Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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Blackfellow- Law's, eben jener <strong>Totemismus</strong>, der von den Ahnen, die deshalb auch totemistische<br />
Ahnen genannt werden, eingesetzt worden ist.<br />
Die räumliche Beziehung der Totems kommt in ihrer Beziehung zu den Ungurzentren zum<br />
Ausdruck, zu jenen Plätzen, an denen die Vermehrungsriten und die Totengedächtnisfeiern<br />
durchgeführt werden, an jenen Plätzen, an denen die Geistkinder gefunden werden oder an<br />
denen die ban-man ihre Quarzkristalle erhalten oder Zwiesprache mit Ungud pflegen, an jenen<br />
Plätzen, die nicht zuletzt auch Eigentum einer lokalen Gruppe oder einer Kultgruppe sind. 243<br />
Folgende Nyigina-Djalnga (Totems) gehören zu den folgenden Nguras (Clangebieten): Dareal<br />
zu Nyilgar, Gurallagwana zu Woalar, Manggaiara, Pandernggila und Banaka zu Djirkali,<br />
Midumali zu Kilgili, Waragana zu Langan, Pambida und Djabara zu Manda, Ngaliag zu<br />
Maluggu und Ingurug zu Tombigi. 244 Auf diese Weise zeichnet sich das Verhältnis des<br />
Heiligen zum Profanen in die Landschaft ein und gibt dem sehenden Auge all jene Hinweise,<br />
die der Wanderer braucht, um unangefochten in dieser Gegend zu überleben.<br />
Da die Totemkategorien der Ungarinyin und Unambal exogame Gruppen unterscheiden und<br />
gegenseitig in soziale und religiöse Beziehungen bringen, erfüllen sie auch spezifische Funktionen<br />
der Verwandtschaftsordnung, der Regulierung des Gaben- und Frauentausches zwischen<br />
den Gruppen, die sie auszeichnen, was auch unmittelbar die Übereinstimmung der Hälftentotemgruppen<br />
mit den exogamen Hälften der genannten Stämme anzeigt.<br />
Die Hälftentotemgruppen repräsentieren die Komplementäre eines Ganzen, das als dieses<br />
Ganze sowohl als religiöse Gruppe als auch als endogamer Kreis operiert, die ihre Legitimation<br />
gegenüber den Abstammungsgruppen, welche sie integrieren, durch ihre Abstammung von<br />
zwei mythischen Vorfahren, welche in derselben komplementären Beziehung zueinander<br />
standen, wie die beiden Hälften gegenwärtig stehen, bezieht, und die nur zusammen genauso<br />
wie einst jene Heroen als Hälftengruppen dieses Ganze, d.h. den Kosmos, in seiner Erscheinung<br />
halten können.<br />
Dementsprechend werden die religiösen Rechte und Pflichten, Werte und Heiligtümer auf diese<br />
beiden Hälftengruppen aufgeteilt, und zwar so, daß die Vertreter der einen Seite ihre Funktion<br />
nur zusammen mit den Vertretern der anderen Seite erfüllen können, so daß ihre soziale<br />
Beziehung als das reziproke Verhältnis der auf die Hälften verteilten Abstammungsgruppen<br />
erscheint. Keine der Abstammungsgruppen kann in ihrer Hälfte über das Ganze verfügen, es<br />
sich einverleiben, sondern ist nur legimiert durch ihre Hälfte des Seins, die an sich unzureichend<br />
ist. Nur die Interaktion der Abstammungsgruppen beider Seiten reproduziert die Schöpfung,<br />
genügt ihrer Ordnung, nur der Austausch beider Seiten versichert jeder Abstammungsgruppe<br />
die Verbindung mit der Traumzeit. Die in der Dual-Ordnung verbundenen Hälften<br />
stellen deshalb auch den endogamen Kreis dar, über dessen Grenzen hinaus ein Austausch<br />
der Abstammungsgruppen regulär nicht mehr möglich ist, weshalb der durch sie abgesteckte<br />
Kreis zugleich auch das Connubium der Abstammungsgruppen repräsentiert, welche durch die<br />
Hälften integriert werden. Dieser Kreis wird nur durch die Kultgruppen überschritten, deren<br />
soziale Funktion, die nicht ihre wesentliche Funktion ist, als Integration der nachbarschaftlichen<br />
Stämme oder als die Tür zur Außenwelt in der eigenen Hälfte begriffen werden kann.<br />
Dieses reziproke Connubium wird bei den Ungarinyin, deren Verwandtschaftssystem nur<br />
Hälften, also keine Heiratsklassen berücksichtigt, über die Heiratsvorschriften und die Regeln<br />
der Totemzuschreibung differenziert und integriert, während es bei den Nyigina von ihrer Klassenordnung<br />
(Sectionordnung) reguliert wird, die bei ihnen von der Totemordnung kommentiert<br />
und vervollständigt wird, und zwar hinsichtlich der Berücksichtigung jener Beziehungen, die<br />
die unilineare Abstammungsrechnung ausklammert. Wir werden also sehen, daß der <strong>Totemismus</strong><br />
in der Dual-Ordnung die bilateralen Beziehungen und ihre Bedeutung für die Abstammungslinien<br />
reflektiert, die das unilineare Zuschreibungsprinzip unterdrückt; d.h. der Totemis-<br />
243 Siehe: H.Petri, Sterbende Welt in Nord-West- Australien, Braunschweig 1954, S.196<br />
244 Siehe: H.Petri, Sterbende Welt in Nord-West- Australien, Braunschweig 1954, S.287<br />
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