Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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Zuschreibungsvarianten des Individualtotems in Australien<br />
Stamm Sukzession Initiationsoffenbarunnen<br />
durch Schama-<br />
Traumoffen-<br />
Divination<br />
übertragen barung<br />
Kurnai patrilinear + + + -<br />
Yuin patrilinear + + - -<br />
Wiradjuri patrilinear + + - -<br />
Maryborough St. patrilinear + - - -<br />
Aranda matrilinear + - - -<br />
Ungarinyin matrilinear + - - -<br />
Unambal matrilinear + - - -<br />
Nyigina matrilinear + - - -<br />
Worara matrilinear + - - -<br />
Yautheikeno matrilinear + - - +<br />
Tjongandji -- - - - +<br />
Euahlayi patrilinear - + - -<br />
nach: Joseph Haekel, Zum Individual- und Geschlechtstotemismus in Australien, Wien 1950,<br />
S.37ff<br />
(mit 4 eigenen Ergänzungen)<br />
1<br />
6<br />
1<br />
Sicherlich stellen die Indizien dieses Nachweises die kulturhistorische Rekonstruktion vor<br />
größere Probleme als den Versuch der funktionalen Ableitung des Individual- wie des Geschlechtstotemismus,<br />
der eigentlich nur eine Sonderform des klassifizierenden Hälftentotemismus<br />
darstellt, ableitbar aus dem Individualtotemismus unter der Bedingung seiner Zuschreibung<br />
nach paralleler Deszendenzregel; denn sowohl das Beispiel der Yanomamö als auch das<br />
der Menri-Semang zeigen, daß die Institutionalisierung der unilinearen Vererbung des Alter-<br />
Ego-Tieres dieses Tier als Exemplar zum Individualtotem einer Person und als Spezies zum<br />
Gruppentotem einer family line und später dann einer Lineage machen, und mit der Institutionalisierung<br />
der unilinearen Zuschreibung die Voraussetzungen erfüllen, die der Ausbau der organischen<br />
Solidarität<br />
dieser<br />
Stämme stellt,<br />
wenn er erfolgen<br />
sollte, d.h.<br />
ihrerseits institutionalisiert<br />
werden müßte<br />
in einem Regelwerk<br />
komplementärer<br />
Ergänzung,<br />
für das der<br />
Geschlechtstotemismus<br />
eine<br />
Vorlage<br />
liefert.<br />
Daß der sog. Geschlechtstotemismus als eine Sonderform des Moiety-<strong>Totemismus</strong> aus dem Individualtotemismus<br />
abzuleiten ist, nämlich über die konsequente Durchführung der parallelen<br />
Zuschreibungsregel des Individualtotems, läßt sich an den australischen Beispielen, den einzigen<br />
Beispielen übrigens, die man unter diesem Namen zu einem besonderen <strong>Totemismus</strong>typus<br />
zusammengefaßt hat, zeigen, welche auf diesem Wege außerdem den Charakter ihrer Kuriosität<br />
wieder verlieren.<br />
Mit seiner rhetorischen Frage: "Ist vielleicht überhaupt eine alte Verbindung des Geschlechtstotemismus<br />
mit dem individuellen <strong>Totemismus</strong> anzunehmen?" 276 hat Haekel eine Hypothese<br />
von Frazer wieder aufgegriffen, nach der jener den Individualtotemismus aus dem Nagualismus<br />
oder Alter-Ego-Glauben abgeleitet hatte und den Geschlechtstotemismus wegen der deutlichen<br />
Anklänge an den Nagualismus aus dem Individualtotemismus herzuleiten versuchte. Einheimische<br />
Aussagen über den Individualtotemismus faßt Frazer dementsprechend zusammen: "Das<br />
Totem ist nach dieser Theorie lediglich das Gefäß, in dem ein Mensch sein Leben aufbewahrt."<br />
277 So beschreibt Frazer eine Funktion der Außenseele des Menschen, die sowohl in<br />
Verbindung mit der Institution des <strong>Totemismus</strong> als auch ohne <strong>Totemismus</strong> vorkommt,<br />
totemistisch aber nur unter der Bedingung unilinearer Vererbung. Vor allem die Hinweise von<br />
Howitt haben Frazer und dann später auch andere zu dieser Hypothese geführt. Die Wotjubaluk<br />
erklärten: "The life of Ngunungunut (Fledermaus/ H.S.) is the life of a man and the life of<br />
Yartartgurk (Eulen-Ziegenmelker/ H.S.) is the life of a woman." 278 Howitt kommentierte diese<br />
Aussage: "The true character of the sex totem is shown by the expression >the life of a bat is<br />
the life of a man