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Geschriebener Text - Thomasfleiner.ch

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Lieber Thomas,<br />

Liebe Anwesende,<br />

S<strong>ch</strong>ön ist es, hier zu sein. Dies ist ein bewegender Moment, für viele<br />

die hier sind, ganz si<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong> für mi<strong>ch</strong>. Eine Zäsur ist gesetzt. Heute ist<br />

ein Tag, um Rückblick zu halten. Wir alle sind gekommen, um diesen<br />

Moment mit Dir, Thomas, zu verbringen, um uns zu erinnern, uns<br />

no<strong>ch</strong>mals an einer Deiner Vorlesungen zu erfreuen und um mit Dir auf<br />

die Zukunft anzustossen. Thomas, heute wollen wir ni<strong>ch</strong>t nur mit Dir<br />

feiern, wir wollen Di<strong>ch</strong> feiern!<br />

Die Anfrage, ob i<strong>ch</strong> hier zu Deinen Ehren etwas sagen mö<strong>ch</strong>te, könnte<br />

und würde, hat mi<strong>ch</strong> sehr gefreut. I<strong>ch</strong> habe mi<strong>ch</strong> - ehrli<strong>ch</strong> gesagt – ein<br />

wenig geehrt gefühlt. Lange habe i<strong>ch</strong> mir überlegt, was i<strong>ch</strong> denn sagen<br />

kann, um Dir gere<strong>ch</strong>t zu werden, Dir als Mens<strong>ch</strong> und Deiner Arbeit. Mit<br />

einem Zitat von Shakespeare hast Du uns herausgefordert. An<br />

Shakespeare mö<strong>ch</strong>te au<strong>ch</strong> i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> heute halten: „Was Grosse tun,<br />

bes<strong>ch</strong>watzen gern die Kleinen“. So mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> ganz in diesem Sinne<br />

einfa<strong>ch</strong> als Kleine vom Grossen erzählen.<br />

Ein Stück tue i<strong>ch</strong> dies hier stellvertretend für viele: für Deine<br />

Studierenden, Deine Assistenten, deine Doktoranden, Deine Mitarbeitenden.<br />

Denn das alles war au<strong>ch</strong> i<strong>ch</strong> einmal.<br />

Vor nun mehr als 15 Jahren sass i<strong>ch</strong> zum ersten Mal in einer Deiner<br />

Vorlesungen. Die Vorlesungen waren immer voll, egal zu wel<strong>ch</strong>er Zeit<br />

sie stattfanden. S<strong>ch</strong>on damals merkten wir: die S<strong>ch</strong>weiz ist eigentli<strong>ch</strong><br />

viel zu klein für Di<strong>ch</strong>. Ni<strong>ch</strong>t nur warst und bist Du viel unterwegs.<br />

Au<strong>ch</strong> in Deinen Vorlesungen gab es keine Grenzen. Und Du hast uns<br />

immer wieder aufgefordert, unsere Begrenztheit zu dur<strong>ch</strong>bre<strong>ch</strong>en,<br />

Zusammenhänge zu erfors<strong>ch</strong>en und das Grundsätzli<strong>ch</strong>e zu begreifen.<br />

Du bist ein Lehrender, der fest an seine S<strong>ch</strong>üler glaubt und ihnen den<br />

Blick in die Welt öffnen mö<strong>ch</strong>te. Gerade dur<strong>ch</strong> dieses Engagement und<br />

diesen Weitblick hast Du uns Studierenden und vielen ausländis<strong>ch</strong>en<br />

Delegationen au<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz verständli<strong>ch</strong> gema<strong>ch</strong>t.<br />

Ni<strong>ch</strong>t nur die S<strong>ch</strong>weiz ist Dir zu klein, eigentli<strong>ch</strong> sind es au<strong>ch</strong> die<br />

Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aften. Dies zeigt s<strong>ch</strong>on Deine mehr als zweihundert<br />

Einträge umfassende Publikationenliste. Du hast die Interdisziplinarität<br />

s<strong>ch</strong>on immer gesu<strong>ch</strong>t. Mit dem Thema Re<strong>ch</strong>t – Spra<strong>ch</strong>e – Wirkli<strong>ch</strong>keit<br />

hast Du Deine Arbeit an der Fakultät 1971 aufgenommen. Neben der<br />

grossen Bandbreite an juristis<strong>ch</strong>en Themen hast Du Di<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> immer<br />

wieder philosophis<strong>ch</strong>en, politikwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und gesells<strong>ch</strong>aftspolitis<strong>ch</strong>en<br />

Themen gewidmet. Der Föderalismus und Multikulturalität<br />

liegen Dir speziell am Herzen, wie wir alle wissen – do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> darauf<br />

wolltest Du Di<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t bes<strong>ch</strong>ränken lassen. Deine Doktoranden hast<br />

Du angesteckt. So finden si<strong>ch</strong> so unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Themen wie „Das<br />

1


Verhältnis von Handelsbilanz und Steuerbilanz“, „Re<strong>ch</strong>t auf<br />

demokratis<strong>ch</strong>en Ungehorsam“, „Die Kantone und die Europapolitik des<br />

Bundes“ oder „Die vorpositiven Grundlagen des Bundesstaates“.<br />

Weder die Lehre no<strong>ch</strong> die Fors<strong>ch</strong>ung sind bei Dir Selbstzweck. Der<br />

Antrieb war immer ein tieferer – so ma<strong>ch</strong>t es zumindest den Ans<strong>ch</strong>ein.<br />

Es zeigt si<strong>ch</strong> immer au<strong>ch</strong> ein engagierter Mens<strong>ch</strong>, für den die Welt<br />

ni<strong>ch</strong>t nur aus der Universität besteht, sondern der si<strong>ch</strong> von der Vielfalt<br />

und Viels<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tigkeit der Welt begeistern lässt. Immer wieder hast Du<br />

unkonventionelle Fragen gestellt, Di<strong>ch</strong> damit au<strong>ch</strong> teilweise unbeliebt<br />

gema<strong>ch</strong>t, und die Themen neu von Grund auf dur<strong>ch</strong>da<strong>ch</strong>t. Immer<br />

wieder hast Du Worte gefunden, die Deine Themen und Deine Thesen<br />

einem breiten Publikum näher gebra<strong>ch</strong>t haben. Und immer bist Du<br />

offen für die Worte anderer, bist ni<strong>ch</strong>t nur Lehrender und Fors<strong>ch</strong>ender<br />

sondern au<strong>ch</strong> Lernender, mit einem unstillbaren Wissensdurst. Du hast<br />

den Ruf der Universität Fribourg im In-und Ausland ents<strong>ch</strong>eidend<br />

geprägt.<br />

Mehr als 80 Dissertationen hast Du betreut. I<strong>ch</strong> erinnere mi<strong>ch</strong> gut an<br />

meine Zeit als Doktorandin. Fast nie hast Du etwas korrigiert. Immer<br />

hast Du Fragen gestellt und damit neue Welten eröffnet. Du hast es<br />

verstanden zu motivieren und herauszufordern. Ein Rat ist mir<br />

geblieben: Kritisiere erst, wenn Du das Gute an der Argumentation des<br />

anderen verstanden hast.<br />

Au<strong>ch</strong> als Chef habe i<strong>ch</strong> Di<strong>ch</strong> als den grossen Motivator erlebt. Deine<br />

Mitarbeitenden sollten die Mögli<strong>ch</strong>keit haben, alles auszuprobieren. Zu<br />

den Anfängen des Internet Zeitalters konnte das au<strong>ch</strong> einmal darin<br />

bestehen, eine Wo<strong>ch</strong>e lang zu surfen und das Internet zu erkunden,<br />

damit Deine Assistierenden up to date waren. Du hattest au<strong>ch</strong> in der<br />

Informatik immer einen Vorsprung auf das Gros der „Jungen“. Ob<br />

Fors<strong>ch</strong>ung, Lehre oder Beratung, Deine Assistierenden und Deine<br />

Mitarbeitenden sollten ihre Erfahrungen in allen Berei<strong>ch</strong>en ma<strong>ch</strong>en<br />

können. Au<strong>ch</strong> Du warst für vieles zu begeistern, zum Beispiel warst Du<br />

sofort Feuer und Flamme als Du angefragt wurdest, für die 150 Jahr<br />

Feier Bundesstaat S<strong>ch</strong>weiz ein Computerspiel über Föderalismus zu<br />

entwickeln. Deine Mitarbeitenden, eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> meiner Wenigkeit,<br />

waren da viel skeptis<strong>ch</strong>er. Do<strong>ch</strong> Deine Begeisterung hat uns<br />

mitgerissen.<br />

Eine Erzählung aus der alten Konfuzianis<strong>ch</strong>en Philosophie durfte in<br />

Deinen Vorlesungen ni<strong>ch</strong>t fehlen und Du hast sie au<strong>ch</strong> an das Ende<br />

Deines Bu<strong>ch</strong>es „Was sind Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te?“ gesetzt: „Der S<strong>ch</strong>üler<br />

fragte seinen Meister: ‚Worüber muss ein Staat notwendiger Weise<br />

verfügen, wenn er den Mens<strong>ch</strong>en Frieden und Gere<strong>ch</strong>tigkeit bringen<br />

will?’ Der Meister antwortete: ‚Er brau<strong>ch</strong>t eine gute Armee, genügend<br />

Nahrung und Vertrauen.’ Dem S<strong>ch</strong>üler genügte die Antwort ni<strong>ch</strong>t:<br />

2


‚Worauf aber kann der Staat am ehesten verzi<strong>ch</strong>ten, wenn er ni<strong>ch</strong>t alle<br />

drei haben kann?’ fragte der Wissbegierige seinen Lehrer. ‚Auf die<br />

Armee’ lautete die Antwort. ‚Ja, und worauf könnte der Staat dann<br />

no<strong>ch</strong> verzi<strong>ch</strong>ten, wenn er nur eines dieser Güter haben könnte? Was<br />

ist denn absolut notwendig, damit ein Staat bestehen und damit eine<br />

Regierung regieren kann?’ wollte der S<strong>ch</strong>üler no<strong>ch</strong> wissen. ‚Vertrauen.<br />

Ohne Vertrauen gibt es weder einen Staat no<strong>ch</strong> eine Regierung’,<br />

antwortete ihm der Meister“. Du hast als Chef uns dieses Vertrauen<br />

entgegen gebra<strong>ch</strong>t, und uns Grund gegeben, Dir zu vertrauen. Ging<br />

einmal etwas s<strong>ch</strong>ief – zum Glück ni<strong>ch</strong>t so häufig, bist Du für uns<br />

gerade gestanden. Am Erfolg Deiner Mitarbeitenden hast Du Di<strong>ch</strong><br />

gefreut wie über Deine eigenen Erfolge.<br />

Nun ist es wieder Zeit für ein Shakespeare Zitat. „Wer in den<br />

Fussstapfen eines anderen wandelt, hinterlässt keine eigenen<br />

Spuren.“ Lieber Thomas, Du hast immer die Grösse gehabt, uns auf<br />

den eigenen Weg zu bringen, so dass wir eigene Spuren hinterlassen<br />

können. Diese neuen Spuren sind Teil Deines Verdienstes. I<strong>ch</strong><br />

mö<strong>ch</strong>te sagen, Du hast eine Massenwanderung in Gange gesetzt,<br />

einer neben dem anderen, do<strong>ch</strong> alle in die glei<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tung. Du hast<br />

viele geprägt, Deine Studierenden, Deine Assistierenden, Doktoranden<br />

und au<strong>ch</strong> Mitarbeitenden und ni<strong>ch</strong>t zuletzt mi<strong>ch</strong>. Vor kurzem hat das<br />

Eidgenössis<strong>ch</strong>e Departement für Äusseres einen Workshop zum<br />

Thema Swiss Power-sharing: Options for countries in conflict ?<br />

organisiert. Es haben vor allem jüngere Experten und Expertinnen<br />

teilgenommen, die bereits für das EDA im Einsatz sind oder es<br />

viellei<strong>ch</strong>t in Zukunft sein werden. Du hättest Deine Freude gehabt. Fast<br />

alle Gesi<strong>ch</strong>ter wären Dir sehr bekannt gewesen.<br />

Über einen wi<strong>ch</strong>tigen Aspekt habe i<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts gesagt: über das<br />

Institut für Föderalismus. Viellei<strong>ch</strong>t gerade weil dieses Thema<br />

momentan ein wenig s<strong>ch</strong>merzli<strong>ch</strong> ist. Das Institut ist Dein Meisterwerk.<br />

Viel Arbeit und viel Herzblut stecken in diesem Institut. Du hast es zur<br />

Blüte gebra<strong>ch</strong>t. Es ist viel mehr als nur ein wesentli<strong>ch</strong>er<br />

Drittmittelerbringer der Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Fakultät dieser<br />

Universität. Es ist Anlaufstelle für viele, die Antworten su<strong>ch</strong>en, ob aus<br />

dem Sudan, China, den Philippinen, Malawi, Nepal, Sri Lanka, dem<br />

Balkan oder au<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>weiz. Sie finden kompetente und aufri<strong>ch</strong>tige<br />

Gesprä<strong>ch</strong>spartner, mit denen sie über den Föderalismus, seine Vorund<br />

Na<strong>ch</strong>teile diskutieren können. Das Institut für Föderalismus bietet<br />

einen Ort zum Fors<strong>ch</strong>en und zum Wissensaustaus<strong>ch</strong>, ein<br />

Kompetenzzentrum für Föderalismus, wie es seines Glei<strong>ch</strong>en su<strong>ch</strong>t. Es<br />

hat einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag zur Friedensförderung geleistet.<br />

Gere<strong>ch</strong>tigkeit und Frieden waren au<strong>ch</strong> hier Dein Anliegen. Das Institut<br />

ist das Gefäss, do<strong>ch</strong> Du Thomas und die Mitarbeitenden seid der<br />

Inhalt. Bald wird es viellei<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on anderswo ein weiteres, sol<strong>ch</strong>es<br />

Gefäss geben.<br />

3


Lass mi<strong>ch</strong> zum Abs<strong>ch</strong>luss no<strong>ch</strong>mals Shakespeare bemühen: „Es ist<br />

ni<strong>ch</strong>t wohl getan, versteht ihr mi<strong>ch</strong>, einem die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te aus<br />

dem Munde zu nehmen, ehe sie zu Ende gebra<strong>ch</strong>t und<br />

vollkommen ist.“ Die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te ist no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zu Ende, Thomas.<br />

Dies ist kein Na<strong>ch</strong>ruf sondern ein Zwis<strong>ch</strong>enruf. Gespannt warten wir<br />

auf die nä<strong>ch</strong>sten Kapitel und hoffen, dass wir au<strong>ch</strong> weiterhin ab und zu<br />

eine kleine Rolle in diesen Kapiteln spielen dürfen.<br />

Für alles Bisherige, dafür dass Du mi<strong>ch</strong> geprägt hast, dafür dass Du<br />

Grosszügig mit Deiner Freunds<strong>ch</strong>aft warst, danke i<strong>ch</strong> Dir ganz herzli<strong>ch</strong><br />

und i<strong>ch</strong> wüns<strong>ch</strong>e Dir alles, alles Gute für die weiteren Kapitel als Lehrer<br />

und als Mens<strong>ch</strong>.<br />

4

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