Insulin - Institut für Pharmakologie und Toxikologie
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Endokrinpharmakologie 2:<br />
<strong>Insulin</strong>e <strong>und</strong> orale Antidiabetika,<br />
Schilddrüse <strong>und</strong><br />
Calciumstoffwechsel<br />
Ralf Stumm<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Pharmakologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Toxikologie</strong><br />
Drackendorfer Straße 1<br />
07747 Jena<br />
03641 –9 – 325651<br />
Ralf.Stumm@med.uni‐jena.de
1. TRH, TSH <strong>und</strong> die Schilddrüsenhormone (T4/T3)<br />
Hypoth.<br />
Somatostatin<br />
TRH<br />
TRH: diagnostische Relevanz.<br />
(TRH‐induzierter TSH‐Anstieg ist bei<br />
Hyperthyreose reduziert)<br />
Hypophyse.<br />
Thyrotrophe:<br />
TSH<br />
T3,<br />
T4<br />
(TRH‐induzierter TSH‐Anstieg ist bei<br />
primärer Hypothyreose übersteigert;<br />
bei Hypophysendefekt hat TRH keinen Effekt).<br />
T3,<br />
T4<br />
TSH: diagnostische Relevanz<br />
Schilddrüse<br />
erhöhte Produktion von<br />
Thyroxin (T4) <strong>und</strong><br />
Triiodothyronin (T3)
1.1 Synthese der Schilddrüsenhormone T4/T3<br />
Triiod‐Thyronin (T3) <strong>und</strong> Tetraiodthyronin (T4, Thyroxin) werden in der Schilddrüse aus<br />
Iodid <strong>und</strong> Tyrosin gebildet. Kontrolle durch Thyrotropin (TSH).<br />
Für die Synthese sind Verfügbarkeit <strong>und</strong> Oxidation von Iodid erforderlich.<br />
Tyrosin ‐> Monoiod‐ /Diiodtyrosin; Diiodtyrosin+Diiodtyrosin ‐> Thyroxin (T4)<br />
(Synthese findet an Thyreoglobulin statt; Iodid wird durch Peroxidase zu Iod oxidiert.<br />
Thyroxin wird bei Bedarf aus Thyreoglobulin freigesetzt).<br />
I<br />
I<br />
I<br />
2x<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I
1.2 Iodsalze<br />
Iodmangel, Struma <strong>und</strong> Einsatz von Iodid:<br />
Der Körper benötigt pro Tag etwa 200 µg Iod.<br />
Bei fehlendem Iod kommt es zu Minderproduktion von T3/T4,<br />
TSH‐Inkretion <strong>und</strong> Wachstum der Schilddrüse (Iodmangelstruma).<br />
Fehlt Iod während der kindl. Entwicklung kommt es zu schweren<br />
bleibenden neuropsychiologischen Störungen.<br />
•Iodmangel wird durch den Einsatz von Iodsalz verhindert.<br />
•Auch eine bestehende Struma wird anfangs bevorzugt mit Iodid<br />
behandelt (z.B. Kaliumiodid).<br />
•Iodid verhindert die Einlagerung von radioaktivem Iod (Schutzmaßnahme).<br />
•Hochdosiertes Iod (> 5 mg/Tag) wird als Thyreostatikum eingesetzt.<br />
Struma<br />
(schwache Ausprägung)<br />
Keine Iodzufuhr bei bestehender Hyperthyreose.<br />
Bei bestehender Struma <strong>und</strong> insbesondere beim Vorliegen von autonomem<br />
Schilddrüsengewebe (arbeitet losgelöst von der Kontrolle durch TSH) kann Iodzufuhr<br />
eine Hyperthyreose auslösen.<br />
Bei Autoimmunerkrankungen der SD darf kein Iod gegeben werden (verstärkt<br />
Autoimmunität).
1.3 Einsatz der Schilddrüsenhormone<br />
Im Organismus wird aus Thyroxin (T4) das 10x aktivere T3 gebildet (T3 ist die Wirkform).<br />
Zur Therapie wird typischerweise T4 verabreicht (kürzere Halbwertszeit des T3;<br />
T3 muss öfters als T4 verabreicht werden; T3‐Spitzen werden vermieden).<br />
T3/T4 sensibilisieren das Herz <strong>für</strong> Katecholamine: Vorsicht bei cardialen Erkrankungen.<br />
Hypothyreose:<br />
Zur Substitutionstherapie. Zu Beginn 50 µg/d; später 100 –150 µg/d.<br />
Angeborene Schilddrüsenunterfunktion:<br />
Muss in den ersten 4 Wochen nach der Geburt erkannt werden.<br />
Euthyreote Struma (= vergrößerte SD bei normaler Funktion):<br />
Durch Thyroxinzufuhr kommt es zur negativen Rückkopplung <strong>und</strong> die TSH‐Spiegel sinken.<br />
Durch die TSH‐Reduktion fällt der Wachstumsstimulus der Schilddrüse weg <strong>und</strong><br />
die Thyroxinproduktion wird reduziert. Es werden 150 µg/ d eingesetzt.<br />
Nach Thyreoidektomie wg. SD‐Karzinom<br />
Wegen der SD‐Entfernung muss substituiert werden.
1.4 Thyreostatika<br />
Thyreostatika:Hemmstoffe der Schilddrüsenfunktion. Sie wirken als<br />
‐ Iodisationshemmstoffe (hemmen die Hormonsynthese direkt)<br />
‐ Iodinationshemmstoffe (hemmen den Iodtransport in die SD)<br />
‐ Freisetzungshemmstoffe<br />
Indikationen <strong>für</strong> Thyreostatika:<br />
‐Morbus Basedow (eine Autoimmunkrankheit mit rezeptoraktivierenden<br />
TSH‐Rezeptor‐Antikörpern)<br />
‐Schilddrüsenautonomie (Schilddrüsengewebe produziert T3/T4 ohne Kontrolle<br />
durch TSH)<br />
‐Iodinduzierte Hyperthyreose (bei bestehendem autonomem SD‐Gewebe können<br />
Iodidgabe, Amiodaron oder Röntgenkontrastmittel eine Hyperthyreose auslösen ‐><br />
Therapie mit Thyreostatika)<br />
‐thyreotoxische Krise
1.4 Iodisationshemmstoffe: Thioamide<br />
Zu den Thioamiden zählen Methimazol,<br />
Carbimazol, Propylthiouracil.<br />
Harnstoff:<br />
Die Thioamide sind Hemmstoffe der<br />
Peroxidase, die (1.) den Einbau von Iod in<br />
die Tyrosinreste des Thyreoglobulins<br />
vornimmt <strong>und</strong> (2.) die Kopplung von<br />
Iodtyrosinresten katalysiert.<br />
Iod schwächt die Wirkung der Thioamide ab.<br />
Die volle Wirkung setzt erst ein, wenn der<br />
T3/T4‐Vorrat der SD erschöpft ist.<br />
NW: schwere Agranulozytose, Leukopenie,<br />
allerg. Reaktionen, Hypothyreose <strong>und</strong><br />
Strumabildung .<br />
Thioharnstoff in der Thion‐ <strong>und</strong> Thiolform<br />
Thiamazol<br />
(Methimazol):<br />
(nicht verwechseln mit<br />
Matamizol)
1.5 Iodinations‐ <strong>und</strong> Freisetzungshemmstoffe<br />
Bestimmte einwertige Anionen wie Perchlorat (ClO 4‐<br />
), Nitrat <strong>und</strong> Thiocyanat<br />
sind kompetitive Hemmstoffe des Iodidtransporters in der Schilddrüse.<br />
Natriumperchlorat wird wg. kurzer Halbwertszeit 4 –6 x täglich oral verabreicht.<br />
Einsatz insbesondere zur Prophylaxe <strong>und</strong> Therapie der iodinduzierten Hyperthyreose.<br />
Iodid kann in hoher Dosierung (> 5 mg / Tag!) vorübergehend die T3/T4‐Ausschüttung<br />
dämpfen. Der Effekt setzt rasch ein (< 24 h). Maximale Effekte nach etwa 2 Wochen.<br />
Bei fortgesetztem Einsatz kommt es zum Wirkungsverlust.<br />
Der Mechanismus dieser Wirkung ist unbekannt.<br />
Einsatz bei thyreotoxischer Krise <strong>und</strong> operationsvorbereitend bei Morbus Basedow.<br />
Lithiumionen haben ähnlichen Effekt. Kein Routineeinsatz (geringe therapeut. Breite)
2. Endokrines Pancreas <strong>und</strong> <strong>Insulin</strong><br />
Pancreasinseln<br />
(Langerhanssche Inseln)<br />
Gallenblase<br />
Aorta<br />
Gallengang<br />
Duodenum<br />
Pancreasgang<br />
Pancreas<br />
Pancreasinseln :<br />
HE‐gefärbter Pancreasschnitt<br />
Zelltyp Hormon<br />
A Glucagon (erhöht Blutglucosespiegel, Proteinabbau)<br />
B <strong>Insulin</strong> (senkt Blutglucosespiegel)<br />
D Somatostatin (inhibiert Hormonfreisetzung aus den A <strong>und</strong> B Zellen)<br />
PP Pancreatisches Polypeptid (unbekannte Funktion)
2.1 <strong>Insulin</strong><br />
<strong>Insulin</strong>struktur:<br />
Protein aus zwei Ketten<br />
(A and B bestehend aus 21 bzw. 30 Resten).<br />
Die Ketten sind mit Disulfidbrücken<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
<strong>Insulin</strong> wird in Vesikeln als inaktives, stabiles<br />
Hexamer gespeichert.<br />
Das Monomer ist die aktive Form.<br />
Proinsulin and <strong>Insulin</strong> (schwarz).<br />
C‐Peptid (weiß) wird abgespalten<br />
Stimulus <strong>für</strong> <strong>Insulin</strong>sekretion:<br />
1. Glucose geht in die B Zelle<br />
2. ATP‐Anstieg durch Glycolyse<br />
3. ATP blockiert ATP‐gesteuerte<br />
K‐Kanäle (K ATP<br />
)<br />
4. Depolarisation der B Zelle<br />
5. Öffnen von spannungsgesteuerten<br />
Ca 2+ ‐Kanälen<br />
6. Aktivierung der Sekretionsmaschinerie<br />
Effekte des <strong>Insulin</strong>s:<br />
Leber:<br />
Weniger Glycogenolyse <strong>und</strong> Gluconeogenese,<br />
mehr Glycogensynthese<br />
Muskel:<br />
Mehr Glucoseaufnahme <strong>und</strong> ‐verwendung<br />
Fettgewebe:<br />
Hält das Fett in den Speichern<br />
<strong>Insulin</strong> verhindert Proteincatabolismus
2.2 Diabetes<br />
Typ 1:<br />
insulin‐abhängig (absolute Defizienz, z.B. durch autoimmune Zerstörung der B Zellen)<br />
setzt in der Jugend ein.<br />
Muss mit <strong>Insulin</strong> behandelt werden.<br />
Kein Einsatz der oralen Antidiabetika.<br />
Typ 2:<br />
nicht insulinpflichtig (<strong>Insulin</strong>resistenz + beeinträchtigte <strong>Insulin</strong>sekretion)<br />
setzt typischerweise im Alter ein <strong>und</strong> ist mit Übergewicht assoziiert.<br />
Wird zunächst mit Diätrestriktion, dann mit oralen Antidiabetika <strong>und</strong> schließlich<br />
mit <strong>Insulin</strong> behandelt.<br />
Orale Antidiabetika kommen mit dem Ziel zum Einsatz,<br />
die <strong>Insulin</strong>sekretion oder das Ansprechen auf <strong>Insulin</strong> zu steigern.
2.3 Struktur <strong>und</strong> Kinetik der <strong>Insulin</strong>analoga<br />
kurzwirksames Normalinsulin<br />
Intermediärinsulin<br />
LISPRO<br />
ASPART<br />
GLULISIN<br />
DETEMIR<br />
GLARGIN
2.4 Einsatz der <strong>Insulin</strong>analoga<br />
Normalinsulin:<br />
<strong>Insulin</strong> liegt als Hexamer vor, wodurch die Resorption verzögert wird<br />
‐> der Diabetiker muss nach der Injektion 30 min lang warten, bevor er mit dem Essen<br />
beginnen darf. Es resultiert ein starres Spritz/Ess‐Schema. Einsatz in Kombination<br />
mit Basalinsulin als Mischinsulin oder im Rahmen der intensivierten konventionellen Therapie.<br />
<strong>Insulin</strong> Lispro, Aspart, Glulisin:<br />
Bildung der Hexamere ist erschwert (‐> schnelle Resorption).<br />
‐> der Patient darf wg. der schnellen Resorption sofort nach der Injektion essen.<br />
Intermedärinsulin/ Verzögerungsinsulin (Neutrales Protamin‐<strong>Insulin</strong> Hagedorn):<br />
Mischung von Protamin <strong>und</strong> <strong>Insulin</strong> verzögert die Aufnahme.<br />
Wird 3x tägl. als Basalinsulin gegeben. Resorption schwankt intraindividuell.<br />
<strong>Insulin</strong> Glargin <strong>und</strong> Detemir:<br />
Detemir ist myristoyliert. Die Modifikation führt zu einer<br />
reversiblen Bindung von <strong>Insulin</strong> an Albumin, was die Elimination verzögert.<br />
Detemir wird 2x tägl. als Basalinsulin gegeben.<br />
Myristinsäure<br />
Glargin hat einen isoelektrischen Punkt von 7 <strong>und</strong> bildet deshalb nach der Injektion<br />
Präzipitate, die die Resorption verzögern.<br />
Glargin wird 1x abends als Basalinsulin gegeben.
2.5 Beispiele <strong>für</strong> die <strong>Insulin</strong>therapie<br />
Therapie mit Mischinsulin:<br />
Es wird 2x täglich eine Kombination aus<br />
Basalinsulin <strong>und</strong> a) Normalinsulin oder b)<br />
einem kurzwirksamen <strong>Insulin</strong> gegeben.<br />
Anwendung insbesondere bei Typ II<br />
(strikte Diät <strong>und</strong> festgelegte Injektionszeiten<br />
erforderlich).<br />
Intensivierte konventionelle Therapie:<br />
Meist wird Basalinsulin 1x abends<br />
gespritzt (Glargin).<br />
Zu den Mahlzeiten wird entweder<br />
a) Normalinsulin oder b) ein kurzwirksames<br />
<strong>Insulin</strong> gespritzt (Messung des Blutglucosespiegels<br />
<strong>und</strong> Abschätzung der Kohlenhydratdosis<br />
erforderlich).<br />
Anwendung bei Typ I <strong>und</strong> zunehmend<br />
auch bei Typ II.<br />
Der wichtigste Zwischenfall der <strong>Insulin</strong>therapie ist die Hypoglykämie.
2.6 Orale Antidiabetika: Sulfonylharnstoffderivate u. Analoga<br />
Sulfonylharnstoffe <strong>und</strong> Analoga:<br />
Glibenclamid<br />
(Nateglinid, Mitiglinid, Tolbutamid,<br />
Glimepirid, Meglitinid, Repaglinid)<br />
Glibenclamid<br />
Sulfonylharnstoff<br />
Die Substanzen inhibieren (verschließen) K ATP<br />
Kanäle in B Zellen<br />
‐> Depolarisation <strong>und</strong> <strong>Insulin</strong>freisetzung<br />
NW:<br />
‐ Es kann zu schwerer, langanhaltender Hypoglykämie kommen.<br />
Diese entwickelt sich oft schleichend <strong>und</strong> vom Patienten unbemerkt.<br />
‐Gewichtszunahme<br />
‐Gastrointestinale Störungen <strong>und</strong> allergische Reaktionen<br />
Einsatz nur bei normalgewichtigen Patienten oder wenn Metformin<br />
nicht gegeben werden kann.<br />
Kein Einsatz bei Typ 1‐Diabetes, Schwangerschaft <strong>und</strong> bei schweren Nieren<strong>und</strong><br />
Leberfunktionsstörungen.
2.7 Orale Antidiabetika: Biguanide<br />
Biguanide: Metformin<br />
Senkt die Glucoseabgabe der Leber durch Hemmung der Gluconeogenese.<br />
Die Leberzellen reagieren besser auf <strong>Insulin</strong>.<br />
Die Wirkung setzt verzögert ein <strong>und</strong> tritt insbesondere bei Diabetikern auf<br />
– nicht beim Stoffwechselges<strong>und</strong>en.<br />
Keine verstärkte <strong>Insulin</strong>freisetzung aus B Zellen (kein Hypoglykämierisiko).<br />
Weitere Effekte:<br />
Erhöhung des HDL‐Cholesterins ‐ <strong>und</strong> Senkung der VLDL‐Triglyceride<br />
(‐> Besserung der Blutfettwerte)<br />
Antithrombotischer Effekt<br />
Appetitzügelung<br />
Das am häufigsten bei Typ 2‐Diabetikern eingesetzte orale Antidiabetikum.<br />
NW:<br />
‐ Häufig gastrointenstinale Störungen<br />
‐ Selten wird die Vitamin B12‐Aufnahme gestört (‐> magaloblastäre Anämie)<br />
‐ Sehr selten kommt es zu schwerer Lactacidose (50% Letalität!)<br />
(Vorsicht bei Bedingungen, die das Lactacidoserisiko erhöhen: Alkoholkonsum,<br />
schlechte Durchblutung, Asthma, obstruktive Lungenerkrankungen...)
2.8 Weitere orale Antidiabetika: Glitazone, α‐Glucosidasehemmer<br />
Glitazone:<br />
Rosiglitazon, Pioglitazon<br />
Sie sind Agonisten am Peroxisomen‐Proliferator‐aktivierten Rezeptor‐γ (PPARγ).<br />
Der genaue Wirkungsmechanismus ist nicht bekannt.<br />
Die Substanzen bessern <strong>Insulin</strong>resistenz, Blutglucosespiegel, <strong>und</strong> die Blutfettwerte.<br />
Die Wirkung setzt mit einer Latenz von 2 Monaten ein.<br />
Die Substanzen sind 2. Wahl nach Metformin (Einsatz dann allein oder in Kombination<br />
mit Metformin).<br />
α‐Glucosidasehemmstoffe: Acarbose <strong>und</strong> Miglitol<br />
Der Kohlenhydratstoffwechsel im Dünndarm wird gehemmt, so dass der Blutglucoseanstieg<br />
nach den Mahlzeiten gemildert wird.<br />
NW: gastrointestinale Beschwerden
3. Calciumstoffwechsel<br />
Calciumverteilung im Körper: 99% im Knochen, 1% im Serum<br />
‐> die Knochen sind Calciumspeicher.<br />
Knochenauf‐/abbau <strong>und</strong> die Calciumkonzentration im Blut beeinflussen sich<br />
über hormonelle Regelkreise gegenseitig.<br />
Nebenschilddrüse<br />
(G. parathyroidea)<br />
[Ca 2+ ]<br />
Parathormon<br />
Parathormon<br />
kontinuierlich<br />
intermittierend<br />
Knochen<br />
Knochenabbau<br />
Ca 2+<br />
Darm<br />
Calcium‐ <strong>und</strong><br />
Phosphataufnahme<br />
Niere<br />
Calcitriolbildung<br />
Phosphatausscheidung<br />
Calciumresorption<br />
Calcitriol<br />
[Ca 2+ ]<br />
[Ca 2+ ]
3.1 Hormonelle Regulation des Knochenstoffwechsels<br />
Parathormon<br />
‐setzt Calcium aus Knochen frei<br />
‐steigert Calciumaufnahme in der Niere<br />
‐ regt Calcitriolsynthese an<br />
‐> schafft Bedingungen <strong>für</strong> aktiven<br />
Knochenumbau<br />
Vitamin D/ Calcitriol<br />
‐Calciumaufnahme aus dem Darm wird angeregt<br />
‐setzt Calcium aus Knochen frei<br />
‐steigert Calciumaufnahme in der Niere<br />
‐> schafft Bedingungen <strong>für</strong> aktiven<br />
Knochenumbau<br />
Glucocorticoide<br />
‐hemmen Osteoblasten <strong>und</strong><br />
Calciumaufnahme aus dem Darm<br />
‐> Osteoporose<br />
Estrogene<br />
‐hemmen Osteoklasten <strong>und</strong><br />
senken die Osteoklastenzahl<br />
‐> wirken Osteoporose entgegen<br />
Calcitonin<br />
‐hemmt die Osteoklastenaktivität<br />
‐analgetische Wirkung (wird bei Frakturen ausgenutzt)
3.2 Erkrankungen des Knochens: Osteoporose<br />
Knochenschw<strong>und</strong> (Osteoporose) ist eine der häufigsten Knochenerkrankungen.<br />
Auslöser sind:<br />
Östrogenmangel nach den Wechseljahren (bei Frauen)<br />
Hypogonadismus (es fehlen Estrogen bzw. Testosteron)<br />
Schwere Nierenfunktionsstörungen<br />
Hypercortisolismus<br />
primärer Hyperparathyreodismus<br />
Systemische Glucocorticoidtherapie<br />
Malabsorption im Darm<br />
Anorexia nervosa<br />
Weitere Knochenerkrankungen<br />
Morbus Paget (Ostitis deformans)<br />
Rachitis/ Osteomalzie (Vitamin D Mangel)
3.3 Vitamin D <strong>und</strong> Calcitriol: Bereitstellung<br />
Haut<br />
7‐Dehydrocholesterin<br />
Tablette<br />
UV‐Licht<br />
Vitamin D3<br />
(Colecalciferol)<br />
Nahrung,<br />
Tablette<br />
Vitamin D3<br />
Leber<br />
Hydroxylierung an<br />
Position 25<br />
25‐(OH)‐D3<br />
Tablette:<br />
1‐(OH)‐D3<br />
(Alfacalcidiol);<br />
Dihydrotachysterol<br />
Niere<br />
1,25‐(OH) 2<br />
‐D3<br />
(Calcitriol)<br />
Darm, Knochen, Niere<br />
1,25‐(OH) 2<br />
‐D3<br />
Hydroxylierung an<br />
Position 1<br />
25‐(OH)‐D3<br />
1,25‐(OH) 2<br />
‐D3<br />
(Calcitriol);<br />
25‐(OH)‐<br />
Dihydrotachysterol
3.4 Vitamin D <strong>und</strong> Calcitriol: Verwendung<br />
Vitamin D (Colecalciferol)<br />
plus Calciumsalze<br />
Calcitriol<br />
Alfacalcidiol<br />
Dihydrotachystero<br />
l<br />
Calcitriol<br />
‐bei Säuglingen zur Rachitisprophylaxe<br />
(bei GI‐Beschwerden auch Vitamin D allein)<br />
‐bei Frauen nach der Menopause zur<br />
Osteoporoseprophylaxe (1g Calcium/ Tag)<br />
‐Basistherapie der Osteoporose<br />
‐Vorbeugung von Vitamin D Mangel im Alter<br />
‐Niereninsuffizienz<br />
‐Hyperparathyreoidismus<br />
(als sek<strong>und</strong>äre Störung infolge<br />
von Vitamin D Mangel/ oder Nierenerkrankungen;<br />
Vorbeugung von renal bedingtem Knochenabbau)<br />
‐Hopoparathyreoidismus<br />
‐Leberfunktionsstörungen<br />
Achtung: Vitamin D‐Derivate können lebensbedrohlichen Calciumanstieg im Blut <strong>und</strong><br />
Calciumphosphatausfällungen zur Folge haben.
3.5 Cinacalcet bei Hyperparathyreoidismus<br />
Calcium senkt die Parathormonfreisetzung<br />
über den G Protein‐gekoppelten Calciumsensor<br />
der Nebenschilddrüsenzellen.<br />
Cinacalcet ist ein allosterischer Verstärker der<br />
Calciumwirkung am Calciumsensor<br />
‐> die Parathormonfreisetzung nimmt ab.<br />
Einsatzgebiete:<br />
‐Primärer Hyperparathyreoidismus (infolge eines Karzinoms)<br />
‐Sek<strong>und</strong>ärer Hyperparathyreoidismus (bei Dialysepatienten).<br />
Als Alternative zu Calcitriol, das die Phosphataufnahme aus dem Darm fördert<br />
(unter Calcitriol können bei Nierenkranken erhöhte Calcium/Phosphat‐Spiegel<br />
resultieren, was zu Calciumphosphat‐Ausfällungen in den Geweben führt).
3.6 Teriparatid<br />
Teriparatid ist ein auf 34 Amninosäuren verkürztes Parathormon (84 Aminosäuren).<br />
Einsatz bei Osteoporose nach der Menopause <strong>und</strong> bei Männern mit hohem Frakturrisiko.<br />
Auch bei Langzeittherapie mit Glukokortikoiden zur Reduktion des Frakturrisikos.<br />
NW: Häufig sind Kopf‐ <strong>und</strong> Gliederschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Hypotonie<br />
Anw: 1x täglich als subkutane Injektion mit Hilfe eines Injektors (max. über 24 Monate).<br />
Die Gabe von Calcium <strong>und</strong> Vitamin D als Nahrungsmittelergänzung wird empfohlen.
3.7 Bisphosphonate zur Therapie der bestehenden Osteoporose<br />
Bisphosphonate:<br />
Etidronat, Alendronat, Risedronat, Ibandronat<br />
Wirkungsmechanismus: Imitieren Pyrophosphat <strong>und</strong> werden<br />
zusammen mit Calcium auf der Knochenoberfläche abgelagert.<br />
Die abgelagerten Substanzen werden von Osteoklasten phagozytiert<br />
<strong>und</strong> schädigen die Zellen, weil Phosphatasen die Bisphosphonatstruktur<br />
nicht abbauen können<br />
(Etidronat: es entstehen toxische ATP‐Analoga;<br />
Alendronat: Prenylierungsreaktionen werden gestört)<br />
Etidronat <strong>und</strong> Analoga:<br />
Hemmen Mineralisation <strong>und</strong> Knochenabbau<br />
Alendronat <strong>und</strong> Analoga:<br />
Hemmen insbesondere Knochenabbau<br />
Aus den unterschiedlichen Wirkungen resultieren z.T. unterschiedliche<br />
Einsatzgebiete.
3.8 Weitere Einsatzgebiete der Bisphosphonate<br />
Morbus Paget (Ostitis deformans): chronische Krankheit gekennzeichnet<br />
durch<br />
Knochenabbau <strong>und</strong> Aufbau von minderwertigem Knochengewebe.<br />
Risedronat als Tablette<br />
Zoledronat als Infusion<br />
Osteolyse <strong>und</strong> Hypercalzämie durch Knochenmetastasen:<br />
Metastasen schädigen das Knochengewebe, das Frakturrisiko steigt.<br />
Gefahr der Hypercalcämie.<br />
Schmerzen.<br />
Clodronat als Tablette <strong>und</strong> zur Infusion<br />
Zoledronat als Infusion<br />
Die Hypercalcämie wird durch Tabletten oder Infusion behandelt bis normale<br />
Calciumspiegel resultieren.<br />
Der Osteolyse wird mit Zoledronat‐Infusionen in 3 –4 wöchigem Abstand vorgebeugt.<br />
Osteoblastische Metastasen:<br />
Einsatz von Bisphosphonaten, welche die Mineralisation hemmen (z.B. Etidronat).
3.9 Pharmakokinetische Besonderheit der Bisphosphonate<br />
Bisphosphonate sind starke Säuren, die Schleimhautschäden (Speiseröhre, Reflux!)<br />
hervorrufen können.<br />
Die Substanzen werden schlecht resorbiert <strong>und</strong> schnell wieder ausgeschieden.<br />
Der Anteil des Bisphosphonats, der am Knochen abgelagert wird, verlässt den Körper<br />
u.U. über Jahre nicht.<br />
Bei oraler Gabe:<br />
‐Einnahme auf nüchternen Magen in aufrechter Haltung<br />
‐ mind. 30 min vor den Mahlzeiten <strong>und</strong> vor Einnahme anderer Medikamente<br />
(Empfohlen: direkt nach dem Aufstehen).<br />
‐Einnahme zusammen mit 200 ml Leitungswasser<br />
‐Danach <strong>für</strong> 30 min. nicht hinlegen (aufrechte Körperhaltung wahren)<br />
Unerwünschte Wirkungen:<br />
‐ Verdauungsstörungen, gastrointestinale Beschwerden<br />
‐ Entzündungen von Ösaphagus, Magen, Duodenum<br />
‐ Ulzera, Blutungen, Perforationen<br />
Wechselwirkungen:<br />
‐ Nahrungsmittel inkl. Mineralwasser, Antacida <strong>und</strong> Calcium hemmen Resorption