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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Mensch als Einzelwesen oder der kosmische Mensch ist." 233 Nach der Übersetzung der australischen<br />

Section-Namen durch C.G.von Brandenstein erscheint diese Parallele umfassend,<br />

d.h. in kosmologischer Dimension. Der altaustralische Kosmos wird, wie dies schon in einzelnen<br />

Mythenzyklen, etwa dem um Baiame erkennbar gewesen ist, als der Große Mensch oder<br />

als der Welt-Mensch sichtbar. Diesen Grundgedanken religiöser Kosmolgie faßt der Dichter<br />

mit diesem Satz zusammen: "Eines zu sein mit Allem, das ist das Leben der Gottheit, das ist<br />

der Himmel der Menschen." Das Ganze repräsentieren die Hälftentotems in ihrem komplementären<br />

Verhältnis, das Ganze repräsentiert der Stamm in seiner Differenzierung nach Totemgruppen<br />

und den Regeln ihrer Integration (Heiratsregeln). Und dieses Ganze spiegelt sich<br />

wieder in der totemischen Differenzierung eines jeden Individuums, die ihm anzeigt, mit welchen<br />

Personen es sich verbinden muß, um sich als Eines realisieren zu können.<br />

Stämme Ungarinyin Unambal Nyigina<br />

Deszendenz patrilinear patrilinear patrilinear<br />

Residenz patrilokal patrilokal patrilokal<br />

Hälfte I patrilinear patrilinear patrilinear<br />

Hälfte II -- -- matrilinear<br />

Klassen -- -- 4<br />

Typ Ungarinyin Ungarinyin Kariera<br />

harmonisch harmonisch harmonisch<br />

Hälftentotem Amalad I, II -- --<br />

Walamba Kuranguli Wuiur<br />

Yara Banar Kidir<br />

Clantotem Kian Gi I Rai (Clan)<br />

Kultgruppentotem Ungur Gi II Rai (Kultgr.)<br />

Individualtotem Yari Järi Rai (Traum)<br />

Immer wieder<br />

versicherten die<br />

Gewährsleute der<br />

Ethnographen, daß<br />

mit dem Ende der<br />

Geltung des<br />

Blackfellow-Law's<br />

(Wunan) nicht nur die<br />

durch diese Gesetze<br />

verbürgte Harmonie<br />

des Lebens ein Ende<br />

findet, sondern auch<br />

die Wahrscheinlichkeit,<br />

daß die Menschen<br />

die Mirirubegabung entdecken, d.h. daß ban-men und Corroboree-Doctoren erscheinen<br />

oder daß diese ihre einst entdeckte Begabung wieder verlieren; und wer Lommels letzte Bestandsaufnahme<br />

des Verfalls dieser Kultur, ihren "Fortschritt ins Nichts," 234 zur Kenntnis<br />

nimmt, sieht die Spuren, welche die Erfüllung dieser Feststellung hinterläßt.<br />

Der Geistkinderglauben, der die Akteure des consensus omnium des Kosmos reflektiert, führt<br />

uns über diesen Consensus auch zur soziologischen Dimension des Handelns der Nordwest-<br />

Australier, zum sozialen Consensus, den der <strong>Totemismus</strong> reflektiert, legitimiert und reguliert.<br />

Wir dürfen in diesem <strong>Totemismus</strong> ein System der Vorstellung und der Selbstdarstellung aller<br />

Beziehungen und Verpflichtungen des Menschen zu Seinesgleichen, zu den Göttlichen und zur<br />

Welt begreifen, in dessem Zentrum die Schöpferkraft Unguds und die Teilhabe () an<br />

ihr über die Wondjina steht, zu deren heiligen Plätzen die lokalen Gruppen, deren Totems sie<br />

sind, wie die Individualtotems gehören.<br />

In diesem System reflektieren die Nordwestaustralier ihre gegenseitigenVerhältnisse sowie die<br />

ihrer Gruppen (Person-Gruppe, Gruppe-Gruppe, Gruppe-Hälfte, Gruppe-Stamm) und in ihm<br />

stellen sie sich die Regeln ihrer Beziehungen und Verhältnisse (Vererbung, Recht, Verpflichtung,<br />

Ergänzung, Status, Rolle etc.) in und zu ihrem Kosmos vor. "Der Geistkinderglaube<br />

spielt in diesem Ideenkreis eine vermittelnde Rolle, denn die von einem mythischen Heroen<br />

hervorgebrachten und damit präexistenten Geistkinder (ya- yari) sind das spirituelle Band zwischen<br />

dem Menschen, seinen Totems und der großen Vergangenheit," 235 das als Glaube (Kollektivvorstellung)<br />

bereits eine sozialen Tatsache ist, den sozialen Konsensus hervorbringt oder<br />

reproduziert und über die Totemabzeichen und ihre Verteilung auf die Gruppen des Stammes<br />

auch ein reales Band der Gruppen, Hälften und des Stammes ist. Man besitzt Totems<br />

233 R.C.Zaehner, Der Hinduismus, München 1979, S.55<br />

234 A.Lommel, Fortschritt ins Nichts, Berlin, Wien 1981<br />

235 H.Petri, Sterbende Welt in Nord-West- Australien, Braunschweig 1954, S.175<br />

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