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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Tarai (Va)<br />

Perjido (So)<br />

Biliku (Mu)<br />

Charakter Radcliffe-Brown mit der Vorherrschaft der weiblichen Tätigkeiten in der Biliku-<br />

Jahreshälfte erklärt. Unter dem Gesichtspunkt der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung<br />

erweist sich die Regenzeit als die Jagdsaison und damit als die Zeit der Männerarbeiten, während<br />

alle anderen Perioden von den Aktivitäten der Frauen bestimmt werden: Sammeln und<br />

Ernten der Früchte, Wurzeln oder Knollen. "There is a very real sense, then, in which flesh<br />

foods may be called the foods of men, and vegetable foods may be called the foods of women,<br />

and since flesh foods are the foods of Tarai and vegetable foods are the foods of Biliku, there<br />

is a sound reason for calling Tarai male and Biliku female." 119 Während Biliku und Tarai im<br />

Norden ein Ehepaar bilden, werden sie im Süden der Andaman Inseln als feindliche, ständig<br />

streitende Brüder vorgestellt: "The Akar-Bale say that Puluga and Daria were once friends,<br />

but have quarreled and now live at opposite ends of the earth and are perpetually renewing<br />

their quarrel." 120<br />

Auch wenn offensichtlich mit den höchsten Wesen soziale Funktionen assoziiert werden, wird<br />

man ihre religiöse Bedeutung nicht auf diese reduzieren können, denn die göttlichen Wesen<br />

sind nicht identisch mit den Gestalten ihrer Epiphanien und den besonderen Bedeutungen, die<br />

mit den verschiedenen Formen ihrer Erscheinungen verbunden werden, sondern bleiben als<br />

Substanz der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, urschöpferische Wesen, auch wenn man<br />

ihnen nur auf dem Umwege partieller Projektionen nähertreten kann.<br />

Alle bösen Geister erscheinen als Nachkommen von dreien: dem Waldgeist (Erem Chaugala),<br />

dem Erdgeist (Nili) und dem Geist der Seen, Juruwin.<br />

Alle Gottheiten und Geister werden vorgestellt<br />

als Familienväter mit Frauen und Kindern,<br />

stehen also zueinander in der<br />

Beziehung befreundeter oder befeindeter<br />

Familien oder sozialer Einheiten. Mit Biliku<br />

(oder Tarai) und seiner Frau Tarai (oder Biliku) ist das Ehepaar Herr Mond (Maia Ogar) und<br />

Frau Sonne (Cana Bodo) befreundet, das nach dem Geheiß Bilikus die Erde beleuchtet oder<br />

verdunkelt. Während mit Biliku in der Mehrzahl der Fälle das mysterium tremendum verbunden<br />

wird, bezieht man das mysterium faszinosum auf Perjido, ihren (seinen) Sohn, dem die Andamanen<br />

alle Kunstfertigkeiten des männlichen Arbeitsbereiches der Kultur, d.h. unvergeßliche<br />

Wohltaten, verdanken.<br />

Allgemeines = Gerechtigkeit/ Vergeltung = Höchstes Wesen<br />

Besonderes = Egoismus = drei böse Geister<br />

Das "Höchste Wesen" wird den bösen Geistern durch die Angabe seiner Residenz kosmosphärisch<br />

gegenübergestellt; Puluga residiert im Himmel, während die bösen Geister spezielle<br />

ökologische Räume der Erde bewohnen: Wald, Flachland und Seen. Der Raum erscheint also<br />

zugleich auch differenziert nach moralischen Dimensionen.<br />

Die Residenz der Unsterblichen markiert den Gegensatz von oben und unten. Das Niemandsland<br />

oder Zwischenreich der Mitte bevölkern die von Puluga geschaffenen Menschen und die<br />

aus den Menschen hervorgegangenen Tiere. Eine vergleichbare Unterscheidung von Allgemeinem<br />

und Besonderem wiederholt sich auf der Ebene der irdischen Erscheinungen als der<br />

Gegensatz von Mensch und Tier respektive unkontrollierter Naturgewalt und repräsentiert den<br />

Widerspruch von Altruismus oder Solidarität und Egoismus oder Feindschaft.<br />

Die Seelen der Kinder schickt Puluga durch eine grüne Taube, welche einen Baum bewohnt,<br />

der denselben Namen trägt wie sie. Von dort gehen sie in die Frauen ein (Konzeptionsglaube<br />

ähnlich wie auf Mota und Motlav). Als Pulugas Geschöpfe stehen Mensch und Tier Puluga<br />

und den Seinen näher als den bösen Geistern, aber als Wesen, die von Puluga abstammen,<br />

119 A.R.Radcliffe-Brown, The Andaman Islanders, ibid, S.366<br />

120 A.R.Radcliffe-Brown, The Andaman Islanders, ibid, S.366<br />

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