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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Frauen abwechselnd aus den Klassen der anderen Hälfte gewählt werden müssen:<br />

Die Mütter aller Aa sind d, aller Cc sind b, aller Dd sind a, aller Bb sind c, d.h. die der Wuiur-<br />

Hälfte entweder d oder b, die der Kidir- Hälfte entweder a oder c.<br />

Das mit der Erscheinung der Individuen selber nicht mehr sichtbare Mitwirken der Frauen aus<br />

den Klassen der anderen Hälfte wird registriert in dem Individual- oder Traumtotem, das auf<br />

diese Weise an den mütterlichen Zeugungsbeitrag erinnert, und zwar nicht nur weil es matrilinear<br />

vererbt wird. Das Individuum, das als Inkarnation eines Wondjina oder seines ya-yari<br />

verstanden wird, ist also die Verkörperung einer Seele, deren Vermittlung der Mutter allein zu<br />

verdanken ist und da die mütterliche Leistung nicht weiter bei der sozialen Differenzierung des<br />

Individuums in Erscheinung tritt, bezieht sie sich nur auf die wesentliche Beziehung des<br />

Individuums zu der komplementären Hälfte seiner Gruppe.<br />

Das Vierklassensystem versichert die<br />

B = a → D = c → B = a →<br />

A = b → C = d → A = b →<br />

D = c → B = a → D = c →<br />

C = d → A = b → C = d →<br />

Clansolidarität über die geschlechtsspezifisch<br />

orientierte Verteilung der<br />

Kinder auf die Stammeshälften, die<br />

zugleich die Verteilung der Großeltern<br />

wiederholt: 1. verlassen die<br />

Töchter immer ihre eigene Hälfte und 2. bleiben die Söhne immer in ihrer eigenen Hälfte. Der<br />

Sinn der Heiratsklassenordnungen ist also eher in der Verteilung der Kinder zu suchen (das<br />

wird im 8-Klassensystem noch deutlicher) als in dem Austausch der Frauen, denn es sind die<br />

Kinder, über deren Zuschreibung der ganze Stamm partizipiert.<br />

Wenn wir die Heiraten in zyklischer Folge darstellen und jedes Kennzeichen einer Heiratsklasse<br />

mit den 4 Totems versehen, die ein Individuum mindestens besitzt, dann wird die<br />

determinierende Funktion des Individualtotems für die Zuschreibung der Heiratsklassen sichtbar.<br />

M F M F<br />

B4 B3 B2 C1 = D1 A2 A3 A4 → D4 D3 D2 A1 = B1 C2 C3 C4 →<br />

A4 A3 A2 D1 = C1 B2 B3 B4 → C4 C3 C2 B1 = A1 D2 D3 D4 →<br />

D4 D3 D2 A1 = B1 C2 C3 C4 → B4 B3 B2 C1 = D1 A2 A3 A4 →<br />

C4 C3 C2 B1 = A1 D2 D3 D4 → A4 A3 A2 D1 = C1 B2 B3 B4 →<br />

A,B,C,D = Sections; 1=Yari, 2=Ungur,3=Kian,4=Amalad<br />

Das mütterliche Individualtotem bestimmt alle Totems, die das Kind väterlich erbt. Damit wird<br />

Durkheims Behauptung, daß die Funktion des Individualtotems den anderen Gruppentotems<br />

untergeordnet ist, hinfällig und die spezifische soziale Funktion (Operator der organischen<br />

Solidarität), die dieses Totem erfüllt, ganz deutlich.<br />

Die Mutter vererbt ihrem Kind das Individualtotem, das einem Totem ihrer Gruppe entspricht<br />

und das die gleiche Funktion erfüllt, wenn es eine Tochter ist, oder das dem Sohn die Frauen<br />

A = b → Cc wird ergänzt durch C = d → Aa<br />

B = a → Dd wird ergänzt durch D = c → Bb<br />

C = d → Aa wird ergänzt durch A = B → Cc<br />

D = c → Bb wird ergänzt durch B = a → Dd<br />

vorschreibt, die er heiraten kann.<br />

Das Individualtotem des Sohnes entspricht nicht nur einem Gruppentotem der Mutter, sondern<br />

es repräsentiert auch die Heiratsbeziehung des Vaters. Andererseits entspricht das<br />

Gruppentotem des Sohnes dem Individualtotem der Mutter und das Individualtotem der<br />

Sohnesfrau entspricht dem Gruppentotem des Sohnesvater, während das Gruppentotem der<br />

Sohnesfrau wiederum mit dem Individualtotem des Sohnesvaters übereinstimmt.<br />

Stellt man die Individuen nur unter dem Gesichtspunkt ihrer Individualtotems in Beziehung,<br />

dann erkennt man, daß auch diese Beziehungen mit den Regeln der Heiratsklassenordnung<br />

übereinstimmen, nur mit dem Unterschied, daß sie die unvollständige Sequenz aus einem Paar,<br />

1<br />

3<br />

6

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