fermahl zum Clangott avanciert ist, projiziert Freud den Ödipuskonflikt, speziell das Verlangen nach dem Vatermord, und bedient sich auf diese Weise beider Theorien um den Hiatus zu schließen, der die Urhorde von der von ihm als matrilinear und totemistisch gezeichneten Kulturhorde trennt. Einmal verbindet Freud seine Untersuchungen über Tierphobien mit der Theorie von Robertson-Smith, denn in Tierphobien, so konnte er klinisch zeigen, projiziert das Kind seinen Haß gegen den Vater auf ein Tier, mit dem sich dann das Kind selbst verwandt fühlt. So erklärt er die Übertragung und Verschiebung des Tabus vom Ursprung zum Ersatzobjekt. Diese Theorie wird für ihn der Schlüssel zur Deutung des Materials von Robertson-Smith. Zum anderen wird dieses Konzept der Übertragung in das Szenario der Revolte in der Affenhorde rückprojiziert, wo sie jetzt das Ende der Aggressionen, welche die Revolte provozierten, erklären und der emotionalen Bewältigung des Vatermords dienlich werden. Die aus der Horde verjagten und ihren Vater hassenden Männchen rotten sich also zusammen und erschlagen ihren Vater, den sie gemeinsam auch noch verzehren, um sich endlich auch die ersehnten Weiber aneignen zu können. Während der Mahlzeit aber setzt wieder der Prozeß der Identifizierung mit dem Vater ein, mit dem gehaßten und gefürchteten Urvater. Weil jeder sich auch während der Mahlzeit ein Stück von ihm und seiner Stärke angeeignet hatte, wurde sie auch zum ersten Fest der Menschheit. Diese Mahlzeit konnte aber nicht mehr vergessen werden. Die Schuldgefühle, die sich retrospektiv einstellten, verlangten nach ihrer Beruhigung, die sich erst einstellte, als man die feindseligen Gefühle in die Außenwelt warf und sie dabei von sich löste, indem man sie auf ein Ersatzobjekt schob, das jetzt den getöteten Vater vertrat und alle Wut auf sich zog. Dieser Projektionsvorgang mußte öfter wiederholt werden und im Zuge dieser Wiederholungen wurden die Ereignisse schließlich ritualisiert und in regelmäßigen Gedenkfesten und Totemmahlzeiten verarbeitet, welche sich daraufhin als soziale und religiöse Institution festigten. Die Schuldgefühle, die sich einstellten, erklärte Freud mit der Ambivalenz der Kindergefühle dem Vater gegenüber, die ihm Liebe (Identifizierung) und Haß (Projektion) zugleich entgegenbrächten. 183 Nachdem nun der Haß durch diesen Mord und seinen Zweck befriedigt worden ist, meldeten sich die zärtlicheren Gefühle; 184 Reue- und Schuldgefühle bekamen die Oberhand. So verboten nun auch sie, was der Vater früher ihnen verboten hatte, den freien Zugang zu den Weibern. 185 Freud nennt das den "nachträglichen Gehorsam". Der Kampf der Brüder um die Weiber, der nach dem Tod des Vaters drohte, bedrohte nun auch die Geschwistersolidarität, welche den Vatermord ermöglicht hatte, ihre Aufrechterhaltung ließ den Brüdern aber keine andere Alternative als die Fortsetzung des Verbots der väterlichen oder gruppeneigenen Frauen. In diesem Zustand der Reue und Bereitschaft zum nachträglichen Gehorsam wollten die Vatermörder ihr Verbrechen irgendwie ungeschehen machen und so verboten sie schließlich die Tötung ihres "tierphobischen" Vaterersatzes, des Totemtiers, 186 das zum Ausdruck ihrer Gruppenidentität wurde, ihrer Brüdersolidarität, und so richteten sie aus ihrem Schuldbewußtsein heraus sowohl das Totem- als auch das Inzesttabu ein. "So schufen sie aus dem Schuldbewußtsein des Sohnes die beiden fundamentalen Tabus des <strong>Totemismus</strong>, die eben darum mit den beiden verdrängten Wünschen des Ödipus-Komplexes übereinstimmen mußten." 187 Welches diese beiden fundamentalen Tabus sind, hat Freud bereits früher verraten: "Die ältesten und wichtigsten Tabuverbote sind die beiden Grundgesetze des <strong>Totemismus</strong>: das Totemtier nicht zu töten und den sexuellen Verkehr mit den Totemgenossen des anderen Geschlechts zu 183 S.Freud, Totem und Tabu, Frankfurt 1981, S.146-7 184 S.Freud, Totem und Tabu, Frankfurt 1981, S.146-7 185 S.Freud, Totem und Tabu, Frankfurt 1981, S.146-7 186 S.Freud, Totem und Tabu, Frankfurt 1981, S.146-7 187 S.Freud, Totem und Tabu, Frankfurt 1981, S.146-7 1 0 6
vermeiden." 188 Hier schließt Freud wieder unmittelbar an die klinischen Einsichten an: der Inzestwunsch motiviert den Tötungswunsch, mit dem er den Vatermord zu erklären versucht. Die Abwehr Freuds Konjektur Fr V Ende Sö Sö bilden eigene Horde ambivalente Gefühle Haß Liebe drängt Sö Fr V hinaus Fr V Sö Sö verzehren V Sö töten V Fr Sö Zwangsvorwürfe Beschwichtigung nach Verschiebung auf Ersatz Identifizierung mit V durch Einverleibung Opfer wird Reue, Schuldgerächender Dämon fühl, Angst ---> ersetzen Haß Sühne, Verzicht sollen Toten gnädig stimmen Exogamie Inzestverbot Sö verbieten sich V´s Frauen dieses Wunsches erscheint in der kindlichen Tierphobie, in der das Tier als Vaterersatz fungiert und die Kastrationsangst erträglich wird. Diese Form der Übertragung liefert ihm die Erklärung des Totems als Übertragung des Urvaters oder Ahnen auf das Totemtier nach der klinischen Erfahrung, nach der die Angstgefühle gegenüber dem Vater auf anderes (z.B. ein Tier) über- 188 S.Freud, Totem und Tabu, Frankfurt 1981, S.39 1 0 7
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Wenn diese Eingrenzung des Phänome
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einheiratenden Frauen. So erinnern
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Schutzgeistes andererseits ignorier
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Durkheim,E. (1984) Die elementaren
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Strehlow,Th.G. (1947) Aranda Tradit