im Recht - Nomos Kanzleien in Deutschland - KiD
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Magaz<strong>in</strong> für Referendare und Berufse<strong>in</strong>steiger<br />
<strong>im</strong> <strong>Recht</strong><br />
Im Interview<br />
Sab<strong>in</strong>e Lautenschläger, Vizepräsident<strong>in</strong><br />
der Deutschen Bundesbank:<br />
„Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt“.<br />
Aktuelles Thema<br />
Investigativer Journalismus –<br />
E<strong>in</strong>e Herauforderung für den Presseanwalt<br />
Diversity<br />
Papa Anwalt –<br />
ke<strong>in</strong> Job für Angsthasen<br />
1/2012<br />
e<strong>in</strong> Produkt von <strong>Kanzleien</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>
Sie lieben komplexe<br />
Aufgaben?<br />
Und knacken die<br />
härteste Nuss?<br />
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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu L<strong>im</strong>ited, e<strong>in</strong>e „private company l<strong>im</strong>ited by guarantee“ (Gesellschaft<br />
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Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. E<strong>in</strong>e detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur<br />
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© 2012 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Inhalt<br />
KIRnews 3<br />
Aktuelles Thema<br />
Das deutsche Presserecht 5<br />
Bus<strong>in</strong>ess to be developed –<br />
der Jurist als Market<strong>in</strong>gexperte<br />
<strong>in</strong> Großkanzleien 18<br />
Interview<br />
„Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt.“ 11<br />
Aktuelle <strong>Recht</strong>sentwicklung<br />
Die Entwicklung des Kapital anlagerechts<br />
der Wertpapiere und Derivate<br />
<strong>im</strong> Jahr 2011 8<br />
Wehrtechnik: Vielseitige Talente mit<br />
Technik-Verständnis gefragt 15<br />
Diversity<br />
Papa Anwalt – ke<strong>in</strong> Job für Angsthasen 21<br />
Fachanwaltschaft<br />
Der Fachanwalt für Bank- und<br />
Kapitalmarktrecht 23<br />
Referendariat<br />
Referendariat <strong>im</strong> Wirtschaftsteil<br />
der Gerichte 26<br />
Fortbildung<br />
E<strong>in</strong>en Sommer lang <strong>im</strong> Silicon Valley 29<br />
Me<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gsbuch<br />
Dr. Frank Bräutigam 32<br />
Impressum<br />
Redaktion: T<strong>im</strong> Proll-Gerwe<br />
Lektorat: T<strong>im</strong> Proll-Gerwe<br />
Redaktionsadresse:<br />
KIR Redaktion<br />
Waldseestr. 3-5 | 76530 Baden-Baden<br />
e-mail: KIR@nomos.de<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft | Baden-Baden<br />
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Grafik und Layout: Annette Carugno<br />
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Die Zeitschrift sowie alle <strong>in</strong> ihr enthaltenen e<strong>in</strong>zelnen Beiträge und<br />
Abbildungen s<strong>in</strong>d urherrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die<br />
nicht ausdrücklich durch das Urheberrechtsgesetz zuge lassen ist, bedarf<br />
der vorherigen Zust<strong>im</strong>mung des Verlages. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere<br />
für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen<br />
und die E<strong>in</strong>speicherung und Verarbeitung <strong>in</strong> elektronische<br />
Systeme. Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht die Me<strong>in</strong>ung<br />
der Herausgeber/Redaktion wiedergeben. Unverlangt e<strong>in</strong>gesandte<br />
Manuskripte – für die ke<strong>in</strong>e Haftung übernommen wird – gelten<br />
als Veröffent lichungsvorschlag zu den Bed<strong>in</strong>gungen des Verlages. Es<br />
werden nur unver öffentlichte Orig<strong>in</strong>alarbeiten angenommen. Die<br />
Verfasser erklären sich mit e<strong>in</strong>er nicht s<strong>in</strong>nentstellenden redaktionellen<br />
Bearbeitung e<strong>in</strong>verstanden.<br />
Liebe Leser<strong>in</strong>nen und Leser,<br />
während Griechenland, Spanien und Portugal wirtschaftlich<br />
am Abgrund stehen und die USA längst<br />
mit 100 Prozent des Brutto<strong>in</strong>landsprodukts verschuldet<br />
s<strong>in</strong>d, hatte <strong>Deutschland</strong> das Glück, <strong>im</strong><br />
Jahr 2011 <strong>im</strong>merh<strong>in</strong> noch drei Prozent Wirtschaftswachstum<br />
verzeichnen zu können. Dennoch gibt<br />
es auch hierzulande Bürger, deren Spare<strong>in</strong>lagen <strong>im</strong><br />
Zuge der weltweiten F<strong>in</strong>anzkrise verloren g<strong>in</strong>gen.<br />
Diese Vorgänge aufzuarbeiten ist e<strong>in</strong>es der vielen<br />
Tätigkeitsfelder des <strong>Recht</strong>sanwalts für Bank- und<br />
Kapitalmarktrecht, dem die aktuelle Ausgabe der<br />
Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> besondere Aufmerksamkeit schenkt. So freue ich mich sehr,<br />
dass zwei der bekanntesten Anlegeranwälte <strong>Deutschland</strong>s, Klaus Nied<strong>in</strong>g und<br />
Andreas Tilp, sich bereit erklärt haben, uns ihr Fachgebiet e<strong>in</strong> Stück näher zu<br />
br<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong>e besondere Freude ist es mir zudem, dass die Vizepräsident<strong>in</strong> der<br />
Deutschen Bundesbank, Sab<strong>in</strong>e Lautenschläger, die Inhalte unseres Nachwuchsheftes<br />
würdigt, <strong>in</strong>dem sie sich trotz ihres vollen Term<strong>in</strong>kalenders die Zeit für<br />
e<strong>in</strong> ausführliches Interview genommen hat.<br />
E<strong>in</strong>en noch volleren Term<strong>in</strong>kalender als ohneh<strong>in</strong> schon hat seit dem 16. Dezember<br />
2011 Gernot Lehr. Denn an diesem Tag wurde der renommierte Presserechtsanwalt<br />
von niemand Ger<strong>in</strong>gerem als Bundespräsident a.D. Christian Wulff<br />
mandatiert, um ihn bei dessen „Presse- und Urlaubsaffäre“ zu beraten. Es folgte<br />
e<strong>in</strong> Vorgang, durch den Herr Lehr zum meistzitierten Anwalt der Republik<br />
wurde und an dessen Ende bekanntlich der Rücktritt se<strong>in</strong>es Mandanten stand.<br />
Dass sich der Partner der Wirtschaftskanzlei Redeker Sellner Dahs dennoch<br />
bereit erklärt hat, se<strong>in</strong>en vor Bekanntwerden der Affäre zugesagten Beitrag zum<br />
Presserecht für die Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> pünktlich fertig zu stellen, verpflichtet mich<br />
ebenfalls zu besonderem Dank.<br />
Über diese Beiträge h<strong>in</strong>aus bietet Ihnen Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> wie gewohnt weitere<br />
spannende Themen, die auf unterhaltsame Art und Weise den Spaß an der<br />
Juristerei fördern und Ihnen zeigen sollen, dass man mit Jura auch abseits des<br />
Lehrplans Spannendes machen kann – zum Beispiel <strong>im</strong> Wehrtechnikrecht<br />
praktizieren oder sogar <strong>in</strong> der Market<strong>in</strong>gabteilung e<strong>in</strong>er Wirtschaftskanzlei<br />
arbeiten.<br />
Die nächste Ausgabe der Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> mit dem Schwerpunkt „Insolvenzrecht“<br />
ersche<strong>in</strong>t <strong>im</strong> Oktober dieses Jahres und auch hier freuen wir uns<br />
wieder über Ihre Beitragsvorschläge zur Referendarsstation an kir@nomos.de.<br />
Ihnen, liebe Leser<strong>in</strong>nen und Leser, wünsche ich e<strong>in</strong>e anregende Lektüre.<br />
T<strong>im</strong> Proll-Gerwe<br />
Redaktion<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 2 | 2011 1
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KIRnews<br />
KiRnews<br />
Inflationäre E<strong>in</strong>stiegsgehälter und<br />
50 Tage Jahresurlaub<br />
Erstmals seit der F<strong>in</strong>anzkrise haben Wirtschaftskanzleien<br />
hierzulande die E<strong>in</strong>stiegsgehälter<br />
wieder kräftig angehoben.<br />
Zahlreiche Sozietäten zahlen mittler weile<br />
e<strong>in</strong> jährliches Salär von 100.000 Euro<br />
und mehr, was Steigerungsraten zwischen<br />
zehn und 25 Prozent <strong>in</strong>nerhalb der letzten<br />
zwei Jahre entspricht. Absoluter<br />
Spitzen reiter ist Milbank Tweed Hadley<br />
& McCloy: Sagenhafte 125.000 Euro<br />
Festgehalt zahlt die Sozietät mit Büros<br />
<strong>in</strong> München und Frankfurt ihren Berufse<strong>in</strong>steigern.<br />
Auf Platz zwei der großzügigsten<br />
Sozietäten rangiert Willkie<br />
Farr & Gallagher, die <strong>im</strong>merh<strong>in</strong> „noch“<br />
115.000 Euro zahlen. Die <strong>Kanzleien</strong><br />
selbst sehen die Entwicklung nicht unkritisch,<br />
e<strong>in</strong>ige Manag<strong>in</strong>g Partner bestätigten<br />
gegenüber Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong>, dass<br />
sich die Gehälter re<strong>in</strong> betriebswirtschaftlich<br />
überhaupt nicht lohnen würden – <strong>im</strong><br />
„war for talents“ allerd<strong>in</strong>gs sei man ohne<br />
entsprechende Maßnahmen kaum mehr<br />
fähig, die besten Absolventen für sich<br />
gew<strong>in</strong>nen zu können. Das Beispiel Milbank<br />
bestätigt diese Aussagen, denn die<br />
Sozietät, die vorher kaum auf dem Zettel<br />
junger Absolventen stand, verzeichnete<br />
e<strong>in</strong>en signifikanten Anstieg an Bewerbungen.<br />
Den Bekanntheitsgrad bei jungen Absolventen<br />
schlagartig steigern konnte auch<br />
Mayer Brown: Die Kanzlei, mit 100.000<br />
Euro jährlich ebenfalls sehr großzügig,<br />
gesteht ihren Associates alternativ<br />
50 Tage Jahresurlaub zu – bei e<strong>in</strong>er entsprechenden<br />
Anpassung des Salärs. Diese<br />
ungewöhnliche und für Transaktionskanzleien<br />
auch schwer umzusetzende<br />
Maßnahme ist e<strong>in</strong>e ganz neue Methode,<br />
dem Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs<br />
e<strong>in</strong>e andere, erfrischende Note zu<br />
geben. Ob Mayer Brown das Konzept<br />
tatsächlich ohne adm<strong>in</strong>istrative Schwierigkeiten<br />
umsetzen kann, wird sich freilich<br />
erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bis zwei Jahren zeigen.<br />
Den Recruitment-Verantwortlichen darf<br />
man ob dieser <strong>in</strong>novativen Maßnahme<br />
jedoch erst mal gratulieren.<br />
Ke<strong>in</strong> Ansammeln von<br />
Urlaubsansprüchen<br />
Der EuGH hat mit Urteil vom 22.11.2011<br />
entschieden, dass e<strong>in</strong>e gesetzliche Regelung<br />
oder <strong>in</strong> Tarifverträgen geschlossene<br />
Vere<strong>in</strong>barungen, wonach die Abgeltungsansprüche<br />
wegen angesammelten Urlaubs<br />
nach e<strong>in</strong>em best<strong>im</strong>mten Zeitraum<br />
ausgeschlossen s<strong>in</strong>d, nicht gegen geltendes<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsrecht verstoßen (C-<br />
214/10, <strong>Recht</strong>ssache Schulte). Im konkreten<br />
Fall hatte e<strong>in</strong> seit 1964 be<strong>im</strong><br />
selben Unternehmen beschäftigter Arbeitnehmer<br />
gegen se<strong>in</strong>en Arbeitgeber auf<br />
die Abgeltung des nicht genommenen<br />
Jahresurlaubs von je 30 Tagen für die<br />
zurückliegenden drei Jahre geklagt.<br />
Grund für das Nicht-Nehmen des jährlichen<br />
Erholungsurlaubs war die durch<br />
e<strong>in</strong>en Infarkt hervorgerufene Arbeitsunfähigkeit.<br />
Da e<strong>in</strong>e entsprechende tarifrechtliche<br />
Regelung jedoch lediglich e<strong>in</strong>e 15-monatige<br />
Übertragungsfrist mit Beg<strong>in</strong>n des<br />
abgelaufenen Kalenderjahres vorsah,<br />
versagte der Arbeitgeber die vollständige<br />
entgeltliche Abgeltung der Urlaubsansprüche.<br />
Hiergegen klagte der Arbeitnehmer.<br />
In der Folge wurde dem EuGH die<br />
Frage vorgelegt, ob e<strong>in</strong>e nationale Regelung<br />
oder nationale Gepflogenheiten,<br />
nach denen die Übertragung von Ansprüchen<br />
auf bezahlten Jahresurlaub bei<br />
Arbeitsunfähigkeit zeitlich begrenzt ist,<br />
mit der Richtl<strong>in</strong>ie über die Arbeitszeitgestaltung<br />
(2003/88/EG ) vere<strong>in</strong>bar seien.<br />
Diese Frage bejahte der EuGH mit se<strong>in</strong>em<br />
Urteil. Die Luxemburger Richter bekräftigten,<br />
dass unter best<strong>im</strong>mten Umständen<br />
e<strong>in</strong> Arbeitnehmer, der während mehrerer<br />
Bezugszeiträume <strong>in</strong> Folge arbeitsunfähig<br />
ist, berechtigt sei, zur Erfüllung des<br />
Erholungszwecks diese Ansprüche auf<br />
bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich<br />
anzusammeln (so etwa Schultz-Hoff vom<br />
20.01.2009, C-350/06). Dabei müsse<br />
jedoch der Erholungszweck noch erfüllbar<br />
se<strong>in</strong>, was nur bis zu e<strong>in</strong>er best<strong>im</strong>mten<br />
zeitlichen Grenze gegeben sei. E<strong>in</strong>en<br />
Übertragungszeitraum von 15 Monaten<br />
bezeichnete der EuGH dabei als „vernünftig“.<br />
Ok: PartG mbB<br />
Das Bundesjustizm<strong>in</strong>isterium hat Mitte<br />
Februar e<strong>in</strong>en Gesetzesvorschlag „zur<br />
E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er Partnerschaftsgesellschaft<br />
mit beschränkter Berufshaftung“<br />
(PartG mbB) vorgelegt. Der Änderungsentwurf<br />
für das „Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften<br />
Angehöriger Freier<br />
Berufe“ (PartGG) sieht die Möglichkeit<br />
vor, dass die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Partnerschaftsgesellschaft<br />
organisierten <strong>Recht</strong>sanwälte<br />
bei fehlerhafter Berufsausübung künftig<br />
nicht mehr mit ihrem persönlichen Vermögen<br />
haften müssen, sondern die Haftung<br />
auf das Partnerschaftsvermögen<br />
begrenzt ist. Voraussetzung dafür ist<br />
allerd<strong>in</strong>gs das Vorliegen e<strong>in</strong>er gesetzlichen<br />
Berufshaftpflichtversicherung mit<br />
e<strong>in</strong>er Deckungssumme von m<strong>in</strong>destens<br />
2,5 Millionen Euro. Mit dem Entwurf<br />
reagierte Bundesjustizm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Sab<strong>in</strong>e<br />
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf<br />
die „Flucht <strong>in</strong> die LLP“: Zahlreiche deutsche<br />
Wirtschaftskanzleien hatten <strong>in</strong> den<br />
vergangenen Jahren die <strong>Recht</strong>sform der<br />
englischen „L<strong>im</strong>ited Liability Partnership“<br />
gewählt, um dem Risiko der persönlichen<br />
Haftung aus dem Weg zu gehen.<br />
Zwar besteht die Möglichkeit, durch<br />
Gründung e<strong>in</strong>er Kapitalgesellschaft<br />
(GmbH, Aktiengesellschaft) die Haftung<br />
zu begrenzen, allerd<strong>in</strong>gs ist dies mit anderen<br />
Nachteilen, wie etwa der Belastung<br />
der Gewerbebesteuer, verbunden.<br />
Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)<br />
und Deutscher Anwaltvere<strong>in</strong> (DAV)<br />
begrüßten den Gesetzesentwurf. Die<br />
Berufsverbände waren schon seit Jahren<br />
für e<strong>in</strong>e entsprechende Änderung des<br />
Gesetzes e<strong>in</strong>getreten, um dem Trend zur<br />
englischen LLP <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> entgegenzuwirken.<br />
T<strong>im</strong> Proll-Gerwe<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 2 | 2011<br />
3
Richtungsweisend.<br />
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Bank- und Kapitalmarktrecht <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />
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Investigativer Journalismus<br />
E<strong>in</strong>e Herauforderung für den Presseanwalt<br />
Das deutsche Presserecht | Aktuelles Thema<br />
Folgende fiktive Situation: E<strong>in</strong> bekannter Chefarzt<br />
e<strong>in</strong>es Krankenhauses erhält H<strong>in</strong>weise von e<strong>in</strong>er<br />
Ärzt<strong>in</strong>, die von e<strong>in</strong>em Journalisten angesprochen<br />
worden ist. Ihm lägen Informationen vor, dass <strong>in</strong><br />
dem Krankenhaus zu Forschungszwecken Medikamente<br />
an Patienten ausprobiert würden. Ihn <strong>in</strong>teressiere<br />
auch, ob es <strong>in</strong> der betreffenden Abteilung<br />
e<strong>in</strong>e erhöhte Sterberate von Patienten gebe. Außerdem<br />
<strong>in</strong>teressiere ihn, welche wissenschaftlichen<br />
Forschungsprojekte die dort tätigen Ärzte derzeit<br />
betreuten. Aufgrund dieser Informationen meldet<br />
sich der Chefarzt <strong>in</strong> Begleitung des Justitiars mit<br />
der Bitte, sofort präventive rechtliche Schritte gegen<br />
die Redaktion und den Journalisten wegen dessen<br />
unverschämten Befragungen e<strong>in</strong>zuleiten.<br />
Präventiver <strong>Recht</strong>sschutz<br />
Der Presseanwalt muss den Mandanten <strong>in</strong> solchen<br />
Fällen zunächst frustrieren. Die Grundrechte <strong>in</strong> der<br />
Presse- und Rundfunkfreiheit be<strong>in</strong>halten als ganz<br />
wesentlichen Bestandteil die Recherchefreiheit. Es<br />
kann Journalisten nicht untersagt werden, über<br />
e<strong>in</strong>en Sachverhalt zu recherchieren. Alle<strong>in</strong> die Recherche<br />
begründet ke<strong>in</strong>e sog. Begehungsgefahr,<br />
aufgrund derer der Verlag oder der Sender <strong>in</strong> Anspruch<br />
genommen werden könnten. Präventiver<br />
<strong>Recht</strong>sschutz ist nur dann möglich, wenn der konkrete<br />
Inhalt e<strong>in</strong>er drohenden Veröffentlichung glaubhaft<br />
gemacht werden kann, etwa durch e<strong>in</strong>e Internetankündigung<br />
oder durch TV-Vorankündigung<br />
<strong>in</strong> Form von Trailern.<br />
Deshalb Vorbereitung<br />
des unverzüglichen Gegenschlags<br />
In unserem Fall lag e<strong>in</strong>e presserechtliche Luxussituation<br />
vor: Das Thema der Recherche und der drohenden<br />
Berichterstattung war frühzeitig bekannt. Dies<br />
ermöglichte es, den Sachverhalt vorbereitend zu klären.<br />
Nachforschungen ergaben, dass e<strong>in</strong> frustrierter<br />
Assistenzarzt, der aufgrund se<strong>in</strong>er unzureichenden<br />
Leistungen ke<strong>in</strong>e Karrierechancen und die Kl<strong>in</strong>ik<br />
verlassen hatte, gegenüber Kollegen die Vermutung<br />
äußerte, dass <strong>in</strong> der betreffenden Abteilung unzulässige<br />
Patientenversuche durchgeführt würden. Der<br />
Sachverhalt wurde überprüft. Es stellte sich heraus,<br />
dass ke<strong>in</strong>e Studien mit e<strong>in</strong>em Medikament, sondern<br />
nur Aufzeichnungen über den Wirkungserfolg durchgeführt<br />
wurden. Derartige kl<strong>in</strong>ik<strong>in</strong>terne Kontrollen,<br />
die zu wissenschaftlichen Zwecken dienten, wären<br />
nur dann zu beanstanden, wenn das e<strong>in</strong>gesetzte Medikament<br />
nicht <strong>in</strong>diziert gewesen wäre. Dies war<br />
aufgrund der e<strong>in</strong>gesehenen Patientendokumentationen<br />
nachweislich nicht der Fall.<br />
Das Krankenhaus wurde gebeten, die entsprechenden<br />
Patientendokumente und Behandlungsunterlagen<br />
zusammenzustellen. Weiterh<strong>in</strong> wurden Zeitzeugen<br />
und das behandelnde Kl<strong>in</strong>ikpersonal gebeten,<br />
ihre Kenntnisse von den Abläufen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
schriftlichen Erklärung darzustellen. Aus diesen<br />
schriftlichen Erklärungen wurden eidesstattliche<br />
Versicherungen erarbeitet. Zugleich wurde überprüft,<br />
ob Todesfälle von Patienten, die mit dem <strong>in</strong><br />
Frage kommenden Medikament behandelt wurden,<br />
auf den E<strong>in</strong>satz des Medikaments zurückzuführen<br />
waren. Hierzu wurde e<strong>in</strong>e sachverständige Aussage<br />
e<strong>in</strong>es ärztlichen Gutachters veranlasst.<br />
Die Konfrontation und<br />
die Veröffentlichung<br />
Circa zwei Wochen nach diesen stillen Vorbereitungen<br />
g<strong>in</strong>g an e<strong>in</strong>em Donnerstag mit Fristsetzung<br />
von e<strong>in</strong>em Tag e<strong>in</strong> Fragenkatalog der Redaktion<br />
e<strong>in</strong>. Die Fragen waren allgeme<strong>in</strong> gehalten: Werden<br />
<strong>in</strong> der betreffenden Abteilung des Krankenhauses<br />
Medikamentenversuche ohne E<strong>in</strong>willigung der<br />
Patienten durchgeführt? Gab es nach dem E<strong>in</strong>satz<br />
e<strong>in</strong>es best<strong>im</strong>mten Medikaments e<strong>in</strong>e erhöhte Sterberate?<br />
Gab der Chefarzt die Anweisung, die Patienten<br />
dokumente bei E<strong>in</strong>satz des betreffenden Medikaments<br />
unter Verschluss zu halten?<br />
In e<strong>in</strong>er solchen Situation greift das presserechtliche<br />
Instrumentarium der Verdachtsberichterstattung.<br />
Die Medien s<strong>in</strong>d verpflichtet, <strong>im</strong> Falle belastbarer<br />
Anhaltspunkte für e<strong>in</strong> Fehlverhalten den Betroffenen<br />
vor der Berichterstattung detailliert mit den<br />
Vorwürfen zu konfrontieren und se<strong>in</strong>e Stellungnahme<br />
<strong>in</strong> die Berichterstattung aufzunehmen. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die Medien verpflichtet, über die Vorwürfe<br />
offen und nicht vorverurteilend zu berichten,<br />
so dass der Leser bzw. Zuschauer stets davon ausgehen<br />
muss, dass die Vorwürfe noch nicht erwiesen<br />
seien. An den betreffenden Vorwürfen muss überdies<br />
e<strong>in</strong> berechtigtes öffentliches Interesse bestehen, was<br />
<strong>in</strong> der Regel der Fall ist.<br />
Der oberflächliche Fragenkatalog des Journalisten<br />
wurde mit presserechtlicher Unterstützung beantwortet.<br />
Es wurde detailliert darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />
dass ke<strong>in</strong>e Studie, sondern lediglich begleitende<br />
Dokumentationen stattgefunden haben. Das Medikament<br />
sei nur <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>isch <strong>in</strong>dizierten Fällen<br />
e<strong>in</strong>gesetzt worden.<br />
Gernot Lehr<br />
Gernot Lehr ist e<strong>in</strong> bundesweit<br />
tätiger Anwalt für<br />
Presse- und Medienrecht.<br />
Als Partner der Sozietät<br />
Redeker Sellner Dahs vertritt<br />
er mit se<strong>in</strong>em Team<br />
<strong>in</strong>sbesondere E<strong>in</strong>zelpersonen<br />
und Unternehmen<br />
<strong>in</strong> äußerungsrechtlichen<br />
Belangen ebenso wie<br />
Rundfunkanstalten <strong>im</strong><br />
öffentlichen und privaten<br />
Medien- und Verfassungsrecht.<br />
Zu den aktuellen<br />
Verfahren zählen u.a. die<br />
Vertretung des ZDF <strong>im</strong><br />
Normenkontrollverfahren<br />
über den ZDF-Staatsvertrag<br />
vor dem Bundesverfassungsgericht<br />
und die<br />
Vertretung der ARD <strong>im</strong><br />
Verfahren zur Zulässigkeit<br />
der „Tagesschau-App“<br />
sowie die Vertretung von<br />
Unternehmen und von<br />
mehreren Spitzenpolitikern<br />
<strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />
mit Verlagen.<br />
Referendariat bei<br />
Redeker:<br />
Redeker Sellner Dahs<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte · Partnerschaftsgesellschaft<br />
Herrn Bartholomäus<br />
Aengenvoort<br />
Mozartstraße 4-10<br />
153115 Bonn<br />
T 0228 726250<br />
ufer@redeker.de<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 5
Aktuelles Thema | Das deutsche Presserecht<br />
Am darauffolgenden Montag erschien die Berichterstattung.<br />
Kernaussage war, dass möglicherweise<br />
unerlaubte Patientenversuche zu e<strong>in</strong>er Erhöhung der<br />
Sterberate <strong>in</strong> der betreffenden Abteilung des Krankenhauses<br />
geführt haben. Der Chefarzt wurde als<br />
ehrgeiziger und skrupelloser Wissenschaftler beschrieben,<br />
der se<strong>in</strong>e Abteilung angehalten habe,<br />
durch Veröffentlichungen das wissenschaftliche<br />
Ansehen des Kl<strong>in</strong>ikums zu erhöhen.<br />
Dienstagvormittag positiv entschieden. Danach<br />
waren der Verlag und der Autor verpflichtet, die<br />
betreffenden Behauptungen zu unterlassen.<br />
Nutzen des Unterlassungsverfahrens<br />
Oft wird die Frage gestellt, welchen Nutzen e<strong>in</strong>e<br />
solche Unterlassungsverfügung noch habe, da mit<br />
der Veröffentlichung der Schaden bereits e<strong>in</strong>getreten<br />
sei. E<strong>in</strong> schnell erreichtes gerichtliches Verbot hat<br />
mehrere wichtige Effekte: Die Berichterstattung muss<br />
unverzüglich aus dem Internet genommen werden.<br />
Andere Medien s<strong>in</strong>d gewarnt, die Berichterstattung<br />
zu übernehmen. Selbst wenn andere Medien auf das<br />
Thema e<strong>in</strong>steigen, werden sie weitaus vorsichtiger<br />
und zurückhaltender berichten. Das Krankenhaus<br />
hat die Möglichkeit, <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Pressemitteilung<br />
öffentlich zu erklären, dass bereits e<strong>in</strong> gerichtliches<br />
Verbot wegen der Berichterstattung vorliegt.<br />
Weitere presserechtliche Instrumente<br />
Der presserechtliche Aufschlag<br />
Aufgrund der umfassenden presserechtlichen Vorbereitung<br />
war es möglich, die Berichterstattung<br />
unmittelbar nach Bekanntwerden zu analysieren.<br />
Dabei wurde klar, dass <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er unzulässigen<br />
Verdachtsberichterstattung falsche Tatsachenbehauptungen<br />
aufgestellt wurden. Die Behauptung,<br />
dass Patientenversuche ohne deren E<strong>in</strong>willigung<br />
durchgeführt worden seien, war auch als Verdachtsäußerung<br />
unzulässig, weil die differenzierte Stellungnahme<br />
des Krankenhauses nicht veröffentlicht<br />
wurde. Die Redaktion beschränkte sich auf die<br />
Wiedergabe der Aussage, dass das Krankenhaus die<br />
Vorwürfe bestreite. Außerdem wurde dem Leser<br />
durch die Beschreibung des wissenschaftlichen Ehrgeizes<br />
des Chefarztes vermittelt, dass an den Vorwürfen<br />
doch etwas dran se<strong>in</strong> müsse. Die <strong>im</strong> Raume<br />
stehende Behauptung, dass unzulässige Patientenversuche<br />
durchgeführt worden seien, konnte durch<br />
Vorlage der Dokumentationen, der eidesstattlichen<br />
Versicherungen und des e<strong>in</strong>geholten Gutachtens<br />
e<strong>in</strong>es sachverständigen Arztes aus e<strong>in</strong>er anderen<br />
Kl<strong>in</strong>ik widerlegt werden. Am Ersche<strong>in</strong>ungstag g<strong>in</strong>g<br />
bei dem Verlagsjustitiar und dem Redakteur e<strong>in</strong>e<br />
Abmahnung e<strong>in</strong>, b<strong>in</strong>nen fünf Stunden e<strong>in</strong>e Unterlassungsverpflichtungserklärung<br />
zu übersenden.<br />
Nachdem diese Frist abgelaufen war, wurde bei<br />
e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> presserechtlichen Angelegenheiten besonders<br />
erfahrenen Landgericht e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>glicher Antrag<br />
auf Erlass e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>stweiligen Verfügung e<strong>in</strong>gereicht.<br />
Über diesen Antrag wurde am darauffolgenden<br />
Neben dem wichtigsten Instrument, der Durchsetzung<br />
des Unterlassungsanspruches – zunächst <strong>im</strong><br />
e<strong>in</strong>stweiligen Verfügungsverfahren und später <strong>im</strong><br />
Hauptsacheverfahren – gibt es das Gegendarstellungsverfahren.<br />
Die Durchsetzung e<strong>in</strong>er Gegendarstellung<br />
ist an hohe formale Voraussetzungen geknüpft.<br />
Die Gegendarstellung kann <strong>in</strong>sbesondere als<br />
wichtiges Verhandlungsmittel für die Durchsetzung<br />
e<strong>in</strong>er redaktionellen Richtigstellung genutzt werden.<br />
Die Gegendarstellung als solche hat ke<strong>in</strong>e Warnfunktion<br />
gegenüber anderen Medien, weil bekannt ist,<br />
dass <strong>im</strong> Gegendarstellungsverfahren nicht die Richtigkeit<br />
der angegriffenen Berichterstattung überprüft<br />
wird. Darüber h<strong>in</strong>aus kommen als weitere Folgeansprüche<br />
Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche<br />
<strong>in</strong> Betracht. Diese Ansprüche können jedoch nur<br />
<strong>im</strong> Hauptsacheverfahren durchgesetzt werden.<br />
Effektivität des presserechtlichen<br />
<strong>Recht</strong>sschutzes?<br />
Die Effektivität des presserechtlichen <strong>Recht</strong>sschutzes<br />
wird oft unterschätzt. Die <strong>Recht</strong>sprechung hat hier<br />
wirksame Instrumentarien geschaffen. Dies wurde<br />
verstärkt durch die „Stolpe-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts,<br />
nach der bei mehrdeutigen<br />
Äußerungen <strong>im</strong> Rahmen des präventiven Unterlassungsverfahrens<br />
die für den Betroffenen ungünstige<br />
Deutungsvariante für die rechtliche Beurteilung<br />
zugrunde gelegt werden muss. Auch zweideutige<br />
Berichterstattungen, die den Betroffenen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> falsches<br />
Bild rücken, s<strong>in</strong>d angreifbar. Gerade Fragen<br />
der Verdachtsberichterstattung erfordern es, frühzeitig<br />
den presserechtlichen Rat e<strong>in</strong>zuholen, um<br />
richtig zu reagieren. Insbesondere müssen die Fragen<br />
der Redaktion und die Antworten stets schriftlich<br />
dokumentiert werden. Der Schutz der Betroffenen<br />
vor e<strong>in</strong>er vorverurteilenden Berichterstattung ist e<strong>in</strong>e<br />
spannende Aufgabe des Presseanwalts.<br />
6<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
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Aktuelle <strong>Recht</strong>sentwicklung | Die Entwicklung des Kapital anlagerechts der Wertpapiere und Derivate <strong>im</strong> Jahr 2011<br />
Die Entwicklung des Kapitalanlagerechts<br />
der Wertpapiere<br />
und Derivate <strong>im</strong> Jahr 2011<br />
Andreas W. Tilp<br />
Geschäftsführer der Tilp<br />
<strong>Recht</strong>sanwaltsgesellschaft<br />
mbH.<br />
Jahrgang 1963, Studium<br />
der <strong>Recht</strong>swissenschaften<br />
<strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen, 1994 Zulassung<br />
zum <strong>Recht</strong>sanwalt.<br />
Im gleichen Jahr Gründung<br />
der eigenen Kanzlei, 2004<br />
Gründung der Tilp PLLC <strong>in</strong><br />
New York.<br />
Herr Tilp ist u.a. Mitglied<br />
des Arbeitskreises Anlegerschutz<br />
bei der Bundesanstalt<br />
für F<strong>in</strong>anzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaF<strong>in</strong>)<br />
und der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
<strong>im</strong> DAV, zudem<br />
gehört er zur „Expertenrunde<br />
<strong>Recht</strong>“ der Stiftung<br />
Warentest.<br />
Andreas W. Tilp ist Mitherausgeber<br />
der Fachzeitschrift<br />
„Verbraucher und<br />
<strong>Recht</strong>“ (VuR) und zeichnet<br />
für zahlreiche Publikationen<br />
<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>schlägigen<br />
Fachzeitschriften verantwortlich.<br />
Referendariat bei<br />
Tilp <strong>Recht</strong>sanwälte:<br />
Tilp <strong>Recht</strong>sanwaltsgesellschaft<br />
mbH<br />
Herrn Andreas W. Tilp<br />
E<strong>in</strong>hornstraße 21<br />
72138 Kirchentell<strong>in</strong>sfurt<br />
Email: <strong>in</strong>fo@tilp.de<br />
T 07121 90 90 90<br />
Be<strong>im</strong> Kapitalanlagerecht wie be<strong>im</strong> gesamten Bankund<br />
Kapitalmarktrecht handelt es sich typischer weise<br />
um case law. Das Jahr 2011 hat dies mit e<strong>in</strong>er bemerkenswerten<br />
Häufung an BGH-Entscheidungen e<strong>in</strong>mal<br />
mehr unter Beweis gestellt. Zwangsläufig fragmentarisch<br />
werden nachfolgend e<strong>in</strong>ige der BGH-Highlights<br />
angeleuchtet. Die Gründe für diese Häufung liegen<br />
vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er deutlichen Zunahme von Klagen<br />
seit dem Schlüsseljahr 2007. Anlegerfreundliche Tendenzen<br />
<strong>in</strong> der <strong>Recht</strong>sprechung, <strong>in</strong>sbesondere durch<br />
die Ausweitung der Kickback-<strong>Recht</strong>sprechung des<br />
BGH durch dessen „Kickback II-Urteil“ vom<br />
19.12.2006 (XI ZR 56/06), sowie <strong>in</strong> der Gesetzgebung,<br />
hier vor allem durch die diversen Reformen des Wertpapierhandelsgesetzes<br />
(WpHG) seit November 2007,<br />
gepaart mit dem Beg<strong>in</strong>n der F<strong>in</strong>anzmarktkrise und<br />
der von der Anwaltschaft entdeckten Attraktivität des<br />
hier besprochenen <strong>Recht</strong>sgebiets führten zu e<strong>in</strong>er<br />
kont<strong>in</strong>uierlichen Klagewelle. Dabei wird das weitere<br />
Potenzial an Anlegerschäden täglich genährt durch<br />
die Kreativität der Emittenten und Produktdesigner,<br />
die den Markt ständig mit <strong>im</strong>mer neuen „F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>novationen“<br />
überschwemmen.<br />
Beratungs- und Aufklärungspflichten <strong>im</strong><br />
Fokus des BGH<br />
E<strong>in</strong> Großteil der Entscheidungen befasste sich mit<br />
Beratungs- und Aufklärungspflichten. Zwischen beiden<br />
ist begrifflich streng zu trennen. Die höhere<br />
Pflichtendichte weisen Beratungspflichten auf. Diese<br />
setzen e<strong>in</strong>en – regelmäßig konkludent geschlossenen<br />
– Beratungsvertrag voraus, der jedenfalls dann vorliegt,<br />
wenn dem Anleger das Produkt vom Berater<br />
empfohlen wurde.<br />
Quasi als Generalschlüssel für Anlegerklagen hat sich<br />
dabei die mit „Kickback II“ begonnene Ausweitung<br />
der <strong>Recht</strong>sprechung erwiesen. Verschweigt der Berater<br />
se<strong>in</strong>en Kunden Zuwendungen, <strong>in</strong>sbesondere<br />
Provisionen, die er von dritter Seite h<strong>in</strong>ter dem Rücken<br />
des Anlegers erhält (Drei-Personen-Verhältnis),<br />
begründet dies aufgrund der verschwiegenen<br />
Interessens kollision schadensersatzrechtlich e<strong>in</strong>en<br />
Rückabwicklungsanspruch. Nach Auffassung des<br />
3. Zivilsenats des BGH (zuletzt Urt. v. 05.05.2011,<br />
III ZR 84/10) gilt diese <strong>Recht</strong>sprechung jedoch nicht<br />
für sog. freie Berater, also solche, welche nicht bankmäßig<br />
gebunden s<strong>in</strong>d. Bei solchen müsse der Anleger<br />
davon ausgehen, dass der Berater von der Vertriebsseite<br />
e<strong>in</strong>e Provision erhalte. Diese Auffassung wird<br />
vom 11. Zivilsenat des BGH, welcher für das Bankrecht<br />
zuständig ist, toleriert. Dieser hat durch mehrere<br />
Entscheidungen se<strong>in</strong>e zu <strong>Recht</strong> harte <strong>Recht</strong>sprechung<br />
gegen die Banken wegen verschwiegener<br />
Zuwendungen bekräftigt (zuletzt Beschl. v. 24.08.2011,<br />
XI ZR 191/10). Angesichts der jahrzehntelangen<br />
<strong>Recht</strong>spraxis der Banken, den Kunden gegenüber<br />
nicht nur unehrlich sondern auch untreu zu se<strong>in</strong>, ist<br />
eher noch mit e<strong>in</strong>er Zunahme der „Kickback-Klagen“<br />
zu rechnen, auch weil seit November 2007 durch<br />
§ 31d WpHG e<strong>in</strong> generelles Verbot der Annahme wie<br />
auch der Gewährung von Zuwendungen besteht.<br />
Am 22.03.2011 erweiterte der BGH durch se<strong>in</strong> „Swap-<br />
Urteil“ (XI ZR 33/10) se<strong>in</strong>e Interessenkollisions-<br />
<strong>Recht</strong>sprechung. Hier g<strong>in</strong>g es um e<strong>in</strong> hoch komplex<br />
strukturiertes F<strong>in</strong>anzprodukt <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es speziellen<br />
Swaps, welcher von der Deutschen Bank kreiert und<br />
ihrem Kunden <strong>im</strong> Rahmen e<strong>in</strong>es Beratungsvertrags<br />
verkauft wurde. Anders als <strong>in</strong> den Kickback-Fällen<br />
g<strong>in</strong>g es also um e<strong>in</strong> Zwei-Personen-Verhältnis. Der<br />
BGH entschied, dass die Bank mit Abschluss des Beratungsvertrags<br />
die Pflicht übernehme, e<strong>in</strong>e alle<strong>in</strong> am<br />
Kunden<strong>in</strong>teresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben.<br />
Verkaufe sie dem Kunden e<strong>in</strong> Produkt, dessen Risikostruktur<br />
sie bewusst zu dessen Lasten gestaltet habe,<br />
hafte sie schadensersatzrechtlich auf Rückabwicklung<br />
des gesamten Geschäfts. Mit diesem Urteil hat erstmals<br />
die verfassungsrechtliche Figur des strukturellen<br />
Ungleichgewichts höchstrichterlich das Kapitalanlagerecht<br />
erreicht. Damit wurde den Anlegern e<strong>in</strong><br />
zweiter Generalschlüssel zur Bewältigung ihrer Schäden<br />
an die Hand gegeben <strong>in</strong> all den Fällen, <strong>in</strong> denen<br />
strukturell ungleichgewichtete, da <strong>in</strong>transparente und<br />
unfaire Produkte empfohlen wurden.<br />
Nur sche<strong>in</strong>bar aus dem Rahmen fallen die beiden<br />
„Lehman-Urteile“ des BGH vom 27.09.2011 (XI ZR<br />
178/10 sowie XI ZR 182/10). Hier hatte die Hamburger<br />
Sparkasse ihren Kunden <strong>im</strong> Rahmen e<strong>in</strong>es<br />
Beratungsvertrags <strong>im</strong> Wege des Eigengeschäfts e<strong>in</strong><br />
von Lehman Brothers emittiertes Indexzertifikat verkauft.<br />
Da deshalb rechtlich e<strong>in</strong> Zwei-Personen-Verhältnis<br />
bestand, war ke<strong>in</strong>e Provision ausgewiesen, die<br />
Bank verdiente vielmehr an e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gepreisten Gew<strong>in</strong>nspanne.<br />
Hierüber, so der BGH, müsse sie nicht<br />
aufklären. Da diese Fälle vor Neufassung des WpHG<br />
(November 2007) erg<strong>in</strong>gen, somit „Altfälle“ darstellen,<br />
und h<strong>in</strong>zu kommt, dass die klagenden Anleger <strong>in</strong><br />
den dortigen Fällen ke<strong>in</strong>en weiteren „Produktfehler“<br />
<strong>in</strong> Form ungleichgewichteter Elemente aufzeigen konnten,<br />
s<strong>in</strong>d die Urteile als s<strong>in</strong>gulär zu bewerten. Den von<br />
8<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Die Entwicklung des Kapital anlagerechts der Wertpapiere und Derivate <strong>im</strong> Jahr 2011 | Aktuelle <strong>Recht</strong>sentwicklung<br />
der Bankbranche gezogenen Strich unter die Zertifikate-Fälle<br />
jedenfalls rechtfertigen sie nicht.<br />
Grundsatzentscheidungen zur Haftung<br />
wegen verletzter Publizitätspflichten<br />
Mit Urteil vom 17.11.2011 (III ZR 103/10) beschäftigte<br />
sich der BGH mit der Verantwortlichkeit des<br />
früheren Bundesverteidigungsm<strong>in</strong>isters Prof. Rupert<br />
Scholz nach den Grundsätzen der Prospekthaftung <strong>im</strong><br />
engeren S<strong>in</strong>n. Weit über diesen E<strong>in</strong>zelfall h<strong>in</strong>aus entfaltet<br />
das Urteil Sprengkraft für das gesamte <strong>Recht</strong> der<br />
Prospekthaftung. Denn der BGH stellt fest, dass auch<br />
e<strong>in</strong> Schriftstück, welches körperlich von dem ausdrücklich<br />
als Emissionsprospekt bezeichneten Druckwerk<br />
getrennt ist, jedoch zusammen mit diesem vertrieben<br />
wird, bei der gebotenen Gesamtbetrachtung Bestandteil<br />
e<strong>in</strong>es Anlageprospekts <strong>im</strong> <strong>Recht</strong>ss<strong>in</strong>n se<strong>in</strong> kann.<br />
Mit se<strong>in</strong>em „IKB-Urteil“ vom 13.12.2011 (XI ZR<br />
51/10) entschied der BGH erstmals zu elementaren<br />
<strong>Recht</strong>sfragen des neuen Haftungsrechts für falsche<br />
und unterlassene Kapitalmarkt<strong>in</strong>formationen<br />
(§§ 37b, c WpHG). Der mit vorzitierten Normen<br />
erstmals spezialgesetzlich verortete Kursdifferenzschaden<br />
könne wahlweise zu sonstigem Schadensersatz<br />
verlangt werden. Für e<strong>in</strong>en solchen Anspruch<br />
sei e<strong>in</strong> haftungsbegründender Kausalitätsnachweis<br />
nicht erforderlich, so der BGH. Der Anleger müsse<br />
lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass<br />
– wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt – der<br />
Aktienkurs zum Zeitpunkt se<strong>in</strong>es Kaufs niedriger<br />
gewesen wäre.<br />
Ebenfalls am 13.12.2011 hat der BGH über die<br />
<strong>Recht</strong>sbeschwerde gegen e<strong>in</strong>en Musterentscheid <strong>im</strong><br />
Rahmen e<strong>in</strong>es Verfahrens nach KapMuG (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz)<br />
abschließend entschieden<br />
(II ZB 6/09). Und zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prospekthaftungsfall<br />
zum LBB-Fonds 13. Damit wurde erstmals<br />
seit Inkrafttreten des KapMuG <strong>im</strong> November 2005<br />
e<strong>in</strong> solches Verfahren vor dem BGH beendet.<br />
Weitere Trends aus Gesetzgebung und<br />
Praxis<br />
Seit Ausbruch der Kapitalmarktkrise klagen auch<br />
zunehmend <strong>in</strong>stitutionelle Investoren vor deutschen<br />
Gerichten. Zukünftig ist e<strong>in</strong>e deutliche Zunahme ihres<br />
Engagements zu erwarten, da der US Supreme<br />
Court am 24.06.2010 („Morrison“) entschieden hat,<br />
dass Schadensersatzklagen <strong>in</strong> den USA, die auf Wertpapierkäufen<br />
außerhalb der USA basieren, zukünftig<br />
e<strong>in</strong>en schweren Stand haben. Davon s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere<br />
<strong>in</strong>stitutionelle Häuser betroffen, die daher zunehmend<br />
vor europäischen Gerichten, und damit auch<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, aktiv werden (müssen).<br />
Auch der Gesetzgeber hat die <strong>Recht</strong>e von<br />
Anlegern gestärkt<br />
Am 08.04.2011 ist <strong>in</strong> großen Teilen das Anlegerschutzund<br />
Funktionsverbesserungsgesetz (AnsFuG) <strong>in</strong> Kraft<br />
getreten (BGBl I 2011, 538). Dieses brachte u. a. die<br />
Verpflichtung der Wertpapierdienstleister mit sich,<br />
ihren Kunden <strong>im</strong> Rahmen der Anlageberatung sog.<br />
Produkt<strong>in</strong>formationsblätter zur Verfügung zu stellen.<br />
Am 12.12.2011 ist das Gesetz zur Novellierung des<br />
F<strong>in</strong>anzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts<br />
verkündet worden (BGBl I 2011, 2481). Mit<br />
diesem wurde u. a. das Gesetz über Vermögensan lagen<br />
(VermAnlG) geschaffen, welches nunmehr auch die<br />
bisher so genannten „Graumarktprodukte“ e<strong>in</strong>er<br />
spezialgesetzlichen Regulierung unterwirft.<br />
2012 steht die Reform des KapMuG an. Am<br />
20.12.2011 wurde der Regierungsentwurf für das<br />
Gesetz zur Reform des KapMuG beschlossen. Insbesondere<br />
soll se<strong>in</strong> Anwendungsbereich ausgedehnt<br />
werden auf die bisher nicht erfasste Beratungs- und<br />
Vermittlerhaftung.<br />
Als weiterer Trend ist schließlich die zunehmende<br />
Aktivität ausländischer Prozessf<strong>in</strong>anzierungsgesellschaften<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> zu nennen (sog. litigation<br />
fund<strong>in</strong>g).<br />
Ausblick<br />
Angesichts der aufgezeigten Stärkung von Anlegerrechten<br />
f<strong>in</strong>det <strong>im</strong> Kapitalanlagerecht e<strong>in</strong>e Veränderung<br />
<strong>in</strong> Permanenz statt. <strong>Recht</strong>spraktiker, <strong>in</strong>sbesondere<br />
Anwälte – unabhängig davon, auf welcher Seite sie<br />
vertreten – werden daher <strong>im</strong> Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> spannendes und lohnendes <strong>Recht</strong>sgebiet<br />
f<strong>in</strong>den, wenn sie ebenso kreativ vorgehen wie<br />
die Designer von Anlageprodukten – wenn Sie das<br />
Handwerk des „Falldesign“ verstehen: Fälle nicht nur<br />
f<strong>in</strong>den, sondern aktiv kreieren.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 9
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„Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt.“<br />
„Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt.“ | Interview<br />
Das Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong>-Interview mit Sab<strong>in</strong>e<br />
Lautenschläger, Vizepräsident<strong>in</strong> der Deutschen<br />
Bundesbank. Im Gespräch mit KiR-Redakteur T<strong>im</strong><br />
Proll-Gerwe äußert sich die Jurist<strong>in</strong> – mit dem<br />
Wunsch, nicht auf geldpolitische Themen e<strong>in</strong>zugehen<br />
– zu Tabubrüchen, zu Nachhaltigkeit <strong>im</strong><br />
Geschäftsleben und sie erläutert unseren Lesern,<br />
warum sie fremdbest<strong>im</strong>mt ist.<br />
Frau Lautenschläger, Sie amtieren nun seit Juni 2011<br />
als Vizepräsident<strong>in</strong> der Deutschen Bundesbank und<br />
<strong>in</strong> dieser Funktion als oberste Bankenaufseher<strong>in</strong> der<br />
Republik. Wie fällt Ihr Fazit aus?<br />
Me<strong>in</strong> Resümee fällt wegen der unterschiedlichen<br />
Aufgabenbereiche sehr positiv aus. Zu me<strong>in</strong>en Aufgaben<br />
gehört zum e<strong>in</strong>en die Bankenaufsicht, hier<br />
habe ich durch me<strong>in</strong>e Tätigkeit be<strong>im</strong> Bundesaufsichtsamt<br />
für Kreditwesen und der BaF<strong>in</strong> 17 Jahre<br />
Berufserfahrung. Die Themen und viele Mitarbeiter<br />
s<strong>in</strong>d mir vertraut. Zum anderen obliegt mir nun die<br />
Verantwortung für die Revision, die die Ordnungsmäßigkeit<br />
der Vorgänge <strong>in</strong>nerhalb der Deutschen<br />
Bundesbank überwacht. Dieser Bereich ist hoch<strong>in</strong>teressant,<br />
weil ich so e<strong>in</strong>en detaillierten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />
die system<strong>im</strong>manenten Prozesse der Bank bekomme.<br />
Und schließlich begleite ich Bundesbankpräsident<br />
Jens Weidmann zu den alle zwei Wochen stattf<strong>in</strong>denden<br />
Sitzungen des EZB-Rats. Damit habe ich<br />
nicht nur E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Tätigkeit der EZB, sondern<br />
kann nun aus nächster Nähe die Auswirkungen der<br />
Geldpolitik auf die Banken beobachten. Alles <strong>in</strong> allem<br />
empf<strong>in</strong>de ich me<strong>in</strong>e neue Aufgabe daher als große<br />
Bereicherung, und sie bereitet mir sehr viel Freude.<br />
Ähnlich wie die Gerichte ist die Bundesbank <strong>in</strong><br />
ihrer Tätigkeit absolut unabhängig. Der Unterschied<br />
zu den Richtern besteht jedoch dar<strong>in</strong>, dass Sie deutlich<br />
mehr unter Beobachtung der Öffentlichkeit<br />
stehen und Ihr Handeln politisch sehr sensibel ist.<br />
Inwiefern setzt Sie das <strong>in</strong> Ihrem Alltag unter Druck?<br />
Unter Druck setzt mich das nicht. Sicherlich werden<br />
unsere Entscheidungen <strong>im</strong>mer auch von der Politik<br />
beobachtet, aber das ist auch <strong>in</strong> anderen Bereichen<br />
der Fall. Seit 1995 beschäftige ich mich mit Banken.<br />
Im Laufe me<strong>in</strong>er Tätigkeit habe ich dabei <strong>in</strong> wachsendem<br />
Maße Positionen ausgeübt, bei denen die<br />
Auswirkungen me<strong>in</strong>es Handelns nicht mehr nur<br />
e<strong>in</strong>e Bank, sondern zunehmend auch das gesamte<br />
Bankensystem betroffen haben. Insofern raubt mir<br />
politisches Interesse an me<strong>in</strong>em Tun nicht den<br />
Schlaf. Dennoch habe ich natürlich Respekt vor der<br />
Aufgabe und überlege genau, welche Folgen das<br />
eigene Wirken gesellschaftspolitisch, wirtschaftlich<br />
und rechtlich sowie auch auf die eigene Organisation<br />
hat.<br />
Wie sieht denn e<strong>in</strong> klassischer Arbeitstag von Ihnen<br />
aus?<br />
Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Regel sehr viel unterwegs, aber wenn<br />
ich den Tag hier <strong>in</strong> Frankfurt <strong>in</strong> der Zentrale verbr<strong>in</strong>ge,<br />
komme ich meist gegen 8.00 Uhr <strong>in</strong>s Büro.<br />
Wenn ich Glück habe, bleibt mir e<strong>in</strong>e halbe Stunde<br />
Zeit, um me<strong>in</strong>e E-Mails zu sichten. Meist erwartet<br />
mich bereits Besuch, wenn ich <strong>im</strong> Büro e<strong>in</strong>treffe.<br />
Da ich über tagesaktuelle D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong>formiert se<strong>in</strong><br />
muss, arbeite ich zudem oft früh den Pressespiegel<br />
durch und verschaffe mir e<strong>in</strong>en Überblick über die<br />
wichtigsten Nachrichten. Ich telefoniere sehr viel<br />
und habe oft e<strong>in</strong>e Besprechung nach der anderen.<br />
Die Bearbeitung me<strong>in</strong>er Post schaffe ich meistens<br />
erst spätabends, und mit den Term<strong>in</strong>en des Folgetags<br />
beschäftige ich mich ebenfalls meist abends zu<br />
Hause. Letztendlich geht mit me<strong>in</strong>er Position e<strong>in</strong>her,<br />
dass ich sehr fremdbest<strong>im</strong>mt b<strong>in</strong>. Je mehr Verantwortung<br />
man besitzt, je mehr Mitarbeiter man hat<br />
und auch je mehr man nach außen tätig ist, desto<br />
fremdbest<strong>im</strong>mter ist man.<br />
In der Tat ist es ja – <strong>in</strong> nahezu jedem Beruf – so,<br />
dass man mit zunehmender Verantwortung und<br />
zunehmender Arbeit nicht mehr agiert, sondern nur<br />
noch reagiert. In Ihrer Position vertrauen die Menschen<br />
aber darauf, dass Sie agieren, dass Sie gestalten.<br />
Die Gesellschaft erwartet, dass Sie bei aller<br />
Fremdbest<strong>im</strong>mtheit noch die Zeit f<strong>in</strong>den, konstruktive<br />
und sorgfältig durchdachte Vorschläge zu machen.<br />
Wie schaffen sie diesen Spagat?<br />
Die Zeit zum konstruktiven Nachdenken f<strong>in</strong>de ich<br />
am Abend zu Hause und am Wochenende. Und <strong>im</strong><br />
Auto, wenn ich zum nächsten Term<strong>in</strong> gefahren<br />
werde. Die Lösung liegt dar<strong>in</strong>, effizient zu arbeiten.<br />
Das habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en vielen Berufsjahren <strong>in</strong> Führungsfunktionen<br />
gelernt.<br />
Nehmen Sie die Themen des beruflichen Alltags<br />
mit nach Hause, ist Geldpolitik bei Ihnen e<strong>in</strong> Thema<br />
am Mittagstisch?<br />
Ne<strong>in</strong>. Sicherlich spreche ich manchmal mit me<strong>in</strong>em<br />
Mann und me<strong>in</strong>er Tochter darüber, welche Haltung<br />
die Bundesbank zu best<strong>im</strong>mten D<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>n<strong>im</strong>mt.<br />
Aber ich erzähle selbstverständlich ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelheiten<br />
aus der Bankenaufsicht oder von e<strong>in</strong>zelnen<br />
Gesprächen. Mit me<strong>in</strong>er Tochter, die gerade die 13.<br />
Klasse absolviert, diskutiere ich manchmal über die<br />
Staatsschuldenkrise – das ist dann für uns beide<br />
sehr fruchtbar.<br />
©BBK_René Z<strong>im</strong>mer<br />
Sab<strong>in</strong>e Lautenschläger<br />
Vizepräsident<strong>in</strong> der<br />
Deutschen Bundesbank.<br />
Geboren am 3. Juni 1964<br />
<strong>in</strong> Stuttgart, verheiratet<br />
mit Thomas Peiter (ihr<br />
vollständiger Name lautet<br />
Sab<strong>in</strong>e Lautenschläger-<br />
Peiter, <strong>in</strong> der Öffentlichkeit<br />
verzichtet sie jedoch auf<br />
Nennung des Gesamtnamens),<br />
e<strong>in</strong>e Tochter.<br />
1984 bis 1990 Studium der<br />
<strong>Recht</strong>swissenschaften an<br />
der Rhe<strong>in</strong>ischen Friedrich-<br />
Wilhelms-Universität<br />
Bonn, 1994 Zweites<br />
Juristisches Staatsexamen.<br />
Von 1995 bis 1998 arbeitete<br />
Frau Lautenschläger für<br />
das Bundesaufsichtsamt<br />
für das Kreditwesen, von<br />
1999 bis 2002 leitete sie die<br />
dortige Stabsstelle „Presseund<br />
Öffentlichkeitsarbeit“.<br />
2002 bis 2005 leitete sie<br />
selbige Stabsstelle bei<br />
der BaF<strong>in</strong>, von 2005 bis<br />
2008 dann die Abteilung<br />
„Aufsicht über Großbanken<br />
und ausgewählte<br />
Kreditbanken“. Von 2008<br />
bis 2011 war sie Mitglied<br />
des Direktoriums der<br />
BaF<strong>in</strong>, ehe sie am 1. Juni<br />
2011 zur Vizepräsident<strong>in</strong><br />
der Deutschen Bundesbank<br />
ernannt wurde. Dort ist<br />
Frau Lautenschläger für<br />
die Bereiche „Banken<br />
und F<strong>in</strong>anzaufsicht,<br />
Revision“ zuständig<br />
sowie Begleitperson des<br />
Präsidenten <strong>im</strong> EZB-Rat.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 11
Interview | „Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt.“<br />
Nun s<strong>in</strong>d Sie ja studierte Jurist<strong>in</strong>. Inwiefern kommt<br />
Ihnen bei Ihrer Tätigkeit das juristische Geschick<br />
zugute? Oder anders gefragt: Hätten Sie nicht besser<br />
Volkswirtschaftslehre studiert?<br />
Ne<strong>in</strong>, bei der Hälfte der Themen, die ich behandle,<br />
muss man sich fragen, ob e<strong>in</strong> Verstoß gegen Normen<br />
vorliegt, welche Ermächtigungsgrundlage passen<br />
könnte und welche Pflichten und <strong>Recht</strong>e e<strong>in</strong> Beteiligter<br />
hat. Ich hätte vor Beg<strong>in</strong>n me<strong>in</strong>er jetzigen<br />
Tätigkeit nicht erwartet, dass bei den Diskussionen<br />
<strong>im</strong> EZB-Rat so oft auch juristisches Denken weiterhelfen<br />
kann. Wenn wir beispielsweise über das<br />
Verbot der monetären Staatsf<strong>in</strong>anzierung sprechen,<br />
dann sprechen wir über e<strong>in</strong> Gesetz. Und da b<strong>in</strong> ich<br />
als Jurist<strong>in</strong> gut aufgestellt, weil mir die Auslegung<br />
nach S<strong>in</strong>n und Zweck e<strong>in</strong>er Vorschrift oder das<br />
Neuigkeiten vorgestellt und mit Bewertungen und<br />
H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen versehen. Auch die<br />
Revisoren arbeiten mit e<strong>in</strong>em gut strukturierten<br />
System, so dass auf e<strong>in</strong>en Blick der Sachverhalt, die<br />
e<strong>in</strong>schlägigen Vorschriften und e<strong>in</strong>e Bewertung erkennbar<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
S<strong>in</strong>d Sie der Me<strong>in</strong>ung, dass Wirtschaftswissenschaften<br />
e<strong>in</strong>en Teil der juristischen Ausbildung ausmachen<br />
sollten, um bei den heute vorherrschenden<br />
wirtschafts- und f<strong>in</strong>anzlastigen Zeiten überhaupt<br />
noch bestehen zu können?<br />
Referendariat bei<br />
der Deutschen Bundesbank:<br />
Annika Bär<br />
069 95 66 64 58<br />
personalmanagement@<br />
bundesbank.de<br />
Erfordernis e<strong>in</strong>er teleologischen Reduktion nahe<br />
liegt. Natürlich hatte ich erwartet – und das hat<br />
sich auch realisiert –, dass ich me<strong>in</strong>e volkswirtschaftlichen<br />
Kenntnisse erweitern muss. Aber ich<br />
b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> neugieriger Mensch, der sich Neues schnell<br />
aneignet.<br />
Zum Fragen fehlt Ihnen bei komplizierten F<strong>in</strong>anzfragen<br />
aber sicherlich auch die Zeit. Wie schaffen<br />
Sie es dennoch, <strong>im</strong>mer auf dem aktuellsten Stand<br />
zu se<strong>in</strong>? Mit was für e<strong>in</strong>em Team arbeiten Sie zusammen?<br />
Um Fragen zu stellen, nehme ich mir <strong>im</strong>mer die<br />
Zeit. Mich unterstützen etliche Zentralbereiche <strong>in</strong><br />
der Bundesbank. Ich werde täglich <strong>im</strong>mer wieder<br />
über aktuelle Veränderungen <strong>in</strong>formiert. Ich muss<br />
sagen, dass unser Haus gut aufgestellt und organisiert<br />
ist. Es werden auf wenigen Seiten die relevanten<br />
Ne<strong>in</strong>, das denke ich nicht. Ich würde zwar nie von<br />
mir weisen, dass das s<strong>in</strong>nvoll ist, aber verpflichtend<br />
muss es me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach nicht se<strong>in</strong>. Es gibt ja<br />
auch beispielsweise Juristen, die nur Strafrecht machen<br />
wollen, da ist das sicherlich nicht notwendig.<br />
Aber ich b<strong>in</strong> auch der Ansicht, dass heutzutage jeder<br />
Hochschulabgänger <strong>im</strong>stande se<strong>in</strong> sollte, wirtschaftliche<br />
H<strong>in</strong>tergründe durchblicken zu können. Das<br />
kommt leider schon <strong>in</strong> der Schule zu kurz.<br />
Haben Sie während Ihres Studiums bereits e<strong>in</strong>en<br />
Schwerpunkt auf f<strong>in</strong>anzrelevante Themen gelegt?<br />
Ich hatte e<strong>in</strong>en Schwerpunkt auf dem Gesellschaftsrecht,<br />
und ich habe e<strong>in</strong>en Steuerrechtslehrgang absolviert<br />
– e<strong>in</strong> hartes Geschäft! Stünde ich heute vor<br />
der Wahl, würde ich Jura und Volkswirtschaft<br />
gleichzeitig studieren.<br />
Warum haben Sie sich denn letztendlich für Jura<br />
entschieden?<br />
Als ich angefangen habe, hatte ich noch gar ke<strong>in</strong>e<br />
Vorstellungen, was ich e<strong>in</strong>mal machen möchte. Ich<br />
12<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
„Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt.“ | Interview<br />
habe mich letztendlich für Jura entschieden, weil<br />
ich das Gefühl hatte, damit am breitesten aufgestellt<br />
zu se<strong>in</strong>. Man kann mit e<strong>in</strong>em abgeschlossenen Studium<br />
der <strong>Recht</strong>swissenschaften später <strong>in</strong> sehr viele<br />
Bereiche gehen, das ist e<strong>in</strong> Riesenvorteil.<br />
Der Beruf der Richter<strong>in</strong> oder Anwält<strong>in</strong> kam für Sie<br />
nicht <strong>in</strong> Frage?<br />
Ne<strong>in</strong>, ich habe bereits während des Referendariats<br />
gemerkt, dass mir der Richterjob zu e<strong>in</strong>sam ist. Ich<br />
arbeite gern <strong>im</strong> Team. Strafrecht hat mir auch nie<br />
wirklich zugesagt. Ich habe bald bemerkt, dass<br />
mich wirtschaftliche Zusammenhänge <strong>in</strong>teressieren.<br />
Banken aufsichtsrecht fand ich <strong>in</strong>teressant, weil e<strong>in</strong><br />
Jurist hier gestaltend tätig werden kann.<br />
Nun s<strong>in</strong>d Sie e<strong>in</strong>e von drei Juristen <strong>im</strong> Vorstand der<br />
Deutschen Bundesbank. Wissen Sie, wie viele Juristen<br />
Ihr Haus <strong>in</strong>sgesamt beschäftigt?<br />
Bei der Bundesbank s<strong>in</strong>d es rund 100, <strong>in</strong> der <strong>Recht</strong>sabteilung<br />
s<strong>in</strong>d es ca. 40. „Wir“ s<strong>in</strong>d also gut vertreten.<br />
(lacht)<br />
Wor<strong>in</strong> besteht das Aufgabengebiet e<strong>in</strong>es Mitarbeiters<br />
der <strong>Recht</strong>sabteilung?<br />
Die Tätigkeit der Mitarbeiter <strong>im</strong> Zentralbereich<br />
<strong>Recht</strong> der Deutschen Bundesbank ist sowohl <strong>im</strong><br />
H<strong>in</strong>blick auf die zu beherrschenden <strong>Recht</strong>sgebiete<br />
als auch bezüglich der sich stellenden Aufgaben<br />
vielfältig. Präsident und Vorstand werden <strong>in</strong> allen<br />
rechtlichen Fragen beraten, ebenso die Fachabteilungen<br />
aus dem Haus. Schwerpunkte s<strong>in</strong>d hierbei<br />
zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>stitutionelle Fragen des Europäischen<br />
Systems der Zentralbanken (ESZB, Anm. d. Red.)<br />
sowie Fragen des Währungs- und Notenbankrechts,<br />
zum anderen <strong>Recht</strong>sfragen <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />
dem Instrumentarium des ESZB beziehungsweise<br />
mit geldpolitischen Geschäften. Zudem spielen auch<br />
Steuer- und Verwaltungsrecht e<strong>in</strong>e Rolle. Und nicht<br />
zu vergessen me<strong>in</strong> Bereich, das Bankenaufsichtsrecht<br />
mit der Zentralvorschrift „Gesetz über das Kreditwesen“<br />
(KWG, Anm. d. Red.). In diesem Bereich<br />
wird stark an der Entwicklung europäischen <strong>Recht</strong>s<br />
mitgearbeitet, hier arbeiten die Bundesbankjuristen<br />
also auch rechtsgestaltend.<br />
Besteht auch die Möglichkeit, das juristische Referendariat<br />
<strong>in</strong> Ihrem Haus abzuleisten?<br />
Ja, dabei müssen Bewerber <strong>in</strong> Absprache mit ihrem<br />
zuständigen Justizprüfungsamt – das Prüfungsrecht<br />
ist Landesrecht – klären, ob die Voraussetzungen<br />
für die Anerkennung der konkret beabsichtigten<br />
Station vorliegen. Dies ist nach unseren Erfahrungen<br />
<strong>in</strong> allen Bundesländern bei e<strong>in</strong>er Ausbildung <strong>im</strong><br />
Zentralbereich <strong>Recht</strong> der Deutschen Bundesbank<br />
<strong>in</strong> der Wahlstation der Fall.<br />
Ihren Berufsstart hatten Sie damals be<strong>im</strong> Bundesaufsichtsamt<br />
für Kreditwesen. Nach dem Rücktritt<br />
des ehemaligen Bundesbankpräsidenten Axel Weber<br />
gab es Spekulationen, er könne Josef Ackermann<br />
als Deutsche Bank-Vorsitzender nachfolgen – das<br />
ist nicht der Fall, stattdessen wird er Präsident der<br />
UBS. Wäre es für Sie e<strong>in</strong>e Option, <strong>in</strong> die freie Wirtschaft<br />
– vornehmlich <strong>in</strong> den Bankensektor – zu<br />
wechseln? Ihr Wissen ist schließlich enorm.<br />
Jetzt b<strong>in</strong> ich noch nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> volles Jahr hier,<br />
me<strong>in</strong> Fokus ist daher wirklich auf die nächsten<br />
sieben e<strong>in</strong>halb Jahre gerichtet. Was dann passiert,<br />
weiß ich noch nicht.<br />
Weber wurde bis zu se<strong>in</strong>em Rücktritt als neuer<br />
EZB-Präsident gehandelt, geworden ist es nun der<br />
Italiener Mario Draghi. Italien – wie auch der Rest<br />
Europas – ist aufgrund der Haltung der Kanzler<strong>in</strong><br />
zur F<strong>in</strong>anzkrise derzeit nicht besonders gut auf<br />
<strong>Deutschland</strong> zu sprechen. Leidet das Ansehen der<br />
Deutschen Bundesbank aufgrund der politischen<br />
Marschrichtung der Kanzler<strong>in</strong>? Bee<strong>in</strong>trächtigt Sie<br />
das <strong>in</strong> Ihrer täglichen Arbeit?<br />
Ich glaube nicht, dass <strong>Deutschland</strong> gegen den Rest<br />
Europas steht. Es gibt viele unterschiedliche Interessen<br />
<strong>in</strong> Europa, die sich aus der jeweiligen wirtschaftlichen<br />
Lage und auch aus der jeweiligen Tradition<br />
der e<strong>in</strong>zelnen Länder ergeben. Die EZB ist<br />
<strong>in</strong> puncto Unabhängigkeit und Verbot der monetären<br />
Staatsf<strong>in</strong>anzierung sehr stark an das damalige<br />
Regelwerk der Bundesbank angelehnt. Hierzulande<br />
wird die Preisstabilität sehr hoch geschätzt. In anderen<br />
Ländern ist die Sorge vor Inflation weniger<br />
ausgeprägt. Man muss es schaffen, geme<strong>in</strong>same<br />
Vorstellungen zu entwickeln und möglichst viele<br />
Parteien mitzunehmen. Dieser Prozess geht nicht<br />
von heute auf morgen. Deshalb <strong>in</strong>terpretiere ich <strong>in</strong><br />
die aktuellen Prozesse ke<strong>in</strong>e Konfrontation h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>,<br />
sondern unterschiedliche Kulturen. Diese zusammenzuführen,<br />
ist e<strong>in</strong>e extrem schwierige Aufgabe.<br />
Fallen Kompromisse schwer, wenn die EZB traditionelle<br />
Bundesbank-Pr<strong>in</strong>zipien wie das Verbot<br />
monetärer Staatsf<strong>in</strong>anzierung über Bord wirft und<br />
plötzlich Staatsanleihen kauft?<br />
Sie müssen unterscheiden: Die monetäre Staatsf<strong>in</strong>anzierung<br />
ist für die EZB verboten, aber es ist<br />
nicht verboten, am Sekundärmarkt Staatsanleihen<br />
zu kaufen! Es stellt sich nur die Frage, wie viele<br />
Anleihen man kaufen darf, mit welchem Grund und<br />
<strong>in</strong> welcher Art und Weise. Es gibt ke<strong>in</strong> Gesetz, <strong>in</strong><br />
dem steht, dass die EZB ke<strong>in</strong>e Staatsanleihen kaufen<br />
darf. Ich lese das häufig <strong>in</strong> der Tagespresse,<br />
dabei merke ich, dass die Redakteure meist ke<strong>in</strong>e<br />
Juristen s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> das Gesetz erleichtert<br />
<strong>in</strong>sofern oft die <strong>Recht</strong>sf<strong>in</strong>dung.<br />
Gut, nun ist es natürlich Interpretationssache, ob<br />
man den Ankauf italienischer und portugiesischer<br />
Anleihen als versteckte Staatsf<strong>in</strong>anzierung oder als<br />
„normalen“ Kauf von Staatsanleihen betrachtet.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 13
Interview | „Ich b<strong>in</strong> sehr fremdbest<strong>im</strong>mt.“<br />
Aber Sie erwähnen e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teressanten Punkt: Sie<br />
selbst waren jahrelang auch Pressesprecher<strong>in</strong> des<br />
Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen, später bei<br />
der BaF<strong>in</strong>. Haben Sie das Gefühl, die tägliche Berichterstattung<br />
trägt ihren Teil dazu bei, dass viele<br />
D<strong>in</strong>ge missverstanden werden?<br />
Die Berichterstattung ist tatsächlich zum Teil ungenau.<br />
Ich bleibe dennoch bei me<strong>in</strong>er Ausgangsfrage: Die<br />
wirtschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d gerade schwierig<br />
und die EZB macht heute D<strong>in</strong>ge, die für die<br />
Deutsche Bundesbank früher e<strong>in</strong> Tabu gewesen<br />
wären. Fallen Kompromisse da schwer?<br />
Es gibt Grenzen, die nicht überschritten werden<br />
dürfen. Da hört die Kompromissfähigkeit dann auf.<br />
Die Banken, deren Beaufsichtigung Ihnen obliegt,<br />
sehen das zum Teil anders. Die wollen vor allem<br />
schnelle Rendite.<br />
Rendite wollen vor allem die Investoren, und da<br />
sche<strong>in</strong>en angelsächsische Vorstellungen auch <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>gekehrt zu se<strong>in</strong>. Ich frage mich oft,<br />
ob Kont<strong>in</strong>entaleuropa die Grundlagen dafür aufweist,<br />
mit dem angelsächsischem Modell des kurzfristigen<br />
Gew<strong>in</strong>nmax<strong>im</strong>ierens, der Bilanzierung<br />
und Transparenz zugunsten des Investors und dem<br />
offenen Arbeitsmarkt erfolgreich se<strong>in</strong> zu können.<br />
Unser Arbeitsrecht gewährt dem deutschen Arbeitgeber,<br />
auch dem Bankvorstand, beispielsweise nicht<br />
dieselben Freiheiten beziehungsweise Flexibilität<br />
wie e<strong>in</strong>em US-amerikanischen Arbeitgeber. Unsere<br />
Gesellschaft legt großen Wert auf Stabilität <strong>im</strong> Arbeitsverhältnis,<br />
auf soziale Sicherheit und sozialen<br />
Frieden. Ich halte das für den für uns richtigen Weg,<br />
denn mit e<strong>in</strong>er stabilen Gesellschaft, <strong>in</strong> dem alle<br />
Gesellschaftsgruppen Vorteile für sich erkennen<br />
können, s<strong>in</strong>d wir bisher gut gefahren.<br />
Das kl<strong>in</strong>gt alles sehr nachvollziehbar und auch vernünftig.<br />
Aber wie reagieren die Ackermanns, wenn<br />
Sie die treffen? Heißt es dann: „Da kommt schon<br />
wieder die Lautenschläger mit ihrer nachhaltigen<br />
Politik, die uns die Quote versaut“?<br />
Ne<strong>in</strong>, überhaupt nicht. Ich glaube, dass viele Menschen<br />
– auch <strong>in</strong> Vorstandsetagen deutscher Kredit<strong>in</strong>stitute<br />
– verstanden haben, dass e<strong>in</strong> kurzfristiges<br />
Gew<strong>in</strong>nstreben zum Schluss nichts br<strong>in</strong>gt, sondern<br />
dass man nachhaltig ausgerichtet se<strong>in</strong> muss. Und<br />
wenn Sie sich die Geschäftsstrategien der deutschen<br />
Banken ansehen, dann s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> der Regel langfristig<br />
ausgerichtet.<br />
Auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist auch die Haltung<br />
der Bundesbank zur Veräußerung der Goldreserven.<br />
In Ihren Tresoren schlummern zig Tonnen an Goldreserven.<br />
Ganz ehrlich: Gehen Sie manchmal <strong>in</strong> den<br />
Keller und erfreuen sich an dem Anblick?<br />
(Lacht) Ne<strong>in</strong>, ich war noch nie dort unten.<br />
Noch nie?<br />
Ne<strong>in</strong>, warum sollte ich? Ich habe Wichtigeres zu<br />
tun, als <strong>in</strong> Tresorräumen spazieren zu gehen.<br />
Frau Lautenschläger, ich danke Ihnen für das Gespräch.<br />
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<strong>Nomos</strong><br />
14<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Wehrtechnik: Vielseitige Talente mit Technik-Verständnis gefragt | Aktuelle <strong>Recht</strong>sentwicklung<br />
Wehrtechnik: Vielseitige Talente<br />
mit Technik-Verständnis gefragt<br />
3. Juli 2009: Nachdem der Haushaltsausschuss des<br />
Deutschen Bundestages am 17. Juni 2009 die Vorlage<br />
des Bundesm<strong>in</strong>isteriums der Verteidigung zur<br />
Beschaffung von 405 Serienfahrzeugen des neuen<br />
Schützenpanzers PUMA genehmigt hatte, wird an<br />
diesem Tag der Vertrag unterzeichnet. Das Auftragsvolumen<br />
liegt bei 3,1 Milliarden Euro. Auftragnehmer<br />
ist die PSM GmbH, an der zu gleichen Teilen<br />
Rhe<strong>in</strong>metall Landsysteme GmbH und Krauss-Maffei<br />
Wegmann GmbH & Co. KG beteiligt s<strong>in</strong>d. Der<br />
Schützenpanzer PUMA ist das größte genehmigte<br />
Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr <strong>in</strong> 2009. Er<br />
wird das Standardgerät der Panzergrenadiere der<br />
Bundeswehr se<strong>in</strong> und den Schützenpanzer Marder<br />
ersetzen.<br />
Dieses Projekt ist beispielhaft für spannende und<br />
herausfordernde Mandate, die <strong>Recht</strong>sanwälte <strong>im</strong><br />
Bereich Luft- und Raumfahrt & Wehrtechnik, neudeutsch<br />
Aerospace & Defence, bearbeiten können.<br />
Anwälte von Oppenhoff & Partner hatten Krauss-<br />
Maffei Wegmann <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit<br />
deren <strong>Recht</strong>sabteilung bei diesem Projekt schon seit<br />
2002 beraten; zunächst <strong>im</strong> Rahmen der Herstellung<br />
der Projektgesellschaft PSM und seither <strong>in</strong> allen weiteren<br />
wesentlichen Phasen, e<strong>in</strong>schließlich des Serienvertrages<br />
PUMA. Die Kanzlei berät zahlreiche<br />
Mandanten aus den Bereichen Wehrtechnik und<br />
Luft- und Raumfahrt, z.B. <strong>in</strong> der Lieferkette für das<br />
Airbus Flugzeug A380 oder bei Europäischen Satellitenprojekten<br />
wie Galileo.<br />
Industriespezifische Beratungsbereiche<br />
Was genau aber ist die Aufgabe der Anwälte bei der<br />
Arbeit für Unternehmen der Wehrtechnik-Branche?<br />
Zunächst s<strong>in</strong>d die Mandanten Gesellschaften wie<br />
Unternehmen anderer Branchen auch, die Beratung<br />
<strong>im</strong> Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Kartellrecht oder<br />
Steuerrecht benötigen, oft abhängig von der <strong>Recht</strong>sform.<br />
Aber bereits bei diesen Beratungsfeldern gibt<br />
es Besonderheiten, wie z.B. <strong>im</strong> Bereich des Arbeitsrechts<br />
die Problematik, dass bei Dienstreisen häufig<br />
exportkontrollrechtlich sensitive Daten über die<br />
Grenze gehen. Die Anwälte der Praxisgruppe Aerospace<br />
& Defence bei Oppenhoff & Partner s<strong>in</strong>d auch<br />
für Anfragen allgeme<strong>in</strong>er Art Anlaufstelle für die<br />
Mandanten und schalten bei Bedarf Kollegen aus<br />
anderen Praxisgruppen e<strong>in</strong>. Aufgrund der vertieften<br />
Branchenkenntnisse können <strong>in</strong> Teamarbeit mit z.B.<br />
Arbeits- oder Steuerrechtlern praxistaugliche<br />
Lösungen erarbeitet werden.<br />
Wie andere Hersteller von hochtechnologischen Industrieprodukten<br />
haben die Unternehmen der Luftfahrt-<br />
und Wehrtechnikbranche <strong>in</strong>sbesondere zahlreiche<br />
komplexe Verträge mit Zulieferern für jedes<br />
Projekt, die entworfen und verhandelt werden müssen.<br />
Bei der Vertragsgestaltung s<strong>in</strong>d jedoch zahlreiche<br />
Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Endkunden<br />
s<strong>in</strong>d ausschließlich Regierungen. Daher müssen z.B.<br />
die Verträge mit den öffentlich-rechtlichen Kunden<br />
neu verhandelt werden, wenn z.B. wegen politischer<br />
Entscheidungen Aufträge reduziert werden. Diese<br />
Änderungen müssen dann <strong>in</strong> der gesamten Zulieferkette<br />
umgesetzt werden.<br />
EU-Defence Package hat <strong>Recht</strong>srahmen<br />
neu def<strong>in</strong>iert<br />
Weil der Forschungs- und Entwicklungsaufwand<br />
aufgrund der anspruchsvollen Produkte enorm ist,<br />
schließen sich häufig mehrere Unternehmen zusammen,<br />
um geme<strong>in</strong>sam Produkte zu entwickeln und<br />
anschließend herzustellen. Die entsprechenden Jo<strong>in</strong>t<br />
Venture-Verträge müssen unter anderem sicherstellen,<br />
dass das Know-how des Mandanten geschützt ist,<br />
auch bei Beendigung der Zusammenarbeit, dass die<br />
Arbeitsanteile bei der Produktion wirtschaftlich<br />
gerecht verteilt werden, dass e<strong>in</strong>e angemessene Kontrolle<br />
über das Jo<strong>in</strong>t Venture besteht oder dass der<br />
Partner das Jo<strong>in</strong>t Venture nicht durch konkurrierende<br />
Vorhaben beschädigt. Da der Markt nicht so groß<br />
und die Zahl der Wettbewerber überschaubar ist,<br />
spielen zudem Kartell- und Vergaberecht e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
Rolle. Das sog. Defence Package der EU hat<br />
jüngst die kartell- und vergaberechtlichen Anforderungen<br />
<strong>im</strong> Bereich der Wehrtechnik neu def<strong>in</strong>iert.<br />
Aus den Besonderheiten der Wehrtechnikbranche<br />
erwachsen darüber h<strong>in</strong>aus aber weitere Spezialgebiete,<br />
die abgedeckt werden müssen.<br />
Die „End-Kunden“ von Wehrtechnik-Unternehmen<br />
s<strong>in</strong>d naturgemäß Staaten, die für ihre Armeen Ausrüstung<br />
beschaffen, wie <strong>im</strong> E<strong>in</strong>gangsbeispiel die<br />
Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong>. In <strong>Deutschland</strong> ist für<br />
Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr das Bundesamt<br />
für Wehrtechnik und Beschaffung – kurz BWB<br />
– bzw. für IT das IT-Amt der Bundeswehr zuständig,<br />
das Aufträge zur Lieferung, zunehmend auch zur<br />
Wartung und zum Betrieb von wehrtechnischem<br />
Gerät ausschreibt (Art. 87a und 87b GG). Die Ausschreibung<br />
richtet sich nach den Vorschriften des<br />
Vergaberechts und die Preise nach dem öffentlichen<br />
Preisrecht. Aber genauso wichtig wie die rechtlichen<br />
Michael Abels<br />
Michael Abels ist Partner<br />
der Sozietät Oppenhoff<br />
& Partner. Er studierte<br />
<strong>Recht</strong>swissenschaften an<br />
der Universität Köln. Vor<br />
se<strong>in</strong>er Anwaltstätigkeit<br />
diente er lange Zeit als<br />
Reserveoffizier (Oberstleutnant<br />
d. Res.).<br />
Marc Hilber<br />
Marc Hilber ist Partner<br />
der Sozietät Oppenhoff<br />
& Partner. Er studierte<br />
<strong>Recht</strong>swissenschaften an<br />
den Universitäten Passau,<br />
Angers, University of<br />
Ill<strong>in</strong>ois (LL.M.) und Köln<br />
(Dr. jur.).<br />
Beide Autoren beraten,<br />
zum Teil seit vielen<br />
Jahren, zahlreiche Mandanten<br />
aus der Wehrtechnik<strong>in</strong>dustrie.<br />
Sie waren <strong>in</strong><br />
viele weitere nationale<br />
und mult<strong>in</strong>ationale Projekte<br />
<strong>in</strong>volviert: Galileo,<br />
A380, Tornado, Eurofighter,<br />
Dolph<strong>in</strong> U-Boote oder<br />
Kampfpanzer Leopard 2.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 15
Aktuelle <strong>Recht</strong>sentwicklung | Wehrtechnik: Vielseitige Talente mit Technik-Verständnis gefragt<br />
Referendariat bei<br />
Oppenhoff & Partner<br />
Günter Seulen<br />
Konrad-Adenauer-Ufer 23<br />
50668 Köln<br />
Telefon: 0221/2091-405<br />
Email: guenter.seulen@<br />
oppenhoff.eu<br />
Aspekte s<strong>in</strong>d Beziehungen zu den handelnden Personen<br />
<strong>im</strong> BWB, dem Verteidigungsm<strong>in</strong>isterium und<br />
dem Bundestag sowie die Kenntnis der Gepflogenheiten.<br />
Nur so können strategische Entscheidungen<br />
<strong>in</strong> Ausschreibungen richtig getroffen und Verhandlungen<br />
erfolgreich geführt werden.<br />
Internationale Beratungsarbeit<br />
Die deutsche Wehrtechnik-Industrie liefert e<strong>in</strong>en<br />
großen Teil ihrer Produkte <strong>in</strong>s Ausland, zum Beispiel<br />
nach Griechenland, nach Südafrika oder <strong>in</strong> die<br />
Türkei. Projekte <strong>im</strong> Bereich der Luft- und Raumfahrt<br />
s<strong>in</strong>d ebenso <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong>ternational und f<strong>in</strong>den<br />
unter Beteiligung zahlreicher kooperierender Unternehmen<br />
aus der EU statt. Für den Anwalt bedeutet<br />
dies die <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit mit Anwälten<br />
aus den <strong>in</strong>volvierten Jurisdiktionen. Er reist viel und<br />
sollte <strong>in</strong> der englischen Sprache verhandlungssicher<br />
se<strong>in</strong>. Da Rüstungsgüter und auch Hochtechnologie<br />
der Luft- und Raumfahrt der Exportkontrolle unterliegen,<br />
ist Expertise <strong>in</strong> diesem <strong>Recht</strong>sbereich sehr<br />
wichtig.<br />
E<strong>in</strong>e Besonderheit bei <strong>in</strong>ternationalen Aufträgen ist<br />
das sog. Offset: Kauft e<strong>in</strong> Staat für e<strong>in</strong>en größeren<br />
Betrag bei e<strong>in</strong>em Unternehmen aus e<strong>in</strong>em anderen<br />
Land e<strong>in</strong>, so verlangt es <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Kompensation<br />
(Offsetverpflichtung) vom Lieferanten. Die<br />
Forderung auf Kompensation bei größeren Beschaffungsvorhaben<br />
ist <strong>in</strong> den meisten Staaten (außer<br />
<strong>Deutschland</strong>) üblich; meist ist es e<strong>in</strong> Instrument, um<br />
Know-How oder Wertschöpfung für das eigene Land<br />
zu erhalten. Dazu wird vere<strong>in</strong>bart, dass Unternehmen<br />
<strong>im</strong> Käuferland als Zulieferer (Juste Retour oder<br />
direktes Offset) beteiligt werden, oder dass die Industrie<br />
des Käuferlandes ihrerseits Aufträge vom<br />
Lieferanten erhält.<br />
Zivilrecht ist gute Basis<br />
Der juristische Arbeitsschwerpunkt des <strong>in</strong> der<br />
Wehrtechnik-Branche tätigen Anwalts ist die Vertragsgestaltung<br />
und damit vor allem das allgeme<strong>in</strong>e<br />
und besondere Schuldrecht. Das AGB-<strong>Recht</strong> spielt<br />
aufgrund der zahlreichen Vertragsmuster des BWB<br />
e<strong>in</strong>e besondere Rolle, ebenso wie z.B. das Preisklauselgesetz<br />
wegen der langen Laufzeiten und dem<br />
Erfordernis der Preisanpassung. Die erwähnten<br />
anderen <strong>Recht</strong>sgebiete muss er natürlich nicht wie<br />
e<strong>in</strong> Spezialist beherrschen. Aber er muss e<strong>in</strong> Gespür<br />
dafür entwickeln, zu welchem Zeitpunkt er welche<br />
Spezialisten <strong>in</strong>tensiver mit spezifischen<br />
Fragen betrauen<br />
muss. E<strong>in</strong>e gute Basis ist e<strong>in</strong><br />
profundes zivilrechtliches Wissen,<br />
e<strong>in</strong>schließlich des <strong>Recht</strong>s<br />
der Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Die Vertragsgestaltung<br />
und -verhandlung ist das<br />
tägliche Brot; an diese Aufgaben<br />
werden junge Anwälte<br />
sorgfältig herangeführt.<br />
Anwälte, die für Unternehmen<br />
der Wehrtechnik tätig s<strong>in</strong>d,<br />
müssen ke<strong>in</strong>e militärischen Vorkenntnisse<br />
haben oder gar Reservisten<br />
se<strong>in</strong>. Erforderlich s<strong>in</strong>d<br />
aber e<strong>in</strong> unbefangener Umgang<br />
mit den Themen und e<strong>in</strong> Interesse<br />
an High-Tech-Produkten<br />
und -Projekten. Mandanten<br />
schätzen es, wenn sie ihren Anwälten<br />
nicht (wieder und wieder)<br />
erklären müssen, welche<br />
Technik Gegenstand der zu<br />
erstellenden Verträge ist.<br />
Wer langfristig erfolgreich se<strong>in</strong> will, sollte sich zudem<br />
mit Usancen und Personen <strong>in</strong> den entsprechenden<br />
Behörden und Gremien <strong>in</strong> Bonn und Berl<strong>in</strong> vertraut<br />
machen. Das steht für den Berufse<strong>in</strong>steiger natürlich<br />
anfangs nicht <strong>im</strong> Mittelpunkt; er wird <strong>im</strong> Laufe se<strong>in</strong>er<br />
Ausbildung Schritt für Schritt herangeführt.<br />
In der Regel haben Beschaffungsverträge Volum<strong>in</strong>a<br />
<strong>im</strong> dreistelligen Millionen- oder gar <strong>im</strong> Milliardenbereich.<br />
Sie stehen zudem häufig <strong>im</strong> Fokus der Medien.<br />
Anwälte müssen – <strong>im</strong> Übrigen aber auch <strong>in</strong><br />
anderen Industrien – dafür sensibel se<strong>in</strong>, den daraus<br />
resultierenden Druck mittragen und mildern helfen<br />
sowie ihre Beratung und ihren Service danach ausrichten.<br />
Das ist Anreiz und Herausforderung zugleich<br />
für alle, die <strong>in</strong> dieser spannenden Industrie als Anwalt<br />
arbeiten wollen.<br />
16<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Die Königsdiszipl<strong>in</strong><br />
Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
Praxishandbuch<br />
Herausgegeben von Prof. Dr. Ingo Saenger, RAuN Prof. Dr. Lutz Aderhold,<br />
RAuN Prof. Dr. Karlhe<strong>in</strong>z Lenkaitis und RA Prof. Dr. Gerhard Speckmann, FAGewRS<br />
2. Auflage 2011, 1.852 S., geb., 128,– €, ISBN 978-3-8329-5863-3<br />
Umfassende Kenntnisse <strong>in</strong> handels- und gesellschaftsrechtlichen Fragen gehören seit<br />
jeher zu den Kernkompetenzen anwaltlicher Beratung. Die Neuauflage des Handbuchs<br />
berücksichtigt alle Gesetzesänderungen durch MoMiG, Neuregelungen des Handelsregisterrechts,<br />
Unternehmenssteuerreform sowie Rom I und II-Verordnungen. Ergänzt<br />
wurden weitere Kapitel zu Kartellrecht und Kapitalmarktrecht. In der Neuauflage<br />
bieten die Autoren e<strong>in</strong>e noch größere Fülle an konkreten Mustern und Formulierungsvorschlägen<br />
und beantworten Fragen zum taktisch richtigen Vorgehen.<br />
Weitere Informationen: www.nomos-shop.de/12893<br />
<strong>Nomos</strong>
Aktuelles Thema | Bus<strong>in</strong>ess to be developed – der Jurist als Market<strong>in</strong>gexperte <strong>in</strong> Großkanzleien<br />
Bus<strong>in</strong>ess to be developed –<br />
der Jurist als Market<strong>in</strong>gexperte <strong>in</strong> Großkanzleien<br />
Frank W. Jacob<br />
Als Leiter Bus<strong>in</strong>ess Development<br />
und Market<strong>in</strong>g<br />
ist Herr Jacob (Jahrgang<br />
1969) seit 2010 für die<br />
Geschäftsentwicklung der<br />
<strong>in</strong>ternationalen Anwaltssozietät<br />
Salans <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> zuständig.<br />
Der Volljurist studierte<br />
bis 1998 <strong>Recht</strong>swissenschaften<br />
<strong>in</strong> Hamburg und<br />
absolvierte se<strong>in</strong> Referendariat<br />
<strong>im</strong> Saarland. Schon<br />
während dieser Zeit arbeitete<br />
er <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Strategie-, PR- und Market<strong>in</strong>g-Abteilungen<br />
der<br />
Deutschen Lufthansa AG<br />
<strong>in</strong> Frankfurt, Brüssel und<br />
Hamburg. Ab 2000 baute<br />
er drei Jahre lang das<br />
Bus<strong>in</strong>ess Development für<br />
die New Yorker Kanzlei<br />
White & Case mit ihren<br />
fünf Büros <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
auf, danach führte er die<br />
Marke Latham & Watk<strong>in</strong>s<br />
auf dem deutschen <strong>Recht</strong>markt<br />
e<strong>in</strong>. Von 2006 an<br />
verantwortete er das<br />
europaweite Bus<strong>in</strong>ess<br />
Development der weltweit<br />
größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Deloitte.<br />
„Hat es denn bei Ihnen mit den Exam<strong>in</strong>a nicht so<br />
geklappt wie gewünscht?“. So oder so ähnlich konnte<br />
man <strong>im</strong> Job-Interview vor zwölf Jahren etwas mitleidig<br />
angegangen werden – wenn man sich als Jurist<br />
als Bus<strong>in</strong>ess Development- oder Market<strong>in</strong>g-Experte<br />
bei e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Großkanzleien beworben<br />
und man es bis <strong>in</strong>s persönliche Gespräch mit e<strong>in</strong>em<br />
der Seniorpartner geschafft hatte. Die Überraschung<br />
war <strong>im</strong>mer umso größer, wenn der Gesprächspartner<br />
dann mit Blick auf den Lebenslauf feststellen musste,<br />
dass nicht nur beide juristischen Examen mit Prädikat<br />
bestanden waren, sondern der Bewerber auch mit<br />
Stipendien und e<strong>in</strong>schlägigen Auslandsaufenthalten<br />
glänzen konnte. Es hätte also auch e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>stieg als<br />
Associate nichts <strong>im</strong> Wege gestanden. Dass man bewusst<br />
und aus voller Überzeugung e<strong>in</strong>en anderen<br />
Karriereweg gehen wollte, konnte <strong>im</strong> konservativen<br />
<strong>Kanzleien</strong>umfeld zur Jahrtausendwende kaum e<strong>in</strong><br />
Verantwortlicher wirklich verstehen.<br />
Ke<strong>in</strong>e Großkanzlei arbeitet mehr ohne<br />
Market<strong>in</strong>gexperten<br />
Das hat sich <strong>in</strong> der vergangenen Dekade grundlegend<br />
geändert. Die <strong>in</strong>ternationalen Großkanzleien haben<br />
sich zu hochprofitablen Dienstleistungsunternehmen<br />
entwickelt, die mit hunderten hochbezahlten <strong>Recht</strong>sanwälten<br />
ihre teure Beratungsleistung an die Mandanten<br />
<strong>in</strong> aller Welt br<strong>in</strong>gen. Die Konkurrenz zwischen<br />
den <strong>Kanzleien</strong> ist aber groß, der Kostendruck<br />
der Wirtschaftsunternehmen bei der Mandatserteilung<br />
ist nicht erst seit der F<strong>in</strong>anzkrise erheblich gestiegen.<br />
Ohne e<strong>in</strong>e nachhaltige Markenbildung, ohne<br />
e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Market<strong>in</strong>gstrategie, ja ohne e<strong>in</strong>en<br />
strategischen Geschäftsentwicklungsplan könnte es<br />
heute ke<strong>in</strong>e Law Firm mehr schaffen, sich gegen<br />
Mitbewerber <strong>im</strong> heiß umkämpften Markt für juristische<br />
Beratungsleistungen durchzusetzen und damit<br />
für e<strong>in</strong>e gleichmäßige Auslastung ihrer hochspezialisierten<br />
Anwälte zu sorgen.<br />
Wer sich für e<strong>in</strong>en Job <strong>im</strong> Kanzle<strong>im</strong>arket<strong>in</strong>g <strong>in</strong>teressiert,<br />
muss natürlich nicht zw<strong>in</strong>gend Jurist se<strong>in</strong> – es<br />
hilft aber durchaus. Zum e<strong>in</strong>en hat man durch die<br />
eigene juristische Ausbildung e<strong>in</strong> Verständnis für die<br />
Beratungs<strong>in</strong>halte der Branche entwickelt, zum anderen<br />
sollte man nicht unterschätzen, wie wichtig für<br />
das kanzlei<strong>in</strong>terne Stand<strong>in</strong>g der geme<strong>in</strong>same Ausbildungsh<strong>in</strong>tergrund<br />
mit den <strong>Recht</strong>sanwälten der eigenen<br />
Law Firm ist. E<strong>in</strong> Jurastudium oder Referendariat<br />
alle<strong>in</strong> reicht aber heute längst nicht mehr aus, um an<br />
e<strong>in</strong>en der begehrten und <strong>in</strong> der Regel gut bezahlten<br />
Market<strong>in</strong>g-Jobs der <strong>Kanzleien</strong> zu kommen. Die Möglichkeiten<br />
der von den Arbeitgebern gern gesehenen<br />
Zusatzqualifikationen s<strong>in</strong>d weit gesteckt: Market<strong>in</strong>g-<br />
Abschlüsse oder Sem<strong>in</strong>are und Workshops an der Uni,<br />
studienbegleitende Praktika <strong>in</strong> Market<strong>in</strong>g-Abteilungen<br />
der <strong>Kanzleien</strong> oder auch erste Berufserfahrungen <strong>im</strong><br />
Market<strong>in</strong>gbereich bei namhaften Dienstleistungsunternehmen<br />
<strong>im</strong> In- und Ausland (hier bieten sich z.B.<br />
auch die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
an, die alle<strong>in</strong> durch ihre Größe und Beratungsvielfalt<br />
viele <strong>in</strong>teressante Chancen <strong>im</strong> Market<strong>in</strong>g bieten).<br />
Wichtig ist zu zeigen, dass man nicht nur e<strong>in</strong> cleverer<br />
Jurist ist, sondern eben auch die Werkzeuge kennt<br />
und anwenden kann, die juristischen Beratungsleistungen<br />
zu verkaufen. Und das setzt heute e<strong>in</strong> umfangreicheres<br />
Know-how voraus, als viele denken, denn<br />
auch Law Firms bedienen sich mittlerweile der gesamten<br />
Bandbreite von strategischen Vermarktungstools,<br />
die das moderne Wirtschaftsleben kennt.<br />
Die verschiedenen Aspekte des Kanzle<strong>im</strong>arket<strong>in</strong>gs<br />
Grundsätzlich muss man sich deshalb be<strong>im</strong> Berufse<strong>in</strong>stieg<br />
entscheiden, <strong>in</strong> welche Richtung man se<strong>in</strong>e<br />
juristische Market<strong>in</strong>gkarriere entwickeln möchte.<br />
Mittlerweile gibt es hier mehrere spezialisierte Bereiche,<br />
die durchaus eigenständige Karrierepfade<br />
ausgebildet haben.<br />
Der PR-Experte kümmert sich um die Pressekontakte<br />
der Kanzlei, d.h. er verfasst alle wichtigen Pressemitteilungen<br />
zu großen Mandatsgew<strong>in</strong>nen oder Personalveränderungen<br />
und versucht, diese sowohl an<br />
die allgeme<strong>in</strong>e Wirtschaftspresse als auch an Branchendienste<br />
und Fachorgane zu „verkaufen“. Wer<br />
Spaß an Kommunikation hat und journalistische<br />
Fähigkeiten <strong>in</strong> sich weiß, der hat hier e<strong>in</strong> spannendes<br />
Betätigungsfeld zu entdecken. Wer sich allerd<strong>in</strong>gs zum<br />
<strong>in</strong>vestigativen Journalismus h<strong>in</strong>gezogen fühlt, ist hier<br />
fehl am Platz. Aufgrund der berufsrechtlich vorgeschriebenen<br />
wie auch durch die laufende Mandatsarbeit<br />
bed<strong>in</strong>gten Diskretion <strong>in</strong> der Branche bedarf es<br />
<strong>im</strong>mer wieder großen F<strong>in</strong>gerspitzengefühls, die <strong>in</strong>teressierte<br />
Wirtschaftsöffentlichkeit zwar mit spannenden<br />
juristischen Inhalten zu versorgen, ohne aber<br />
vertrauliche Informationen preiszugeben, wobei gerade<br />
bei großen Deals mit vielen Beteiligten auch stets<br />
der Zeitpunkt der Veröffentlichung klug und umsichtig<br />
und <strong>in</strong> Absprache mit den Parteien gewählt werden<br />
muss. Mittlerweile gibt es außerdem viele juristische<br />
Branchendienste <strong>im</strong> In- und Ausland, zu denen e<strong>in</strong><br />
ständiger Informationsfluss über die Arbeit der Kanzlei<br />
vom PR-Verantwortlichen gemanagt werden muss.<br />
18<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Bus<strong>in</strong>ess to be developed – der Jurist als Market<strong>in</strong>gexperte <strong>in</strong> Großkanzleien | Aktuelles Thema<br />
Nicht zuletzt entscheidet dann nämlich auch so manches<br />
daraus resultierende Branchenrank<strong>in</strong>g über die<br />
gute Positionierung der Law Firm <strong>in</strong> der Mandantenwahrnehmung,<br />
was <strong>im</strong>mer häufiger mitentscheidend<br />
bei der Gew<strong>in</strong>nung von Neugeschäft ist.<br />
Wer schon <strong>im</strong>mer mit dem kreativen Umfeld e<strong>in</strong>er<br />
Werbeagentur geliebäugelt hat, das gewohnte juristische<br />
Spielfeld aber nicht verlassen möchte, der sollte<br />
e<strong>in</strong>en Job als Market<strong>in</strong>gexperte <strong>in</strong>s Auge fassen. Hier<br />
gilt es, die gesamte Bandbreite verkaufsunterstützender<br />
Maßnahmen für die Kanzlei zu <strong>im</strong>plementieren<br />
– von Standardthemen wie Website, Broschüren und<br />
Events bis h<strong>in</strong> zu strategischen Imagekampagnen und<br />
umfassenden Brand<strong>in</strong>g-Initiativen. Was vor 15 Jahren<br />
Bus<strong>in</strong>ess-Development-Referent <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />
Anwaltsfirmen. In dieser Position gilt es, die Wettbewerbssituation<br />
des Arbeitgebers zu analysieren, Marktstudien<br />
anzufertigen, Stärken und Schwächen des eigenen<br />
Beratungsproduktportfolios auszuloten und<br />
aufzuzeigen. E<strong>in</strong> wichtiger Aufgabenbereich ist die<br />
Angebotserstellung, das sogenannte Pitch<strong>in</strong>g. Mandanten<br />
schreiben <strong>im</strong>mer häufiger große Beratungsaufträge<br />
europaweit aus oder laden e<strong>in</strong>e gewisse Anzahl<br />
<strong>in</strong>ternationaler <strong>Kanzleien</strong> zu e<strong>in</strong>em sogenannten Beauty<br />
Contest, e<strong>in</strong>em Ausschreibungswettbewerb, e<strong>in</strong>.<br />
Hier gilt es dann, sowohl durch das schriftlich unterbreitete<br />
Angebot als auch durch die Teamperformance<br />
bei der Präsentation be<strong>im</strong> Mandanten zu überzeugen<br />
– hier wie dort unterstützt der BD-Referent mit se<strong>in</strong>en<br />
standesrechtlich noch vollständig verboten war und<br />
wo sich vor zehn Jahren die ersten sichtbaren Lockerungen<br />
vollzogen, stehen dem engagierten Werbefachmann<br />
heute (fast) alle Möglichkeiten offen, die er<br />
auch aus anderen Konsumgüter- und Dienstleistungsbereichen<br />
kennt und schätzt. Wichtig ist, e<strong>in</strong> Gespür<br />
für den richtigen Market<strong>in</strong>gmix zu entwickeln – und<br />
für die Persönlichkeit der eigenen Law Firm. In e<strong>in</strong>em<br />
partnergeführten Unternehmen wird man niemals<br />
e<strong>in</strong>e auch noch so s<strong>in</strong>nvolle Strategie gegen den Willen<br />
der Gesellschafter der Kanzlei durchsetzen können<br />
– auch wenn es vielleicht nicht hip & trendy ersche<strong>in</strong>t,<br />
aber der Market<strong>in</strong>g-Verantwortliche muss diese häufig<br />
<strong>im</strong> Vergleich sehr konservative Entscheidergruppe<br />
mit ihrem nicht <strong>im</strong>mer modernen Empfängerhorizont<br />
abholen und mitnehmen, woh<strong>in</strong> auch <strong>im</strong>mer die<br />
Market<strong>in</strong>g-Segel gesetzt werden sollen. Nicht nur die<br />
richtige Werbestrategie, sondern auch die passende<br />
<strong>in</strong>terne Überzeugungstaktik wird am Ende über Erfolg<br />
oder Misserfolg der eigenen Tätigkeit best<strong>im</strong>men.<br />
Viele Juristen mit erstem Staatsexamen und Assessoren<br />
zieht es zu den großen <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensberatungen.<br />
E<strong>in</strong>e Alternative hierzu ist die Arbeit als<br />
analytischen Fähigkeiten. Wie <strong>in</strong> Unternehmens -<br />
be ratungen auch muss e<strong>in</strong>e Akzeptanz h<strong>in</strong>sichtlich<br />
flexibler und schwer vorherplanbarer Arbeitszeiten<br />
vorhanden se<strong>in</strong>, da die entsprechenden Marktchancen<br />
meist recht kurzfristig auftreten und die Unterlagen<br />
zusammen mit dem Team von Berufsträgern <strong>in</strong>tensiv<br />
erarbeitet werden müssen.<br />
Berufsaussichten<br />
Für alle hier genannten Jobmöglichkeiten s<strong>in</strong>d die<br />
Karrierechancen zurzeit hervorragend. Alle großen<br />
<strong>Kanzleien</strong> haben Vakanzen und wenn man örtlich<br />
etwas flexibel ist, dürfte man mit dem entsprechenden<br />
Lebenslauf ke<strong>in</strong>e Probleme haben, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Bewerbungsverfahren<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zukommen. Informieren kann<br />
man sich über die <strong>Kanzleien</strong> nicht nur <strong>in</strong> den<br />
marktüblichen Publikationen, sondern auch auf den<br />
Jobmessen für Juristen. Gerade am Messeauftritt<br />
e<strong>in</strong>er Kanzlei kann man sehr schön deren Selbstverständnis<br />
ablesen und mit dem persönlichen Stil des<br />
Arbeitgebers sollte man sich schon anfreunden können.<br />
Immerh<strong>in</strong> gilt es später <strong>im</strong> Job, genau diese<br />
Markenpersönlichkeit nach außen zu schärfen und<br />
erfolgreich weiterzuentwickeln.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 19
<strong>Nomos</strong> Referendariat.<br />
Die Reihe <strong>Nomos</strong> Referendariat bietet zeitgemäße Literatur für Referendare. Moderne Lehrbücher und<br />
praktische Wegweiser ermöglichen e<strong>in</strong>e schnelle E<strong>in</strong>arbeitung <strong>in</strong> den Stationsalltag und e<strong>in</strong>e gezielte Vorbereitung<br />
auf das Assessorexamen.<br />
Staatsanwaltschaftlicher Sitzungsdienst<br />
Von Oberstaatsanwalt Anton Deventer<br />
2010, 158 S., brosch., 11,90 €<br />
ISBN 978-3-8329-4740-8<br />
Dem chronologischen Ablauf e<strong>in</strong>er Strafsache folgend, werden<br />
prägnant alle wesentlichen Verfahrenssituationen erläutert und<br />
so e<strong>in</strong>e schnelle E<strong>in</strong>arbeitung <strong>in</strong> die Rolle e<strong>in</strong>es Staatsanwalts erleichtert.<br />
E<strong>in</strong> Anhang aller wichtigen Anträge ermöglicht es, <strong>in</strong> der<br />
Sitzung auftauchende Fragen schnell nachzulesen und hierauf<br />
angemessen zu reagieren. E<strong>in</strong> Formular für e<strong>in</strong> Musterplädoyer<br />
rundet den Band ab.<br />
»Fazit: Kle<strong>in</strong>er Band, aber oho – passt <strong>in</strong> jede Robentasche.«<br />
Silke Glossner, Jura Journal 4/10<br />
Die Revision <strong>im</strong> Strafrecht<br />
Von RiAG Dr. Matthias Weidemann und RiOLG Fabian Scherf<br />
2010, 179 S., brosch., 19,90 €<br />
ISBN 978-3-8329-4735-4<br />
»bereits vor der Strafstation außerordentlich nützlich und sehr empfehlenswert...für<br />
<strong>Recht</strong>sreferendare e<strong>in</strong> „großer Wurf“ und e<strong>in</strong>e<br />
„Pflichtlektüre“...klar strukturiert...„Fundgrube“ für klausurrelevante<br />
Konstellationen.« Dr. Fritz v. Mannste<strong>in</strong>, JuS 1/11<br />
Formulare für Referendare<br />
Von Dr. Sönke Gerhold, RA Dr. Bernd Hoefer, VRi’<strong>in</strong>LG Hege<br />
Ingwersen-Stück und Dr. Sönke E. Schulz<br />
2011, 202 S., brosch., 24,– €<br />
ISBN 978-3-8329-5524-3<br />
Das speziell für die Bedürfnisse der Referendare konzipierte Formularbuch<br />
gibt e<strong>in</strong>e klare Orientierung <strong>in</strong> der formal korrekten<br />
Darstellung aller wichtigen Entscheidungs- und Antragstypen.<br />
Für das Strafrecht u.a. Abschlussverfügungen, Anklage und Strafurteil,<br />
für das Zivilrecht Klageschrift und Erwiderung sowie verschiedene<br />
Urteilsarten und für das Öffentliche <strong>Recht</strong> Widerspruch,<br />
Urteil und anwaltliche Schriftsätze.<br />
»Das Formularhandbuch kann jedem <strong>Recht</strong>sreferendar empfohlen<br />
werden.« Marcus He<strong>in</strong>emann, www.dierezensenten.blogspot.com, Oktober 2011<br />
Zwangsvollstreckungsrecht<br />
Von RiLG Malte Kornol und RiLG Carsten Wahlmann<br />
2012, 398 S., brosch., 28,– €<br />
ISBN 978-3-8329-6390-3<br />
Das Lehrbuch erläutert die prüfungsrelevanten Bereiche des<br />
Zwangsvollstreckungsrechts, des E<strong>in</strong>stweiligen <strong>Recht</strong>sschutzes<br />
und des Insolvenzrechts. E<strong>in</strong> schneller E<strong>in</strong>stieg gel<strong>in</strong>gt durch<br />
die Darstellung von Strukturen und syste matischen Zusammenhängen<br />
mit Hilfe von Prüfungsschemata und Checklisten.<br />
»Das Buch ist une<strong>in</strong>geschränkt empfehlenswert für die Vorbereitung<br />
auf die Revisionklausur <strong>im</strong> Assessorexamen. Es schließt e<strong>in</strong>e Lücke<br />
auf dem Markt, da sich ke<strong>in</strong> anderes Buch so dicht an die Anforderungen<br />
e<strong>in</strong>es Examensklausur bewegt und direkt darauf zugeschnitten<br />
ist.« Michael Stenzel, www.amazon.de Februar 2011<br />
www.die-blauen.<strong>in</strong>fo
Papa Anwalt – ke<strong>in</strong> Job für Angsthasen | Diversity<br />
Papa Anwalt – ke<strong>in</strong> Job für Angsthasen<br />
Immer mehr Großkanzleien entwerfen Modelle für<br />
die bessere Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und Beruf. Die<br />
meisten dieser Programme richten sich an Frauen –<br />
dabei haben auch männliche Berufsträger Lust, <strong>im</strong><br />
Job zeitweise kürzer zu treten und sich um den Nachwuchs<br />
zu kümmern, wie das Beispiel dreier Anwälte<br />
der Luther <strong>Recht</strong>sanwaltsgesellschaft zeigt.<br />
E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derwagen rollt durch Felder, friedlich schlafen<br />
die Zwill<strong>in</strong>ge. Der stolze Vater schiebt – und telefoniert.<br />
Paul Schre<strong>in</strong>er arbeitet. Er ist Partner bei der<br />
Großkanzlei Luther und nutzt die Gelegenheit, um<br />
mit e<strong>in</strong>em Mandanten zu sprechen. Dabei hat der<br />
Arbeitsrechtler eigentlich e<strong>in</strong>e zwe<strong>im</strong>onatige Auszeit<br />
vom Job genommen, um sich ganz dem Nachwuchs<br />
zu widmen: „Wir haben schon e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, mit den<br />
Zwill<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d es plötzlich drei – da hat man alle<br />
Hände voll zu tun.“ Der Anwalt beantragte zehn<br />
Wochen arbeitsfreie Elternzeit und zwei Wochen Urlaub:<br />
„In der Praxis habe ich aber jeden Tag etwa<br />
e<strong>in</strong>e Stunde lang die wichtigste Mandatsarbeit erledigt.<br />
Außerdem wussten me<strong>in</strong>e Mandanten, dass sie<br />
mich jederzeit anrufen können, wenn die Hütte<br />
brennt.“<br />
Wie der Kölner <strong>Recht</strong>sanwalt gehen mittlerweile <strong>im</strong>mer<br />
mehr vollzeitbeschäftigte Väter <strong>in</strong> Elternzeit: Das<br />
heißt, sie nehmen zur Betreuung ihres K<strong>in</strong>des e<strong>in</strong>e<br />
vollständige oder teilweise Auszeit vom Job, die laut<br />
Gesetz bis zum Ende des dritten Lebensjahres des<br />
K<strong>in</strong>des dauern kann. Bis zu zwölf Monate lang nach<br />
der Geburt erhalten sie dafür vom Staat Elterngeld<br />
– vorausgesetzt, sie bleiben zwecks K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
zu Hause und arbeiten nicht mehr als 30 Stunden<br />
wöchentlich. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich<br />
nach dem E<strong>in</strong>kommen vor der Geburt: Vom Staat<br />
gibt es monatlich 67 Prozent des Verdienstes, der <strong>in</strong><br />
den zwölf Monaten vor dem Geburtsterm<strong>in</strong> gezahlt<br />
wurde – aber <strong>in</strong> der Regel nicht mehr als 1.800 Euro.<br />
Kanzleiwelt <strong>im</strong> Wandel<br />
Gerade bei Vätern sche<strong>in</strong>t das 2007 e<strong>in</strong>geführte<br />
Elterngeld e<strong>in</strong>en Mentalitätswandel anzustoßen:<br />
G<strong>in</strong>gen 2001 nur 1,5 Prozent der Väter <strong>in</strong> Erziehungsurlaub,<br />
beantragte 2010 schon jeder vierte<br />
Vater Elterngeld. Besonders <strong>in</strong> der Anwaltsbranche,<br />
<strong>in</strong> der der Mangel an Spitzenkräften stark ist, geraten<br />
Arbeitgeber durch diesen Trend unter Zugzwang:<br />
Manche Großkanzleien entwickeln kanzleiweite<br />
Förderprogramme oder eröffnen ihren männlichen<br />
Partnern die Option auf Elternzeit explizit durch<br />
Partnerbeschluss. E<strong>in</strong>ige deutsche Großkanzleien<br />
wie Luther bieten weiblichen und männlichen Partnern<br />
und Associates dagegen schon seit Jahren die<br />
Möglichkeit, <strong>in</strong> Teilzeit tätig zu se<strong>in</strong>.<br />
Dabei hängt die Frage, ob e<strong>in</strong> Vater sich e<strong>in</strong>e Babypause<br />
nehmen darf, eigentlich nicht vom Chef ab.<br />
Vielmehr haben Männer und Frauen laut Gesetz<br />
gleichermaßen das <strong>Recht</strong> auf Elternzeit. Für beide<br />
gilt <strong>in</strong> dieser Zeit e<strong>in</strong> Kündigungsschutz, der schon<br />
zwei Monate vor Antritt der Elternzeit wirksam wird.<br />
Aber es gibt auch Nachteile: Wer Elternteilzeit n<strong>im</strong>mt,<br />
muss Abstriche bei Urlaub und Gehalt <strong>in</strong> Kauf nehmen.<br />
Für die Partner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kanzlei heißt das, dass<br />
sie meist auf e<strong>in</strong>en Teil des Gew<strong>in</strong>nes verzichten müssen.<br />
„Gerade, wenn die Familie privat krankenversichert<br />
ist, ist diese f<strong>in</strong>anzielle E<strong>in</strong>schränkung nicht<br />
zu unterschätzen“, gibt Paul Schre<strong>in</strong>er zu bedenken.<br />
Immerh<strong>in</strong>: Partner, die e<strong>in</strong> St<strong>im</strong>mrecht bei Partnerschaftssitzungen<br />
haben, behalten es <strong>in</strong> aller Regel<br />
auch vollständig während der Elternzeit.<br />
Angst vor dem Karriereknick<br />
Obwohl Väter und Mütter <strong>in</strong> Sachen Elternzeit gleichberechtigt<br />
s<strong>in</strong>d, ist der Anwalt <strong>in</strong> Elternzeit noch <strong>im</strong>mer<br />
selten. E<strong>in</strong> Grund dafür sche<strong>in</strong>t die „Schere <strong>im</strong><br />
Kopf“ zu se<strong>in</strong>. Laut e<strong>in</strong>er Forsa-Umfrage von November<br />
2011 schätzen 45 Prozent aller Väter, die noch<br />
nie Elternzeit genommen haben, die Konsequenzen<br />
für die Karriere als „sehr negativ“ oder „negativ“ e<strong>in</strong>.<br />
Dr. Stefan Galla – ebenfalls Partner bei Luther – gibt<br />
zu: „Bevor ich selbst Vater wurde, b<strong>in</strong> ich davon ausgegangen,<br />
dass das natürlich Auswirkungen auf die<br />
Karriere hat. Ich habe Kollegen belächelt, die sich für<br />
die Elternzeit entschieden haben.“ Diese Perspektive<br />
hat sich mittlerweile geändert: „Für den Job war die<br />
Auszeit ke<strong>in</strong> Rückschlag. Außerdem verschieben sich<br />
die Werte, wenn das eigene K<strong>in</strong>d da ist.“ Auch se<strong>in</strong><br />
Kollege Paul Schre<strong>in</strong>er spürte ke<strong>in</strong>e negativen Folgen:<br />
„Ich b<strong>in</strong> sogar direkt nach der Elternzeit <strong>in</strong>s Secondment<br />
zu Karstadt gegangen.“<br />
Natürlich gibt es <strong>in</strong> Großkanzleien e<strong>in</strong>en selbstauferlegten<br />
Leistungsdruck: Fast jeder, der hier se<strong>in</strong>e<br />
Karriere startet, hat sich zum Ziel gesetzt, irgendwann<br />
Partner zu werden. Wer es schafft, wird auch weiterh<strong>in</strong><br />
an den Umsätzen gemessen. „Da hilft es, e<strong>in</strong>e<br />
stabile Mandatsbasis zu haben“, sagt Stefan Galla,<br />
der <strong>in</strong> Essen als Notar und M&A-Anwalt arbeitet.<br />
Er hatte dieses Fundament und war zudem vor Beg<strong>in</strong>n<br />
der Elternzeit zum Notar ernannt worden: „Also war<br />
der Zeitpunkt für die Familienpause günstig.“<br />
Ohne gutes Zeitmanagement wird’s<br />
schwierig<br />
Allerd<strong>in</strong>gs hat der Jurist die Mandatsarbeit auch<br />
während der Elternmonate nicht völlig aus den Augen<br />
verloren: „Für die wichtigsten Mandanten blieb ich<br />
Dr. Stefan Galla (38)<br />
studierte <strong>Recht</strong>swissenschaften<br />
<strong>in</strong> Bonn. 2002<br />
promovierte er am Zentrum<br />
für Europäisches<br />
Wirtschaftsrecht der Universität<br />
Bonn. Er ist seit<br />
2004 bei Luther beschäftigt,<br />
wo er für das Team<br />
Gesellschaftsrecht/M&A<br />
sowie als Notar arbeitet.<br />
Dr. Stefan Galla hat e<strong>in</strong>en<br />
zweijährigen Sohn und<br />
ist verheiratet.<br />
Dr. Mart<strong>in</strong> Kolmhuber (49)<br />
promovierte nach dem<br />
Studium <strong>in</strong> Bochum, Lausanne,<br />
Köln und Trier zum<br />
Thema „Arbeitszeitrecht <strong>in</strong><br />
Frankreich“. Er ist seit 1997<br />
bei Luther beschäftigt und<br />
arbeitet für das Arbeitsrechtsteam.<br />
Dr. Kolmhuber<br />
hat fünf K<strong>in</strong>der.<br />
Paul Schre<strong>in</strong>er (37) absolvierte<br />
das juristische<br />
Studium <strong>in</strong> Köln, das<br />
<strong>Recht</strong>sreferendariat <strong>in</strong><br />
Köln und <strong>in</strong> San Francisco.<br />
Er ist seit November<br />
2004 als <strong>Recht</strong>sanwalt<br />
zugelassen und seitdem<br />
ausschließlich <strong>im</strong> Arbeitsrecht<br />
tätig. Paul Schre<strong>in</strong>er<br />
hat Zwill<strong>in</strong>ge sowie e<strong>in</strong>e<br />
sechsjährige Tochter und<br />
ist verheiratet.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 21
Diversity | Papa Anwalt – ke<strong>in</strong> Job für Angsthasen<br />
erreichbar. Auch bei e<strong>in</strong>igen Meet<strong>in</strong>gs mit Mandanten<br />
und Kollegen habe ich mich gezeigt. Aber zum<br />
Glück läuft ja der Großteil me<strong>in</strong>er Arbeit ohneh<strong>in</strong><br />
per Email und Telefon ab.“ Der Anwalt blieb zu<br />
Hause, weil se<strong>in</strong>e Frau ebenfalls <strong>in</strong> Teilzeit arbeitete.<br />
So konnten sich die beiden bei der K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
abwechseln.<br />
Denn Voraussetzung für e<strong>in</strong>e gelungene Elternteilzeit<br />
ist e<strong>in</strong> hohes Maß an zeitlicher Flexibilität. Nachdem<br />
ihm von der Kanzlei die notwendige Zeitsouveränität<br />
zugesichert wurde, hat sich auch Mart<strong>in</strong> Kolmhuber<br />
– ebenfalls Partner bei Luther – entschieden, nach<br />
der Geburt se<strong>in</strong>es vierten K<strong>in</strong>des als „Teilzeitanwalt“<br />
zu arbeiten: „Ich wollte von der Entwicklung me<strong>in</strong>er<br />
K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>fach mehr mitbekommen.“ Der Arbeitsrechtler<br />
ist <strong>in</strong> der Best<strong>im</strong>mung se<strong>in</strong>er Arbeitszeiten<br />
weitgehend frei – natürlich <strong>im</strong>mer unter Berücksichtigung<br />
der beruflichen Notwendigkeiten: „Und ohne<br />
diese Teilzeittätigkeit wäre es me<strong>in</strong>er Frau nicht möglich,<br />
ihre eigenen beruflichen Ziele zu verwirklichen.“<br />
Das Team muss mitspielen<br />
Auch wenn laut Gesetz jeder Vater e<strong>in</strong>en Anspruch<br />
auf Elternzeit hat: Ohne die Billigung des Chefs und<br />
der Kollegen ist die Umsetzung kaum möglich. Mart<strong>in</strong><br />
Kolmhuber und Paul Schre<strong>in</strong>er stießen bei ihrem<br />
Team auf offene Ohren. Da viele der Kollegen, darunter<br />
zwei Anwaltspartner<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong> Teilzeit arbeiten,<br />
gab es schon e<strong>in</strong>e Struktur, um die Mandatsarbeit<br />
flexibel zu handhaben. „Wir s<strong>in</strong>d es gewohnt, dass<br />
Arbeit auch mal stärker an Senior Associates oder<br />
andere Partner delegiert wird, wenn jemand <strong>in</strong> Elternzeit<br />
geht“, sagt Paul Schre<strong>in</strong>er. „Außerdem haben<br />
wir kaum Mandate, an denen nur e<strong>in</strong>e Person beteiligt<br />
ist. Arbeitsteilung ist also gang und gäbe.“<br />
Schre<strong>in</strong>er und Kolmhuber haben als Arbeitsrechtler<br />
das Glück, dass sich die Mandatsarbeit durch die<br />
E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung anderer Anwälte auf lange Sicht gut planen<br />
lässt. „Bei der Notariatsarbeit kann man dagegen<br />
die saisonalen Schwankungen nutzen“, erklärt Stefan<br />
Galla. „Im Frühjahr fällt meist wenig Arbeit an, <strong>im</strong><br />
Spätsommer und gegen Jahresende bleibt dagegen<br />
aufgrund gesetzlicher Fristen kaum Luft.“ Als Notar<br />
muss man übrigens e<strong>in</strong>en Notarvertreter ernennen,<br />
der während der Abwesenheit die Aufgaben des Notars<br />
übern<strong>im</strong>mt, und dies ist auch der Notarkammer<br />
anzuzeigen.<br />
Bei Mandanten eigentlich ke<strong>in</strong> großes<br />
Thema<br />
Den Mandaten gegenüber besteht dagegen ke<strong>in</strong>e<br />
Pflicht, die Abwesenheit <strong>im</strong> Büro zu kommunizieren.<br />
Stefan Galla hat trotzdem e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>formiert: „Für die<br />
meisten war das aber gar nicht wichtig.<br />
Hauptsache, die Arbeit wird gemacht.<br />
Den anderen Mandanten hat me<strong>in</strong> Sekretariat<br />
gesagt, ich sei jetzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> längerfristiges<br />
Projekt e<strong>in</strong>gebunden, aber<br />
trotzdem erreichbar.“ Auch Mart<strong>in</strong><br />
Kolmhuber hat se<strong>in</strong>e Teilzeittätigkeit<br />
nur den Mandanten gegenüber erwähnt,<br />
die er besser kennt: „Das löste<br />
bei e<strong>in</strong>igen leichtes Erstaunen aus. Aber<br />
eigentlich war es ke<strong>in</strong> großes Thema.“<br />
Im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> zu ihrer Entscheidung<br />
befragt, würden alle drei Anwälte diesen<br />
Weg noch e<strong>in</strong>mal gehen. Jüngeren<br />
Anwälten, die e<strong>in</strong>e Auszeit für die Familie<br />
planen, rät Stefan Galla, gezielt<br />
bei der Kanzlei nachzuhaken, wie viel<br />
Unterstützung sie für junge Väter bietet.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs gibt er zu bedenken: „Je höher<br />
man <strong>im</strong> Rang steigt, umso mehr ist<br />
man für die eigenen Entscheidungen<br />
verantwortlich.“ Auch Mart<strong>in</strong> Kolmhuber<br />
me<strong>in</strong>t: „Wer sich nicht traut, zu se<strong>in</strong>em Lebensmodell<br />
zu stehen, hat kaum das Zeug zum Partner.<br />
Sollte man sich bei der Wahl der Kanzlei geirrt haben,<br />
ist das e<strong>in</strong>e gute Chance für die Neuorientierung.“<br />
Die Freiheit, sich e<strong>in</strong>e Elternzeit zu gönnen, ist also<br />
durchaus auch e<strong>in</strong>e unternehmerische Entscheidung.<br />
Zwar machen Anwälte dabei ke<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>anziellen Gew<strong>in</strong>n.<br />
Aber sie verwirklichen ihre Vorstellung e<strong>in</strong>er<br />
guten „Work-Life-Balance“ und gew<strong>in</strong>nen daraus<br />
e<strong>in</strong>e ganz neue Motivation für den Job. „Ich habe<br />
me<strong>in</strong>e Prioritäten neu gesetzt und b<strong>in</strong> jetzt lockerer<br />
<strong>im</strong> Arbeitsalltag“, sagt Stefan Galla. Nicht zuletzt<br />
zw<strong>in</strong>gt die Elternzeit zu e<strong>in</strong>er gewissen Entschleunigung:<br />
„Ich hatte bei den langen Spaziergängen mit<br />
me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern endlich mal wieder Zeit, me<strong>in</strong>e Kontakte<br />
zu pflegen“, resümiert Paul Schre<strong>in</strong>er. „Das war<br />
echt gut für die Akquise neuer Mandate.“<br />
22<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Der Fachanwalt für Bank- und<br />
Kapitalmarktrecht<br />
Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht | Fachanwaltschaft<br />
In der Sitzung vom 11.06.2007 hatte die Satzungsversammlung<br />
der Bundesrechtsanwaltskammer<br />
(BRAK) die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Fachanwalttitels auf<br />
dem Fachgebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts<br />
beschlossen. Hierzu muss der <strong>Recht</strong>sanwalt nachweisen,<br />
dass er über die erforderlichen besonderen<br />
theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen<br />
<strong>in</strong> diesem Bereich verfügt. Seit E<strong>in</strong>führung<br />
<strong>im</strong> Jahr 2008 erfreut sich der Titel des Fachanwalts<br />
für Bank- und Kapitalmarktrecht stetig wachsender<br />
Beliebtheit. Laut statistischen Auswertungen der<br />
BRAK betrug die Zahl der <strong>Recht</strong>sanwälte mit der<br />
Zusatzqualifikation „Fachanwalt für Bank- und<br />
Kapitalmarktrecht“ <strong>im</strong> Jahr 2008 lediglich vier, <strong>im</strong><br />
Jahr 2011 waren es bereits 515. Insofern kann man<br />
festhalten, dass diese Fachanwaltschaft mit etwas<br />
über 500 Mitgliedern eher e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere Fachanwaltschaft<br />
ist, jedoch <strong>im</strong> H<strong>in</strong>blick auf die junge<br />
Geschichte bereits enorme Wachstumsraten aufweist.<br />
Die wachsende Beliebtheit, der sich der Fachanwaltstitel<br />
<strong>im</strong> Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
erfreut, ist zweifelsohne auf den Umstand zurückzuführen,<br />
dass die Tätigkeit als <strong>Recht</strong>sanwalt <strong>in</strong><br />
diesem Bereich meist sehr komplexe und vielfältige<br />
und nicht zuletzt lukrative Mandate umfasst, die<br />
ohne e<strong>in</strong>e entsprechende „nachgewiesene“ Expertise<br />
nicht zu bewältigen s<strong>in</strong>d. Die Mandatsbearbeitung<br />
beschränkt sich dabei <strong>in</strong> besonderem Maße<br />
nicht nur auf das re<strong>in</strong> juristische Verständnis, sondern<br />
verlangt dem <strong>Recht</strong>sanwalt auch <strong>in</strong> weiten<br />
Teilen wirtschaftliche und marktspezifische Kenntnisse<br />
ab und setzt e<strong>in</strong> Gefühl für kapitalmarktrechtliche<br />
Besonderheiten und Sachverhalte mit <strong>in</strong>ternationalem<br />
Bezug voraus.<br />
Tätigkeitsfelder des Fachanwalts für<br />
Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
Mit der E<strong>in</strong>führung des Fachanwalttitels wurde e<strong>in</strong><br />
Fachgebiet <strong>in</strong>s Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt,<br />
welches bisher als Schnittmenge zwischen<br />
den Bereichen Gesellschaftsrecht und Handelsrecht<br />
stand und was <strong>in</strong>folge der F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise<br />
(2008) bis heute ganz neue und sich stetig<br />
verändernde Anforderungen an die hier tätigen<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte stellt (bspw. <strong>in</strong> Stichworten „Basel<br />
III“, „MiFiD II“, „AnsFuG“).<br />
Die E<strong>in</strong>satzbereiche s<strong>in</strong>d vielfältig und die relevanten<br />
<strong>Recht</strong>sgebiete <strong>in</strong> den Tätigkeitsfeldern überschneiden<br />
sich häufig. Im Wesentlichen kommen<br />
für Spezialisten und Fachanwälte <strong>im</strong> Bereich Bankund<br />
Kapitalmarktrecht, ohne Berücksichtigung<br />
e<strong>in</strong>er Tätigkeit <strong>im</strong> öffentlichen Dienst (bspw. bei<br />
der Bundesanstalt für F<strong>in</strong>anzdienstleistungsaufsicht,<br />
BaF<strong>in</strong>), folgende „Arbeitgeber“ <strong>in</strong> Betracht.<br />
■■<br />
nationale und <strong>in</strong>ternationale Anwaltskanzleien<br />
mit Schwerpunkt <strong>im</strong> Bank- und Kapitalmarktrecht;<br />
■■<br />
Banken und F<strong>in</strong>anzdienstleister;<br />
■■<br />
Wirtschaftsunternehmen.<br />
Zu den Tätigkeitsfelder <strong>im</strong> E<strong>in</strong>zelnen<br />
Kautelarjurist (Zivilrecht)<br />
Die E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten für den <strong>Recht</strong>sanwalt<br />
s<strong>in</strong>d hier vielfältig. Sie reichen von Verträgen mit<br />
Depotbanken über Anleihebed<strong>in</strong>gungen und Dokumentationen<br />
für F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumente bis h<strong>in</strong> zur<br />
Erarbeitung von Vertragswerken für neuartige<br />
F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumente, etwa bei der Gestaltung neuer<br />
F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumente. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d auch häufig<br />
die Erarbeitung gesellschaftsrechtlicher Fragestellungen<br />
wie bspw. Unternehmensstrukturen oder<br />
Umstrukturierungen Gegenstand der Tätigkeit.<br />
Aufsichtsrechtler/F<strong>in</strong>ancial Services<br />
(Öffentliches <strong>Recht</strong>)<br />
Die Beratung von Banken und F<strong>in</strong>anzdienstleistern<br />
aus regulatorischer Sicht steht hierbei <strong>im</strong> Vordergrund.<br />
Die wesentliche <strong>Recht</strong>smaterie erfasst sämtliche<br />
regulatorischen nationalen und europäischen<br />
Normen und Gesetzesvorhaben, <strong>in</strong>sbesondere <strong>im</strong><br />
Rahmen von Gründungen und <strong>im</strong> laufendem Betrieb<br />
von Banken und F<strong>in</strong>anzdienstleistern sowie für den<br />
Vertrieb von Produkten aus e<strong>in</strong>em EU-Mitgliedsstaat<br />
oder auch e<strong>in</strong>em Drittland.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus gehört auch die Begleitung von<br />
Initial Public Offer<strong>in</strong>gs (IPOs) hierzu.<br />
Litigator<br />
Die Tätigkeit als Litigator oder auch Prozessrechtler<br />
hat zum Wesentlichen die gerichtliche Durchsetzung<br />
bzw. Verteidigung von Ansprüchen gegen<br />
Banken, Anleger oder sonstige Vertragspartner zum<br />
Gegenstand. Ebenfalls ist hiervon das aktive Auftreten<br />
für Aktionäre und deren <strong>Recht</strong>e <strong>in</strong> und <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit Hauptversammlungen oder <strong>in</strong><br />
anderen Gremien erfasst.<br />
Warum Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht?<br />
Die Berechtigung zum Führen e<strong>in</strong>er Fachanwaltsbezeichnung<br />
<strong>im</strong> Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
führt für den <strong>Recht</strong>sanwalt meist pr<strong>im</strong>är zu<br />
Klaus Nied<strong>in</strong>g<br />
Jahrgang 1964.<br />
Zulassung zur <strong>Recht</strong>sanwaltsschaft<br />
1993.<br />
Zunächst Syndikus der<br />
Allianz Kapitalanlagegesellschaft,<br />
später <strong>Recht</strong>sanwalt<br />
<strong>in</strong> der Sozietät<br />
Gaedertz, von 1995 bis<br />
2000 Partner bei Woedtke,<br />
Reszel & Partner. Seit<br />
2000 Präsident des Deutschen<br />
Anlegerschutzbundes<br />
e.V., seit 2001<br />
Vorstand der Nied<strong>in</strong>g +<br />
Barth <strong>Recht</strong>sanwaltsaktiengesellschaft,<br />
seit 2011<br />
Vizepräsident der Deutschen<br />
Schutzvere<strong>in</strong>igung<br />
für Wertpapierbesitz e.V.<br />
Herr Nied<strong>in</strong>g ist seit 2008<br />
Fachanwalt für Bank- und<br />
Kapitalmarktrecht. Se<strong>in</strong>e<br />
Tätigkeitsschwerpunkte<br />
liegen <strong>im</strong> Bank-, Börsen-,<br />
Investment- und Kapitalmarktrecht,<br />
außerdem <strong>im</strong><br />
Bankaufsichtsrecht sowie<br />
<strong>im</strong> Aktien- und Gesellschaftsrecht.<br />
Referendariat bei<br />
Nied<strong>in</strong>g + Barth:<br />
Nied<strong>in</strong>g+Barth<br />
<strong>Recht</strong>sanwalts AG<br />
Herrn Klaus Nied<strong>in</strong>g<br />
An der Dammheide 10<br />
60486 Frankfurt<br />
recht@nied<strong>in</strong>gbarth.de<br />
T 069/238 538 0<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 23
Fachanwaltschaft | Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
e<strong>in</strong>er offenkundigen Expertise, wodurch dem<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt <strong>in</strong> höherem Maße Kompetenz <strong>im</strong> Bereich<br />
der Bearbeitung dieser sehr anspruchsvollen<br />
Sachverhalte berechtigterweise zugesprochen wird.<br />
Diese vom <strong>Recht</strong>sanwalt erbrachte Zusatzqualifikation,<br />
die <strong>in</strong> besonderem Maße auch das wirtschaftliche<br />
und marktspezifische Verständnis des<br />
<strong>Recht</strong>sanwalts <strong>in</strong> dieser Materie schult und Zeugnis<br />
von der Befähigung des Erfassens komplexer und<br />
vielschichtiger Sachverhalte ist, unterstützt den<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt <strong>in</strong> besonderem Maße bei der konkreten<br />
Mandatsarbeit und eröffnet ihm meist darüber<br />
h<strong>in</strong>aus die Möglichkeit, neue Mandantenkreise zu<br />
erschließen.<br />
Meist s<strong>in</strong>d diese doch sehr vielfältigen und speziellen<br />
Themenkomplexe <strong>im</strong> Rahmen des Studiums<br />
oder Referendariats nicht ausreichend gewürdigt<br />
worden, noch s<strong>in</strong>d die praktisch relevanten Umstände<br />
<strong>im</strong> Rahmen der ersten Ausbildungsstufe für<br />
den angehenden <strong>Recht</strong>sanwalt ohne weiteres verständlich,<br />
auch wenn <strong>in</strong>zwischen vermehrt die Möglichkeit<br />
e<strong>in</strong>er Schwerpunktsetzung <strong>im</strong> frühen Stadium<br />
besteht.<br />
Aufgrund der engen Verwobenheit des Bank- und<br />
Kapitalmarktrechts mit zwei weiteren Kernrechtsgebieten,<br />
nämlich dem Zivilrecht und dem Verwaltungsrecht,<br />
ist der Fachanwalt <strong>im</strong> Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
beruflich vielseitig e<strong>in</strong>setzbar. Es<br />
eröffnet sich ihm sowohl e<strong>in</strong>e Tätigkeit als Anlegerund<br />
Verbraucheranwalt <strong>im</strong> Bereich der Vertretung<br />
privater und <strong>in</strong>stitutioneller Anleger als auch e<strong>in</strong>e<br />
Tätigkeit als Berater von Kredit- und F<strong>in</strong>anzdienstleistungs<strong>in</strong>stituten,<br />
oftmals <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternational tätigen<br />
<strong>Kanzleien</strong>.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus stellt e<strong>in</strong> bereits <strong>in</strong> früheren Jahren<br />
erlangter Fachanwaltstitel meist für den Berufse<strong>in</strong>steiger<br />
auch e<strong>in</strong>en nennenswerten Vorteil gegenüber<br />
anderen Berufse<strong>in</strong>steigern dar, da der Berufse<strong>in</strong>steiger<br />
durch diesen nachweisen kann, dass er sich<br />
<strong>im</strong> besonderen Maße bereits mit der Materie ause<strong>in</strong>andergesetzt<br />
hat und diese aus rechtlicher Sicht<br />
durchdrungen hat, selbst wenn ihm <strong>in</strong> der praktischen<br />
Mandatsbearbeitung noch Kenntnisse fehlen.<br />
Voraussetzung der Verleihung des<br />
„Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht“<br />
Um den Titel e<strong>in</strong>es Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
verliehen zu bekommen, muss der<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt nachweisen, dass er die theoretischen<br />
und praktischen Anforderungen, die <strong>in</strong><br />
§ 14 lit. l der Fachanwaltsordnung<br />
(FAO) zusammengefasst s<strong>in</strong>d, erfüllt.<br />
Der Nachweis der praktischen Erfahrung<br />
setzt generell voraus, dass der<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt <strong>in</strong>nerhalb der letzten drei<br />
Jahre vor der Antragstellung auf diesem<br />
<strong>Recht</strong>sgebiet als <strong>Recht</strong>sanwalt persönlich<br />
und weisungsfrei m<strong>in</strong>destens 60<br />
Fälle aus den erforderlichen Teilbereichen<br />
bearbeitet hat. Der Nachweis des<br />
theoretischen Teils der besonderen<br />
Kenntnisse auf dem <strong>Recht</strong>sgebiet des<br />
Bank- und Kapitalmarktrechts setzt<br />
voraus, dass der <strong>Recht</strong>sanwalt an e<strong>in</strong>em<br />
auf die Fachanwaltsbezeichnung vorbereitenden<br />
anwaltsspezifischen Lehrgang<br />
erfolgreich teilgenommen hat. Im<br />
Übrigen wird auf die FAO verwiesen.<br />
Die jährliche Fortbildungspflicht mit<br />
m<strong>in</strong>destens zehn Pflichtstunden bewirkt,<br />
dass der Fachanwalt auch stets auf der Höhe<br />
der aktuellen Entwicklung <strong>in</strong> <strong>Recht</strong>sprechung und<br />
Schrifttum ist.<br />
Fazit<br />
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Fachanwalt<br />
<strong>im</strong> Bank- und Kapitalmarktrecht sich wachsender<br />
Beliebtheit erfreut und dies zu <strong>Recht</strong>. Dies ist nicht<br />
zuletzt auf die wachsende Relevanz dieser Materie<br />
<strong>im</strong> Bereich des täglichen Lebens zurückzuführen<br />
und den stetig neuen Gesetzgebungsbestrebungen<br />
sowohl auf nationaler als auch auf europäischer<br />
und <strong>in</strong>ternationaler Ebene. Insoweit ist das Tätigkeitsfeld<br />
e<strong>in</strong>es Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
vielseitig und spannend, da die Mandantenstruktur<br />
sehr vielfältig ist und vom e<strong>in</strong>fachen<br />
Sparer bis h<strong>in</strong> zum Hedgefonds oder e<strong>in</strong>er Bank<br />
reicht. Sie reicht vom E<strong>in</strong>zelmandat über Massenschadensfälle<br />
und Billigungsverfahren bis h<strong>in</strong> zur<br />
Erarbeitung komplexer F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumente und<br />
deren Dokumentation, die nicht selten mehrere<br />
hundert Seiten umfasst.<br />
24<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
GRÜTER<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte und Notare<br />
Grüter zählt zu den anerkannten mittelständischen Wirtschaftskanzleien <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Wir betreuen Unternehmen<br />
unterschiedlicher Größenordnung mit e<strong>in</strong>er – <strong>im</strong> Vergleich zu manch anderen führenden <strong>Recht</strong>sberatungen –<br />
relativ kle<strong>in</strong>en Anzahl von Anwälten. Dies ist weder Zufall noch Makel. Es ist vielmehr logisches Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />
konservativen Expansionsstrategie und des bei Grüter konsequent verfolgten Ansatzes e<strong>in</strong>er „rechtspraktischen<br />
Beratung“. Um dem hohen Beratungsanspruch unserer Mandanten auf allen Ebenen zu entsprechen, legt die Kanzlei<br />
großen Wert auf die e<strong>in</strong>gehende und persönliche Ausbildung ihrer Nachwuchsanwälte durch die Partner.<br />
Kandidaten, die mit uns diese Philosophie erfolgreich teilen, bieten sich hervorragende Perspektiven. Bei Grüter<br />
erwartet neue Kollegen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespieltes Team engagierter <strong>Recht</strong>sanwälte mit e<strong>in</strong>em bundesweiten und <strong>in</strong>ternational<br />
ausgerichteten anspruchsvollen Mandatsgeschäft. Kollegiale Zusammenarbeit und e<strong>in</strong>e offene partnerschaftliche<br />
Atmosphäre prägen unseren beruflichen Alltag. Von Work Life Balance wird bei uns nicht nur geredet, sondern sie<br />
wird auch gelebt.<br />
An engagierten und hochqualifizierten Referendaren und Berufse<strong>in</strong>steigern (m/w) s<strong>in</strong>d wir jederzeit <strong>in</strong>teressiert.<br />
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Wir freuen uns darauf Sie kennenzulernen!<br />
Alte Gesetze brauchen moderne Kommentare<br />
Handelsgesetzbuch<br />
Handkommentar<br />
Herausgegeben von RA Dr. Thomas Heidel, FAStR, FAHuGR und<br />
Prof. Dr. Alexander Schall, M.Jur. (Oxford)<br />
2011, 2.745 S., geb., 118,– €, ISBN 978-3-8329-5123-8<br />
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<strong>Nomos</strong>
Referendariat | Referendariat <strong>im</strong> Wirtschaftsteil der Gerichte<br />
Referendariat <strong>im</strong><br />
Wirtschaftsteil der Gerichte<br />
Boris Duru<br />
Studium der <strong>Recht</strong>swissenschaften,<br />
des<br />
<strong>in</strong>ternationalen und<br />
europäischen <strong>Recht</strong>s u.a.<br />
<strong>in</strong> Marburg, Hannover<br />
und Teramo (Italien),<br />
Promotionsstudium,<br />
Referendariat am<br />
LG Frankfurt am Ma<strong>in</strong>.<br />
Wer nicht an e<strong>in</strong>em Amtsgericht <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z<br />
veröden möchte, sondern den Puls der Zeit spüren<br />
will, dem sei die gerichtliche Ausbildung <strong>in</strong> Zivilsachen<br />
am Landgericht der Europastadt Frankfurt<br />
am Ma<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er der Spezialkammern für Wertpapierhandelsrecht<br />
empfohlen. Der mutige Referendar<br />
wird dort das erleben, was tagtäglich durch die<br />
Medien der Wirtschaftswelt geistert. Er wird die<br />
Auswirkungen der F<strong>in</strong>anzkrise nicht mehr aus dem<br />
Wirtschaftsteil von Zeitungen und den Fernsehnachrichten<br />
erfahren, sondern anhand realer Anlagestreitigkeiten<br />
selbst erleben und sich e<strong>in</strong> eigenes und<br />
umfassendes Bild vom Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
machen können.<br />
Das Landgericht Frankfurt am Ma<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> besonders<br />
reizvoller Standort, um sich mit speziellen<br />
Materien des materiellen und prozessualen <strong>Recht</strong>s<br />
vertraut zu machen. Als Schnittstelle des öffentlichen<br />
und des privaten <strong>Recht</strong>s bietet das Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
ungeahnte Betätigungsfelder. Das<br />
Wertpapierhandelsrecht ist zwar praxisrelevant,<br />
zählt jedoch nicht zur Prüfungsordnung der Zweiten<br />
Staatsprüfung. Wer sich <strong>im</strong> Referendariat dennoch<br />
für das „Beschnuppern“ e<strong>in</strong>er solch unbekannten<br />
Materie entscheidet, wird belohnt werden.<br />
Frankfurt am Ma<strong>in</strong> – am (Kapitalmarkt-)<br />
Puls der Zeit<br />
Den juristischen Vorbereitungsdienst verstand ich<br />
von Anfang an als wunderbare Gelegenheit der persönlichen<br />
Horizonterweiterung und beruflichen<br />
Positionierung. Durch die Ausbildung bei der Spezialkammer<br />
für Wertpapierhandelssachen hatte ich<br />
das Glück, mich an Neuem zu erproben und me<strong>in</strong>e<br />
Fähigkeiten unter Beweis stellen zu können. Me<strong>in</strong>e<br />
berufliche Such- und Tastphase begann während<br />
me<strong>in</strong>er Vorbereitung auf die erste juristische Staatsprüfung.<br />
Ich entschied mich für e<strong>in</strong> Referendariat<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breit gefächerten und für mich absolut<br />
neuen <strong>Recht</strong>gebiet: dem Bank- und Kapitalmarktrecht.<br />
Dieses deckt viele <strong>Recht</strong>sgebiete ab, setzt sich<br />
aus dem öffentlichen und privaten <strong>Recht</strong> zusammen<br />
(das Wirtschaftsstrafrecht e<strong>in</strong>geschlossen), ist universal<br />
und zugleich speziell. Damit war klar, dass ich<br />
me<strong>in</strong>en ersten Ausbildungsabschnitt an e<strong>in</strong>er Spezialkammer<br />
für Anlagestreitigkeiten <strong>in</strong> der Europastadt<br />
und F<strong>in</strong>anzmetropole Frankfurt am Ma<strong>in</strong> vornehmen<br />
möchte. Der Standort bietet schon während des juristischen<br />
Vorbereitungsdienstes alles, was das bankund<br />
kapitalmarktrechtliche Herz begehrt.<br />
Börsenparkett-Geschehen hautnah<br />
Wer sich für e<strong>in</strong>e Ausbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Spezialkammer<br />
für Wertpapiersachen entscheidet, wird, neben allgeme<strong>in</strong>en<br />
Turnusangelegenheiten, mit solchen Fällen<br />
betraut, die aus den Medien bekannt s<strong>in</strong>d. Es handelt<br />
sich vornehmlich um Haftungsstreitigkeiten <strong>in</strong> Vermögensanlageangelegenheiten.<br />
Das Gros der Fälle<br />
betrifft Bankberatungen. Dabei geht es um rechtliche<br />
und re<strong>in</strong> tatsächliche Konflikte h<strong>in</strong>sichtlich anlagegerechter<br />
Beratung unter E<strong>in</strong>beziehung<br />
etwaiger Prospektangaben.<br />
Als Paradebeispiel sei<br />
dabei auf die Lehman-Anleger-<br />
Fälle älterer Menschen h<strong>in</strong>gewiesen.<br />
Von der großen Masse<br />
der gängigen Verfahren, <strong>in</strong><br />
denen meist vermögende Personen<br />
ihre <strong>Recht</strong>e e<strong>in</strong>klagen,<br />
erfährt die Öffentlichkeit kaum<br />
etwas, der Referendar h<strong>in</strong>gegen<br />
schon.<br />
Zu nennen s<strong>in</strong>d auch die Fälle,<br />
<strong>in</strong> denen die Bank (als Vermittler<strong>in</strong>)<br />
e<strong>in</strong>em „Anleger-Profi“<br />
(Kunde) verschweigt, ihm das<br />
Produkt nur deshalb empfohlen<br />
zu haben, weil sie dafür<br />
vom Produktanbieter (z.B. e<strong>in</strong>em<br />
Fonds) e<strong>in</strong>e besondere<br />
(Rück-)Vergütung (Kickback)<br />
erhält. Wer trägt die jeweilige<br />
Darlegungs- und Beweislast?<br />
Daran werden die prozessualen<br />
Besonderheiten <strong>in</strong> Anlagestreitigkeiten<br />
und zugleich die<br />
Schnittstellen zwischen allgeme<strong>in</strong>em<br />
und besonderem Prozessrecht<br />
deutlich. Die prozessualen<br />
Anforderungen an den<br />
Vortrag e<strong>in</strong>er anlagegerechten<br />
Beratung unterscheiden sich teilweise von den allgeme<strong>in</strong>en<br />
Grundsätzen der ZPO.<br />
E<strong>in</strong> großer Teil der zu behandelnden Fälle besteht<br />
aus der sozialen Komponente. Welche Kenntnisse<br />
s<strong>in</strong>d dem Anleger zuzumuten, wenn selbst „gewiefte<br />
Broker“ und „w<strong>in</strong>dige Anlageberater“ durch den<br />
„Anlagedschungel“ nicht durchblicken? Mit kapitalmarktrechtlichen<br />
<strong>Recht</strong>sproblemen gehen Fragen<br />
nach den Auswirkungen auf die Beteiligten, auf Ge-<br />
26<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Referendariat <strong>im</strong> Wirtschaftsteil der Gerichte | Referendariat<br />
sellschaft und Wirtschaft e<strong>in</strong>her. Das praktische<br />
<strong>Recht</strong>sverständnis wird besonders anschaulich. Das<br />
<strong>Recht</strong> dient zwar pr<strong>im</strong>är der Behebung von Konflikten<br />
<strong>im</strong> E<strong>in</strong>zelfall, allerd<strong>in</strong>gs kommt ihm nicht selten<br />
e<strong>in</strong>e überparteiliche gestaltende Wirkung zu. Insbesondere<br />
<strong>in</strong> Kapitalanlegerangelegenheiten gestaltet<br />
die <strong>Recht</strong>sprechung gesellschaftliche Vorgänge.<br />
Bewerbung und Vorkenntnisse<br />
plan ist öffentlich e<strong>in</strong>sehbar. Über vertiefte rechtliche<br />
Kenntnisse <strong>im</strong> Wertpapierhandelsrecht verfügte ich<br />
anfänglich nicht. Kenntnisse bezüglich e<strong>in</strong>schlägiger<br />
Vorschriften und <strong>Recht</strong>sprechung s<strong>in</strong>d zwar von<br />
Vorteil, aber ke<strong>in</strong>e Voraussetzung. Die Befassung<br />
mit <strong>Recht</strong>sstreitigkeiten aus Bankgeschäften und<br />
F<strong>in</strong>anzdienstleistungen erfordert jedoch <strong>in</strong> jedem<br />
Fall gute Grundlagenkenntnisse des BGB. Kenntnisse<br />
über Verbraucherschutz erleichtern den E<strong>in</strong>stieg<br />
<strong>in</strong> den Anlegerschutz. Dasselbe gilt h<strong>in</strong>sichtlich allgeme<strong>in</strong>en<br />
AGB-<strong>Recht</strong>s und Besonderheiten der Geschäftsverb<strong>in</strong>dungen<br />
zwischen Bank und Kunden.<br />
Ausbildung und Anforderungen<br />
Während der Ausbildung habe ich mich nicht bloß<br />
<strong>in</strong> rechtlich fremde Materien e<strong>in</strong>gelesen, sondern<br />
unabhängig von der zeitlichen und <strong>in</strong>haltlichen Stoffvermittlung<br />
der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft rasch mit der<br />
ZPO vertraut gemacht. Um e<strong>in</strong> realistisches Bild von<br />
der richterlichen Arbeitsweise zu erhalten, wird die<br />
Ausbildungsordnung streng ausgelegt. Alle vorgesehenen<br />
Ausbildungsleistungen werden geprüft, nicht<br />
bloß – wie bisweilen häufig zu beobachten – die<br />
Urteilsentwürfe. Praktische E<strong>in</strong>drücke von der richterlichen<br />
Tätigkeit hat mir beispielsweise auch die<br />
Beteiligung an der Dezernatsarbeit vermittelt. Zur<br />
Teilnahme an allen Sitzungen war ich angehalten.<br />
Das waren neben wöchentlichen E<strong>in</strong>zelrichtersitzungen<br />
die Kammerterm<strong>in</strong>e. Bei Letzteren habe ich<br />
mir e<strong>in</strong> Bild von Beratung und Abst<strong>im</strong>mung <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne<br />
des § 193 GVG machen können. Die Sitzungsteilnahme<br />
war durch Studium der Akten vorzubereiten.<br />
In Kapitalmarktangelegenheiten ist wegen des<br />
zuweilen hohen Streitwerts e<strong>in</strong> besonderes „Mitteilungsbedürfnis“<br />
der Anwälte festzustellen. Wegen<br />
der wechselseitigen Vorträge übersteigt der Aktenumfang<br />
nicht selten den e<strong>in</strong>es Aktenordners.<br />
Me<strong>in</strong>e Arbeitswoche war durch häufige Anwesenheit<br />
bei Gericht geprägt: Vorbereitung auf den Sitzungsdienst,<br />
der Sitzungsdienst selbst, die Besprechung<br />
von Prüfungsleistungen sowie Aktenvorträge be<strong>im</strong><br />
E<strong>in</strong>zelausbilder. H<strong>in</strong>zu kam die Teilnahme an der<br />
wöchentlich stattf<strong>in</strong>denden Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft. Für<br />
die Bearbeitung von Akten als Prüfungsleistung verblieben<br />
<strong>in</strong> der Regel die Abend- und Wochenendstunden.<br />
Das galt auch für die Vorbereitung auf die<br />
AG-Klausuren.<br />
Fazit<br />
Trotz des <strong>in</strong>sgesamt hohen Anspruchs wurde ich<br />
aber nicht alle<strong>in</strong> gelassen. Ich war Nutznießer e<strong>in</strong>es<br />
fachlich überaus qualifizierten und anspruchsvollen<br />
Ausbilders. Diesem war am praktischen Ausbildungserfolg<br />
se<strong>in</strong>es Referendars sehr gelegen. <strong>Recht</strong>liche<br />
Themenstellungen wurden auf Nachfrage e<strong>in</strong>gehend<br />
erörtert.<br />
Die jeweiligen Ausbildungsabschnitte des Referendariats<br />
habe ich gründlich und vorzeitig geplant.<br />
Me<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>stellungsantrag hatte ich bereits den<br />
Wunsch über die Zuweisung zur Spezialkammer<br />
beigefügt. Welche Spezialkammern für Bank- und<br />
Kapitalmarktrecht zuständig s<strong>in</strong>d, verrät der Geschäftsverteilungsplan<br />
des LG Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />
(elektronisch verfügbar). Jeder Geschäftsverteilungs-<br />
Wer den Arbeitsbelastungsmarathon durchhält, wird<br />
am Ende mit der eigenständigen Leitung und Durchführung<br />
e<strong>in</strong>er Beweisaufnahme belohnt.<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 27
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Seit dem grundlegenden Beschluss des Bundesgerichtshofs<br />
vom 18.09.1989, mit dem die Karlsruher<br />
Richter die überörtliche Sozietät erlaubten, hat sich<br />
der deutsche <strong>Recht</strong>smarkt grundlegend verändert.<br />
Über 155.000 Juristen besitzen mittlerweile e<strong>in</strong>e Zulassung<br />
als <strong>Recht</strong>sanwalt. Internationale <strong>Kanzleien</strong><br />
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öfter vollzogene „Sp<strong>in</strong>-Offs“ machen sich anerkannte<br />
Partner oder ambitionierte Junganwälte e<strong>in</strong>er renommierten<br />
Wirtschaftskanzlei selbstständig und das<br />
Angebot dadurch vielfältiger. Der <strong>Recht</strong>ssuchende<br />
blickt da schon lange nicht mehr durch. <strong>Kanzleien</strong> <strong>in</strong><br />
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E<strong>in</strong>en Sommer lang <strong>im</strong> Silicon Valley | Fortbildung<br />
E<strong>in</strong>en Sommer lang <strong>im</strong> Silicon Valley<br />
Network<strong>in</strong>g ist (fast) alles! Diese Aussage hat sich<br />
für mich e<strong>in</strong>mal mehr bestätigt, als es um me<strong>in</strong><br />
Associate Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Programme (ATP) g<strong>in</strong>g, das ich<br />
2011 <strong>in</strong>mitten des Silicon Valley absolvierte. Nachdem<br />
ich Anfang 2009 als Arbeitsrechtler<strong>in</strong> bei<br />
Baker & McKenzie <strong>in</strong> München e<strong>in</strong>gestiegen b<strong>in</strong>,<br />
bekam ich zwei Jahre später die Chance, für fünf<br />
Monate <strong>in</strong>s Baker-Büro <strong>in</strong> Palo Alto zu wechseln.<br />
Das Associate Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Programme ist e<strong>in</strong> Ausbildungsbauste<strong>in</strong>,<br />
den Baker & McKenzie für Associates<br />
bietet, die seit m<strong>in</strong>destens zwei Jahren <strong>in</strong> der<br />
Kanzlei gearbeitet haben. E<strong>in</strong>e gute Gelegenheit,<br />
nicht nur e<strong>in</strong>e andere <strong>Recht</strong>sordnung und Kultur<br />
kennenzulernen, sondern auch persönliche Kontakte<br />
mit Anwälten über die Grenzen h<strong>in</strong>weg zu<br />
knüpfen. Dass es ausgerechnet dieser Standort unserer<br />
Kanzlei se<strong>in</strong> würde, der für knapp e<strong>in</strong> halbes<br />
Jahr me<strong>in</strong> Zuhause werden sollte, kam nicht von<br />
Alle Fäden laufen <strong>in</strong> Palo Alto zusammen<br />
Auch ich kannte bereits e<strong>in</strong>ige kalifornische Kollegen,<br />
mit denen ich schon von München aus<br />
regelmäßigen Kontakt per E-Mail oder Telefon<br />
gepflegt hatte. Palo Alto ist der Hauptsitz der<br />
International Employment Practice der Kanzlei.<br />
Diese Gruppe berät <strong>in</strong>ternational agierende Mandanten<br />
zu arbeitsrechtlichen Fragen für ihre Tochtergesellschaften<br />
und Niederlassungen <strong>in</strong> aller Welt.<br />
Hier laufen alle Fäden zusammen – von der E<strong>in</strong>stellung<br />
e<strong>in</strong>es Mitarbeiters <strong>in</strong> Japan über den geplanten<br />
Stellenabbau <strong>in</strong> Frankreich bis h<strong>in</strong> zu länderübergreifenden<br />
Surveys zu lokalen Regelungen<br />
für Onl<strong>in</strong>e Recruit<strong>in</strong>g Tools oder Homeoffice-<br />
Programmen. Von Palo Alto aus koord<strong>in</strong>ieren die<br />
Anwälte ihre Zusammenarbeit mit Baker-Büros<br />
und externen <strong>Kanzleien</strong> rund um den Globus, um<br />
Katja Häferer<br />
Jahrgang 1980, Associate<br />
der Arbeitsrechtsgruppe<br />
bei Baker & McKenzie <strong>in</strong><br />
München, Studium der<br />
<strong>Recht</strong>swissenschaften an<br />
der Universität Passau<br />
sowie an der University of<br />
Sydney/Australien, fünfmonatiges<br />
Associate<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Programme (ATP)<br />
<strong>in</strong> Palo Alto/Kalifornien,<br />
USA.<br />
ungefähr: Me<strong>in</strong> Mentor <strong>in</strong> der Münchner<br />
Arbeitsrechtsgruppe besaß dank se<strong>in</strong>es eigenen<br />
Associate Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Programme <strong>in</strong> Palo Alto bereits<br />
persönliche Verb<strong>in</strong>dungen zu den dortigen Kollegen<br />
und baute für mich den Kontakt zu me<strong>in</strong>en Ansprechpartnern<br />
auf.<br />
ihre Mandanten aus e<strong>in</strong>er Hand zu beraten. Betreffen<br />
die Fragen das deutsche Arbeitsrecht, wenden<br />
sich die Anwälte <strong>in</strong> Palo Alto an die deutschen<br />
Baker-Büros. Dieser Zwischenschritt entfiel während<br />
me<strong>in</strong>er Zeit <strong>in</strong> Palo Alto. Im Silicon Valley<br />
saß ich direkt an der Quelle und konnte unsere<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012 29
Fortbildung | E<strong>in</strong>en Sommer lang <strong>im</strong> Silicon Valley<br />
Mandanten unmittelbar zum deutschen Arbeitsrecht<br />
beraten. Daneben war ich als Teil der International<br />
Employment Group selbst Schnittstelle<br />
zwischen den Mandanten vor Ort und unseren<br />
Kollegen <strong>in</strong> aller Welt.<br />
Den Boom live miterleben<br />
Besonders spannend war es für mich, den erneuten<br />
Boom der Hightech-Unternehmen live mitzuerleben.<br />
Das Büro bef<strong>in</strong>det sich <strong>im</strong> Herzen des Silicon<br />
Valley <strong>in</strong> unmittelbarerer Nähe zu den großen<br />
Technologie- und Softwareunternehmen, die hier<br />
behe<strong>im</strong>atet s<strong>in</strong>d. Auch zahlreiche Mandanten, mit<br />
denen ich bereits von <strong>Deutschland</strong> aus gearbeitet<br />
habe, haben <strong>im</strong> Silicon Valley ihren Hauptsitz. E<strong>in</strong>ige<br />
von ihnen habe ich während me<strong>in</strong>es ATP besuchen<br />
können – e<strong>in</strong>e tolle Erfahrung! Außerdem<br />
habe ich <strong>in</strong> viele unterschiedliche Bereiche me<strong>in</strong>er<br />
Praxisgruppe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>schnuppern und viel dazu lernen<br />
können.<br />
Kalifornisches Lebensgefühl<br />
Neben me<strong>in</strong>er Arbeit blieb mir genügend Zeit, den<br />
„American Way of Life“ kennenzulernen und zu<br />
genießen. Die Kollegen <strong>in</strong> Kalifornien arbeiten nicht<br />
nur viel, sondern feiern auch gerne. Zu best<strong>im</strong>mten<br />
Anlässen wie zum Beispiel dem amerikanischen<br />
Nationalfeiertag veranstalten die Kollegen der San<br />
Francisco Bay Area – also aus Palo Alto und San<br />
Francisco – regelmäßig kle<strong>in</strong>e Feiern. Im Rahmen<br />
des „All Attorneys D<strong>in</strong>ner“ besuchten beide Büros<br />
geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> Baseballspiel der San Francisco Giants.<br />
Auch nach Büroschluss habe ich viel mit<br />
Freunden und Kollegen unternommen und dabei<br />
die kul<strong>in</strong>arische Seite San Franciscos erkundet.<br />
Restaurants zu besuchen und sich darüber auszutauschen,<br />
wer kürzlich wo war, was dort besonders<br />
zu empfehlen ist, gehört dort e<strong>in</strong>fach zum Alltag.<br />
Auch gesunde Ernährung und Sport haben e<strong>in</strong>en<br />
großen Stellenwert <strong>in</strong> Kalifornien, was mich positiv<br />
überraschte.<br />
Das Land auf eigene Faust erkunden<br />
Während me<strong>in</strong>es Urlaubs und an Wochenenden<br />
unternahm ich auf eigene Faust zahlreiche Aus flüge<br />
– nicht nur <strong>im</strong> Sonnenstaat Kalifornien selbst,<br />
sondern auch nach Nevada, Utah und Arizona. E<strong>in</strong><br />
mehrtägiger Roadtrip führte mich beispielsweise<br />
von San Francisco über den Yose mite Park nach<br />
Las Vegas bis h<strong>in</strong> zum Grand Canyon und zum<br />
Lake Powell. E<strong>in</strong>e großartige Tour, an die ich heute<br />
noch häufig zurückdenke. Die Wochenenden<br />
habe ich entweder <strong>in</strong> San Francisco verbracht oder<br />
mit Ausflügen an den Lake Tahoe, die berühmte<br />
Küstenstadt Carmel-by-the-Sea, <strong>in</strong> dessen Region<br />
e<strong>in</strong>st Schriftsteller wie Ernest Hem<strong>in</strong>gway, John<br />
Ste<strong>in</strong>beck und Jack London lebten, und <strong>in</strong> das Napa<br />
Valley, Kaliforniens wohl bekanntestes We<strong>in</strong>baugebiet.<br />
Amerika wird nicht umsonst als das Land<br />
der unbegrenzten Möglichkeiten bezeichnet – was<br />
die Ausflugsziele anbelangt, trifft dies auf jeden<br />
Fall zu!<br />
Chance be<strong>im</strong> Schopf gepackt<br />
Ich b<strong>in</strong> dankbar, dass ich so früh die Chance hatte,<br />
über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum e<strong>in</strong> ausländisches<br />
Büro unserer Kanzlei, e<strong>in</strong>er andere <strong>Recht</strong>skultur<br />
sowie Land und Leute kennenzulernen. E<strong>in</strong> Schritt,<br />
den ich jedem empfehlen kann, der darüber nachdenkt,<br />
für e<strong>in</strong>ige Zeit <strong>im</strong> Ausland zu arbeiten. Nach<br />
e<strong>in</strong>em spannenden Sommer <strong>im</strong> Silicon Valley kehrte<br />
ich <strong>im</strong> Herbst 2011 <strong>in</strong>s Münchner Büro zurück.<br />
Seitdem habe ich bereits viele spannende Mandate<br />
bearbeitet – nicht zuletzt zusammen mit me<strong>in</strong>en<br />
Kollegen <strong>in</strong> Palo Alto, mit denen ich weiterh<strong>in</strong> engen<br />
Kontakt habe. Schön, dass ich nun der St<strong>im</strong>me<br />
am anderen Ende der Leitung e<strong>in</strong> Gesicht zuordnen<br />
kann. E<strong>in</strong> gutes Netzwerk ist eben Gold Wert!<br />
Wahlhe<strong>im</strong>at San Francisco<br />
San Francisco, das rund 50 Kilometer von Palo<br />
Alto entfernt liegt, war übrigens me<strong>in</strong>e Wahl he<strong>im</strong>at<br />
während me<strong>in</strong>es ATP. E<strong>in</strong>e fasz<strong>in</strong>ierende Metropole,<br />
die zu <strong>Recht</strong> als e<strong>in</strong>e der schönsten Städte der<br />
Welt gilt. Die Wohnung hatte ich bereits von<br />
<strong>Deutschland</strong> aus über das Internet gefunden. Da<br />
ich mich für e<strong>in</strong>e möblierte Wohnung entschieden<br />
hatte, musste ich mich <strong>in</strong> Sachen E<strong>in</strong>zug um nichts<br />
kümmern und konnte me<strong>in</strong>e Zeit <strong>in</strong> San Francisco<br />
vom ersten Tag an genießen. Von Handtüchern<br />
über Bettwäsche bis h<strong>in</strong> zu TV, Internet und e<strong>in</strong>er<br />
voll ausgestatteten Küche war alles vorhanden.<br />
Auch Re<strong>in</strong>igungsdienst und Fitnessstudio gehörten<br />
zur Ausstattung dazu.<br />
30<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012
Prozessrecht<br />
für Referendare.<br />
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4. Auflage 2011, 3.188 S., geb., 89,– €<br />
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»e<strong>in</strong>e feste Größe...Im Vergleich zu anderen<br />
Standardwerken kommt dem Nutzer<br />
entgegen, dass der Handkommentar von<br />
Saenger <strong>in</strong> ganzen Sätzen formuliert,<br />
wodurch die Handhabung sowohl für<br />
e<strong>in</strong>gefleischte Praktiker als auch Berufsanfänger<br />
ungeme<strong>in</strong> vere<strong>in</strong>facht wird.«<br />
RA Christian Axt, www.bayreuther-anwaltvere<strong>in</strong>.de<br />
Februar 2010, zur Vorauflage<br />
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ca. 23,– €, ISBN 978-3-8329-7380-3<br />
Ersche<strong>in</strong>t ca. April 2012<br />
»Die Lektüre dieses Werks ist nur zu empfehlen...<br />
Diese Neue<strong>in</strong>führung ist def<strong>in</strong>itiv<br />
gelungen und n<strong>im</strong>mt vielen Lesern die<br />
Angst vor der sche<strong>in</strong>bar komplizierten<br />
Materie.«<br />
www.elbelaw.de<br />
Verwaltungsrecht<br />
VwVfG | VwGO | Nebengesetze<br />
Handkommentar<br />
Herausgegeben von<br />
Prof. Dr. Michael Fehl<strong>in</strong>g, LL.M. und<br />
Prof. Dr. Berthold Kastner<br />
2. Auflage 2010, 3.214 S., geb., 98,– €<br />
ISBN 978-3-8329-2981-7<br />
»sollte aufgrund der klaren Sprache<br />
und der vielen Verknüpfungen auch von<br />
Studenten und Referendaren h<strong>in</strong>zugezogen<br />
werden. Hiermit lassen sich alle<br />
praxis relevanten Problemfelder des allgeme<strong>in</strong>en<br />
Verwaltungsrechts recherchieren<br />
und lösen.«<br />
Ref. iur. Marcus He<strong>in</strong>emann, Dipl.-Verw. (FH),<br />
www.studjur-onl<strong>in</strong>e.de August 2010<br />
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420 S., brosch., 22,– €<br />
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»E<strong>in</strong> sehr anschauliches und empfehlenswertes<br />
Buch, vor allem, wenn man mehr<br />
als e<strong>in</strong>en schnellen Überblick kurz vor dem<br />
Examen will oder SPB 6 (Kr<strong>im</strong><strong>in</strong>alwissenschaften)<br />
belegt.« Christian Scheibengruber,<br />
www.fachschaft.jura.uni-erlangen.de<br />
Gesamtes Strafrecht<br />
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Handkommentar<br />
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Dieter Döll<strong>in</strong>g, Prof. Dr. Gunnar Duttge<br />
und Prof. Dr. Dieter Rössner<br />
2. Auflage 2011, 3.320 S., geb., 128,– €<br />
ISBN 978-3-8329-5752-0<br />
»Der Handkommentar enthält die wichtigsten<br />
Erläuterungen zum „gesamten<br />
Strafrecht“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Werk und ist daher<br />
besonders praxistauglich. Der Kauf lohnt<br />
sich!«<br />
Denise Kühn, www.jurawelt.com April 2009,<br />
<br />
zur Vorauflage
Me<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gsbuch | <strong>Deutschland</strong>, e<strong>in</strong>e Reise<br />
<strong>Deutschland</strong>, e<strong>in</strong>e Reise<br />
Dr. Frank Bräutigam<br />
Jahrgang 1975. ARD-<br />
<strong>Recht</strong>sexperte, seit Dezember<br />
2010 Leiter der ARD-<br />
Fernsehredaktion „<strong>Recht</strong><br />
und Justiz“ be<strong>im</strong> SWR <strong>in</strong><br />
Karlsruhe. Von 2006 bis<br />
2009 arbeitete Dr. Bräutigam<br />
bereits als Redakteur<br />
<strong>in</strong> der ARD-Fernsehredaktion<br />
„<strong>Recht</strong> und Justiz“<br />
unter Karl-Dieter Möller.<br />
Anschließend sammelte er<br />
Erfahrungen als Referent<br />
des SWR-Fernsehdirektors<br />
und lernte SWR und ARD<br />
aus e<strong>in</strong>er anderen Perspektive<br />
kennen. Für se<strong>in</strong>e<br />
Berichterstattung über<br />
das Bundesverfassungsgericht<br />
<strong>in</strong> „Tagesschau“ und<br />
„Tagesthemen“ wurde er<br />
2009 mit dem „Pressepreis<br />
des Deutschen Anwaltvere<strong>in</strong>s“<br />
ausgezeichnet, für<br />
e<strong>in</strong>en Beitrag <strong>im</strong> „ARD-Ratgeber<br />
<strong>Recht</strong>“ erhielt er den<br />
„Christopherus-Preis“.<br />
Wolfgang Büscher<br />
<strong>Deutschland</strong>, e<strong>in</strong>e Reise<br />
Verlag rororo<br />
Taschenbuch<br />
256 Seiten, 8,99 €<br />
ISBN 978-3-499-24050-8<br />
Es ist pures K<strong>in</strong>o <strong>im</strong> Kopf. Von Beg<strong>in</strong>n an, als Autor<br />
Wolfgang Büscher beschreibt, wie er e<strong>in</strong>es Abends<br />
nahe der holländischen Grenze durch den Rhe<strong>in</strong><br />
schw<strong>im</strong>mt. „Der H<strong>im</strong>mel brannte. Vom Delta her<br />
zog noch e<strong>in</strong>mal das Licht herauf, von den großen<br />
Hollandhäfen am Meer – e<strong>in</strong> ungewisses, westliches<br />
Abendlicht unter feuerroten Wolkenfahnen. Und<br />
den Rhe<strong>in</strong> herab kam die Nacht, e<strong>in</strong> pechschwarzes<br />
Segel. Es füllte den anderen Horizont. Jetzt brannten<br />
auch die anderen Türme, die ganze Stadt brannte.<br />
Jetzt glühte der Fluss. Ich trieb <strong>in</strong> purem Gold.“<br />
Drei Monate war Wolfgang Büscher unterwegs zu<br />
Fuß, per Bus, per Anhalter oder mit dem Schiff. Am<br />
Niederrhe<strong>in</strong> brach er auf und folgte den Landesgrenzen,<br />
3500 Kilometer lang. Herausgekommen<br />
ist e<strong>in</strong> Reisebericht erster Güte. Büscher, geboren<br />
1951, arbeitet u.a. als Autor für die „Zeit“, se<strong>in</strong>e<br />
Reportagen s<strong>in</strong>d preisgekrönt.<br />
Ich hatte das Buch <strong>in</strong> die F<strong>in</strong>ger bekommen, als ich<br />
<strong>in</strong> den Endzügen me<strong>in</strong>er Dissertation lag. Thema <strong>im</strong><br />
weiteren S<strong>in</strong>ne: grenzüberschreitende Zusammenarbeit<br />
von Kommunen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, Frankreich<br />
und der Schweiz. Wie schön wäre es, dachte ich, die<br />
Grenze e<strong>in</strong>mal aus literarischer Sicht zu betrachten.<br />
Das Buch wollte ich nach Abgabe lesen, genau so<br />
habe ich es gemacht. Welch tolle Belohnung. Ich<br />
habe me<strong>in</strong> Leben größtenteils <strong>in</strong> Grenzregionen verbracht,<br />
<strong>in</strong> Aachen, <strong>in</strong> Freiburg, <strong>in</strong> Karlsruhe, irgendwie<br />
sche<strong>in</strong>en die Grenzen me<strong>in</strong> Thema zu se<strong>in</strong>.<br />
Büscher beschreibt Landschaften, Menschen und<br />
ihre Geschichten sowie die Geschichte unseres Landes.<br />
Da ist die Wanderung von Warnemünde <strong>in</strong>s<br />
Fischland nach Ahrenshoop und über den Darß nach<br />
Z<strong>in</strong>gst <strong>im</strong> äußersten Nordosten der Republik. Da<br />
ist der Ausflug <strong>in</strong>s Konzentrationslager Flossenbürg<br />
<strong>in</strong> Franken mit e<strong>in</strong>em ausführlichen und schonungslosen<br />
Blick auf die Geschichte des Landstrichs. Da<br />
ist der kurze Blick auf den Schmuggler Orlando <strong>im</strong><br />
Kle<strong>in</strong>walsertal zwischen deutsch-österreichischer<br />
Grenze.<br />
Der Blick auf Freiburg hat mich besonders fasz<strong>in</strong>iert;<br />
Freiburg, die Studentenstadt, auch me<strong>in</strong>e Studentenstadt.<br />
Büscher hört den Glockenschlag der Altstadtkirchen,<br />
den „Sound e<strong>in</strong>er alten deutschen<br />
Studentenstadt“. Se<strong>in</strong> persönlicher Rückblick<br />
schweift ab <strong>in</strong> die Zeiten der „Teach-Ins“ zum<br />
Thema „Die Revolution und wie man sie macht“.<br />
E<strong>in</strong> kritischer Rückblick Büschers auf die eigene<br />
Vergangenheit, die gut passt <strong>in</strong>s Freiburger Studentenmilieu.<br />
Nördlich von Wissembourg <strong>in</strong> der Nähe der badischpfälzisch-französischen<br />
Grenze lässt sich Büscher<br />
per Anhalter von e<strong>in</strong>em amerikanischen Soldaten<br />
mit nach Ramste<strong>in</strong> nehmen, der schon morgen <strong>in</strong><br />
den Krieg ziehen wird. Unerwartete und ungewöhnliche<br />
Begegnungen entlang der westlichen Landesgrenze.<br />
Schließlich die Region um Aachen, me<strong>in</strong>e He<strong>im</strong>atstadt.<br />
Die Eifler Wirt<strong>in</strong> empfängt Büscher als e<strong>in</strong>zigen<br />
Gast und plaudert über die E<strong>in</strong>samkeit der Eifel<br />
und über ihr Leben. E<strong>in</strong> Mann fährt ihn am nächsten<br />
Tag nach Aachen. Er erzählt von den tollkühnen<br />
Aachener Kaffeeschmugglern nach dem Krieg auf<br />
der Straße, die „H<strong>im</strong>melsleiter“ heißt und <strong>in</strong> Richtung<br />
Kaiserstadt führt.<br />
Wolfgang Büscher beobachtet ungeme<strong>in</strong> genau, Menschen<br />
wie Landschaften. Es s<strong>in</strong>d nachdenkliche,<br />
bisweilen melancholische Beschreibungen. Wer sich<br />
mehr Ironie und h<strong>in</strong>tergründigen Humor wünscht,<br />
ist möglicherweise bei Jan Weiler und se<strong>in</strong>em Buch<br />
„In me<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Land“ besser aufgehoben, <strong>in</strong><br />
dem er ganz wunderbar deutsche Städte auf se<strong>in</strong>en<br />
Lesereisen beschreibt. Wer sich auf Büschers Stil<br />
e<strong>in</strong>lässt, vermisst nichts, denn er ist st<strong>im</strong>mig und gut<br />
wiedererkennbar, von Anfang bis Ende der Reise.<br />
Weil das Buch ke<strong>in</strong> Kr<strong>im</strong>i ist, darf man das Ende<br />
verraten, denn sie ist e<strong>in</strong>fach schön, die Rückkehr<br />
an den Rhe<strong>in</strong>. „Erst als ich vor ihm stand, sah ich<br />
den Fluss. Er schlug und schwappte ans Ufer, unruhiger,<br />
als ich ihn <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung hatte. L<strong>in</strong>ks war<br />
die Sandbank, rechts lagen die Ste<strong>in</strong>e. Ke<strong>in</strong> Schiff,<br />
nicht e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Frachter. Nur der Mond auf dem<br />
Fluss. Me<strong>in</strong>e Augen brannten. Ich beugte mich über<br />
das Wasser und steckte den Kopf h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, und als<br />
ich ihn wieder herauszog, war mir, als sei ich weit<br />
weg gewesen, und alles, was sich zugetragen hatte,<br />
war <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sekunde geschehen.“<br />
32<br />
<strong>Nomos</strong> Karriere <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> 1 | 2012