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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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die Männer des Clans nur das Clantotem teilen. Das Tabu und das Individualtotem der Männer<br />

erscheint dagegen in jedem Matriclan ihrer Heiratsallianz, während alle Männer einer Patrisippe,<br />

als welche man die Tabugemeinschaften (in Westermanns Diktion) bezeichnen kann,<br />

auch dasselbe Individualtotem haben, was einer geschlechtsspezifischen Symmetrie<br />

gleichkommt: das matrilineare Clan- und Individualtotem der Frauen eines Matriclans<br />

korrespondiert mit dem patrilinearen Tabutotem und dem Individualtotem der Männer einer<br />

Patrisippe. Da die Heirat uxorilokal ist erweist sich der Matriclan als Residenzeinheit<br />

assoziierter matrilinearer Lokalgruppen, während die Patrisippe den Raum der wohlunterschiedenen<br />

Matriclans überspannt, die Bündnisse der Matriclans oder ihrer Untereinheiten reflektiert.<br />

Auf diese Funktion der Tabugemeinschaften, welche wir hier Patrisippen nennen,<br />

macht auch Westermann aufmerksam: "Die Angehörigen des gleichen Tabu bilden unter sich<br />

eine Brüderschaft, auch wenn ihnen das Bewußtsein, Stammesverwandte zu sein, längst abhanden<br />

gekommen ist. Tabugenossen sind einander uneingeschränkte Hilfe schuldig... Am<br />

deutlichsten kommt dies zum Ausdruck, wenn ein Eingeborener auf Reisen ist oder sich in<br />

fremden Ortschaften aufhält. Hat er dort nicht zufällig einen persönlichen Freund, der ihn bei<br />

sich aufnimmt, so erkundigt er sich alsbald nach seiner Ankunft, ob Tabugenossen hier<br />

wohnen; bei ihnen genießt er Gastrecht, Schutz und Beistand, er wird behandelt wie ein naher<br />

Verwandter." 294<br />

In der funktionalen Zusammenschau der von Westermann beschriebenen sozialen Institutionen<br />

der Kpelle drängt sich das Bild einer bilinearen Ordnung (lokaler Matriclans und nichtlokaler<br />

Patrisippen) auf, dessen tatsächliche Existenz sich aber nach den Informationen von Westermann<br />

nicht beweisen läßt, obgleich auch die folgenden Äußerungen von Baumann eine<br />

bilineare soziale Ordnung, allerdings auch hier entgegen der Intention des zitierten Autors,<br />

andeuten: "In Nordliberia, bei den Gbande, Buzi-Toma und Kpelle hat bei vaterrechtlicher<br />

Vererbung der Mutterbruder ein bedingtes Erziehungsrecht über die Schwesterkinder, und<br />

einige Sitten in den Häuptlingsfamilien deuten auf Mutterrecht hin. Weiter haben die Tenda sogar<br />

regelrechte mutterrechtliche Vererbung, denn hier geht der Besitz zuerst auf die jüngeren<br />

Brüder mütterlicherseits und bei derem Fehlen auf die Schwestersöhne. Die Söhne haben nur<br />

das Recht der Verwaltung des Erbes bis zum obligaten Totenopfer und Schwestersohnerbrecht<br />

meldet Arcin auch von den Landuma, während bei den Wolof (nach Gaden) neben den mutterrechtlichen<br />

Clans, >meneguenyo< stehen sollen." 295<br />

In vergleichbar komplementärer Beziehung wie bei den Kpelle stehen Individual- und<br />

Clantotemismus bei den Bachama: Die Bachama am Benue haben sowohl den Buschseelenglauben<br />

als auch den regelrechten Clan-<strong>Totemismus</strong>. Das Gruppentotem wird vaterrechtlich<br />

vererbt.<br />

Einige Gruppen haben aber daneben das tierische Alter-Ego als Individualtotem, und zwar<br />

gehört zu jedem Individuum ein bestimmtes Tier der Art, das für die ganze Gruppe typisch ist.<br />

Es ist >sein Ich

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