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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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verschiedener Gruppen der eigenen wie der oppositionellen Hälfte, die man auf den<br />

verschiedenen Wegen der Vererbung (patri- oder matrilinear) erhält und unterhält dementsprechend<br />

auch Beziehungen zu allen diesen Gruppen, sei es als Person oder als Gruppenmitglied.<br />

Elkin erinnert an die klassifizierende Funktion der Totems und weist in diesem<br />

Zusammenhang daraufhin, daß diese Funktion die Artikulation und Affirmation der sozialen<br />

Solidarität sowohl in einer semantischen als auch in einer religiösen Dimension übersteigt: "It is<br />

not only a system of naming the hordes, and incidentally of expressing and preserving their<br />

strong local solidarity, and a means of binding hordes together by a co-operative system of<br />

ritual responsibility which is concerned with the maintainance and increase of natural phenomena<br />

and species by a method to be described later; it is also a method of classifying nature."<br />

236<br />

Über die Zuschreibung spezifischer Totems, der Stammeshälfte, der Heiratsklasse, des Clans,<br />

der Kultgruppe werden alle sozialen und religiösen Beziehungen dargestellt, welche die Stellung<br />

des Individuums sowohl in seinem großen Kosmos als auch in seiner unmittelbaren<br />

Stammesumwelt anzeigen. Geburt, Initiation, Heirat und Tod sind die Augenblicke, in denen<br />

diese Beziehungen eine Transformation durchmachen, welche sonst, d.h. zwischen diesen<br />

Zeiten des Übergangs, relativ stabil sind. Über die Zuschreibung eines jeden Dinges in der Welt<br />

durch den klassifizierenden <strong>Totemismus</strong> zu jeweils einer Hälfte (moiety) wird die Ordnung der<br />

Welt vorgestellt, der Inhalt des Bewußtseins jeder Person oder aller Gruppenmitglieder, findet<br />

das Seiende im Ganzen seinen Ausdruck.<br />

religiös sozial<br />

matrilinear Yari lokal<br />

patrilinear Ungur Kian<br />

Amalad universal<br />

Neben der Gliederung des Stammes in Hälften<br />

und Klassen weist der <strong>Totemismus</strong> eine<br />

Gliederung nach Hälften, Kultgruppen und lokalen<br />

Clans aus, die einen hierarchischen Charakter<br />

hat, der der Macht der Wesen (Ungud und<br />

Wondjina) entspricht, welche diese Totems repräsentieren. Einer Beschränkung der Macht für<br />

die Wondjina auf Orte und Gebiete steht eine Ausdehnung der Macht Unguds auf das Universum<br />

gegenüber, die reflektiert wird in den entsprechend variierenden Geltungsbereichen der<br />

einzelnen Totemkategorien (amalad= universal; yari, ungur, kian= lokal) (Siehe Tabelle nebenan<br />

).<br />

soziale Gemeinschaft lokaler Clantotem<br />

Kian<br />

Clan<br />

Gesellschaft Stamm Hälftentotem Amalad<br />

Kultgemeinschaft lokal Kultgruppentotem Ungur<br />

Kultgesellschaft lokal Traum-Totem Yari<br />

Universum universal klassifizierendes Totem Amalad<br />

Der Geistkinderglaube<br />

ist die logische Konsequenz<br />

einer Kosmologie,<br />

die nur eine wirkliche<br />

Mutter kennt und<br />

nur eine Gebärerin allen<br />

Lebens: Ungud. Gegenüber dieser Wirklichkeit ist alles Gebären der sterblichen Wesen, ja alles<br />

sterbliche Leben selbst, nur Schein, Sein, das sein Nichtsein bei sich hat und sein Wesen dadurch<br />

erfüllt, daß es aus seinem Nichtsein heraustritt und sein Nichtsein durch Vermählung<br />

aufgibt. Gefährdung und Wagnis des Seins werden dem Einzelnen an sich selbst durch sein<br />

Individualtotem offenbar, durch die Steigerung seiner Fähigkeit, sich dieser Traumseele zum<br />

Wohle seiner selbst, seiner Verwandten und Freunde effektiv zu bedienen oder durch den Angriff<br />

auf sie nach der Entdeckung des Geheimnisses seines Namens, der seinen Tod begründet.<br />

Der unsterbliche Keim, der das Sterbliche erst aufleben läßt, kann gar nicht aus dem Sterblichen<br />

selbst hervorgehen, die Unsterblichen wohnen dem Sterblichen nur ein, um auf diese<br />

Weise die Schöpfung, in der sie erscheinen, aufrechtzuerhalten oder anders ausgedrückt: ein<br />

spezifisches Verhältnis zu sich selbst zu fixieren, das sie in der Form hält, in der sie erscheinen.<br />

Aus diesem Grunde verlangt die Kindergeburt eine ganze Reihe von kultischen Vorbereitungen<br />

und Versicherungen, damit die "Heiligen", in Nordwestaustralien: die Wondjina oder Rai,<br />

236 A.P.Elkin, Totemism in North-West Australia, Oceania III, 1932, S.460<br />

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