt)<br />

prangt, möglichst mit dem Namen <strong>des</strong> Beamten und dem<br />

Datum, weil Bild o<strong>der</strong> Text <strong>der</strong> Obrigkeit missfi elen. Gelegentlich<br />

hielt <strong>der</strong> Herausgeber auch Blätter zurück, weil er<br />

schon Unheil ahnte. Man nennt diese wenigen Exemplare<br />

„avant la lettre“, weil sie noch keine Bildunterschrift in<br />

Druckbuchstaben tragen.<br />

Sodann gab es Abzüge mit einer Legende in Druckbuchstaben,<br />

die einzeln o<strong>der</strong> in Alben verkauft wurden, sofern<br />

sie dem Publikum gefielen. Hier konnte <strong>der</strong> Verleger Gewinne<br />

erzielen, die von <strong>der</strong> Obrigkeit auferlegten Geldbußen<br />

begleichen o<strong>der</strong> die Prozesskosten bezahlen.<br />

Manche Blätter o<strong>der</strong> Serien, so auch Blätter aus den<br />

insgesamt 100 Darstellungen zu Robert Macaire, von<br />

denen einige in dieser Ausstellung zu sehen sind, wurden<br />

sogar handkoloriert und erreichten in dieser Fassung o<strong>der</strong><br />

in Schwarz-Weiß eine Auflage von mehreren 1000 Stück.<br />

Man nennt sie „sur blanc“ (s.b.) „auf weißem Papier“. Modell-Kolorierungen<br />

wurden von einem Fachmann erstellt<br />

(in <strong>der</strong> Ausstellung werden zwei gezeigt), damit die Auflage<br />

gemäß <strong>der</strong> Modellvorlage von Hilfskräften entsprechend<br />

koloriert wurde; daher gibt es bei <strong>der</strong> kolorierten Auflage<br />

einer bestimmten Lithografi e natürlich Kolorierungsunterschiede.<br />

„Chine-Drucke“ sind beson<strong>der</strong>s begehrt und selten,<br />

da sie die Feinheiten <strong>der</strong> Zeichnung im Druck am besten<br />

wie<strong>der</strong>geben. Bei diesen Drucken wurde das extrem dünne<br />

Chine-Papier auf Velin-Papier aufgebracht und anschließend<br />

bedruckt.<br />

Für die Zeitungen, wie „Le Charivari“ und zeitgenössische<br />

Journale, wurde zuerst die Lithografie mit <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Legende auf Papier von sehr unterschiedlicher<br />

Qualität gedruckt, unter <strong>der</strong> Voraussetzung, dass die<br />

Zensur sie gebilligt hatte. Die zweite Druckphase war <strong>der</strong><br />

Zeitungsdruck, bei dem das bereits mit <strong>der</strong> Lithografi e<br />

versehene Papier verwendet wurde. Er enthielt den eigentlichen<br />

Text <strong>der</strong> Zeitung, <strong>der</strong> fast nie auf die bildliche<br />

Darstellung Bezug nahm. Auf <strong>der</strong> letzten Seite <strong>des</strong> Charivari<br />

und an<strong>der</strong>er periodischer Veröffentlichungen gab es<br />

bereits Werbung in Text und Bild.<br />

Wenn man bedenkt, unter welchem Zeitdruck die<br />

Hersteller dieser Zeitungen standen, lassen sich handwerkliche<br />

Abweichungen o<strong>der</strong> Fehler, die durch die beiden<br />

aufeinan<strong>der</strong> folgenden Verfahren bedingt waren, erklären<br />

und verzeihen.<br />

<strong>Honoré</strong>-Daumier-Gesellschaft


DAUMIERS LEBEN<br />

15<br />

<strong>Honoré</strong> Daumier, 1864<br />

Foto: Carjat, Paris<br />

26. Februar 1808 Geburt in Marseille.<br />

1808 Seine Familie zieht nach Paris.<br />

1820 Laufbursche bei einem Gerichtsvollzieher.<br />

1822–1825 Zeichenkurse, autodidaktisches Lernen, Lehre bei einem Lithografen, Karikaturen für La Silhouette.<br />

1829–1835 Blätter für die Wochenschrift La Caricature, Tonbüsten von Abgeordneten. Die Karikatur „Gargantua“<br />

bringt ihn sechs Monate ins Gefängnis.<br />

ab 1832 Auch Mitarbeit bei <strong>der</strong> Tageszeitung Le Charivari, die nach dem Verbot von La Caricature 1835<br />

zum Hauptorgan <strong>des</strong> republikanischen Verlegers Philipon wurde. Dieser sammelt die besten<br />

Journalisten und Zeichner um sich.


16<br />

1835–1848 Daumier muss auf politische Satire verzichten und liefert Karikaturen auf das Bürgertum in den<br />

Serien (Auswahl!): Robert Macaire, Histoire Ancienne, Les beaux Jours de la Vie, Les Bons Bourgeois,<br />

Gens de Justice, Professeurs et Moutards – und er illustriert Bücher. Er malt und zeichnet<br />

jetzt häufi ger.<br />

1846 Heirat mit Marie-Alexandrine d‘Assy. Ihr einziges Kind stirbt mit zwei Jahren.<br />

1848 Vor <strong>der</strong> Abdankung Louis-Philippes und während <strong>der</strong> Februarrevolution erscheinen wie<strong>der</strong> seine<br />

republikanischen Karikaturen, die er bis zum Putsch von Napoleon III. fortführt. Die neue Pressezensur<br />

zwingt ihn wie<strong>der</strong> zur Karikatur <strong>der</strong> Gesellschaft, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> „staatstragenden“<br />

Schichten. Er stellt zunehmend die außenpolitischen Krisen dar, wie Krimkrieg, italienische<br />

Einigung, Orientkrise, deutsche Querelen.<br />

1860–1863 Philipon kündigt Daumier nach 32 Jahren die Mitarbeit. <strong>Honoré</strong> Daumier schafft zehn großformatige<br />

Lithografi en für die Wochenzeitung Le Boulevard und malt in dieser Zeit die Mehrzahl seiner<br />

Bil<strong>der</strong>.<br />

ab 1863 Er arbeitet wie<strong>der</strong> für Le Charivari. Er wechselt aus fi nanziellen Gründen mehrfach die Wohnungen,<br />

obwohl er immer bekannter wird: Seine Werke gelangen bis in die USA.<br />

1867 Beginn einer Augenschwäche, die letztlich zur Blindheit führt. Dennoch lithografi ert er unermüdlich<br />

weiter und schafft seine großartigen Alterswerke, von denen viele in dieser Ausstellung<br />

gezeigt werden.<br />

1870–1871 Daumier wird in eine Kommission zum Schutz <strong>der</strong> Kunstwerke berufen. Er lehnt das Kreuz <strong>der</strong><br />

Ehrenlegion ab.<br />

1872 Seine letzte Lithografi e erscheint im Charivari.<br />

1878 Seine Freunde veranstalten eine Verkaufsausstellung seiner Werke. Es wird nichts verkauft.<br />

1879 Daumier stirbt am 10. Februar in Valmondois bei Paris.<br />

Daumier-Büste in Valmondois


17<br />

KATALOG DER AUSGESTELLTEN BLÄTTER<br />

Die Katalogeinträge umfassen die Ausstellungsnummer, die Übersetzung<br />

und Kommentierung <strong>der</strong> französischen Bildtexte, das Entstehungsdatum<br />

sowie in Klammern die Nummer bei Loys Delteil und die Seite,<br />

auf <strong>der</strong> die Blätter in diesem Heft abgebildet sind.<br />

1 Pressefreiheit. Rührt nicht daran. März 1834 (Delteil 133)<br />

2 Ein Juli-Held, Mai 1831. Mai 1831 (Delteil 23; Abb. S. 5)<br />

3 Die Transnonain-Straße am 15. April 1834. Juli 1834 (Delteil 135;<br />

Abb. S. 5)<br />

4 Es hat sich wirklich nicht gelohnt, dafür gestorben zu sein.<br />

27.8. 1835 (Delteil 130, Abb. S. 6)<br />

5 Wir sind alle ehrbare Leute. Umarmen wir uns. 13.11. 1834<br />

(Delteil 95; Abb. S. 3)<br />

6 Meine Damen und Herren, … 30.9. 1836 [Robert Macaire preist<br />

seine eigenen Aktien an und macht an<strong>der</strong>e schlecht] (Delteil 360)<br />

7 Robert Macaire als Heiratsvermittler. 4.12. 1836 [Er preist eine<br />

alte Kriegerwitwe und eine junge reiche Frau an.] (Delteil 369)<br />

8 Der Löwenanteil. 8.1. 1837 [Macaire betrügt mit Hilfe seines<br />

Komplizen Bertrand beim Kartenspiel.] (Delteil 376)<br />

9 Robert Macaire vor seinen Richtern. 28.2. 1837 [Er verteidigt<br />

sich selbst mit Scheinargumenten.] (Delteil 384; Abb. S. 25)<br />

10 Wollen Sie Gold, Geld, Silber, Diamanten, Millionen …<br />

20.5. 1838 [Macaire preist Industrieprodukte an.] (Delteil 436)<br />

11 Triumph <strong>der</strong> politischen, wirtschaftlichen, literarischen, usw.<br />

Rechtschaffenheit. 18.10. 1838 [Macaire feuert seine Anhänger<br />

an, seinen Triumph wagen zu ziehen] (Delteil 449; Abb. S. 11)<br />

12 Meine Herren, das ist die Wahrheit … 18.11. 1838 [Ein an<strong>der</strong>er<br />

Angeklagter beschuldigt Macaire, viel schlimmeres Unrecht<br />

begangen zu haben.] (Delteil 454)<br />

13 25.11. 1838 [Grabrede <strong>des</strong> Sohnes auf seine angeblich gestorbene<br />

Mutter, die Teilhaberin gewesen sein soll.] (Delteil 455)<br />

14 Fusion von Handelsgesellschaften. 23.11 1845 (Delteil 1166;<br />

Abb. S. 12)<br />

15 Entwurf für die Aufstellung von Statuen [Robert Macaire und<br />

Bertrand] auf dem Vorplatz <strong>der</strong> Börse. 9.7. 1850 (Delteil 2024;<br />

Abb. S. 3)<br />

16 – Alle Geschäftsleute verehren das Goldene Kalb.<br />

– Ach was, sie verehren nur die Spritzen, die Ihnen Geld bringen.<br />

4.6. 1856 (Delteil 2802)<br />

17 Die politische Schaukel. Neues Gesellschaftsspiel. 12.5. 1866<br />

(Delteil 3499; Abb. S. 3)<br />

18 Einüben <strong>des</strong> Politiker-Lächelns vor <strong>der</strong> Wahl. 20.4. 1869 (Delteil<br />

3706; Abb. S. 12)<br />

19 So richtet sich die Wirbelsäule <strong>des</strong> Kandidaten nach <strong>der</strong> Wahl<br />

wie<strong>der</strong> auf! 25.6.1869 (Delteil 3718; Abb. S. 12)<br />

20 Der Charivari schlägt Europa ein Sommerparlament vor.<br />

13.7. 1868 (Delteil 3652; Abb. S. 12)<br />

21 Die Zeitungslektüre.<br />

Ach, ich hoffe, dass mir meine Zeitung endlich etwas Neues und<br />

Endgültiges über die gegenwärtige Krise sagen wird. – Sehen<br />

wir mal nach. – Die Lage ist schwerwiegend. – Na, na, das wird<br />

allmählich eintönig. 1.1. 1840 (Delteil 852)<br />

22 Ein Vatermord. 16.4. 1850 (Delteil 2002; Abb. S. 13)<br />

23 Eine Bücherverbrennung im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t. 30.4. 1851 (Delteil<br />

2100)<br />

24 Mein Freund, sieh dir doch einmal diese schönen Diamanten an.<br />

Sieh dir das nicht an. Du bist unvorsichtig. Du könntest schieläugig<br />

werden. 20.1. 1860 (Delteil 3229)<br />

Das neue Paris. Die Verbreiterung <strong>der</strong> Verkehrswege hat die eiligen<br />

Leute glücklich gemacht. 6.4. 1862 (Kat.-Nr. 28)<br />

Der Kippensammler. 5.12. 1841 (Kat.-Nr. 26)


18<br />

Die Dame: Oh, mein Lieber, welch ein schöner Turco, welch ein<br />

schöner Turco, … lass mich ihn noch ein bisschen ansehen. Der Ehemann:<br />

Nein, gehen wir, du vergisst, mein Rehlein, dass du in einer<br />

interessanten Lage bist. Ich fürchte, dass du einen Blick erhältst und<br />

einen kleinen Schwarzen zur Welt bringst. 15.8. 1859 (Kat.-Nr. 29)<br />

Im Fesselballon<br />

Der Herr, <strong>der</strong> nach Süden blickt: Verfl ixt!<br />

Der Herr, <strong>der</strong> nach Osten schaut: Verdammt! 11.11. 1867 (Kat.-Nr. 33)<br />

Das, was man das Vereinigte / geeinte Königreich nennt. 21.3. 1866<br />

(Kat.-Nr. 34)<br />

In <strong>der</strong> Walachei<br />

Russische Generäle haben soeben katholischen Kapellen ihre Verehrung<br />

erwiesen. 1.7. 1854 (Kat.-Nr. 39)


19<br />

Frau Potard: Nicht wahr,<br />

mutiger Turco, Sie ziehen doch<br />

die Französinnen den Afrikanerinnen<br />

vor?<br />

Herr Potard: Pst, meine Gute,<br />

du siehst doch, dass du ihn<br />

zum Erröten bringst.<br />

[Die Turcos sind nordafrikanische<br />

Kolonialsoldaten im<br />

Dienste Frankreichs. Nach<br />

<strong>der</strong> Rückkehr vom Krimkrieg<br />

wurden sie ab 1859 bei Paris<br />

stationiert. <strong>Honoré</strong> Daumiers<br />

Beitrag zur Auslän<strong>der</strong>problematik.]<br />

31. August 1859 (Kat.-Nr. 31)<br />

25 Das Gold ist eine Utopie für jene, die keine Groschen haben.<br />

26.10. 1839 (Delteil 685)<br />

26 Der Kippensammler; 5.12. 1841 (Delteil 825; Abb. S. 17)<br />

27 Der Gauner von Vermieter. Er will nur bei schönem Wetter Reparaturen<br />

machen lassen. 26.5. 1847 (Delteil 1605)<br />

28 Das neue Paris. Die Verbreiterung <strong>der</strong> Verkehrswege hat die eiligen<br />

Leute glücklich gemacht. 6.4. 1862 (Delteil 3245: Abb. S. 17)<br />

29 Die Dame: Oh, mein Lieber, welch ein schöner Turco, welch ein<br />

schöner Turco, … lass mich ihn noch ein bisschen ansehen.<br />

Der Ehemann: Nein, gehen wir, du vergisst, mein Rehlein, dass<br />

du in einer interessanten Lage bist. Ich fürchte, dass du einen<br />

Blick erhältst und einen kleinen Schwarzen zur Welt bringst.<br />

15.8. 1859 (Delteil 3193; Abb. S. 18)<br />

30 Prima, … Prima, … Französisch! 29.8. 1859 (Delteil 3195)<br />

31 Frau Potard: Nicht wahr, mutiger Turco, Sie ziehen doch die Französinnen<br />

den Afrikanerinnen vor?<br />

Herr Potard: Pst, meine Gute, du siehst doch, dass du ihn zum<br />

Erröten bringst. 31.8. 1859 (Delteil 3198; Abb. S. 19)<br />

32 Oh mein Freund, ich habe Angst vor diesen Leuten da. – Du hast<br />

Recht. Sie sind sehr bösartig, … sie schlagen die Frauen und sie<br />

machen ihnen schwarze Kin<strong>der</strong>. 30.8. 1859 (Delteil 3199)<br />

33 Im Fesselballon<br />

Der Herr, <strong>der</strong> nach Süden blickt: Verfl ixt!<br />

Der Herr, <strong>der</strong> nach Osten schaut: Verdammt! 11.11. 1867 (Delteil<br />

3605; Abb. 18)<br />

34 Das, was man das Vereinigte / geeinte Königreich nennt.<br />

21.3. 1866 (Delteil 3491; Abb. 18)<br />

35 Irland und Jamaika – Geduld! 11.4. 1866 (Delteil 3494)<br />

36 In Neapel<br />

Der beste aller Könige lässt weiterhin die Ordnung in seinen<br />

Staaten herrschen. 30.8. 1851 (Delteil 2143; Abb. S. 6)<br />

37 Die reaktionäre Presse bemüht sich vergebens, einen Stock zwischen<br />

die Radspeichen zu schieben. 23.10. 1866 (Delteil 3530)<br />

38 Der Bär <strong>des</strong> Nordens, <strong>der</strong> unangenehmste aller bekannten Bären.<br />

17./18.4. 1854 (Delteil 2493, Abb. S. 6)<br />

39 In <strong>der</strong> Walachei<br />

Russische Generäle haben soeben katholischen Kapellen ihre<br />

Verehrung erwiesen. 1.7. 1854 (Delteil 2499; Abb. S. 18)<br />

40 Das beweist uns, dass dieser Koloss ein Luftballon ist. Ein Stich<br />

mit dem Bajonett genügt, um die Luft aus ihm herauszulassen.<br />

26.10. 1854 (Delteil 2505)<br />

41 Er erlaubt sich die Vorstellung, die englisch-französische Flotte<br />

zu versenken. 23.8. 1854 (Delteil 2526; Abb. S. 23)


20<br />

Der neue Ikarus wollte sich zu nahe an die Sonne <strong>des</strong> Ostens wagen.<br />

12.2. 1855 (Kat.-Nr. 42)<br />

Die „Zeit“ empfi ndet auch das Bedürfnis, sich zeitgemäß auszurüsten.<br />

10.1. 1867 (Kat.-Nr. 62)<br />

Eine Situation, die allmählich ermüdend wirkt. 10.1. 1868<br />

(Kat.-Nr. 43)<br />

Ein Verfahren, damit er läuft, ohne voranzukommen. 19.6. 1868<br />

(Kat.-Nr. 79)


21<br />

Du, schau dir mal diese Kiste an. Sie enthält die amerikanischen<br />

Gesandten, die sich nach Peking begeben.<br />

Man könnte meinen, dass in diesem Wagen seltsame Tiere sind.<br />

Mein Gott, was sind die seltsam. Umso schlimmer für sie, denn sie<br />

werden von dem Land, das sie durchqueren, nicht viel sehen.<br />

12.10. 1859 (Kat.-Nr. 47)<br />

Der amerikanische Botschafter erhält eine Audienz beim Kaiser von<br />

China. 21.10. 1859 (Kat.-Nr. 49)<br />

Ankunft <strong>der</strong> amerikanischen<br />

Gesandten in Peking. 13.10.<br />

1859 (Kat.-Nr. 48)<br />

[<strong>Honoré</strong> Daumier nimmt in<br />

einem fantastischen Rollenwechsel<br />

den Standpunkt <strong>der</strong><br />

Chinesen ein. Er lässt sie sich<br />

an <strong>der</strong> blinden Interessenspolitik<br />

revanchieren, welche die<br />

„fortschrittlichste“ Demokratie<br />

<strong>des</strong> Westens in das Reich <strong>der</strong><br />

Mitte treibt.]<br />

42 Der neue Ikarus wollte sich zu nahe an die Sonne <strong>des</strong> Ostens<br />

wagen. 12.2. 1855 (Delteil 2546; Abb. S. 20)<br />

43 Eine Situation, die allmählich ermüdend wirkt. 10.1. 1868 (Delteil<br />

3617; Abb. S. 20)<br />

44 Ein Sonnenschirm in einer schwierigen Stellung. 25.11. 1859<br />

(Delteil 3224)<br />

45 Da haben wir ja einen Wind, <strong>der</strong> die Landung <strong>der</strong> Spanier ganz<br />

schön behin<strong>der</strong>n wird.<br />

Ja, aber das ist auch ein ziemlich mieses Wetter für meinen<br />

Sonnenschirm. 13.12. 1859 (Delteil 3226; Abb. S. 8)<br />

46 Son<strong>der</strong>barer Kampf zwischen El Cid und dem Kaiser von Marokko.<br />

18.11. 1859 (Delteil 3234; Abb. S. 8)


22<br />

Neuer Schwebezustand. 7.2. 1867<br />

[Europa in einem friedlichen Hypnose–Schwebezustand<br />

auf einer<br />

Bajonettspitze. Was passiert,<br />

wenn sie aufwacht o<strong>der</strong> aufgeweckt<br />

wird?] (Kat.-Nr. 55)<br />

47 Du, schau dir mal diese Kiste an. Sie enthält die amerikanischen<br />

Gesandten, die sich nach Peking begeben.<br />

Man könnte meinen, dass in diesem Wagen seltsame Tiere sind.<br />

Mein Gott, was sind die seltsam. Umso schlimmer für sie, denn<br />

sie werden von dem Land, das sie durchqueren, nicht viel sehen.<br />

12.10. 1859 (Delteil 3114; Abb. S. 21)<br />

48 Ankunft <strong>der</strong> amerikanischen Gesandten in Peking. 13.10. 1859<br />

(Delteil 3115; Abb. S. 21)<br />

49 Der amerikanische Botschafter erhält eine Audienz beim Kaiser<br />

von China. 21.10. 1859 (Delteil 3116; Abb. S. 21)<br />

50 Ein Albtraum <strong>des</strong> Herrn von Bismarck. 22.8. 1870 (Delteil 3802;<br />

Abb. S. 9)<br />

51 Umarmen wir uns! 24.10. 1867 (Delteil 3602)<br />

52 Halt!!! 4.6. 1867 (Delteil 3575; Abb. S. 9)<br />

53 Der Fortschritt: Die Schnecken, die nicht sympathisch sind.<br />

25.9. 1869 (Delteil 3738; Abb. S. 24)<br />

54 Europäisches Gleichgewicht. 3.4. 1867 (Delteil 3566; Abb. S. 2)<br />

55 Neuer Schwebezustand. 7.2. 1867 (Delteil 3552; Abb. S. 22)<br />

56 Genau so stark wie <strong>der</strong> Chinese in <strong>der</strong> Pfer<strong>der</strong>ennbahn ist diese<br />

Friedensgestalt! Wie viele Säbelklingen sie verschlingt!<br />

1.8. 1867 (Delteil 3585; Abb. S. 9)<br />

Europäische Lage. 18.8. 1868 (Kat.-Nr. 81)


23<br />

Das hier hat das da getötet.<br />

9.2. 1871 (Kat.-Nr. 70)<br />

[Frankreich, als Frau dargestellt,<br />

klagt das Volk an,<br />

das durch seine Wahl vom<br />

8. Februar 1870 die Politik<br />

Napoleons III. und ihre Folgen<br />

legitimiert hat.]<br />

57 Ein (Ver-) Gelegenheitskuss. 1.4. 1867 (Delteil 3565)<br />

58 Zieht! So entsteht Gleichgewicht. 25.11. 1871 (Delteil 3891)<br />

59 Verzeihung, ich umarme nicht je<strong>der</strong>mann. 19.5. 1869 (Delteil<br />

3712)<br />

60 Frage an die Diplomatie: Sind Sie wenigstens sicher, dass ich gut<br />

sitzen werde? 14.8. 1866 (Delteil 3517)<br />

61 Vorsichtig / Langsam. 21.4. 1868 (Delteil 3635)<br />

62 Die „Zeit“ empfi ndet auch das Bedürfnis, sich zeitgemäß auszurüsten.<br />

10.1. 1867 (Delteil 3548; Abb. S. 20)<br />

63 Bei jedem Wurf verliert man. 15.9. 1868 (Delteil 3662)<br />

64 Er schläft bestens. Aber diese Matratzen sind recht teuer.<br />

26.5. 1868 (Delteil 3641)<br />

65 Der wahre maskierte (Ring-) Kämpfer. 9.11. 1867 (Delteil 3604;<br />

Abb. S. 4)<br />

66 Das europäische Gleichgewicht. 1.12. 1866 (Delteil 3540; Abb.<br />

S. 1)<br />

67 Galilei ist sehr überrascht vom neuartigen Aussehen <strong>der</strong> Erdoberfl<br />

äche. 21.2. 1867 (Delteil 3556; Abb. S. 4)<br />

68 Der Traum <strong>des</strong> Erfi n<strong>der</strong>s <strong>des</strong> Zündnadelgewehrs am Allerheiligentag.<br />

1.11. 1866 (Delteil 3535; Abb. S. 10)<br />

Er erlaubt sich die Vorstellung, die englisch-französische Flotte zu<br />

versenken. 23.8. 1854 (Kat.-Nr. 41)


24<br />

Der Frieden – eine Idylle. 6.3. 1871 (Kat.-Nr. 74)<br />

Von <strong>der</strong> Erbschaft geschockt. 11.1. 1871 (Kat.-Nr. 72)<br />

Der Fortschritt: Die Schnecken, die nicht sympathisch sind.<br />

25.9. 1869 (Kat.-Nr. 53)<br />

Armes Frankreich. Der Stamm ist zerfetzt, aber die Wurzeln halten ihn<br />

gut. 1.2. 1871 (Kat.-Nr. 75)


25<br />

Robert Macaire vor seinen Richtern. 28.2. 1837 [Er verteidigt sich selbst mit Scheinargumenten] (Kat.-Nr. 9)<br />

69 Der Tag nach <strong>der</strong> Schlacht. 25.5. 1869 (Delteil 3713)<br />

70 Das hier hat das da getötet. 9.2. 1871 (Delteil 3845, Abb. S. 23)<br />

71 Eine Landschaft im Jahr 1870. 10.12. 1870 (Delteil 3828)<br />

72 Von <strong>der</strong> Erbschaft geschockt. 11.1. 1871 (Delteil 3838; Abb.<br />

S. 24)<br />

73 Das Kaiserreich, das ist <strong>der</strong> Frieden. 19.10. 1870 (Delteil 3814)<br />

74 Der Frieden – eine Idylle. 6.3. 1871 (Delteil 3854; Abb. S. 24)<br />

75 Armes Frankreich. Der Stamm ist zerfetzt, aber die Wurzeln<br />

halten ihn gut. 1.2. 1871 (Delteil 3843; Abb. S. 24)<br />

76 Eine Vision von Europa im Jahre 1900. 17.4. 1868 (Delteil 3634)<br />

77 … was beweist, dass man sich selbst, wenn man auf einem<br />

breiten Bett liegt, immer noch recht unwohl fühlen kann.<br />

8.9. 1854 (Delteil 2527; Abb. S. 7)<br />

78 Die mo<strong>der</strong>ne Penelope. 6.8.1868 (Delteil 3655; Abb. S. 28)<br />

79 Ein Verfahren, damit er läuft, ohne voranzukommen. 19.6. 1868<br />

(Delteil 3645; Abb. S. 20)<br />

80 Besuch bei den Zelten <strong>der</strong> Turcos<br />

Sieh einer an! Die schlafen wie gewöhnliche Menschen!<br />

13.8. 1859 (Delteil 3192)<br />

81 Europäische Lage. 18.8. 1868 (Delteil 3656; Abb. S. 22)


26<br />

ZEITTAFEL<br />

Zeitgenossen in <strong>der</strong> Kunst<br />

Entdeckungen und Erfindungen<br />

Corot 1796–1876 Lithografie (Senefel<strong>der</strong>) 1796/98<br />

Courbet 1819– 1877 Ohms Gesetze 1827<br />

Delacroix 1798–1863 Faradays Gesetze 1833<br />

Manet 1832–1883 Zündnadelgewehr (von Dreyse) 1827–1836<br />

Monet 1840–1926 Eisenbahn: Nürnberg–Fürth 1835<br />

Eisenbahn bei Paris 1837<br />

Telegraf (Morse) 1837<br />

Daguerre verbessert Niepces<br />

fotografisches Verfahren 1837–1839<br />

Zeitgenossen in <strong>der</strong> Literatur<br />

Goethe 1749–1832 Paris übernimmt Mc Adams<br />

Straßenbelag 1849<br />

Balzac 1799–1850<br />

Baudelaire 1821–1867 Erste Asphaltstraßen in Frankreich 1854<br />

Degas 1834–1917 Litfaß erfindet seine Plakatsäulen 1855<br />

Dumas (Vater) 1802–1870 Foucaults Gesetze 1855<br />

Dumas (Sohn) 1824–1895 Louis Pasteur (1822–1895):<br />

Impfstoffe und Pasteurisierung<br />

Goncourt, Edmond 1822–1896<br />

Goncourt, Jules 1830–1870 Zinkografie (Gillot) um 1855<br />

Heine 1797–1856 Anilin–Farben, 1856<br />

Bessemer Verfahren<br />

Stendhal 1783–1842<br />

Zola 1840–1902 Nadar fotografiert Paris aus dem 1858<br />

Ballon<br />

Baubeginn <strong>des</strong> Suezkanals, 1859<br />

Eröffnung 1869<br />

Zeitgenossen in <strong>der</strong> Musik<br />

Telefon (Reis/Bell) 1861/1876<br />

Donizetti 1797–1840 Maschinengewehr 1862<br />

Offenbach 1819–1880 Fließband 1870<br />

Verdi 1813– 1901 Kühlschrank (von Linde) 1876<br />

Wagner 1813– 1883 Elektromotive (von Siemens) 1879<br />

Glühbirne (Edison) 1879


27<br />

Politische Ereignisse<br />

Napoleon I. führt seine Kriege. Er hinterlässt wichtige Reformen in Frankreich und seit dem<br />

Wiener Kongress eine Neuordnung Europas.<br />

Die Bourbonen regieren wie<strong>der</strong> Frankreich. Es sind die Brü<strong>der</strong> Ludwigs XVI., Ludwig XVIII. und<br />

Karl X. Die Politik ist so restaurativ, dass die bürgerlichen Kräfte Karl X. in <strong>der</strong> Julirevolution<br />

1830 zur Abdankung zwingen. Ihr Favorit ist Louis–Philippe aus einer Seitenlinie <strong>der</strong> Bourbonen.<br />

Bürgerkönigtum. Hambacher Fest. Restauration in Deutschland. Heine, Börne und viele an<strong>der</strong>e<br />

Intellektuelle, aber auch Arbeiter gehen nach Frankreich.<br />

Februarrevolution in Paris mit Auswirkungen in ganz Europa.<br />

II. Republik.<br />

Am 2. Dezember putscht Charles Louis Napoleon Bonaparte, ein Neffe Kaiser Napoleons I.<br />

Kaiserkrönung als Napoleon III. Seine Außenpolitik führt ständig zu Konfl ikten.<br />

Krimkrieg<br />

Militärisches Eingreifen Frankreichs in Mexiko, Erzherzog Maximilian von Österreich wird auf<br />

Veranlassung Napoleons III. Kaiser von Mexiko und nach Abzug <strong>der</strong> französischen Truppen 1867<br />

erschossen; ständige Konfl ikte mit Spanien um Marokko; Eingreifen in die Einigung Italiens,<br />

Schlacht von Solferino 1859, Gründung <strong>des</strong> Roten Kreuzes als Folge davon; Einmischung in den<br />

Einigungsprozeß Deutschlands.<br />

Nie<strong>der</strong>lage Napoleons III. in <strong>der</strong> Schlacht von Sedan, Ende <strong>des</strong> Deutsch-Französischen Krieges;<br />

Aufstand <strong>der</strong> Kommunarden in Paris und ihre grausame Nie<strong>der</strong>schlagung.<br />

III. Republik in Frankreich. Thiers wird Staatspräsident und lässt durch eine Anleihe Frankreichs<br />

Schulden an Deutschland bezahlen. Revanchismus in Frankreich und Großmachtstreben in<br />

Deutschland bestimmen das Verhältnis <strong>der</strong> beiden Völker untereinan<strong>der</strong>. Mit England, Russland<br />

und den kleineren Mächten Europas streiten sie sich um die Aufteilung <strong>der</strong> Welt. Daumier ist<br />

einer <strong>der</strong> ganz wenigen Zeitgenossen, <strong>der</strong> diese Politik in seinen Lithografi en geißelt.<br />

1803–1813<br />

1815–1830<br />

1830–1848<br />

1848<br />

1848–1851<br />

1851<br />

1852<br />

1853–1856<br />

1861–1867<br />

1871<br />

1871–1945


28<br />

LITERATURAUSWAHL<br />

Delteil, Loys: Le peintre – graveur illustré. L’œuvre lithographié<br />

de <strong>Honoré</strong> Daumier. Paris 1925 ff.<br />

Balzer, Wolfgang: Der junge Daumier und seine Kampfgefährten.<br />

Dresden 1965.<br />

Lejeune, Robert: <strong>Honoré</strong> Daumier. Zürich 1945 und<br />

spätere Neuauflagen.<br />

Passeron, Roger: <strong>Honoré</strong> Daumier und seine Zeit. Würzburg<br />

1979.<br />

Stoll, André (Hg.): Die Rückkehr <strong>der</strong> Barbaren. Europäer<br />

und „Wilde“ in <strong>der</strong> Karikatur <strong>Honoré</strong> Daumiers. Hamburg<br />

1985.<br />

Katalog <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ausstellung in Ottawa, Paris und<br />

Washington, 1999–2000, (engl. und frz.) Daumier<br />

1808–1879.<br />

Larkin, Oliver: Man of his Time. Boston 1966.<br />

Laughton, Bruce: <strong>Honoré</strong> Daumier. Yale University<br />

1996.<br />

Senefel<strong>der</strong>, Alois: Lehrbuch <strong>der</strong> Lithographie und <strong>des</strong><br />

Steindruckes. München 1821, neu herausgegeben<br />

Berlin 1909 und 1925.<br />

AUTOREN<br />

Dr. Werner Büsen, Sandradstraße 21,<br />

41061 Mönchengladbach<br />

Dr. Volker Dudeck, Direktor Städtische Museen Zittau,<br />

Klosterstraße 3, 02763 Zittau<br />

Thomas Metzen, Haaggasse 17, 72074 Tübingen<br />

Kontakt zur Daumiergesellschaft<br />

über Dr. Werner Büsen, Sandradstraße 21,<br />

41061 Mönchengladbach<br />

www.daumier-gesellschaft.de<br />

e-Mail: info@daumier-gesellschaft.de<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Zittauer Geschichts- und Museumsverein e.V.<br />

Redaktion: Dr. Gunter Oettel (Redakteur), Dr. Volker Dudeck,<br />

Steffen Gärtner,<br />

Anschrift: Töpferberg 8, 02763 Zittau<br />

Tel.: 0 35 83 / 51 04 70; Fax: 0 35 83 / 51 04 89<br />

Die mo<strong>der</strong>ne Penelope. 6.8. 1868 (Kat.-Nr. 78)<br />

Verlag: Verlag Gunter Oettel, Lunitz 5, 02826 Görlitz<br />

Tel.: 0 35 81 / 41 44 43; Fax: 0 035 81 / 42 13 79<br />

e-mail: info@verlag-oettel.de<br />

www.verlag-oettel.de<br />

Titel: René Pech, Zittau<br />

Druck: Graphische Werkstätten Zittau GmbH<br />

ISSN: 1439-2739<br />

Preis: 3,00

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