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F. O. Roth, Das Grazer Jesuitenarchiv - Landesarchiv - Steiermark

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destopograph die Dürftigkeit der Eintragungen beklagen, die den<br />

Verlust des angezeigten Archivgutes nur desto schmerzlicher fühlbar<br />

werden läßt. — Fördert die Bestandaufnahme des um 1780 tatsächlich<br />

Vorhandenen nun schier drei Dutzend Urkunden mit Villacher<br />

Betreffen zutage, so werden eben auch so viele „Villacher" Urkunden<br />

verzeichnet — gleichermaßen es mit Gmünder Betreffen oder anderen<br />

geschah.<br />

Welch völlig andersartige Welt läßt uns auch nur ein — Urkundenverzeichnis<br />

— wie das vom Jahre 1611 — erahnen! Rein äußerlich<br />

trotz des rückwärts gebrochenen überzogenen und geprägten<br />

Holzeinbanddeckels und der beiden nicht mehr schließenden Schnallen<br />

berührt uns ein letzter Abglanz strenger barocker Pracht und verchristlichter,<br />

echt katholischer <strong>Das</strong>einsfreude; im Inneern aber verspüren<br />

wir etwas vom klaren Denken, vom ordnenden Geist der schwarzen<br />

Patres, fällt es uns Heutigen auch einigermaßen schwer, uns in<br />

den logischen Aufbau der beiden, den eigentlichen Regesten, „vorhergehenden<br />

register", von welchen das alphabetische „etwas<br />

weitleüffiger beschriben" ist, hineinzufinden. Wertende Ordnung stößt<br />

uns auf und damit auch Ordnen nach Wertmaßstäben eines nicht nur<br />

noch geschlossen existierenden, sondern noch lebenden Archivs,<br />

besser einer „Zentralregistratur", deren Bestände konkrete „Gerechtigkeiten",<br />

d. h. Rechtstitel für Giebigkeiten aller Art, Bevorrechtungen,<br />

Exemptionen, Privilegien etc., bargen. Und dieser Befund bleibt<br />

auch für den Aufbau des einzelnen Regestes maßgebend: Es wird nicht<br />

bloß Vorhandenes registriert, sondern minder Bedeutsames erscheint<br />

zusammengefaßt, gestrafft; da wird „ein püschel brieli", Milistätter<br />

Lehen betreffend, einfach summarisch ausgewiesen, oder ein anderes<br />

„püschel lehensbriefs-copeyen" erscheint bloß mit seinen Signaturen<br />

angeführt, weil auf seine „beigelegte registratur" verwiesen<br />

werden kann, überhaupt wird wie in einem modernen Archiv-Gesamtinventar<br />

auf zahlreiche Behelfe und Spezialkataloge verwiesen.<br />

— Auch gehört die Welt germanischen Rechtsdenkens der Vergangenheit<br />

an. Nicht mehr der ist im Recht, der den ältesten Titel erweisen<br />

mag, sondern die jüngste Satzung bricht altes Herkommen. — -<br />

Solche Gegebenheiten entsprechen auch psychologisch einem neuen<br />

Orden, der seiner Struktur nach in unseren Landen kein Vorbild<br />

finden konnte, hierorts keine „Tradition" besaß und dennoch durch<br />

die Gunst des konfessionell gleich ausgerichteten Landesfürsten hier<br />

Herrschaften erhielt, die — traditionsbeladen — zum Teile mit dem<br />

Odium heimatverdrängter Besitzerfamilien verbrämt waren; ohne sie<br />

aber konnte die Sozietät unter den gegebenen, als selbstverständlich<br />

empfundenen sozialen Verhältnissen von Herrschaft und Untertan<br />

nicht existieren, geschweige denn ihre geschichtliche Mission der<br />

Rekatholisierung breitester Bevölkerungsschichten erfüllen.<br />

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