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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Die geschlechtsspezifisch positive oder negative Annotation des Individualtotems differenzierte<br />

die Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Mobilität in zwei imaginäre Hälften: 1) in<br />

Personen, die ihren Geburtsort nicht verließen (die Männer) und 2) in die Personen, die ihren<br />

Geburtsort mit der Heirat verlassen mußten (die Frauen); d.h. die patrilineare Vererbung des<br />

Individualtotems signalisierte mit der Ausschaltung der Vererbung des mütterlichen Individualtotems<br />

sowohl die Verbundenheit des Individualtotems mit dem Ort als auch die Mobilität<br />

der Frauen, aber vor allem sicherte sie den Männern, die nur die Frauen der eigenen Lokalgruppe<br />

nicht als Gattinnen wählen durften, die Offenheit der Wahl ihrer Gattinnen. Frazer<br />

stellte das Zusammenwirken von Lokalexogamie und patrilinearer Vererbung des Individualtotems<br />

heraus. „While marriage among the Kurnai was regulated by locality and not by the<br />

thundungs or personal totems of the parties, it nevertheless happened that under the rule of<br />

male descent the personal totems were segregated into marrying districts, and so indirectly<br />

affected or seemed to affect marriage. For since a man regularly brought his wife to his district,<br />

and she did not transmit her personal totem, it follows that in the same district the same totem<br />

was inherited without change from generation to generation. Thus under the iunfluence of<br />

paternal descent these personal totems became localized in certain areas; and as marriage was<br />

regulated by these areas (Lokalexogamie/H.S.) it might appear that the totemic area, in so far<br />

as it coincided with the exogamous local area, also regulated marriage.“ 261 So wie das Individualtotem<br />

ein immobiles Verhältnis zur Gemarkung der Gruppe (Flur, Parzelle oder Ort)<br />

ausdrückte, legte der Wohnortswechsel, welcher, der Reseidenzregel wegen, den Frauen<br />

abverlangt wurde, solange die Aufgabe der Vererbungsoption des Individualtotems der Frauen<br />

nahe, wie mit ihrer Verheiratung (was sowohl bei Schwesterntausch als auch bei jeder anderen<br />

Form unmittelbaren und direkten Tauschs gewährleistet war) keine Verpflichtungen seitens des<br />

Frauennehmers gegenüber den Frauengebern verbunden wurden.<br />

Die Zahl der heiratsfähigen Frauen einer Lokalgruppe grenzt das Maximum der Gruppen ab,<br />

mit denen diese Lokalgruppe Frauen tauschen kann (bei n Frauen sind es n Gruppen, bei 17<br />

Lokalgruppen also 16, wenn die eigene Gruppe 16 heiratsfähige Frauen anbieten kann). Die<br />

demographischen (Gruppengröße) und die territorialen Bedingungen legen Dreier-, Viereroder<br />

Fünfer (an Clanrändern)-Allianzen nahe, in denen sich diese 17 Lokalgruppen auf die fünf<br />

Clangebiete verteilen, welche als Verbände gelegentlicher Allianz, aber mit einer statistisch<br />

steigenden Wiederholungstendenz, sukzessive einen Clan bilden (Reduzierung der<br />

Tauschalternativen durch Wiederholung bestehender Allianzen), der an seinen Gebietsgrenzen<br />

(d.h. im Austausch von Lokalgruppen beiderseits einer Clangrenze) ebenfalls sehr wahrscheinlich<br />

mit anderen Clans in Austauschbeziehungen stehen wird. Mit der Wiederholung von<br />

Austauschbeziehungen unter den Lokalgruppen fixieren sich zwischen einigen festere Tausch-<br />

Verhältnisse mit einer steten Tendenz zur Exklusivität, deren Wahrnehmung Howitt zu der<br />

folgenden Feststellung veranlaßte: „Looked at from the standpoint of marriage, the<br />

organisation of the Kurnai on a geographical basis, in local groups, contrasts strongly with the<br />

Dieri organisation in class division… One of the Kurnai belongs only by birth to that group of<br />

people of the local organisation to which his father and father’s father belonged. As there is no<br />

class organisation he cannot, to use a Dieri term, be Noa to any group of woman of the other<br />

class; but what amounts to much the same in principle, he belongs to a local group which<br />

marries only with certain other local groups, and to which, to apply the Dieri term, he is Noa<br />

(marriageable). As he obtains a wife from one of these groups, so does his sister go as a wife<br />

to some man of one or other of them.“ 262 Eine Reduktion der Allianz auf deutlich weniger als<br />

die 17 Kurnai-Lokalgruppen (im Durchschnitt auf 17/5=3,4), also auf Dreier- und Vierer-<br />

Hauptallianzen mit Zusatzallianzen an den Clan-Rändern erlaubte die Übertragung des Namens<br />

Maian (=Gattin) auf die Frauen der eigenen Allianzpartnergruppen und reflektierte dann auch<br />

261 J.G.Frazer, Totemism and Exogamy, I, London , p.498<br />

262 A.W.Howitt, Native Tribes of Southeast Australia, London 1904, p.270<br />

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