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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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natürlichen Art, totemistisch, vor allem deshalb, weil diese Korrelation, die für einen<br />

Personenkreis maßgeblich ist, mit der Clanzuschreibung zusammen unilinear vererbt wird. Die<br />

Assoziation kommt logisch nach der im folgenden Schema abgebildeten Vorgehensweise<br />

zustande.<br />

Auf das Beispiel des polynesischen <strong>Totemismus</strong> kann sich auch die religionshistorisch negative<br />

Hypothese von Ankermann nur unter großem Vorbehalt berufen: "Eine Religion des <strong>Totemismus</strong><br />

und einen totemistischen Kult hat es nie gegeben," 26 die weitaus weniger anfechtbar<br />

gewesen wäre, wenn er sie etwa so formuliert hätte, daß der religiöse Status des Totems umgekehrt<br />

proportional zur manifesten sozialen Funktion des Totems steigt, und daß die religiöse<br />

Verehrung des Gegenstandes in dem Maße wächst, in dem es weniger als Gruppenbezeichnung<br />

denn vielmehr als Anwesenheitszeichen, Aufenthaltsort oder gar Verkörperung eines numinosen<br />

Wesens, Geistes oder Ahnen begriffen wird.<br />

Denn es gibt tatsächlich Beispiele, in denen die soziale Funktion und die religiöse Funktion in<br />

der Abbildungsbeziehung zwischen den Gruppen und den natürlichen Arten koexistieren.<br />

Durkheims Hypothese wäre ohne sie nicht denkbar, also Beispiele, welche in dieser Skala eine<br />

Mittelstellung einnehmen.<br />

A:B= B:C= A:C<br />

A --> B B -----> C A ----> C<br />

Gruppe 1 --> Atua 1 Atua 1 -----> Tier 1/Pflanze 1 Gruppe 1 ----> Tier 1/Pflanze 1<br />

Gruppe 2 --> Atua 2 Atua 2 -----> Tier 2/Pflanze 2 Gruppe 2 ----> Tier 2/Pflanze 2<br />

Gruppe 3 --> Atua 3 Atua 3 -----> Tier 3/Pflanze 3 Gruppe 3 ----> Tier 3/Pflanze 3<br />

Gruppe n --> Atua n Atua n -----> Tier n/Pflanze n Gruppe n ----> Tier n/Pflanze n<br />

Atua<br />

Repräsentation Epiphanie Besessenheit<br />

körperlicher Gegenstand<br />

Idol<br />

ständiges Zentrum<br />

ritueller und religiöser<br />

Aktivität<br />

natürliche<br />

Spezies<br />

Totem<br />

Habitat von<br />

sozialem Interesse<br />

soziale Gruppe<br />

Medium<br />

Mensch<br />

Quelle prophetischer<br />

Offenbarung<br />

Wie Ankermann mit afrikanischen Beispielen, wenn auch weniger deutlich, so zeigt Firth mit<br />

polynesischen Beispielen, daß der <strong>Totemismus</strong> in Polynesien nur eine besondere Erscheinungsform<br />

eines allgemeinen religiösen Systems ist, in dem der <strong>Totemismus</strong>, wenn überhaupt,<br />

dann nur eine Nebenrolle spielt. Aber die Funktion, die hinsichtlich des religiösen Systems als<br />

Nebenrolle erscheint, kann unter anderen Bedingungen und unter einem anderen Gesichtspunkt<br />

durchaus einen eigenen Status besitzen, nicht zuletzt eine systemeigene Alternative darstellen,<br />

deren praktische Nutzung aussteht oder in der sozialen Dimension nur erst rudimentär entwickelt<br />

ist.<br />

Die systematische Stellung des<br />

<strong>Totemismus</strong> in Polynesien läßt<br />

sich kurz mit dem Schema von<br />

Firth (siehe nebenan),<br />

zusammenfassen.<br />

Die natürlichen Spezies, welche<br />

als bevorzugte Medien der<br />

göttlichen Erscheinung oder<br />

Offenbarung fungieren, stehen<br />

zwar systematisch als funktionale<br />

Äquivalente neben anderen<br />

körperlichen Gegenständen und<br />

sogar neben dem Menschen, der<br />

diese Funktion (Medium einer Gottheit zu sein) für sich auch selbst erfüllen kann, aber sie<br />

stellen den bei weitem größten Anteil, demgegenüber Mensch und lebloser Gegenstand eher<br />

eine Ausnahmerolle einnehmen.<br />

Und eben diese quantitative Bevorzugung der natürlichen Spezies hat seine eigene Bedeutung,<br />

26 B.Ankermann, Die religionsgeschichtliche Bedeutung des <strong>Totemismus</strong>, Neue Jahrb. f.d. Klass.<br />

Altertum, XXXIX, 1917, S.498<br />

1<br />

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