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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Daß ein Mann, nur weil er ein Mann ist, auch als Bruder angesprochen werden kann und eine<br />

Frau, nur weil sie eine Frau ist, als Schwester, d.h. als Verwandte, wird von den Kurnai erklärt<br />

mit dem Hinweis auf deren gemeinsame Abstammung von Mungan-Ngaua (Schöpfer der<br />

Kurnai-Mythologie), genauer von dessem Sohn und seiner Frau. Tundung ist der Stammvater<br />

der Muk-Kurnai, dessen Frau Rukut-Tundung die Stammutter der Muk-Rukut ist. Muk-Kurnai<br />

und Muk-Rukut gelten als die mythischen Ahnen der Kurnai. Auch die Muk-Jiak, die<br />

mythischen Ahnen der Tiere, sind Abkömmlinge dieses Stammeleternpaares, das alles Seiende<br />

in geschlechtlich komplementären Paaren hervorgebracht hat und auf diese Weise die Einheit<br />

des Kosmos in komplementären Hälften zusammenfaßt. Die geschlechtstotemistische<br />

Zuschreibung reflektiert allein die Stammesidentität unter Hinweis auf die gemeinsame Abstammung<br />

von diesen Ahnen, während der Individualtotemismus, sowohl in Verbindung mit<br />

dem Gruppentotemismus als auch ohne ihn, die Differenzierung dieser geschlechtstotemisch<br />

zusammengefaßten Stammesmitglieder nach Clans und Lokalgruppen reflektiert, d.h. zusätzliche<br />

soziale und rituelle Differenzierungen innerhalb des Stammes herausstellt.<br />

Mungan Ngaua 1<br />

Tundung 2 Rukut Tundung 3<br />

Muk-Kurnai 4 Muk-Rukut Muk-Jiak 5<br />

Kurnai<br />

1= Allvater der Kurnai; 2= männlicher Bull-roarer (auch<br />

Wehntwin= Großvater genannt); 3= weiblicher Bull-roarer;<br />

4= mythische Ahnen der Menschen; 5= mythische Ahnen<br />

der Tiere<br />

1<br />

6<br />

3<br />

Im Kontinuum der Relationen des Individuums,<br />

der Gruppe, des Clans<br />

und der Hälfte zu ihren Exemplaren,<br />

Populationen und Spezies bestimmt<br />

die Herausstellung einer oder die Zurückstellung<br />

der anderen Relationen,<br />

ob mit ihm die kleineren oder<br />

größeren sozialen Gruppen und<br />

Verbände oder die persönlichen<br />

rituellen Verhältnisse, oder jene der<br />

Kultgruppen ausgewiesen werden.<br />

Da die zurückgestellten Relationen<br />

durch ihre Zurückstellung nicht<br />

negiert, sondern nur als latente Relationen im Hintergrund gehalten werden, kann man über<br />

ihre Herausstellung auch stets das Kontinuum zum rituellen Verhältnis einer Person zu ihrem<br />

Individualtotem wieder herstellen, d.h. zu jener Weltanschauung, deren Struktur die totemistische<br />

Gliederung des Stammes realisiert.<br />

Geschlechtstotemistische Differenzierung der<br />

Frauen in Gattinnen und Verwandte:<br />

E1 P1 E2 P2<br />

E1 (MB) P1 (M) E2 (V) P2 (VZ)<br />

E1 (MBS) P2 (Fr) E2(Ego) P1 (Z)<br />

E1 P1 E2 (S) P2 (T)<br />

E= Emu-Zaunkönig; P= Prachtsingvogel;<br />

E1-4=Gruppen von E, P1-4= Gruppen von P<br />

Frazer ignorierte in seiner Darstellung auch<br />

die Regel oder die Institution, welche sicherstellt,<br />

daß mein Bruder und ich dasselbe Totemtier<br />

haben (Exemplare derselben Spezies)<br />

und meine Schwester aber ein anderes, das<br />

sie wiederum mit einer weiteren Schwester<br />

teilt (Exemplar einer anderen Spezies), ohne<br />

die aber die Fixierung der Assoziationen:<br />

Bruder→ Mann→ Fledermaus sowie Schwester→<br />

Frau→ Eule, gar nicht festschreibbar<br />

wäre. Die Voraussetzung für diese Art der<br />

Assoziationen ist eine parallele Zuschreibung,<br />

die garantiert, daß alle Männer ohne Unterschied<br />

der Generation zu einer Population<br />

ihrer Spezies gehören und alle Frauen zu<br />

einer Population einer anderen Spezies, und<br />

die Exemplare der Populationen mit ihrem Elternteil jeweils durch Abstammung verbunden<br />

sind. Da dieser Gegensatz einen Mann mit seinen eigenen leiblichen Schwestern, einen Vater<br />

mit seinen eigenen leiblichen Töchtern in einen Gegensatz bringt, der aber dem entspricht, den<br />

er zu seiner eigenen Frau unterhält, andererseits Frauen wie Männer aus verschiedenen Lokal-

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